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2.2 Enzootische Pneumonie

2.2.5 Weitere Kontrollmaßnahmen

Da die klinische Manifestation der enzootischen Pneumonie von vielen Faktoren beeinflusst wird, ist es auch bei der Bekämpfung bzw. Kontrolle unerlässlich, weitere intrinsische und extrinsische Faktoren zu optimieren. Der Optimierung von Management- und Haltungsbedingungen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu (MAES et al. 2008).

Optimierung der Management- und Haltungsbedingungen

Die Belegung nach dem Rein-Raus-Prinzip ist die wichtigste Kontrollmaßnahme bei der Bekämpfung der enzootischen Pneumonie (MAES et al. 2008). Dieses Produktionssystem ermöglicht die Unterbrechung der sonst kontinuierlich stattfindenden Erregerübertragung zwischen unterschiedlichen Altersgruppen. Die Erkenntnis, dass der Erreger noch 214 Tage nach einer Infektion in infizierten Tieren nachgewiesen werden kann und solche Tiere eine mögliche Infektionsquelle für andere Tiere darstellen (PIETERS et al. 2009), verleiht dieser Aussage Nachdruck.

Außerdem gewährleistet dieses System die Möglichkeit der adäquaten Reinigung und Desinfektion der Stallabteile vor dem Einstallen neuer Tiere. Da unter anderem der Zukauf neuer Tiere als vorrangige Eintragsquelle des Erregers beschrieben wird (HEGE et al. 2002), sind geschlossene Produktionssysteme anzustreben. Kann diese Produktionsform nicht umgesetzt werden, sollte der Zukauf von Schweinen nur aus Herden mit höherem, mindestens aber mit demselben Gesundheitsstatus erfolgen (MAES et al. 2008).

Ein weiterer Managementfaktor bei der Bekämpfung der enzootischen Pneumonie ist die Belegdichte, da eine hohe Belegdichte ebenfalls einen Risikofaktor darstellt

(POINTON et al. 1985). Um den durch eine hohe Belegdichte entstehenden Stress mit resultierender negativer Beeinflussung des Immunsystems zu verhindern, sollte Überbelegung vermieden werden. Auch Neu- und Umgruppierung, welche zu erheblichem Stress bei den Schweinen führen, sollten vor diesem Hintergrund so selten wie möglich praktiziert werden und es sollte auf eine möglichst stabile Gruppenzusammensetzung geachtet werden (MAES et al. 1996).

Betrachtet man das Herden- bzw. Gruppenmanagement in ferkelerzeugenden Betrieben, so stellt die Jungsaueneingliederung einen weiteren wesentlichen Aspekt der ausschlaggebenden Managementfaktoren dar. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ferkel sich bei den Sauen anstecken, ist in Herden, in denen keine angemessene Jungsaueneingliederung stattfindet, höher (MOORKAMP et al. 2009). Eine adäquate und effiziente Jungsaueneingliederung zur Aufrechterhaltung der Herdenimmunität ist somit ebenfalls eine wichtige Maßnahme bei der Kontrolle der enzootischen Pneumonie (GARZA-MORENO et al. 2017, GARZA-MORENO et al. 2018).

Bezüglich des Hygienemanagements weist der Erreger durch das Fehlen einer Zellwand eine geringe Tenazität auf (RAZIN 1978). Bei Einhaltung der üblichen Hygienemaßnahmen kann daher keine Übertragung des Erregers durch Betreuungspersonal von infizierten auf freie Tiergruppen beobachtet werden (BATISTA et al. 2004). Es wurde jedoch bewiesen, dass M. hyopneumoniae bis zu acht Tage unter bestimmten Bedingungen außerhalb des Wirtes überleben kann (BROWNE et al. 2017). Die Optimierung dieser Faktoren kann daher als essentiell für eine nachhaltige Kontrolle des Erregers angesehen werden. Da eine schlechte Luftqualität und hohe Schadgaskonzentrationen in der Stallluft ebenfalls das respiratorische Epithel schädigen und damit das Entstehen einer klinisch manifesten Erkrankung fördern, sind eine gute Luftqualität und geringe Schadgaskonzentrationen ebenfalls anzustrebende Managementfaktoren, da die Entstehung von Atemwegsinfektionen, insbesondere von Sekundärinfektionen, ansonsten begünstigt wird (DONHAM 1991).

