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3. Hauptanalysen 1. Manipulationscheck

4.3. wahrgenommenes physiologische Aktivierung

7. Hochsozialängstliche weisen nach der Rede eine höhere Veränderung der wahrgenommenen physiologischen Aktivierung zur Baseline auf als Niedrigsozialängstliche.

8. Die Gruppe der natürlichen Antizipation weisen eine höhere Veränderung der wahrgenommenen physiologischen Aktivierung zur Baseline auf als die Reappraisalgruppe.

Um zu überprüfen, ob diese Annahmen korrekt sind, wird eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung berechnet. Für die Innersubjekteffekte zeigte sich ein signifikanter Haupteffekt Phase, F(1,59) = 68.05, p < .001, partial η² = .54. Die Interaktion zwischen Phase und Bedingung wurde nicht signifikant, F(1,59) = .39 p =.537, partial η² = .01. Die Interaktion zwischen Phase und Sozialangst hingegen ist signifikant, F(1,59) = 11.47, p =.001, partial η² = .16. Die Dreifachinteraktion zwischen Phase, Bedingung und Sozialangst zeigte keinen signifikanten Effekt, F(1,59) = 1.67, p =.202, partial η² = .03. Für die Zwischensubjekteffekte zeigte sich der Haupteffekt Bedingung als nicht signifikant, F(1,59) =.71, p = .404, partial η² = .01, ebenso der Haupteffekt Sozialangst, F(1,59) = 1.33, p = .253 , partial η² = .02. Für die Interaktion zwischen Bedingung und Sozialangst wurde ebenfalls kein signifikanter Effekt ermittelt mit F(1,59) = .70, p = .407, partial η² = .01. Die Mittelwerte sind in Tabelle 9 ersichtlich.

Aufgrund der signifikanten Interaktion von Phase und Sozialangst wurde eine Varianzanalyse für einfache Haupteffekte berechnet. Für die Stressorphase zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen Hochsozialängstlichen und Niedrigsozialängstlichen mit p

= .008. Für die Erholungsphase zeigte sich kein signifikanter Unterschied mehr zwischen Hoch- und Niedrigsozialängstlichen mit p = .130. Die Interaktion ist in Abbildung 2 veranschaulicht.

Hochsozialängstliche Probandinnen nehmen ihre physiologische Aktivierung während der Stressorphase als stärker wahr, als niedrigsozialängstliche Probandinnen, dieser Unterschied verschwindet jedoch in der Erholungsphase. Die Hypothese kann somit als bestätigt angenommen werden.

Tabelle 9

Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) der Differenzwerte wahrgenommenen physiologischen Aktivierung

Intervention Kontroll

SA hoch SA niedrig SA hoch SA niedrig

n = 18 n = 13 n = 18 n = 14

M (SD) M (SD) M (SD) M (SD)

Stressorphase 3.39 (2.91) 0.77 (1.01) 1.89 (3.20) 1.00 (1.66) Erholungsphase -1.33 (3.11) -0.69 (1.75) -1.50 (2.18) -0.93 (1.33)

Abbildung 2

Interaktion zwischen Phase und sozialer Ängstlichkeit für die Veränderung der Herzrate

4.4. Zusatzanalyse

Zusätzlich wird in dieser Studie überprüft, ob und inwieweit wahrgenommene und tatsächliche physiologische Aktivierung miteinander in Zusammenhang stehen. Hierfür wurde

V erä n d er u n g H erzra te

für die Differenzwerte der wahrgenommenen Aktivierung der Stressorphase und der Erholungsphase jeweils eine Pearson Korrelation mit der Veränderung Herzrate der jeweiligen Phase berechnet. Für die Stressorphase zeigte sich eine nicht signifikante Korrelation mit r = .20, p = .127. Für die Veränderung der Erholungsphase zur Baseline zeigte sich ein signifikanter positiver Zusammenhang mit r = .28, p = .026.

