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Verhandlungen zur Bildung des EBR + SE-BR

Verhandlungen: Wie kommt ein EBR + SE-BR zustande?

4. Verhandlungen zur Bildung des EBR + SE-BR

Die zentrale Leitung lädt die BVG-Mitglieder nach der Benennung unverzüglich zur konstituierenden Sitzung ein. Teilnahmeberechtigt sind dabei nur die Mitglieder des BVG, nicht die Unternehmensleitung. Um handlungsfähig zu werden, muss ein/-e Vorsitzende/-r gewählt werden. Es empfiehlt sich auch eine Stellvertretung zu wählen.21

21 § 12 SEBG sieht sogar zwei Stellvertreter vor. Das ist aber nicht zwingend erforderlich. Es geht in erster Linie um die Handlungsfähigkeit des BVG. Die ist mir der Wahl eines Vorsitzes schon gegeben, Oetker in: Lutter/Hommelhoff/Teichmann, § 12 SEBG Rn. 17.

Delegierte aus Betrieb und Gewerkschaft

Konstituierende Sitzung des BVG

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Das BVG kann sich bei den Verhandlungen von Sachverständigen seiner Wahl unterstützen lassen (§ 13 Abs. 4 EBRG, § 14 SEBG). Das Gesetz weist ausdrück-lich darauf hin, dass diese sachverständige Unterstützung durch Gewerkschaf-ten erfolgen kann. Des Weiteren steht mittlerweile im § 38 Abs. 2 EBRG, dass das BVG Anspruch darauf hat, eine Schulung zur Vorbereitung der Verhandlun-gen durchzuführen. Zwar erwähnt das SEBG einen Schulungsanspruch für das BVG nicht explizit wie das EBRG. Dennoch lässt sich aus § 19 SEBG ableiten, dass die zentrale Leitung erforderliche Kosten für die Bildung des BVG zu tragen hat und damit auch die Kosten für eine vorbereitende Schulung.22 Schließlich wird beim Schulungsanspruch des SE-BR auf die Erforderlichkeit abgestellt, die für das BVG bei der SE-Gründung sicher nicht anders als beim BVG des EBR zu beurteilen ist. In der Regel entstehen hier keine Streitigkeiten, denn die Initiati-ve, sich in eine andere gesellschaftsrechtliche Form umzuwandeln, geht vom Un-ternehmen aus. Es ist verpflichtet, die Arbeitnehmer zu beteiligen. Jede Aktivität, die diesen Prozess fördert oder beschleunigt, wird deshalb normalerweise un-terstützt.

Die Unterstützung durch einen Sachverständigen ist zwingend erforderlich, denn diese Verhandlungssituation ist für alle Beteiligten einmalig. Eine sach-verständige Person hilft den Mitgliedern des BVG nicht nur, den gesetzlichen Rahmen und mögliche Inhalte einer Vereinbarung aufzuzeigen. Mindestens ge-nauso wichtig ist es, aus den Delegierten ein Team zu bilden. Im Unterschied zur Arbeit auf nationaler Ebene ist es häufig nicht möglich, die anderen einfach anzusprechen und sich so kennen zu lernen, denn alle sprechen unterschied-liche Sprachen. Zwar stehen im Sitzungsraum Dolmetscher zur Verfügung,23 außerhalb jedoch nicht. Das erschwert direkte Kontakte. Ein gewerkschaftlicher Sachverständiger fördert den Austausch zwischen den Delegierten. So erwächst Vertrauen untereinander.

Hinzu kommt, dass in Europa die Arbeitnehmervertretungssysteme sehr unter-schiedlich sind (siehe S. 22, 23). Wenn diese Systeme unbekannt sind, fällt es schwer, Beiträge in der Diskussion richtig einzuordnen.

