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Geheimhaltung, Vertraulichkeit

Was sind die wesentlichen Inhalte der EBR +

15. Geheimhaltung, Vertraulichkeit

In beiden Gesetzen gibt es inhaltlich identische Regelungen zur Vertraulichkeit und Geheimhaltung (§ 35 EBRG und § 41 SEBG). Leider ist immer wieder fest-zustellen, dass den Gremien trotz ihrer Verpflichtung zur Vertraulichkeit von der zentralen Leitung Informationen vorenthalten werden. Die Unterrichtungspflicht besteht nämlich nur, soweit dadurch nicht Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden. Das Vorliegen eines Geheimnisses richtet sich nach objektiven Kriterien. Darunter werden Tatsachen technischer sowie wirtschaftlicher Natur verstanden, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind. Der Grund für die Geheimhaltung muss einem berechtigten wirt-schaftlichen Interesse des Arbeitgebers entsprechen. Weitere Voraussetzung ist, dass durch die Weitergabe der objektiv geheimen Information dieses Geheimnis gefährdet wäre.

51 Fitting, Übersicht EBRG, Rn. 98.

Gemeinsames

Was sind die wesentlichen Inhalte der EBR + SE-BR-Vereinbarung?

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Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass sich zentrale Leitungen nicht selten auf das Recht zur Geheimhaltung zurückziehen. In einigen Fällen sind sogar Informati-onen zu Themen, die im Geschäftsbericht schon veröffentlicht sind, mit Hinweis auf das Geschäftsgeheimnis dem EBR + SE-BR verwehrt worden. Zwar ist eine ähnliche Bestimmung auch aus dem BetrVG bekannt (§ 106 Abs. 2 BetrVG). Im BetrVG besteht die Möglichkeit, bei Streitigkeiten die Einigungsstelle anzurufen, die den Umfang der Information überprüft. Etwas Entsprechendes kennen weder EBRG noch SEBG.

Praktisch gibt es kaum die Möglichkeit, eine angeblich geheime Information einzu-klagen, denn bevor es zur Gerichtsverhandlung kommt, ist der Sachverhalt häufig bereits aus sonstigen Gründen publik, z. B. kann eine geplante Übernahme bis dahin öffentlich verkündet sein. Es gibt Unternehmen, die eine strategische Maßnahme, die tatsächlich als Geschäftsgeheimnis zu werten ist, dem EBR + SE-BR nach Bör-senschluss und vor der öffentlichen Bekanntgabe am nächsten Morgen mitteilen.

Der Anspruch, dass zu Maßnahmen, die die Interessen der Beschäftigten wesentlich betreffen, zuvor der EBR + SE-BR angehört werden muss, wird hier ausgehebelt.

Wenn dem EBR + SE-BR aber trotzdem Geschäftsgeheimnisse mitgeteilt werden, hat er sie vertraulich zu behandeln. In den europäischen Vorgaben zum EBR + SE-BR ist nicht eindeutig festgelegt, was vertraulich zu behandeln ist. Hinzu kommt, dass es hierbei national erhebliche Unterschiede gibt. So ist in Frankreich ein Recht für die zentrale Leitung geregelt, wonach der EBR + SE-BR vor einem Über-nahmeangebot nicht zu informieren ist.52 In den Niederlanden gibt es im EBR-Ge-setz eine Vertraulichkeitsklausel, die sehr viel Interpretationsspielraum lässt, weil demnach alle Sachverhalte vertraulich sind, die die EBR-Mitglieder »als vertrau-lich einstufen sollten«.53 In Deutschland empfiehlt sich eine Orientierung an § 79 BetrVG, um den Rahmen der Verschwiegenheitspflicht einordnen zu können.54 Der Umgang mit diesen sehr unterschiedlichen nationalen Regelungen zur Ver-traulichkeit ist schwierig. Ausgeschlossen ist jedoch, dass sich die Unternehmen auf das Insiderrecht beziehen und deshalb keine Informationen an den EBR ge-ben. Das Insiderrecht löst nur aus, dass die EBR-Mitglieder vertraulich damit um-zugehen haben. Es bedeutet jedoch nicht, dass diese Informationen dem EBR + SE-BR vorenthalten werden können.55 Sie können in die Insiderliste56

aufgenom-52 Artikel L.2341–11 des französischen Arbeitsgesetzbuchs.