V. Diskussion

Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, herauszufinden, ob und inwiefern eine kognitive Neubewertung eines Stressors, während der Antizipationsphase, die Reaktivität von hoch- und niedrigsozialängstlichen Personen modifiziert, im Vergleich zu einer natürlichen Antizipation, ohne adaptive Emotionsregulation. Als Stressor wurde eine Bewerbungssituation herangezogen, die durch einen starken sozialen und evaluativen Charakter gekennzeichnet war.

Zur Erhebung der kardiovaskulären Reaktivität wurden der systolische und diastolische Blutdruck sowie die Herzrate herangezogen. Weitere Variablen, wie wahrgenommene Schwierigkeit der Aufgabe und wahrgenommene Bewältigungsfähigkeit (prospektiv und retrospektiv), sowie Rumination und wahrgenommene physiologische Aktivierung, sind ebenfalls Teil des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit. Als theoretische Grundlage wurden das Modell zum aktiven und passiven Coping nach Obrist (1981), die Intensity of Motivation Theory nach Brehm und Self (1989), das perseverative cognition model von Brosschot et al. (2006) verwendet. Zur theoretischen Fundierung der kardiovaskulären Parameter wurde die integrative effort analysis von Wright und Kirby (2001) als Grundlage herangezogen. In den psychologischen Parameter wurde für die soziale Ängstlichkeit auf das Modell von Clark und Wells (1995) sowie von Rapee und Heimberg (1997) zurückgegriffen.

Im Folgenden werden nun die Ergebnisse der Studie unter Berücksichtigung der theoretischen Grundlagen interpretiert und diskutiert.

Zu Beginn der Untersuchung wurden Baselinemessungen der kardiovaskulären Parameter, durchgeführt. Für den systolischen und diastolischen Blutdruck zeigte sich kein Unterschied zwischen den Sozialangstgruppen oder Bedingungen. Lediglich für die Herzrate zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der Baseline zwischen den Bedingungen. Die Herzrate wurde daraufhin als mögliche Kovariate untersucht, jedoch aufgrund der fehlenden Korrelationen mit den einzelnen Phasen der Untersuchung, in den weiteren Berechnungen nicht weiter berücksichtigt. Da zum Zeitpunkt der Ruhemessung die Redeaufgabe noch nicht bekannt gegeben wurde und noch keine Antizipation stattfand, sind bei erfolgreicher Randomisierung der Gruppen keine signifikanten Unterschiede in den kardiovaskulären Parameter zu erwarten.

Diese Annahme konnte auch in dieser Untersuchung weitestgehend bestätigt werden.

Vergleichbare Ergebnisse der Ruhemessungen finden eine Vielzahl an Studien (Gramer et al., 2012; Gramer & Saria, 2007; Gramer & Sprintschnik, 2008). Die Überprüfung der Baselineunterschiede zwischen hoch- und niedrigsozialängstlichen Personen in der wahrgenommenen physiologischen Aktivierung zeigte, dass Hochsozialängstliche bereits zu Beginn der Untersuchung ihre physiologische Aktivierung als höher einschätzen, als Niedrigsozialängstliche. Zu dieser Erkenntnis gelangten auch Grossman et al. (2001) sowie

Edelmann und Baker (2002).

Im Hinblick auf die Aufgabenschwierigkeit und die wahrgenommenen Fähigkeiten der Probandinnen, wurde angenommen, dass Hochsozialängstliche die Aufgabe als schwieriger und ihre Fähigkeiten als geringer einschätzen, als dies niedrigsozialängstliche Personen tun.

