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Wahl der Delegierten für das BVG

Verhandlungen: Wie kommt ein EBR + SE-BR zustande?

3. Wahl der Delegierten für das BVG

Die Wahl oder Bestellung der Delegierten für das BVG erfolgt nach unterschied-lichen Regeln für EBR und SE-BR. Im Folgenden werden diese beiden Bereiche deshalb getrennt dargestellt. Wichtig zu wissen ist, dass beide Verfahren jeweils nur die Bestellung der deutschen Mitglieder beschreiben. In jedem Land gelten ei-gene Regeln, die den unterschiedlichen Strukturen der nationalen Arbeitnehmer-vertretungen angepasst sind. In Deutschland finden sich die jeweiligen Vorschrif-ten im EBRG und SEBG. Trotz der europaweiVorschrif-ten Vorgaben für die Entsendung von Delegierten kommt es gar nicht selten vor, dass aus dem einen oder anderen Land keine Delegierten entsandt werden. Auswirkungen auf die Verhandlungen hat das jedoch nicht, denn die Verhandlungen finden nur mit denjenigen Vertretern statt, die teilnehmen. Wenn ein Land zur ersten Sitzung niemanden schickt, ist aber auch keine »Tür zugeworfen«. Die Mandate verfallen nicht, gehen auch nicht auf andere Länder über, sondern können weiterhin jederzeit im Laufe des Verhand-lungsprozesses besetzt werden.

3.1 EBR

Die zentrale Leitung muss europaweit die Arbeitnehmervertretungen und die in den Betrieben vertretenen Gewerkschaften über die Anzahl der Delegierten pro Land unterrichten (§ 9 Abs. 3 EBRG). Grundsätzlich werden die Delegierten durch das höchste Arbeitnehmervertretungsgremium gewählt. Bei einer Kon-zernstruktur ist das der KBR, bei einem Unternehmen der GBR, und wenn es nur einen Betrieb geben sollte, der BR. Insbesondere wenn die zentrale Unter-nehmensleitung im Ausland ist, sind viele Konstellationen denkbar. So ist z. B.

die Bildung eines KBR nicht möglich, wenn sich die Konzernspitze im Ausland befindet. Existieren aber in Deutschland zwei abhängige Tochterunternehmen, werden die Mitglieder des BVG auf einer gemeinsamen Sitzung beider GBR bestellt. Wenn in einem KBR oder GBR nicht alle Arbeitnehmervertretungen eingebunden sind, werden diese Gremien mit Vorsitz und Stellvertretung zur Unterschiedliche

Regeln für EBR und SE-BR

Delegiertenwahl im KBR, GBR oder BR

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»Bestellungssitzung« mit eingeladen. Sie nehmen mit den Stimmen teil, die sie vertreten, genau wie im GBR oder KBR. Im EBRG ist dies ausführlich im § 11 Abs. 3 geregelt.

Beispiel: France SA (Betriebe in Deutschland) In der A GmbH existiert der

A-GBR. In der B GmbH existiert

der B-GBR. In der C-GmbH existiert nur ein Betrieb.

In der A-GmbH gib es

Be-triebe 1A und 2A. In der B-GmbH gibt es Betriebe 1B und 2B.

In diesem Fall treffen sich die beiden GBR und Vorsitz und Stellvertretung des BR der C-GmbH zur gemeinsamen Sitzung und bilden das „Wahlgremium“ i. S. d. EBRG.

GBR A-GmbH +

Zu dieser Sitzung lädt das hierarchisch »höchste« Gremium ein. Sollte es mehrere gleichrangige Gremien geben, wie im oben genannten Beispiel, dann lädt der GBR mit den meisten Beschäftigten ein. Die Kosten für diese Sitzung hat der Arbeitge-ber bzw. das Unternehmen zu tragen.

Auf der Sitzung werden dann die Delegierten bestellt bzw. gewählt. Wenn nur ein einzelner BR die Bestellung vornimmt, wird nach dem Mehrheitsprinzip, bei

Beispiel: France SA (Betriebe in Deutschland)

In der A GmbH existiert der A-GBR.