Ein klassisches Beispiel für diese interkulturellen Missverständnisse: In der Vorstellungsrunde sagt ein deutscher Kollege, er sei Vorsitzender des Betriebs-rats. Die französische Kollegin hört in der Übersetzung »Président du Comité d’Entreprise«. Das »Comité d’Entreprise« ist kein Betriebsrat sondern eher ein

22 Oetker in: Lutter/Hommelhoff/Teichmann, § 19 SEBG Rn. 11.

23 Das ist die Grundvoraussetzung für die Kommunikation in den Verhandlungen. Darauf müssen vor-rangig die Kollegen und Kolleginnen aus dem Hauptsitzland bei der Vorbereitung achten.

Sachverständige und Schulung

Mögliche Missverständnisse

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Wirtschaftsausschuss. In Frankreich gibt es keinen Betriebsrat, wie wir ihn ken-nen, deshalb auch keine entsprechende Bezeichnung dafür. Unter allen Dolmet-schern in Europa ist abgemacht, das Wort Betriebsrat mit »Comité d’Entreprise«

zu übersetzen. In Frankreich ist der Vorsitzende, der »Président«, immer ein/e Arbeitgebervertreter/in. Und so wird aus unserem deutschen Kollegen in der französischen Übersetzung der deutsche Geschäftsführer. Wenn dieses Missver-ständnis nicht aufgeklärt wird, wird die französische Kollegin sich sehr wundern, wen die Deutschen so entsenden, und sie wird sich sehr zurückhalten. Auch ein Begriff wie »Gewerkschaftsvertreter/-in« hat unterschiedliche Bedeutungen je nach Mitgliedstaat. In Deutschland ist das ein hauptamtliche/-r Gewerkschafts-sekretär/-in, in vielen anderen Ländern handelt es sich aber um einen Kollegen aus der Gewerkschaftsvertretung im Betrieb, der Arbeitnehmer des Betriebes ist.24

Diese Art von Beispielen gibt es reichlich. Eine gute Beratung und eine gemein-same Schulung aller BVG-Mitglieder helfen, solche Missverständnisse zu vermei-den. Die Schulung dient natürlich auch dazu, aufzuzeigen, was verhandelt werden muss. Auch das ist für alle ungewohnt, denn normalerweise regeln Gesetze die Zusammensetzung und die Rechte von Arbeitnehmervertretungen. Neben den in-haltlichen Themen bietet die Schulung Gelegenheit, die Kolleginnen und Kollegen besser kennen zu lernen, ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Schulungen ersetzen aber nicht die laufende Beratung im Verhandlungsprozess.

Die Gewerkschaften haben Fachmänner und -frauen, die Erfahrungen mit diesen Verhandlungen haben und das BVG kompetent beraten können.

Um einen Sachverständigen hinzuzuziehen oder eine Schulung durchzuführen, muss das BVG einen Beschluss fassen. Es empfiehlt sich, bereits im Vorfeld des ersten Treffens des BVG in Abstimmung mit den Delegierten der anderen Länder einen Berater hinzuzuziehen. Für die Auswahl der Beraterin/ des Beraters und die Planung einer Schulung kontaktiert unbedingt die zuständige Gewerkschaft.

Bei einem Beschluss hat jedes Mitglied eines EBR-BVG eine Stimme.

Das ist abweichend beim SE-BR-BVG. Hier wird eine sogenannte doppelte Mehr-heit benötigt. Das ist einmal die MehrMehr-heit der Mitglieder, genau wie beim EBR-BVG. Zusätzlich muss die Mehrheit der vertretenen Arbeitnehmer vorliegen (§ 15 SEBG). Das Stimmengewicht berechnet sich dabei für die einzelnen Delegierten wie beim GBR: Die vertretenen Arbeitnehmer auf nationaler Ebene werden

zu-24 Siehe dazu die verschiedenen Arbeitnehmervertretungssysteme auf S. 22, 23.

Beschlüsse

Verhandlungsfristen und Scheitern der Verhandlungen 35

sammen gerechnet und das Stimmengewicht zu gleichen Teilen den Delegierten gegeben. Wenn z. B. zwei Delegierte aus Deutschland kommen, einer aus einem Standort mit 1.500 Beschäftigten, der andere mit 500 Beschäftigten, hat jeder von beiden 1000 Stimmen.