Diese Annahme begründet sich auf der integrative effort analysis (Wright & Kirby, 2001), der transaktionalen Stresstheorie (Lazarus & Folkman; zitiert nach Brinkmann, 2014), und den Modellen zur sozialen Ängstlichkeit (Clark & Wells, 1995; Rapee & Heimberg, 1997). Im primären Appraisal wird ein Stressor als entweder positiv, stresserzeugend oder irrelevant eingestuft. Da es sich bei dieser Aufgabe um einen hoch evaluativen und sozialen Stressor handelt, ist davon auszugehen, dass insbesondere Personen mit hoher sozialer Ängstlichkeit die

Redeaufgabe als negativ und somit stresserzeugend einstufen. Dysfunktionale kognitive Prozesse rufen bei Sozialängstlichen vergangene Situationen ins Gedächtnis, die von den Betroffenen als Versagen eingestuft werden und verursachen in weiterer Folge eine Erwartungshaltung, die ein erneutes Versagen vermutet. Wie erwartet wurde in dieser Studie festgestellt, dass hochsozialängstliche Personen, die Aufgabe prospektiv als bedrohlicher und ihre Fähigkeiten als geringer einschätzten, als Niedrigsozialängstliche.

Dieses Ergebnis stimmt auch mit bisherigen Studien von Feldman et al. (2004), von Gramer &

Saria (2007) und von Gramer (2012) überein.

Die zweite Hypothese, die sich mit der wahrgenommenen Schwierigkeit der Aufgabe und den wahrgenommenen Bewältigungsfähigkeiten beschäftigt, postuliert, dass die Probandinnen, die der natürlichen Antizipation zugeteilt wurden, die Aufgabe als schwieriger und ihre eigenen Fähigkeiten als geringer einstufen, als die Probandinnen der Reappraisalbedingung. Als Basis dient das perseverative cognition model von Brosschot et al.

(2006), dem zufolge, sollte es in der natürlichen Antizipationsbedingung wahrscheinlicher zu antizipatorischen Worrying kommen, als in der Reappraisalbedingung. Worrying beschäftigt sich mit möglichen negativen Ausgängen des bevorstehenden Ereignisses, weshalb für die Bedingung der natürlichen Antizipation eine negativere Bewertung des Stressors und der eigenen Fähigkeiten erwartet wird. In dieser Studie konnten jedoch keine Unterschiede zwischen den beiden Bedingungen festgestellt werden. Dies ist konträr zu den Ergebnissen von Mills et al. (2014), die in ihrer Untersuchung herausfanden, dass sowohl hoch- als auch niedrigsozialängstliche Personen in der natürlichen Antizipationsbedingung häufiger negative Ergebnisse erwarteten, als Personen der Distraktionsgruppe. Auch Nasso et al. (2019) zeigten in ihrer Studie, dass sich kognitive Neubewertung positiver auf kognitive, emotionale und physiologische Reaktionen auswirkten, im Vergleich zum Katastrophisieren der Situation. In keiner der genannten Studien wurde eine natürliche Antizipation mit einer Reappraisalbedingung verglichen. Es ist denkbar, dass die Probandinnen der natürlichen

Antizipation bereits selbst adaptive Bewältigungsstrategien anwendeten oder diese Gruppe mehr Personen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung umfasste. Dadurch würde die Aufgabe von den Probandinnen der natürlichen Antizipationsbedingung als weniger schwierig und die Bewältigungsfähigkeiten als höher eingeschätzt werden, als zunächst angenommen.

Eine weitere Erklärung für die hypothesenwidrige Erkenntnis dieser Studie sind die Umstände, unter denen die Studie durchgeführt wurde. Aufgrund der Corona-Krise, haben viele Personen ihren Job verloren. Ein fiktives Bewerbungsgespräch kann auf diese Personen einen noch negativeren Effekt ausüben. Es könnte der Fall sein, dass sich in der Reappraisalbedingung mehr Probandinnen befanden, die beruflich durch die Corona-Krise geschädigt wurden, als in der Bedingung der natürlichen Antizipation. Dadurch würde die Aufgabe als schwieriger und die eigenen Fähigkeiten als geringer eingeschätzt werden.