In der B GmbH existiert der B-GBR.

In der C-GmbH existiert nur ein Betrieb.

In der A-GmbH gib es Be-triebe 1A und 2A.

In der B-GmbH gibt es Betriebe 1B und 2B.

In diesem Fall treffen sich die beiden GBR zur gemeinsamen Sitzung und bilden das »Wahlgremium« i. S. d. EBRG.

GBR A-GmbH +

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mehreren Gremien mit gewichteten Stimmen abgestimmt. Die Gewichtung erfolgt wie bei den Abstimmungen im GBR oder KBR. Es empfiehlt sich, wenn es sich um mehrere Delegierte handelt, dass sich die GBR und BR im Vorhinein darüber ver-ständigen, Delegierte aus verschiedenen Unternehmen oder Betrieben zu benen-nen, auch wenn eine Einheit so groß ist, das sie mehrheitlich alle Delegierten stel-len könnte. Die Unternehmenswirklichkeit sollte durch die Delegierten abgebildet werden. Das gilt auch im Hinblick auf das Verhältnis von Männern und Frauen (§ 11 Abs. 5 EBRG), im Hinblick auf verschiedene Standorte und u. U. auf verschiedene Produktionsbereiche des Konzerns. Natürlich ist bei zwei bis drei Personen nicht alles abbildbar, aber es wäre nicht gut, wenn von drei zu bestimmenden Delegier-ten alle drei aus einem Standort oder Unternehmen kommen würden. In der Regel sind die Delegierten BR-Mitglieder. Das ist aber nicht zwingend. Das Gesetz macht dazu keine Vorgaben, sodass auch externe Personen, wie z. B. Gewerkschaftsse-kretäre, bestellt werden können.

Beachte:

Wenn ein Betrieb keinen BR gewählt hat, nimmt dieser an der Bestellung der Delegierten nicht teil. Deutschland hat im Gegensatz zu einigen anderen EU-Ländern keine Urwahl von Delegierten für das BVG vorgesehen. Das ist zu begrüßen, denn wenn die Arbeitnehmer auf lokaler Ebene auf eine Ar-beitnehmervertretung glauben verzichten zu können, gibt es keinen Grund, sie über eine europäische Vertretung mitentscheiden zu lassen.

Es können auch Arbeitnehmervertreter aus Drittstaaten, also nicht EU oder EWR, an den Verhandlungen teilnehmen, wenn die zentrale Leitung und das BVG ihr Einverständnis erklären. Vorher sollte Rücksprache mit den Gewerkschaften ge-halten werden, weil diese Länder keine Bestellungsregeln haben und vorab zu prüfen ist, ob Arbeitnehmervertretungen existieren.

Auf jeden Fall sollten Ersatzmitglieder bestellt werden. Ansonsten kann es pas-sieren, dass bei einer Verhandlungsrunde das Land wegen Krankheitsausfalls des einzigen Mitglieds nicht vertreten ist. Gesetzlich sind persönliche Vertreter nicht vorgeschrieben und ebenso wenig, ob sie nacheinander eintreten sollen. Darüber muss man sich einigen und es ins Protokoll schreiben.

Die bestellten Mitglieder und Ersatzmitglieder sind dem Unternehmen mitzuteilen.

Ersatzmitglieder

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3.2 SE-BR

Die Wahl der Delegierten des BVG bei der SE-Verhandlung ist deutlich komplizier-ter als beim EBR beschrieben. Hinkomplizier-tergrund ist, dass dieses BVG die ausschließli-che Befugnis besitzt, die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer zu verhandeln.19 Damit ist hier auch die Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat der neu entste-henden SE gemeint.20 Die Wahl der Delegierten für das BVG ist ein komplexes Verfahren und bedarf im Vorfeld einiger Abstimmung. Die Anzahl der Delegierten pro Land errechnet sich allerdings genauso wie bei den Verhandlungen zum EBR:

je angefangene 10 Prozent ein Sitz (siehe oben S. 26).

