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2.1.1 Ätiologie

Im Jahre 1965 identifizierten (MARE u. SWITZER 1965) und (GOODWIN et al. 1965) das Bakterium M. hyopneumoniae als primären Erreger der enzootischen Pneumonie des Schweines. Der Erreger gehört zur Gattung Mycoplasma innerhalb der Klasse Mollicutes (Lat.: mollis: weich, cutis: Haut). Diese Zellen besitzen keine Zellwand und weisen einen Durchmesser von nur 0,3 µm bis 0,5 µm auf. Sie besitzen eine pleomorphe Struktur, die von kugel- oder birnenförmig bis hin zu verzweigten oder helikalen Filamenten reicht. Einzelkolonien haben einen Durchmesser von etwa 50 µm bis 600 µm und sind typischerweise spiegeleiförmig. Mit einer Genomgröße von nur 580 kb bis 1.380 kb zählen Mykoplasmen zu den kleinsten sich selbständig vermehrenden Zellen (RAZIN et al. 1998). Durch die umfangreiche Reduktion des Genoms sind sie nur in der Lage, wesentlich weniger Enzyme zu exprimieren als andere Bakterienspezies. Sie besitzen deshalb nur ein eingeschränktes Repertoire an Stoffwechselwegen und sind folglich auf engen Kontakt mit Wirtszellen und deren Nährstoffe angewiesen. Man findet sie daher nur in parasitären oder kommensalen Lebensformen vor. Mykoplasmen sind somit in der Regel streng wirtsspezifisch und weisen dabei einen Tropismus zum Epithel der Atemwege und des Urogenitaltraktes auf (RAZIN 1978).

Anders als bei anderen Mykoplasmenspezies sind Einzelkolonien von M. hyopneumoniae nicht spiegeleiförmig, da ihnen eine zentrale Zone fehlt (ASSUNCAO et al. 2005). Innerhalb der Gattung Mycoplasma gehört M. hyopneumoniae zu den langsam wachsenden Spezies (RAZIN et al. 1998). Obwohl der Erreger als primär respiratorisches Pathogen und streng extrazellulär gilt, wurde er auch in anderen Organen, wie z.B. der Leber, der Milz, den Nieren und den Bronchiallymphknoten, nachgewiesen (LE CARROU et al. 2006, WOOLLEY et al.

2012). Die Dissemination in innere Organe erfolgt dabei vergleichsweise schnell (MAROIS et al. 2007) und ist transient (LE CARROU et al. 2006, WOOLLEY et al.

2012). Ein Einfluss dieser systemischen Streuung in innere Organe auf die Entstehung der enzootischen Pneumonie wird daher für unwahrscheinlich gehalten (MAROIS et

al. 2007). Da der Erreger auch in Lymphknoten nachgewiesen werden konnte, wird eine Verbreitung über die Lymphbahnen oder auch die Blutbahn von diesen Autoren vermutet.

2.1.2 Epidemiologie

Das Bakterium M. hyopneumoniae ist weltweit verbreitet. Da für M.-hyopneumoniae-Infektionen keine Meldepflicht vorliegt und es keine Handelseinschränkungen für M.-hyopneumoniae-positive Tiere gibt, sind Prävalenzen für einzelne Länder jedoch nicht genau bekannt (MAES et al. 2018). Seit der Durchführung eines nationalen Sanierungsprogramms, bei dem vollständige und partielle Depopulationen von positiven Beständen mit einer antibiotischen Behandlung kombiniert wurden, gilt die Schweiz mit einer Inzidenz von 0,2% als frei von M. hyopneumoniae (STARK et al. 2007).