Im Folgenden werden die Ergebnisse zur kardiovaskulären Reaktivität genauer beleuchtet. Zur Überprüfung der Wirksamkeit des eingesetzten Stressors wurden die kardiovaskulären Veränderungen im Vergleich zur Baseline unabhängig der Gruppen betrachtet. Es zeigten sich, wie erwartet, signifikante Steigerungen in allen Parametern von der Baseline zur Stressorphase. Diese Ergebnisse sind deckungsgleich mit den Studien von Gramer (2003) und Gramer und Saria (2007). Ebenfalls den Erwartungen entsprechend steigt der systolische und diastolische Blutdruck während der Antizipationsphase, nicht jedoch die Herzrate. Da es sich bei der natürlichen Antizipation nach Obrist (1981), sowie Gregg et al.

(1999) um eine passive Bewältigungssituation handelt wird ein vaskuläres Muster erwartet. In der Reappraisalbedingung hingegen, wird eine aktive Bewältigung und somit ein kardiales Muster erwartet (Obrist, 1981). Für die Antizipationsphase zeigte sich also ein den Erwartungen entsprechender Anstieg des Blutdrucks in beiden Parametern, jedoch kein Anstieg der Herzrate.

In der Erholungsphase nähern sich die Blutdruckwerte der Baseline an, bleiben dieser gegenüber jedoch erhöht, während die Herzrate unter Baselineniveau sinkt. Dieses Ergebnis ist konform mit Ergebnissen von Gregg et al. (1999) sowie Steptoe et al. (2003). Die Probandinnen

zeigen also eine kardiovaskuläre Aktivierung, die auf die Wirksamkeit des Stressors verweist.

In Antizipationsphase wurde aufgrund des Modells zum aktiven und passiven Coping nach Obrist (1981) angenommen, dass es sich bei der natürlichen Antizipationsbedingung um eine passive Bewältigungssituation handelt. Diese gehen üblicherweise mit einem vaskulären Reaktionsmuster, also einer Steigung des diastolischen und systolischen Blutdrucks, einher. Bei der Reappraisalbedingung hingegen kann aktiv Einfluss auf die Situation genommen werden.

Nach Obrist hat dies ein kardiales Muster, also ein Anstieg des systolischen Blutdrucks und der Herzrate, zur Folge. Das perseverative cognition model von Brosschot et al. (2006) legt nahe, dass bereits durch antizipatorisches Worrying die kardiovaskuläre Reaktivität steigt.

Reappraisal hingegen sollte sich auf diese Reaktivität hemmend auswirken. Die Stressorphase geht aufgrund der Möglichkeit zur Beeinflussung der Situation mit aktivem Coping, also einem kardialen Muster, einher. Die Erholungsphase im Anschluss an den Stressor ist wiederum passiv zu bewältigen, was ein vaskuläres Reaktionsmuster zur Folge hat.

Im Hinblick auf die Bedeutung der sozialen Ängstlichkeit für die kardiovaskuläre Reaktivität in den einzelnen Untersuchungsphasen wird nach den Modellen der sozialen Ängstlichkeit (Clark & Wells, 1995; Hofmann, 2007; Rapee & Heimberg 1997) angenommen, dass Hochsozialängstliche ihre Bewältigungsfähigkeiten als defizitär einschätzen, wie es bereits in dieser Studie bestätigt werden konnte. Der nach innen gerichtete Fokus der sozialängstlichen Personen, verstärkt die Wahrnehmung der physiologischen Reaktionen und wird als weiteres Versagen gedeutet, was wiederum zu einer erhöhten Bedrohung durch den Stressor führt (Clark & Wells, 1995). Die integrative effort analysis von Wright und Kirby (2001) postuliert, dass das Aufgabenengagement so lange proportional zur Schwierigkeit des Stressors ansteigt, bis die Anforderung die Bewältigungsressourcen übersteigt. Durch den sozialen und evaluativen Charakter des Stressors, wurde erwartet, dass Hochsozialängstliche der natürlichen Antizipationsbedingung den Stressor als nicht mehr bewältigbar einschätzen und dadurch eine gehemmte kardiovaskuläre Reaktion zeigen, wie von Gramer und Saria

(2007) festgestellt. Hochsozialängstliche der Reappraisalbedingung hingegen, fühlen sich durch die adaptive Emotionsregulationsstrategie in ihren Fähigkeiten gestärkt und nehmen den Stressor als weniger schwierig wahr und zeigen dadurch eine erhöhte kardiovaskuläre Reaktion.