Impfung

In vielen Ländern liegt die Impfdichte bei über 70% (MAES et al. 2008). In Beständen, in denen die enzootische Pneumonie endemisch ist, ist sie das wichtigste

Kontrollmittel. Unterschiedliche Impfstrategien werden praktiziert, die sich nach dem Produktionssystem, der Art des Bestandes und dem Infektionsmuster richten. Am häufigsten wird die Impfung von Saug- und Absetzferkeln durchgeführt (HAESEBROUCK et al. 2004). Ursprünglich war die zweifache intramuskuläre (i. m.) Impfung die am häufigsten angewandte Methode. In den letzten Jahren werden jedoch vermehrt One-Shot-Impfstoffe bei der i. m. Immunisierung eingesetzt. Sie sind mit weniger Arbeitsaufwand verbunden und ihre Wirkung wurde in verschiedenen Studien bestätigt (BACCARO et al. 2006, MAES et al. 2008, DUIVON et al. 2018, NIELSEN et al. 2018). Ebenfalls vergleichsweise neu ist ein Impfstoff, der intradermal (i. d.) appliziert wird (TASSIS et al. 2012).

Bei kommerziell erhältlichen Impfstoffen handelt es sich um Bakterine, also um inaktivierte M.-hyopneumoniae-Ganzzelllysate. Eine Übersicht über die häufig verwendeten Impfstoffe gibt Tabelle 1. Derzeit basieren die meisten Impfantigene auf dem M.-hyopneumoniae-Stamm J. Sie unterscheiden sich vor allem in den zugesetzten Adjuvantien. Diese werden benötigt, um das Immunsystem zu stimulieren und die Immunabwehr gegenüber dem Antigen zu aktivieren. Dabei sind Aluminiumsalze eher schonend, wohingegen Öl-basierte Formulierungen reaktiver, aber auch potenter sind (SIMIONATTO et al. 2013).

Tabelle 1: Übersicht über häufig eingesetzte kommerzielle M.-hyopneumoniae-Impfstoffe Hyogen (Ceva) Ceva Stamm BA

2940-99 Imuvant (W/O J5

(Intervet) Stamm 11 dl-α-Tocopherol

Acetat i. m. 3

Porcilis® PCV M. Hyo

(MSD-Intervet Int.) Stamm J Mineralöl +

Aluminiumhydroxid i. m. -

*Impfstoffe, die nur in einem oder wenigen Ländern erhältlich sind, wurden nicht aufgeführt; k. A. = keine Angaben verfügbar

Die positiven Effekte einer Impfung sind auf eine deutliche Reduktion der Ausprägung und Prävalenz von Lungenläsionen sowie der klinischen Symptome zurückzuführen (THACKER et al. 2000a, MEYNS et al. 2006). Dieses resultiert des Weiteren in verbesserten Tageszunahmen und einer verbesserten Futterverwertung (MAES et al.

1998, JENSEN et al. 2002) sowie niedrigeren Behandlungskosten pro Tier (MAES et al. 1999). Der exakte Wirkmechanismus ist allerdings noch nicht bekannt. Vranckx et al. stellten fest, dass durch eine Impfung die Einwanderung von Makrophagen in Lungengewebe, in dem Läsionen vorliegen, reduziert wird (VRANCKX et al. 2012). In Übereinstimmung dazu werden mehr IL-10 sezernierende Zellen im Gewebe und höhere Konzentrationen an IL-10 in BALF nachgewiesen (MARCHIORO et al. 2013, MARTELLI et al. 2014). Die Stimulation einer Th2- Immunantwort durch eine Impfung scheint daher einen wesentlichen Aspekt der Protektivität darzustellen. Auch die Sekretion von IL-12 wird durch eine Impfung induziert und es kommt zusätzlich zu einer Stimulation einer Th1-Immunantwort (MARCHIORO et al. 2013, MARTELLI et al. 2014). Zusätzlich wird eine Produktion von Interferon (IFN)-γ-sezernierenden Lymphozyten im Blut induziert (THACKER et al. 2000a, MARTELLI et al. 2014).