3.2.1 Wahlgremium

Nach dem SEBG ist ein Wahlgremium zu bilden, das die Delegierten für das BVG wählt. Das Wahlgremium setzt sich zusammen aus den Arbeitnehmervertretun-gen der beteiligten Unternehmen und Betriebe. Wenn es einen KBR gibt und alle betroffenen Unternehmen und Betriebe dadurch vertreten werden, ist dieser das Wahlgremium. Fehlt ein Unternehmen oder ein Betrieb im KBR, müssen diese zusätzlich in das Wahlgremium einbezogen werden. Gibt es nur einen GBR oder BR, bildet entweder der GBR oder der BR das Wahlgremium. Der Grundsatz ist wie beim EBR (siehe auch das Beispiel auf S. 29): Alle Arbeitnehmervertretungen müssen mittel- oder unmittelbar vertreten sein. Allerdings gibt es einen entschei-denden Unterschied: Betriebsratslose Betriebe werden vom GBR oder BR mitver-treten (§ 8 Abs. 3 SEBG).

Wenn es in den im Inland beteiligten Unternehmen oder Betrieben gar keine Arbeit-nehmervertretung gibt, dann wählen die Arbeitnehmer in Urwahl das Wahlgremium,

§ 8 Abs. 5 Satz 3 SEBG. Es müssen so viele Mitglieder gewählt werden, wie bei kor-rekten BR-Strukturen vorhanden sein würden. In einem solchen Fall muss einfach gerechnet werden, wie viele BR-Mitglieder zu wählen wären. Dieser Fall ist bisher jedoch noch nicht aufgetreten und ist auch praktisch recht unwahrscheinlich.

Das Wahlgremium darf aus höchstens 40 Mitgliedern bestehen (§ 8 Abs. 6 SEBG).

Sollten es mehr sein, müssen sie nach dem d’Hondtschen Verfahren reduziert werden. Hier handelt es sich eher um ein theoretisches Problem. Im Zweifel muss spätestens jetzt die Fachabteilung der Gewerkschaft angesprochen werden.

19 HaKo-BetrVG/Sick, SE und grenzüberschreitende Verschmelzung, Rn. 34.

20 Zu den Besonderheiten für die Beteiligung vom Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat siehe S. 38.

Delegierten-wahl durch Wahlgremium

Urwahl möglich

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3.2.2 Wer steht zur Wahl?

Wenn es mehr als zwei Mandate für Deutschland gibt, ist jedes dritte Mandat mit einem/einer Vertreter/in einer Gewerkschaft zu besetzen, die in den beteiligten Unternehmen vertreten ist (§ 6 Abs. 3 SEBG). Wenn mehr als sechs Mandate auf Deutschland entfallen, muss jedes siebte an die leitenden Angestellten gegeben werden (§ 6 Abs. 4 SEBG). Praktisch würde es bei errechneten sieben Mandaten für Deutschland so aussehen: Vier betriebliche Vertreter, zwei Gewerkschaftsver-treter und ein leitender Angestellter.

Alle Gesellschaften, die in Deutschland an der Gründung der SE beteiligt sind, sollen mit mindestens einem Mitglied vertreten sein. Wenn die Zahl der Mandate dafür nicht ausreicht, werden sie nach Größe der Gesellschaft, d. h., wo die meis-ten Arbeitnehmer sind, verteilt (§ 7 SEBG). Wären im Beispiel mit den sieben Man-daten fünf Gesellschaften beteiligt, würde die kleinste kein Mandat bekommen.

Beispiel:

1. Mandat BR, 2.Mandat BR, 3. Mandat Gewerkschaft, 4. Mandat BR, 5. Man-dat BR, 6. ManMan-dat Gewerkschaft, 7. ManMan-dat LA.

Das macht vier betriebliche, zwei gewerkschaftliche Mandate und eins für den leitenden Angestellten.

Die Beteiligung von Gewerkschaftsvertretern und leitenden Angestellten im BVG ist deshalb von Bedeutung, weil z. B. nach dem Mitbestimmungsgesetz beide Gruppen garantierte Mandate im Aufsichtsrat haben. Das Wahlgremium wählt die vorgeschlagenen Delegierten, das heißt, auch die Gewerkschaftsvertreter und den leitenden Angestellten.