Für die niedrigsozialängstlichen Probandinnen, wird eine konträre Aktivierung erwartet.

Niedrigsozialängstliche stufen die Stressoraufgabe in beiden Antizipationsbedingungen als bewältigbar ein und zeigen dadurch ein erhöhte kardiovaskuläre Reaktion. Die Probandinnen der Reappraisalbedingung profitieren noch zusätzlich von der Emotionsregulationsstrategie und zeigen daher einen geringeren Anstieg, als die Probandinnen in der natürlichen Antizipationsbedingung. Für die Erholungsphase wird erwartet, dass die Probandinnen der natürlichen Antizipationsbedingung einen höheren Anstieg der kardiovaskulären Parameter aufweisen, als die Reappraisalgruppe. Diese Annahme ergibt sich aus dem perseverative cognition model (Brosschot et al., 2006), das nahe legt, dass durch Rumination die Stressreaktion aufrecht erhalten bleibt. Studien legen nahe, dass durch die Anwendung adaptiver Emotionsregulationsstrategien diese perseverierenden, intrusiven Gedankengänge gehemmt werden (Jamieson et al., 2013; Nasso et al., 2019).

Wie im Vorigen bereits erwähnt, zeigten sich für alle kardiovaskulären Parameter unterschiedliche Ausprägungen über die Phasen hinweg, unabhängig der Bedingung und Sozialangstausprägung. Unter Berücksichtigung der Bedingungen und Sozialangstgruppen zeigte sich weder für den systolischen noch für den diastolischen Blutdruck ein signifikanter Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigsozialängstlichen sowie zwischen natürlicher Antizipation und Reappraisal. Für die Herzrate zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Antizipationsbedingungen. Die Probandinnen der natürlichen Antizipation zeigten einen höheren Anstieg der Herzrate im Vergleich zu Probandinnen der Reappraisalbedingung in der Antizipationsphase, der Redevorbereitungsphase und Stressorphase. In der Erholungsphase zeigte sich für die Probandinnen der natürlichen

Antizipation ein geringerer Abfall der Herzrate.

Zwar konnte ein signifikanter Unterschied in der Herzrate zwischen den Bedingungen in der Antizipationsphase festgestellt werden, die Herzrate erhöhte sich jedoch kaum im Vergleich zur Baseline. Dies lässt darauf schließen, dass die Probandinnen der Reappraisalbedingung von diesem Emotionsregulationsverfahren profitierten, jedoch generell ein eher vaskuläres Reaktionsmuster bei allen Teilnehmerinnen zu finden ist. Für die Reappraisalbedingung wurde jedoch ein Anstieg der kardialen Parameter erwartet. Ein Teil der Reappraisalbedingung ist das Lesen und kognitive Verarbeiten von einzelnen Sätzen, die jeweils für eine Minute am Bildschirm erscheinen. Die Probandinnen konnten also das Tempo der Bedingung nicht eigenständig bestimmen. Schnelle und geübte Leserinnen könnten eine Minute als unnatürlich lange Lesezeit empfinden. Demnach wäre für die Probandinnen genug Zeit, sich kognitiv mit der bevorstehenden Redeaufgabe zu beschäftigen. Dies würde wiederum bedeuten, dass auch bei den Probandinnen der Reappraisalbedingung antizipatorisches Worrying stattgefunden haben könnte. Diese Gefühl der Passivität und der Unkontrollierbarkeit der Situation führt infolgedessen zu einem vaskulären Muster, wie es in dieser Studie der Fall ist. Da es sich bei dieser Stichprobe ausschließlich um Universitätsstudierende handelt, ist anzunehmen, dass ein gewisses Maß an Lesegeschwindigkeit und Geübtheit bei allen Probandinnen gegeben war. In zukünftigen Studien könnte diesem Effekt entgegen gewirkt werden, indem die Probandinnen eigenständig die Dauer, mit der die Sätze auf dem Bildschirm verweilen, bestimmen können, etwa durch ein „Weiter“-Klicken am PC. Die Annahmen dieser Hypothese orientierte sich am perseverative cognition model von Brosschot et al. (2006), aber auch an Vorgängerstudien. So konnten Glynn et al. (2002) zwar feststellen, dass die offene Beschäftigung mit einem Stressor einen höheren systolischen und diastolischen Blutdruck zur Folge hat als eine Ablenkung vom Stressor, dieses Ergebnis lässt sich aber unter Umständen nicht auf diese Untersuchung übertragen, da es sich um einen anderen Versuchsaufbau handelt.

