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Einfluss des Serums auf basale Estronproduktion der H295R-Zellen

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8.1 Einfluss des Serums auf basale Estronproduktion der H295R-Zellen

Das Erhaltungsmedium der H295R-Zellen wurde mit 2,5 % NuSerumTM supplementiert, welches nach Herstellerangaben zu 25 % aus Serum neugeborener Kälber besteht und u. a. die Steroidhormone Progesteron, 17ß-Estradiol und Testosteron enthält. Aufgrund des Steroidge-haltes in NuSerumTM wurde dieses bei der Durchführung der Versuche durch das steroidfreie Serumsubstitut Ultroser® SF mit einem Anteil von 2 % im Zellmedium ersetzt. Zum einen sollte ausgeschlossen werden, dass insbesondere 17ß-Estradiol als Bestandteil von NuSerumTM mit dem Estron-ELISA kreuzreagiert, und zum anderen sollten während der Behandlungsphase der H295R-Zellen keine Steroide über das Medium unkontrolliert zuge-führt werden.

In der Zwischenzeit wird Ultroser® SF nicht mehr hergestellt. Auf Nachfrage wurde statt-dessen von Seiten des ehemaligen Herstellers ein anderes Produkt empfohlen, das Ultroser® SF ersetzen könnte: das steroidfreie Serum Replacement 3 (SR3). Bei Kultivierung der H295R-Zellen zeigte sich allerdings, dass der Estrongundumsatz um durchschnittlich etwa 80 % erniedrigt ist, wenn im Medium 2 % Ultroser® SF durch 2 % SR3 ersetzt werden (s. Abb. A 1 A und B). Es scheint sogar ohne wesentliche Bedeutung zu sein, ob das Medium 2 % des steroidfreien SR3, gar kein Serum oder 2,5 % des steroidhaltigen NuSerumTM enthält:

Die basale Estronproduktion bleibt im Vergleich zu Ultroser® SF-haltigem Medium auf einem ähnlich niedrigen Niveau.

Abb. A 1. Basale Estronproduktion der H295R-Zellen in Abhängigkeit des Serumsubstituts im Zellmedium. – (A), (B) Messung 48 Stunden nach Zellaussaat. Die Messwerte sind auf die basale Estronpro-duktion von Zellen relativiert, deren Zellmedium Ultroser® SF enthalten (= 100 %). Basismedium ist DMEM/Ham’s F-12. USF = 2 % Ultroser® SF + 0,1 % DMSO; SR3 = 2 % Serum Replacement 3 + 0,1 % DMSO; DMEM:F12 = DMEM/Ham’s F-12 + 0,1 % DMSO; NuSerum = 2,5 % NuSerumTM ohne DMSO (n = 1, Bestimmungen 3- bis 6-fach).

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GAZDAR et al. (1990) kultivierten H295-Zellen vergleichend in serumhaltigem und serumfreiem Medium. Sie stellten bei ihrem Vergleich fest, dass der Gesamtgehalt an gebildeten Steroiden in serumhaltigem Medium viermal höher war als in serumfreien.

Zugleich war das Zellwachstum bei serumfreien Medium erheblich verlangsamt.

Bei H295-Zellen handelt es sich grundsätzlich um H295R-Zellen. Der Unterschied liegt ledig-lich im Wachstumsverhalten der Zellen: Die ursprüngledig-liche Zelllinie H295 wächst in Form adhärenter und frei schwimmender Zellaggregate. Durch Selektion der adhärent wachsenden Zellen konnten RAINEY et al. (1994) daraus eine Zelllinie etablieren, die als Monolayer wächst.

In einer Studie von HECKER at al. (2006) wurden H295R-Zellen vergleichend mit Medium kultiviert, das entweder steroidhaltiges NuSerumTM oder gestripptes fetales Kälberserum (fetal bovine serum, FBS) enthielt. „Gestrippt“ bedeutet, dass das FBS-haltige Medium vor der Anwendung mit Aktivkohle behandelt wurde, um die darin enthaltenen Hormone zu ent-fernen. Nach einer Inkubationszeit von 48 Stunden wurden die Konzentrationen von Testo-steron, Progesteron und 17ß-Estradiol im Zellüberstand bestimmt. Es zeigte sich, dass die veränderte Zusammensetzung des Mediums keinen Einfluss auf die Testosteronkonzentration hatte. Bei 17ß-Estradiol wurden hingegen Gehalte gemessen, die in Gegenwart von gestripptem FBS um durchschnittlich 70 % niedriger waren als bei NuSerumTM-haltigem Medium. In Abhängigkeit der Zelldichte war der Progesterongehalt entweder unverändert oder lag um durchschnittlich 43 % höher in Gegenwart von gestripptem FBS.