Bis heute sind Hausschweine und Wildschweine die einzigen Wirte, bei denen eine Infektion mit M. hyopneumoniae bekannt ist. Es gibt zwar keine Hinweise auf eine Altersresistenz, klinische Symptome werden jedoch hauptsächlich bei Mastschweinen beobachtet (MAES et al. 1996). Obwohl einzelne Mykoplasmenspezies einen Tropismus zum Epithel des Urogenitaltraktes aufweisen, konnte dieses für M. hyopneumoniae bisher nicht bestätigt werden. Es erfolgt daher keine intrauterine Infektion (PRIKAZSKY 1988), sodass Neonaten als erregerfrei anzusehen sind. Die erste Übertragungsmöglichkeit ist daher während der Säugezeit gegeben, wenn die Ferkel Kontakt zu Sauen haben, die den Erreger ausscheiden (MAES et al. 2018).

Der Erregereintrag in zuvor negative Bestände findet hauptsächlich über den Zukauf subklinisch infizierter Tiere oder auf aerogenem Weg statt. So konnte die Wiedereinschleppung in sanierte spezifisch Pathogen freie (SPF) Bestände laut einer Schweizer Studie in 43,0% der Fälle auf den Zukauf neuer Tiere und in 22,4% auf die Übertragung durch die Luft zurückgeführt werden (HEGE et al. 2002). Die Übertragung des Erregers über die Luft wurde schon früh vermutet und als mögliche Ursache für eine Reinfektion mehrerer als M.-hyopneumoniae-frei eingestufter Bestände in Betracht gezogen (GOODWIN 1985, STARK et al. 1992). Der Erreger konnte 1998 zum ersten Mal mittels Luftfiltern und einer nested PCR in der Stallluft nachgewiesen werden (STARK et al. 1998). Die Studie ergab zudem, dass die Wahrscheinlichkeit,

den Erreger nachzuweisen, in Beständen mit klinischer Symptomatik am höchsten ist.

Die Ursache hierfür ist eine höhere Erregerkonzentration in der Luft basierend auf einer erhöhten Ausscheidungsrate. Diese entsteht, wenn die Tiere in der klinischen Phase vermehrt husten und niesen und den Erreger dabei vermehrt ausscheiden. In einem Aerosolmodell konnte des Weiteren gezeigt werden, dass der an Luftpartikel gebundene Erreger über eine Strecke von 150 m transportiert werden kann (CARDONA et al. 2005). Schließlich wurde in einer späteren Studie die Übertragung über längere Strecken von bis zu 9,2 km bewiesen (OTAKE et al. 2010). Eine anschließende experimentelle Infektion mit den über diese Entfernung übertragenen und aus der Luft isolierten Erregern konnte beweisen, dass diese immer noch infektiös waren.

Nach der Einschleppung in einen Bestand erfolgt die Übertragung durch Tröpfcheninfektion beim Niesen und Husten oder durch direkten Kontakt von Tier zu Tier (MORRIS et al. 1995). Wichtige Infektionsketten sind dabei die Übertragung (i) von positiven Sauen auf ihre Ferkel während der Säugezeit (MAES et al. 2018), (ii) zwischen Buchtengenossen, vor allem nach Neugruppierung und (iii) von älteren auf jüngere Tiere bei kontinuierlicher Belegung. Besteht ein direkter Kontakt zu infizierten Tieren, ist das Risiko einer Serokonversion im Gegensatz zu einem indirektem Kontakt um das Siebenfache erhöht (MORRIS et al. 1995).

Für neugeborene Ferkel stellen Sauen, die den Erreger ausscheiden, die erste Infektionsquelle dar (CALSAMIGLIA u. PIJOAN 2000, SIBILA et al. 2007a).

Jungsauen, die neu in einen Bestand eingestallt werden, können sich über den Kontakt zu erregerpositiven Altsauen infizieren. Hatten die Jungsauen bis dahin noch keinen Kontakt mit dem Erreger, kommt es zu einer Infektion mit massiver Erregerausscheidung mit einem deutlich erhöhten Risiko der Übertragung des Erregers auf die Ferkel im Vergleich zu chronisch infizierten Altsauen (GARZA-MORENO et al. 2018).