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2.2 Enzootische Pneumonie

2.2.3 Diagnostische Möglichkeiten

Obwohl verschiedene Methoden für den Nachweis von M. hyopneumoniae zur Verfügung stehen, kann der Nachweis einer M.-hyopneumoniae-Infektion bisweilen eine Herausforderung darstellen, weshalb eine Kombination von verschiedenen Methoden empfohlen wird (NATHUES et al. 2012).

Hustenindex

Da die klinischen Symptome der enzootischen Pneumonie nicht spezifisch genug sind, ist eine alleinige klinische Diagnose der Erkrankung nicht möglich. Die Erfassung klinischer Symptome mit Hilfe des Hustenindexes stellt aber ein zuverlässiges und praktikables Hilfsmittel bei der Diagnose der enzootischen Pneumonie dar (NATHUES et al. 2012). Der Hustenindex gibt dabei an, wie viel Prozent der beobachteten Tiere einer definierten Gruppe innerhalb einer Minute husten (BAHNSON 1993).

Schlachtkörperbeurteilung

Ebenfalls nur hinweisend auf, jedoch nicht pathognomonisch für die enzootische Pneumonie, können die typischen Lungenveränderungen sein, deren Erfassung und Einstufung am Schlachthof häufig dafür verwendet wird, die Inzidenz der Erkrankung sowie deren Einfluss auf den Schlachterlös einzuschätzen (SIBILA et al. 2009).

Scoringsysteme, die eine Vergleichbarkeit der Bewertung des Schweregrades und des Ausmaßes der Lungenläsionen zwischen verschiedenen Studien gewährleisten, wurden von verschiedenen Autoren (GOODWIN et al. 1969, HANNAN et al. 1982, MADEC u. KOBISCH 1982) beschrieben. Für die gesicherte Diagnose der enzootischen Pneumonie muss die Schlachtkörperbeurteilung jedoch mit anderen Nachweismethoden kombiniert werden (SIBILA et al. 2009).

Kultureller Erregernachweis

Der Goldstandard für den Nachweis von M. hyopneumoniae ist die kulturelle Anzucht (PIETERS u. MAES 2019). Vor allem in einer späten Phase der Infektion, in der nur noch wenige Erreger vorliegen, ist die kulturelle Anzucht dem Immunofluoreszenztest (IFT), dem Antigen-ELISA und der PCR überlegen (SORENSEN et al. 1997). Das Wachstum des Erregers kann allerdings vier bis acht Wochen in Anspruch nehmen und es werden komplex angereicherte Nährmedien benötigt. Das am häufigsten verwendete Medium ist Friis Medium (FRIIS 1975, FRIIS 1979). Um optimale Ergebnisse zu erhalten, muss das zur Herstellung des Mediums verwendete Serum frei von M.-hyopneumoniae-spezifischen Antikörpern sein (THACKER 2004). Andere Mykoplasmenspezies, die ebenfalls in der Lunge von Schweinen nachgewiesen werden, wachsen im selben Nährmedium, weisen aber z.B. im Falle von M. hyorhinis mit 4 - 5 Stunden (GARDELLA u. DEL GIUDICE 1995) eine deutlich kürzere Verdopplungszeit als M. hyopneumoniae mit einer Verdopplungszeit von 5 - 8 Stunden (CALUS et al. 2010). In vielen Fällen kommt es daher zur Überwucherung der Kulturen durch M. hyorhinis und M. hyopneumoniae kann, obwohl in der Probe enthalten, nicht mehr nachgewiesen werden (FRIIS 1975, MAES et al. 1996). Die kulturelle Anzucht ist also sehr zeit- und kostenaufwendig und geht oft mit falsch-negativen Ergebnissen einher. Folglich sollte sie nicht alleine dazu verwendet werden, einen Bestand als frei von M. hyopneumoniae einzustufen bzw. die Erregerfreiheit von Tieren oder Tiergruppen zu bestätigen (THACKER 2004). Nichts desto trotz bleibt die kulturelle Anzucht aber unerlässlich, um die Sammlung an Isolaten zu vergrößern, welche dann wieder in Forschung, Diagnostik, Impfstoffentwicklung und Resistenzprüfung eingesetzt werden können (MAES et al.

2018).