Außerdem konnte gezeigt werden, dass bei einer Infektion von immunisierten Schweinen mit M. hyopneumoniae auch die Konzentration an TNF-α in der BALF signifikant niedriger ist als bei einer Infektion von ungeimpften Tieren (THACKER et al.

2000a).

Neben der zellulären wird vor allem die humorale Immunantwort durch eine Impfung stimuliert und es werden spezifische Antikörper gebildet. Die Höhe der systemischen IgGs lässt dabei jedoch keinen Rückschluss auf das Ausmaß der Protektivität zu (DJORDJEVIC et al. 1997, THACKER et al. 1998). Auch die Rolle von lokalen Antikörpern bei der Reduktion von Lungenläsionen ist noch nicht abschließend geklärt (THACKER et al. 2000a). Djordjevic et al. konnten auch hier keinen Zusammenhang zwischen Antikörperspiegel und Lungenläsionen feststellen (DJORDJEVIC et al.

1997). Da mukosale IgAs aber an der ersten Interaktionsstelle zwischen Erreger und Wirt vorzufinden sind, werden sie als wichtiger Abwehrmechanismus bei der Infektion angesehen (THACKER et al. 2000a).

Trotz der verschiedenen stimulierten Abwehrmechanismen bietet eine Impfung allerdings nur partiellen Schutz, da weder die Kolonisation des Respirationstraktes noch die Erregerübertragung zwischen den Tieren verhindert werden können und es

lediglich zu einer Reduktion der Erregerlast in den Atemwegen kommt (MEYNS et al.

2006, REYNOLDS et al. 2009, VILLARREAL et al. 2011, VILLARREAL et al. 2012).

Bei Anwendung im Feld wird außerdem von unterschiedlicher Wirksamkeit bis hin zum Ausbleiben der positiven, protektiven Effekte berichtet (KRISTENSEN et al. 2014, CVJETKOVIC et al. 2018). Auch in experimentellen Studien kann zwischen den Impfstoffen ein deutlicher Unterschied in der Effektivität, eine zelluläre oder humorale Immunantwort zu induzieren, beobachtet werden (THACKER et al. 1998, MARTELLI et al. 2014). Folglich sind kommerziell erhältliche Impfstoffe also nicht ausreichend, um den Erreger aus einer infizierten Herde zu eliminieren (MEYNS et al. 2006) und es scheinen auch deutliche Unterschiede in deren Effizienz zu existieren.

Bei der Interpretation dieser Studien mit unterschiedlichem Ergebnis muss jedoch berücksichtigt werden, dass neben einer falschen Lagerung der Impfstoffe oder falscher Injektionstechnik auch das Vorliegen anderer Krankheiten zum Impfzeitpunkt sowie das Vorhandensein maternaler Antikörper zu unbefriedigenden Impferfolgen führen kann. Der Einfluss maternaler M.-hyopneumoniae-spezifischer Antikörper auf die Immunantwort wird kontrovers diskutiert. Über das Kolostrum erworbene M.-hyopneumoniae-spezifische Immunglobuline lassen sich bei niedrigem, mittlerem oder hohem Anfangstiter noch zwischen 30, 45, und 63 Tage im Blut der Ferkel nachweisen (MORRIS et al. 1994). Hodgins et al. beobachteten, dass maternale Immunglobuline eine verminderte Antikörperantwort auf eine Impfung verursachen (HODGINS et al. 2004). Martelli et al. und Reynolds et al. konnten dagegen keinen nachweisbaren Effekt auf die Antikörperbildung feststellen, wenn Ferkel bei Vorhandensein von maternalen Antikörpern gegen M. hyopneumoniae geimpft wurden (MARTELLI et al. 2006, REYNOLDS et al. 2009).