53 Nachzulesen im Leitfaden der Europäischen Kommission unter Link: http:// manageworkscouncils. eu/

54 Engels/Müller, Regierungsentwurf eines Gesetzes über europäische Betriebsräte, DB 1996, 981, 988.

55 Fitting, Übersicht EBRG, Rn. 95, 96 und § 106 BetrVG Rn. 43.

56 Näheres zu Insiderlisten bei Haßler, Insiderlisten gem. Art. 18 MMVO und praktische Handhabung, DB 2016, 1920 ff.

Fortbildung 65

men werden oder das Unternehmen kann die EBR + SE-BR-Mitglieder im Vorfeld der Information eine Verschwiegenheitspflichterklärung unterzeichnen lassen.

Diese Grundsätze gelten auch bei verhandelten EBR + SE-BR. Untereinander gibt es zwischen den EBR + SE-BR-Mitgliedern keine Beschränkungen, vertrauliche Angelegenheiten miteinander zu bereden. Obwohl das selbstverständlich ist, schadet eine entsprechende Erwähnung in der Vereinbarung nicht. In einigen Fäl-len wird zuerst der Ausschuss unterrichtet. Der Ausschuss hat aber niemals eine Verschwiegenheitspflicht gegenüber den anderen EBR + SE-BR-Mitgliedern. Die schriftliche Aufführung der Prinzipien, wann ein Sachverhalt vertraulich zu behan-deln ist, lohnt sich auf jeden Fall. Um den Text der Vereinbarung an dieser Stelle nicht zu umfangreich werden zu lassen, kann die Definition, wann ein Geheimnis vorliegt, im Anhang der Vereinbarung aufgeführt werden.

Grundsätzlich gilt: Wenn die zentrale Leitung eine Information als geheimhaltungs-bedürftig erklärt, sollte immer nachgefragt werden, warum die Angelegenheit als vertraulich zu bewerten ist. Ist dies plausibel begründet, sollte nach der Dauer der Geheimhaltung gefragt werden. Die Weitergabe dieser Informationen an die örtli-chen Arbeitnehmervertretungen ist immer möglich, da diese auch einer Verschwie-genheitspflicht unterliegen (§ 35 Abs. 2 Satz 3 EBRG, § 41 Abs. 3 Nr. 2 SEBG).

Grundsätzlich ist in der Vereinbarung darauf zu achten, dass die Vorgaben zum ver-traulichen Umgang mit den zur Verfügung gestellten Informationen im Vergleich zur gesetzlichen Vorgabe nicht weiter verschärft, aber auch nicht abgemildert werden.

16. Fortbildung

16.1 Gesetz

Die Mitglieder des EBR + SE-BR haben das Recht auf bezahlte Freistellung zur Fortbildung, die im Zusammenhang mit den Aufgaben des EBR + SE-BR steht.

Die Voraussetzungen sind vergleichbar mit dem § 37 Abs. 6 BetrVG. Das Recht besteht für den gesamten EBR + SE-BR als Kollektivanspruch, daraus abgeleitet steht aber jedem einzelnen Mitglied auch ein individueller Anspruch zu (§ 38 EBRG und § 31 SEBG).57

Es ist ausdrücklich zu empfehlen, dass der EBR + SE-BR auch gemeinsam Fort-bildungen besucht, da das die Zusammenarbeit fördert und alle auf den

glei-57 Annuß in: Annuß/Kühn/Rudolph/Rupp, § 38 EBRG, Rn. 13, Oetker in: Lutter/Hommelhoff/Teich-mann, § 31 SEBG Rn. 1.