Zur Verbesserung der Nachweisrate wird die Zugabe von Cycloserin und Anti-M.-hyorhinis-Serum (FRIIS 1971) oder auch die Zugabe von Anti-M.-flocculare-Serum empfohlen (ASSUNCAO et al. 2005). Eine selektive Wachstumshemmung von M. hyorhinis kann auch durch die Zugabe von Kanamycin erreicht werden (COOK et al. 2016). Zudem gibt es Hinweise darauf, dass das Wachstum von M. hyorhinis durch Pepton negativ beeinflusst wird (FERRARINI et al.

2016).

Serologischer Erregernachweis

Anfänglich wurden M.-hyopneumoniae-spezifische Antikörper mittels Komplementbindungsreaktion, dem indirekten Hämagglutinationstest oder ELISA nachgewiesen (KOBISCH u. FRIIS 1996). Dabei wurden aber öfter Kreuzreaktionen mit weiteren Mykoplasmenspezies wie M. hyorhinis oder M. flocculare beobachtet (FREEMAN et al. 1984). Durch die Weiterentwicklung des ELISA mittels der Verwendung von Tween®20 bei der Extraktion von Antigenen konnte die Spezifität dieses Tests deutlich erhöht werden (NICOLET et al. 1980). Dabei weist der ELISA gegenüber den beiden anderen Methoden eine höhere Sensitivität auf und detektiert Antikörper noch bis zu einem Jahr nach der Infektion (ARMSTRONG et al. 1983, KOBISCH u. NICOLET 1987, BEREITER et al. 1990). Der ELISA hat daher die beiden erstgenannten Testverfahren abgelöst und stellt ein kostengünstiges, schnelles und gut automatisierbares Verfahren dar, das Informationen über das Vorhandensein spezifischer Antikörper und die erforderliche Zeit bis zur Serokonversion liefert (SIBILA et al. 2009).

Es sind verschiedene indirekte und kompetitive Tests erhältlich, von denen häufig der IDEXX M. hyo Ab Test (IDEXX Laboratories, Westbrook, Maine) und das Thermo Scientific™ Oxoid™ Mycoplasma hyopneumoniae Nachweiskit (Oxoid Limited, Hampshire, England; früher Dako ELISA) Anwendung finden. Bei Ersterem handelt es sich um einen indirekten ELISA, bei dem die Platten mit M.-hyopneumoniae-Ganzzelllysat beschichtet sind und im Folgenden als IDEXX ELISA bezeichnet wird.

Bei Letzterem handelt es sich um einen monoklonalen kompetitiven Test, bei dem die Platten mit einem 74 kDa großen Protein beschichtet sind (FELD et al. 1992). Dieser Test wird fortan als Oxoid ELISA bezeichnet. Beide Tests weisen eine sehr hohe Spezifität von 100% auf (SORENSEN et al. 1997, AMERI-MAHABADI et al. 2005, ERLANDSON et al. 2005), sodass Serum ohne M.-hyopneumoniae-spezifische Antikörper auch als solches erkannt und die Gefahr von falsch-positiven Ergebnissen sehr gering ist. Für die Sensitivität werden mit 49% - 100% für den Oxoid ELISA und 37,3% - 100% für den IDEXX ELISA jedoch sehr unterschiedliche Werte angegeben und es besteht somit ein teils hohes Risiko, dass falsch-negative Testergebnisse ermittelt werden (AMERI-MAHABADI et al. 2005, ERLANDSON et al. 2005, FANO et al. 2012). Der Grund für die schwankende und zum Teil sehr niedrige Sensitivität von ELISAs ist die Zeitspanne, die zwischen der Infektion und der Serokonversion

verstreicht, sodass folglich die Diagnose der Infektion im frühen Stadium nicht möglich ist (AMERI-MAHABADI et al. 2005, ERLANDSON et al. 2005, PIETERS et al. 2017).

Ein ELISA eignet sich daher weniger, um den Infektionsstatus eines Einzeltieres zu bestimmen. Er sollte hauptsächlich zur Überwachung des Gesundheitsstaus auf Herdenbasis eingesetzt werden (GOMES NETO et al. 2014). Da ELISAs nicht in der Lage sind, zwischen maternalen Antikörpern, Impf- und Infektionsantikörpern zu unterscheiden, ist die Interpretation positiver Ergebnisse zum Teil sehr schwierig und muss mit Bedacht und unter Berücksichtigung der im Bestand durchgeführten Impfungen und Managementmaßnahmen erfolgen (BEILAGE et al. 2005, GOMES NETO et al. 2014).