Weitere mögliche Ursachen für eine ungenügende Effizienz der Impfung können antigenetische Differenzen zwischen Feldstämmen und Impfstamm in manchen Beständen sein (SIMIONATTO et al. 2013). Es wurden auf genetischer (VICCA et al.

2003, STAKENBORG et al. 2005b, CHARLEBOIS et al. 2014) und proteomischer (CALUS et al. 2007) Ebene Unterschiede zwischen verschiedenen Feldisolaten beschrieben. Dabei stellten Charlebois et al. fest, dass fast die Hälfte der aus Schlachtlungen stammenden M.-hyopneumoniae-Isolate weniger als 55% Homologie mit den jeweilig ausgewählten Impf- und Referenzstämmen aufwiesen (CHARLEBOIS et al. 2014).

Letztendlich wird auch das Fehlen von immunogenen Antigenen in den Impfstoffen als Ursache für ein Ausbleiben des Impferfolges diskutiert. Bei der Immunisierung von Mäusen mit zwei kommerziellen Impfstoffen wurden keine P97-spezifischen Antikörper gebildet (CHEN et al. 2008). Li et al. konnten in einer Proteomstudie offenlegen, dass der M.-hyopneumoniae-Stamm J sich durch eine Anpassung des Metabolismus an eine Umgebung in reichhaltigem Medium angepasst hat (LI et al.

2009). Im Vergleich zu pathogenen Stämmen wurde bei diesem Stamm im Gegenzug die Expression von an der Adhäsion des Erregers an die Wirtszelle beteiligten Genen herunterreguliert. In Übereinstimmung hiermit wird beschrieben, dass bei manchen Stämmen nach fortlaufenden in-vitro-Passagen die Expression des P97-Adhäsins eingestellt wird (ASSUNCAO et al. 2005).

Da die herkömmlichen kommerziellen Impfstoffe Unterschiede in ihrer Effizienz aufweisen und nur eingeschränkt wirksam sind, wird an der Entwicklung von Subunit-Impfstoffen mit besserer Effizienz geforscht. Obwohl bereits die verschiedenen M.-hyopneumoniae-Stämme 232 (MINION et al. 2004), J, 7448 (VASCONCELOS et al. 2005) und 168 (LIU et al. 2011) sequenziert wurden, gibt es bisher nur wenige rekombinante Antigene, die als Kandidaten für Subunit-Impfstoffe dienen könnten. Der Grund dafür ist, dass bei Mykoplasmen das für die Aminosäure Tryptophan verwendete Codon TGA bei den meisten anderen Organismen ein Stop-Codon darstellt (RAZIN et al. 1998) und somit die Proteinsynthese in Expressionsvektoren verhindert. Durch die Entwicklung einer speziellen PCR-Methode konnte diese Schwierigkeit allerdings umgangen und so die Herstellung rekombinanter M.-hyopneumoniae-Proteine für die immunologische Charakterisierung vereinfacht werden (SIMIONATTO et al. 2009).

Solche neuen, auf rekombinanten M.-hyopneumoniae-Proteinen basierenden Impfstoffe wurden in unterschiedlichen Darreichungsformen und Formulierungen erprobt (CONCEICAO et al. 2006, OKAMBA et al. 2010, FENG et al. 2013, GALLI et al. 2013, MARCHIORO et al. 2014, WOOLLEY et al. 2014). Das dabei am häufigsten als Impfantigen verwendete Protein ist P97. Die Mehrzahl dieser rekombinanten Präparate wurde bisher allerdings nur an Mäusen getestet und kaum auf ihre tatsächliche Effektivität in Infektionsversuchen beim Schwein hin untersucht (MAES et al. 2018). Bei dieser Überprüfung der Effizienz stellte die Tatsache, dass es im Schwein zwar zur Bildung von spezifischen Antikörpern kam, diese aber keinen Schutz

gegenüber einer anschließenden Infektion vermittelten, das Hauptproblem dar (MARCHIORO et al. 2014, WOOLLEY et al. 2014). Im Vergleich zu den herkömmlichen Impfstoffen sind Subunit-Vakzinen daher bis jetzt nicht in der Lage, eine tatsächlich protektive Immunität hervorzurufen (TAO et al. 2019).