In der Untersuchung von Glynn et al. (2002) wurden die Probandinnen erst nach dem Stressor mit einer Verarbeitungsstrategie konfrontiert. Eine weitere Studie, die konträre Ergebnisse zur

vorliegenden Studie liefert, ist von Nasso et al. (2019). In dieser wurde gezeigt, dass die Probandinnen der Reappraisalbedingung einen geringeren Anstieg des systolischen und diastolischen Blutdrucks aufwiesen, als Probandinnen der katastrophisierenden Bedingung. Es ist denkbar, dass das Katastrophisieren der Situation zu einem deutlicheren Unterschied in den kardiovaskulären Parameter zur Reappraisalbedingung führt, als eine natürliche Antizipation, bei der es den Probandinnen freisteht, auch Bewältigungsstrategien anzuwenden. Diese Übertragbarkeit kann in weiteren Studien überprüft werden, die eine Reappraisalbedingung, eine natürliche Antizipation sowie eine katastrophisierende Bedingung umfassen.

Für die Stressorphase wurde davon ausgegangen, dass die hochsozialängstlichen Probandinnen der Reappraisalbedingung höhere Werte im systolischen Blutdruck und der Herzrate aufweisen, als Hochsozialängstliche der natürlichen Antizipationsbedingung.

Niedrigsozialängstliche der Reappraisalbedingung hingegen, sollten geringere Werte im systolischen Blutdruck und der Herzrate aufweisen, als die Niedrigsozialängstlichen der natürlichen Antizipationsbedingung. Diese Annahmen, basierend auf der integrative effort analysis (Wright & Kirby, 2001) konnten in dieser Studie nicht bestätigt werden. Es wurde angenommen, dass die hochsozialängstlichen Probandinnen der offenen Antizipationsbedingung den Stressor als nicht bewältigbar ansehen und dadurch in ihrer kardiovaskulären Reaktivität gehemmt werden, während die hochsozialängstlichen Probandinnen der Reappraisalbedingung aufgrund der Bewältigungsstrategie Erfolg als möglich einschätzen und dadurch Energien mobilisieren. Es zeigte sich jedoch, dass sich die Anwendung von Reappraisal im Hinblick auf die Herzrate als effektiv erweist, jedoch primär für niedrigsozialängstliche Personen. Hier zeigte sich ein deutlicher Unterschied der kardialen Aktivierung. Mauersberger et al. (2018) konnte beispielsweise nachweisen, dass sich eine Reappraisalinstruktion nur positiv auf die Stressreaktion ausübte, wenn Personen es gewohnt waren, Reappraisal anzuwenden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass eine ungewohnte Stressmanagementstrategie mehr Ressourcen verspeist, als eine gewohnte Strategie und

dadurch weniger Energie zur Verfügung steht um mit dem Stressor erfolgreich umzugehen.

Insbesondere hochsozialängstliche Personen verwenden Reappraisal seltener im Alltag als Niedrigsozialängstliche (Aldao et al. 2010, Werner et al. 2011). Da die fiktive Bewerbungssituation per se bereits eine besondere Anstrengung darstellt, die Ressourcen verbraucht, ist es denkbar, dass Hochsozialängstlichen während des Stressors Schwierigkeiten haben, Reappraisal erfolgreich zu implementieren, selbst wenn das Reappraisal instruiert wurde. Dies würde bedeuten, dass Hochsozialängstliche beider Bedingungen den Stressor gleichermaßen als nicht bewältigbar einschätzten und das Aufgabenengagement gering ausfällt.