Molekularer Erregernachweis mittels PCR

Die PCR hat sich zur am häufigsten eingesetzten Nachweismethode etabliert (PIETERS u. MAES 2019). Nach Beschreibung der ersten PCR zum Nachweis von M. hyopneumoniae im Jahre 1991 (HARASAWA et al. 1991) wurden diverse weitere M.-hyopneumoniae-spezifische PCRs beschrieben (ARTIUSHIN et al. 1993, STEMKE et al. 1994, MATTSSON et al. 1995, BLANCHARD et al. 1996, BAUMEISTER et al.

1998, CAI et al. 2007). Bei diesen PCR-Protokollen wird jeweils nur eine Erregerspezies nachgewiesen und man spricht von einer singleplex PCR. Im Anschluss an die Amplifikation wird mittels Agarosegelelektrophorese beurteilt, ob spezifische DNA-Sequenzen detektiert und amplifiziert werden konnten. Einen Fortschritt in der PCR-Diagnostik stellt die nested PCR dar. Bei dieser Methode werden zwei Primerpaare verwendet, wobei das Amplifikat der ersten Primer als Vorlage für das zweite Primerpaar dient. Auf diese Weise kann die Sensitivität deutlich verbessert und das Detektionslimit auf ein Genomäquivalent eines bestimmten Erregers abgesenkt werden. Es wurden verschiedene M.-hyopneumoniae-spezifische nested PCR entwickelt (STEMKE 1997, STARK et al. 1998, CALSAMIGLIA et al. 1999, VERDIN et al. 2000, KURTH et al. 2002). Wird mehr als eine Spezies in einer Reaktion nachgewiesen, spricht man von einer multiplex PCR. Stakenborg et al. etablierten die erste multiplex PCR mit der sowohl M. hyopneumoniae als auch M. hyorhinis und M. flocculare in flüssigem Kulturmaterial nachgewiesen werden konnten (STAKENBORG et al. 2006).

Ein weiterer Fortschritt in der Entwicklung der PCR-Diagnostik ist die real-time oder auch quantitative PCR (qPCR), die sich im Vergleich zu den anderen Methoden darin unterscheidet, dass das Amplifikat nicht mittels im Anschluss an die PCR durchgeführter Gelelektrophorese nachgewiesen werden muss, sondern bereits während der Amplifikation mittels Fluoreszenzfarbstoffen quantifiziert wird. Bei dieser Methode findet also nicht nur ein qualitativer Nachweis statt, sondern es wird auch die detektierte Erreger- bzw. DNA-Menge ermittelt. Es wurden bereits mehrere qPCR Assays für den Nachweis von M.-hyopneumoniae-spezifischer DNA-Sequenzen beschrieben (DUBOSSON et al. 2004, STRAIT et al. 2008, MAROIS et al. 2010). Bei Verwendung von spezifischen Primerpaaren, die jeweils mit einem unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoff markiert sind, sogenannten Sonden, können in einer qPCR ebenfalls mehrere unterschiedliche Erreger bzw. DNA-Sequenzen detektiert werden, sodass man von einer multiplex qPCR spricht (FOUROUR et al. 2018). Aufgrund ihrer Genauigkeit, der hohen Durchsatzleistung und der Verwendbarkeit einer Vielzahl an unterschiedlichem Probenmaterial hat sich die qPCR zur meistverwendeten Nachweismethode für M. hyopneumoniae entwickelt (PIETERS u. MAES 2019).

Für den Erregernachweis mittels PCR weist die Verwendung von Lungengewebe inklusive eines Bronchus aus einem Bereich mit für die enzootische Pneumonie typischen Läsionen als Probenmaterial die höchste Sensitivität auf (PIETERS u. MAES 2019). Ein großer Vorteil der verschiedenen PCR-Methoden ist, dass sich neben solchen post mortem entnommenen Proben auch unterschiedliche intra vitam zu gewinnende Probematerialien, wie z.B. Speichel, Nasen-, Tonsillen-, Larynx- und Tracheobronchialtupfer sowie BALF für die Untersuchung eignen (PIETERS u. MAES 2019). Die Sensitivität dieser intra vitam gewonnenen Proben unterscheidet sich jedoch deutlich. Beim Vergleich solcher Probematerialien weisen Tracheobronchialtupfer und BALF-Proben die höchste Sensitivität auf (KURTH et al.

