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Strukturelle Änderungen des Unternehmens

Was sind die wesentlichen Inhalte der EBR +

22. Strukturelle Änderungen des Unternehmens

22.1 Gesetz

Wenn sich die Struktur des Unternehmens wesentlich verändert, können auf An-trag der Arbeitnehmerseite (wie bei der erstmaligen Gründung) oder auf Veranlas-sung der zentralen Leitung Neuverhandlungen aufgenommen werden (§ 37 EBRG,

§ 18 Abs. 3 SEBG). Zwar gibt es noch Unterschiede zwischen EBR + SE-BR, jedoch ist der Begriff »wesentliche Strukturänderung« für beide gleich auszulegen. Dazu können Verschmelzungen, Zusammenlegung, Spaltung, Verlegung von Unter-nehmen oder Betrieben, Stilllegungen, Ausweitung der Geschäftstätigkeit, Sitz-verlegung und bei der SE Wechsel von der dualistischen in die monistische Form zählen.66 Es kann sich um Veränderungen gesellschaftsrechtlicher Natur oder in den tatsächlichen Strukturen handeln. Ob bereits die Vergrößerung oder Verklei-nerung der Belegschaft allein eine wesentliche Strukturveränderung ist, wird ge-rade im SEBG sehr kontrovers diskutiert. Führt die Vergrößerung der Belegschaft beispielsweise zum Überschreiten der Schwellenwerte des DrittelbG oder Mitbe-stG, ist unserer Auffassung nach von einer strukturellen Änderung auszugehen.67

22.1.1 EBR

Der nächste Schritt ist die Bildung eines BVG, das diesmal aus dem bestehenden EBR drei weitere Mitglieder über das nach § 9 EBRG neu zu bildende BVG hinaus benennen darf (§ 37 Abs. 1 EBRG). Die Initiative können die Arbeitnehmervertreter oder die zentrale Leitung ergreifen. Wenn im Falle des Zusammenschlusses zweier Unternehmen zwei EBR vorhanden sind, darf jeder EBR drei weitere Mitglieder entsenden. Die Delegierten des BVG selbst werden nach den zusammengefass-ten Arbeitnehmerzahlen berechnet. Die »alzusammengefass-ten« EBR haben Bestandschutz bis zur Bildung eines neuen EBR (§ 37 Abs. 3 EBRG). Sie sind also noch mit allen Rechten und Pflichten ausgestattet. Die Verhandlungen für den neuen EBR unterliegen denselben Kriterien wie eine erstmalige Verhandlung. Wenn es beispielsweise innerhalb von drei Jahren nicht zu einem Abschluss kommt, wird für das »neue«

Unternehmen ein EBR kraft Gesetzes gebildet, und die »alten« EBR werden aufge-löst. Es gibt dann keinen Grund für einen Bestandsschutz mehr.

66 Oetker in: Lutter/Hommelhoff/Teichmann, § 18 SEBG Rn. 21 f.

67 So auch Freis in: Nagel/Freis/Kleinsorge, Kommentar zum SEBG, 2. Auflage 2010, § 18 SEBG Rn.:

11; Köstler in: Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2. Auflage 2005, S. 371; a. A. Ho-henstatt/Müller-Bonanni in: Habersack/ Drinhausen, SE-Recht, Kommentar, 2. Auflage 2016, § 18 SEBG Rn. 10. In Österreich ist »eine erhebliche Änderung der Zahl der Beschäftigten« als strukturelle Änderung definiert. Ähnliche Regelungen existieren auch in Belgien und Polen.

Wesentliche Struk-turänderungen

Bildung eines BVG

Was sind die wesentlichen Inhalte der EBR + SE-BR-Vereinbarung?

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§ 37 EBRG gilt auch für sog. Art. 13-Vereinbarungen (vor 22. 9. 1996 geschlossen) Bei strukturellen Änderungen muss auch hier neu verhandelt werden. Diese Ver-einbarungen fallen dann ganz normal unter das EBRG.