Dies führt laut Wright & Kirby zu einer geringeren kardiovaskulären Reaktivität, da Erfolg nicht möglich ist und der Organismus keine Energien mobilisiert. Durch diese Hemmung der kardiovaskulären Reaktivität, kommt es zu einer ähnlich hohen Aktivierung der kardiovaskulären Parameter, wie bei niedrigsozialängstlichen Probandinnen. Keine signifikanten Gruppenunterschiede durch eine gehemmte Aktivierung fanden sich auch bei Gramer & Saria (2007), wenn die Probandinnen mit einem evaluativen Stressor konfrontiert wurden.

Im Rahmen der Erholungsphase wird laut perseverative cognition model (Brosschot et al. 2006) angenommen, dass die Probandinnen der natürlichen Antizipation eine höhere vaskuläre Reaktivität aufweisen, als die Probandinnen der Reappraisalgruppe und dass Rumination dabei eine mediierende Rolle spielt. Nach der Stressorkonfrontation kann die Stressreaktion noch lange aufrechterhalten bleiben. Glynn et al. (2007) und Ottaviani et al.

(2011) zeigten in ihren Studien, dass Rumination und die damit einhergehende prolongierte kardiovaskuläre Reaktivität noch Stunden, beziehungsweise Tage nach dem Stressor vorhanden sein kann. Die erwarteten Unterschiede in den Bedingungen der Antizipation konnten gefunden werden. Es zeigte sich, dass die Probandinnen der natürlichen Antizipation in der Erholungsphase einen geringeren Abfall der Herzrate aufweisen, als die Probandinnen der Reappraisalbedingung. Dies deutet daraufhin, dass die Anwendung von Reappraisal dazu

beiträgt, die kardiale Aktivierung erfolgreicher abzubauen, als die natürliche Antizipation.

Sozialängstliche Personen richten ihren Aufmerksamkeitsfokus laut Clark und Wells (1995) während einer Stresssituation nach innen. Dies führt dazu, dass sie ihre körperlichen Veränderungen, die in Folge einer Stressreaktion auftreten, intensiver wahrnehmen, als Personen ohne Sozialangst. Des Weiteren gehen hochsozialängstliche Personen davon aus, dass diese physiologischen Reaktionen nicht nur für sie selbst spürbar, sondern auch für ihr Gegenüber sichtbar sind und dadurch zu einer negativen Evaluierung führen.

Gramer et al. (2012) stellten fest, dass Hochsozialängstliche ihre physiologische Aktivierung als ausgeprägter einschätzten und die Einschätzung zu hoch war in Relation zur tatsächlichen physiologischen Aktivierung. Mauss et al. (2004) sowie Edelmann und Baker (2002) gelangten ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Hochsozialängstliche ihre körperliche Erregung als stärker einschätzen als niedrigsozialängstliche Versuchspersonen. Aufgrund dieser Datenlage wird davon ausgegangen, dass Hochsozialängstliche während des Stressors einen höheren Anstieg der wahrgenommenen physiologischen Aktivierung zeigen, als Niedrigsozialängstliche. Dieser erwartete Effekt konnte in dieser Studie ebenfalls nachgewiesen werden und deckt sich mit den bisherigen Ergebnissen der Forschung.

Des Weiteren wird in dieser Studie der Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen physiologischen Aktivierung und der tatsächlichen physiologischen Aktivierung betrachtet, die anhand der Herzrate bestimmt wurde. Für die Stressorphase zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang, für die Erholungsphase zeigte sich ein moderater positiver Zusammenhang.

Dies ist im Einklang mit Studien von Gramer et al. (2012) und von Mauss et al. (2004), die

Dies ist im Einklang mit Studien von Gramer et al. (2012) und von Mauss et al. (2004), die