2002, FABLET et al. 2010, VILLARREAL et al. 2011), wohingegen M. hyopneumoniae bei infizierten Tieren in Nasentupfern nur diskontinuierlich nachgewiesen werden kann (CALSAMIGLIA et al. 1999). Die Nachweisrate in Larynxtupfern ist ebenfalls deutlich höher als in Nasentupfern (PIETERS et al. 2017) und Speichel gilt als irregulärer Indikator mit geringer Sensitivität (FABLET et al. 2010, ROOS et al. 2016, PIETERS et al. 2017). Proben aus den tiefen Atemwegen zeigen also eine höhere Sensitivität als Proben aus dem oberen Respirationstrakt (MAES et al. 2018).

Da die PCR eine Nachweismethode mit sehr hoher Sensitivität ist, bei der schon geringe Erregermengen detektiert werden, entsteht aber auch ein erhöhtes Risiko von Kreuzkontaminationen. Vor allem die hoch sensitive nested PCR ist hierfür anfällig (STEMKE 1997, CAI et al. 2007). Daher muss die Probenentnahme und spätere Verarbeitung der zu untersuchenden Proben unter größter Sorgfalt erfolgen. Wird das richtige Probematerial ausgewählt, reicht die Sensitivität einer singleplex PCR aus und es muss nicht das sehr hohe Kontaminationsrisiko, das bei einer nested PCR besteht, in Kauf genommen werden (KURTH et al. 2002). Neben möglichen Kontaminationen stellt die genetische Variation von M. hyopneumoniae ein weiteres Problem beim Erregernachweis mittels PCR dar (STAKENBORG et al. 2005b, NATHUES et al. 2011, CHARLEBOIS et al. 2014). Diese kann ebenfalls zu falsch-negativen Ergebnissen führen (STRAIT et al. 2008). Aus diesem Grund wird empfohlen, gleichzeitig auf verschiedene Zielsequenzen zu untersuchen und dadurch die Nachweisrate zu erhöhen (MAROIS et al. 2010). Mittels PCR ist keine Unterscheidung zwischen lebenden und toten Bakterien möglich, sodass positive Ergebnisse und deren Relevanz unter Berücksichtigung der im Bestand und beim jeweiligen Tier vorliegenden Krankheitsgeschehen interpretiert werden müssen (SIBILA et al. 2009).

Histologischer Erregernachweis

Bei der Immunhistochemie (IHC) und dem IFT wird M. hyopneumoniae mittels monoklonalen oder polyklonalen spezifischen Antikörpern in Paraffin- bzw.

Gefrierschnitten in Lungengewebe detektiert (CHEIKH SAAD BOUH et al. 2003, OPRIESSNIG et al. 2004). Bei der In-situ-Hybridisierung (ISH) wird dagegen spezifische DNA in Paraffinschnitten nachgewiesen. Dazu werden repetitive DNA-Sequenzen des Genoms oder 16S ribosomale DNA als Ziel verwendet (BOYE et al. 2001). IHC und ISH haben den Vorteil, dass neben dem Erregernachweis auch eine histologische Beurteilung der Läsionen möglich ist (PIETERS u. MAES 2019). Alle drei Methoden haben allerdings den Nachteil, dass sie nur post mortem anwendbar sind (SIBILA et al. 2009). Für den Nachweis ist intaktes respiratorisches Epithel mit anhaftenden Mykoplasmen erforderlich. Wird ein Gewebestück ohne Bronchus untersucht, oder liegen bereits degenerative Prozesse vor, die zur Ablösung des Epithels geführt haben, besteht das Risiko falsch-negativer Ergebnisse (CAI et al.

2007, PIETERS u. MAES 2019). In akuten Phasen, in denen der Erreger in hoher

Konzentration vorliegt, haben die Tests eine sehr hohe Sensitivität. In späten Phasen sind sie der PCR, bei der eine Amplifikation der Zielsequenz stattfindet, jedoch deutlich unterlegen (BLANCHARD et al. 1996, CAI et al. 2007). Der histologische Erregernachweis wird derzeit nicht in der Routinediagnostik angewandt.