22.1.2 SE-BR

Der SE-BR kann Neuverhandlungen verlangen, wenn durch die strukturelle Än-derung Beteiligungsrechte gemindert werden. Wann eine MinÄn-derung vorliegt, ist nicht einfach zu bestimmen.68 Deshalb sollte bei einer Änderung Kontakt zur Ge-werkschaft aufgenommen werden, um den Sachverhalt und die Konsequenzen juristisch genau zu beleuchten.

Wenn die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 SEBG, strukturelle Änderung, nach einer Prüfung vorliegen, kann der SE-BR den Antrag auf Verhandlungen stellen oder die zentrale Leitung die Initiative ergreifen. Es wird ein BVG wie bei einer Erst-verhandlung gebildet. SE-BR und zentrale Leitung können sich aber auch darauf einigen, dass der SE-BR die Verhandlungen führt. Im Falle einer Verschmelzung wird der SE-BR durch Delegierte der »neuen« Unternehmensteile ergänzt.

22.2 Vereinbarung

In einer Vereinbarung können für Neuverhandlungen konkrete Regelungen getrof-fen werden (§ 18 Abs. 1 Nr. 7 EBRG, § 21 Abs. 1 Nr. 6 SEBG). Eine Orientierung an

§ 37 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1–4 EBRG ist sinnvoll. Weiterhin sollten Fälle, die zu einer Veränderung der Arbeitnehmerzahlen des Unternehmens führen, in den Beispiel-katalog aufgenommen werden. Dieses Kriterium ist bei der SE und dem SEBG be-sonders relevant, da es die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat herbeiführen kann.

Ohne Regelung muss beim EBR ein BVG eingesetzt werden. Die Erfahrung zeigt, dass dies sehr umständlich ist und im Prinzip die derzeitigen EBR-Mitglieder ohne-hin berufen werden. Es sollte deshalb über ein pragmatischeres Verfahren nach-gedacht werden. Vom Grundsatz sollte der bestehende EBR als BVG eingesetzt werden. So, wie es jetzt schon für den SE-BR gesetzlich als eine Alternative vorge-sehen ist (§ 18 Abs. 3 Satz 2 SEBG). Wichtig ist, dass im Falle einer Verschmelzung oder eines Unternehmenszukaufs der EBR + SE-BR um Vertreter des verschmolze-nen oder zugekauften Unternehmens ergänzt werden. Wenn ein Unternehmen mit

68 Siehe dazu Oetker in: Lutter/Hommelhoff/Teichmann, § 18 SEBG Rn. 30–37.

Minderung von Be-teiligungsrechten

Strukturelle Änderungen des Unternehmens 75

bestehendem EBR + SE-BR dazu kommt, sollten beide EBR + SE-BR das Verhand-lungskomitee bilden, die tatsächlichen Verhandlungen allerdings auf die beiden geschäftsführenden Ausschüsse übertragen werden. Wenn es sich nur um relativ kleine Veränderungen handelt, kann die Zahl der Delegierten durch die »neuen«

ergänzt werden und die Vereinbarung im Übrigen unverändert bestehen bleiben.

Grundsätzlich ist festzuhalten: Es ist wichtig, möglichst schnell Kontakt mit den Arbeitnehmervertretern des neuen Unternehmens aufzunehmen und ihnen die Vereinbarung zu erläutern. Falls im anderen Unternehmen auch eine Vereinba-rung vorhanden ist, sollte der EBR + SE-BR sich diese vorstellen lassen. Im An-schluss ist gemeinsam zu überlegen, wie beide EBR + SE-BR zusammen geführt werden könnten bzw. welche Änderungen an der bisherigen EBR + SE-BR-Struktur sinnvoll wären. Die »Neuen« sind möglichst schnell zu integrieren. Es kann sich auch lohnen, für eine begrenzte Übergangszeit die Anzahl der EBR + SE-BR-Mit-glieder zu erhöhen oder Vertreter aus großen Ländern als Gäste auf eine EBR + SE-BR- Sitzung einzuladen. Wenn über ein pragmatisches Vorgehen mit der zent-ralen Leitung keine befriedigende Absprache getroffen werden kann, wird auf die gesetzliche Regelung der Bildung des BVG nach § 37 EBRG oder § 18 Abs. 3 SEBG zurückgegriffen.

Gemeinsame Verhandlungen

Schnelle Kontakt-aufnahme

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