Diese Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Zusammensetzung des Mediums in der Tat einen Einfluss auf die Steroidbildung der H295R-Zellen ausüben kann. Sie zeigen aber auch, dass die Steroidhormone nicht in gleicher Weise davon betroffen sind. Es ist daher nicht aus-zuschließen, dass die basale Estronproduktion der H295R-Zellen in Gegenwart von steroid-freiem Ultroser® SF-Medium stärker ausgeprägt ist als in Gegenwart von steroidhaltigem NuSerumTM-Medium. Doch warum sind ähnliche Zunahmen des Estrongehaltes nicht eben-falls zu beobachten, wenn das Medium steroidfreies SR3 bzw. gar kein Serum enthält?

Es kann zumindest ausgeschlossen werden, dass es sich bei den Messungen um ein Artefakt infolge veränderter Bindungseigenschaften im Estron-ELISA handelt. So ließ ein Vergleich

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der Extinktionswerte zwischen Estronkonzentrationen, die in Ultroser® SF-haltigem oder SR3-haltigem Medium angesetzt wurden, keine Unterschiede erkennen (s. Abb. A 2).

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

100 1000 10000

Estron (pg/mL)

Extinktion (450 nm)

USF SR3

Abb. A 2. Extinktionswerte verschiedener Estronkonzentrationen in Abhängigkeit des supplemen-tierten Serumsubstituts im Medium. – USF = Ultroser® SF; SR3 = Serum Replacement 3. Beide Serumsubsti-tute sind jeweils in einer Endkonzentration von 2 % im Medium enthalten (n = 1, Doppelbestimmung; Angabe der Mittelwerte).

Im Zuge dieses experimentellen Vergleiches wurde auch festgestellt, dass NuSerumTM -halti-ges Medium keine Kreuzreaktivität im Estron-ELISA aufweist. Es wurde daher überprüft, ob bei einer Behandlung der H295R-Zellen unter Verwendung von H295R-Erhaltungsmedium, welches 2,5 % NuSerumTM enthält, vergleichbare Ergebnisse erzielt werden können wie unter Verwendung von 2 % Ultroser® SF. Für diesen Zweck wurden die Zellen jeweils mit 30 µM Myclobutanil und 30 µM Cyprodinil behandelt, da es sich bei diesen Wirkstoffen im Rahmen dieser Arbeit um die potentesten Testsubstanzen handelte (s. Abb. A3).

0 50 100 150 200 250

Kontrolle Myclobutanil Cyprodinil Basale Estronproduktion(%)

Abb. A 3. Behandlung der H295R-Zellen unter Verwendung von Zellmedium mit 2,5 % NuSerumTM. – Behandlungszeit = 24 Stunden. Myclobutanil und Cyprodinil wurden jeweils in einer Konzentra-tion von 30 µM eingesetzt. Die EndkonzentraKonzentra-tion an DMSO im Medium betrug überall 0,1 % (v/v). Die basale Estronproduktion ist auf die Kontrolle (=100 %) relativiert (n = 1, Dreifachbestimmung, Angabe der Mittelwerte mit Standardabweichung).

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Wie die Ergebnisse in Abb. A 3 zeigen, fällt der Estrongehalt im Vergleich zur Kontrolle bei einer Behandlung mit 30 µM Myclobutanil um durchschnittlich 64 % ab. In Gegenwart von 30 µM Cyprodinil erhöht sich die Estronkonzentration um durchschnittlich 107 %. Diese Veränderungen sind damit mit den Ergebnissen vergleichbar, die unter Verwendung von Ultroser® SF-haltigem Medium erzielt wurden (Myclobutanil: durchschnittlich -90 %; Cypro-dinil: durchschnittlich +84 %).

Eine zufrieden stellende Antwort auf die Frage, weshalb unter Einfluss von Ultroser® SF die basale Estronproduktion wesentlich erhöht ist, kann allerdings weiterhin nicht gegeben werden. Vermutlich enthielt das Produkt Ultroser® SF Inhaltsstoffe, die unspezifisch die basale Estronproduktion stimulierten. Offensichtlich wurde aber die Synthesekapazität der H295R-Zellen dabei nicht in solcher Weise modifiziert, dass sie in veränderter Weise auf Inhibitoren oder Stimulatoren der Estronbiosynthese reagierten.