Kein Schweigen untereinander

Gemeinsame Fortbildung

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chen Wissenstand bringt. Eine Sprachschulung kann zwar auch sinnvoll einzeln absolviert werden. Es gibt aber gute Beispiele, wie das Gremium trotz verschie-dener Muttersprachen gemeinsam Englisch lernt und zusätzlich Grundzüge der Arbeitnehmervertretungssysteme vermittelt werden. Kenntnisse über die Rechte der Arbeitnehmervertretungen in den Ländern, Aussichten für die Branche sowie Umgang, Kommunikation und Zielsetzung im Gremium sind mögliche Themen ge-meinsamer Weiterbildung. Auch neue Entwicklungen im europäischen Recht mit Auswirkung auf die Unternehmen zählen dazu. Wie in § 37 Abs. 6 BetrVG gibt es keine Aussagen zum Umfang von Bildungsmaßnahmen. Maßstab ist die Erforder-lichkeit. Dieses Recht ist auch nicht einzuschränken, denn die Übernahme des Amtes als EBR + SE-BR-Mitglied dürfte mit denselben Pflichten wie das Amt eines BR-Mitglieds verbunden sein. Ein BR-Mitglied hat die Verpflichtung, die erforder-lichen Kenntnisse für die ordnungsgemäße Ausübung des Amtes zu erwerben.58 Dasselbe gilt für ein EBR + SE-BR-Mitglied. Die Kosten der Fortbildung sind Kosten des EBR + SE-BR und von der zentralen Leitung zu tragen.

Eine individuelle Fortbildung bietet sich gerade, aber nicht nur an, wenn ein Mit-glied neu ins Gremium kommt. Die Grundlagen der EBR-Arbeit oder wirtschaftli-cher Zusammenhänge können auch allein erlernt werden, um im Gremium schnell Anschluss zu finden. Das gilt auch für regelmäßiges Sprachtraining.

16.2 Vereinbarung

In einer Vereinbarung kann der Fortbildungsanspruch noch konkretisiert werden, obwohl er auch ohne weitere Erwähnung im Text dem verhandelten EBR + SE-BR zusteht. So können die o. g. Beispiele für mögliche Weiterbildungsthemen be-nannt werden.

Umfang und Zeitpunkt der Weiterbildung können festgelegt werden (mindestens fünf Tage pro Jahr oder vier Wochen während der Amtszeit von vier Jahren).59 Es gibt häufig die Regelung, dass die Weiterbildung im zeitlichen Zusammenhang mit den regelmäßigen Sitzungen stattfindet, z. B. vor einer Sitzung des gesamten Gremiums, da dann die Verdolmetschung schon organisiert ist und keine zusätz-lichen Reisekosten anfallen. Der Anspruch ist aber gänzlich unabhängig von den Sitzungen und muss nicht im Zusammenhang mit ihnen stehen. In einigen EBR +

58 Fitting, § 37 BetrVG, Rn. 137.

59 In einigen Ländern gibt es persönliche Schulungsbudgets. Deshalb ist bei der Festlegung eines Zeit-budgets darauf zu achten, dass es nicht auf den persönlichen Schulungsanspruch auf nationaler Ebene angerechnet wird.

Sachverständige und Gewerkschaften 67

SE-BR sind statt einer zweiten jährlichen Sitzung einmal im Jahr fünf Tage für ein gemeinsames Englischtraining vereinbart worden. Wie schon oben erwähnt, kön-nen neben den Sprachkenntnissen dort auch inhaltliche Themen wie Organisation und Teamarbeit im EBR + SE-BR angeboten werden. Die Mitglieder, die Englisch als Muttersprache haben, sind nicht ausgeschlossen, sondern haben eine Rolle als Unterstützungslehrer.

Die Auswahl der Seminare liegt in der Hand des EBR + SE-BR. Diese Aufgabe wird am besten dem geschäftsführenden Ausschuss übertragen. Dieser kümmert sich auch um die Mitteilung der zentralen Leitung, die die Kosten übernehmen muss.

Die DGB-Gewerkschaften und das Europäische Gewerkschaftsinstitut (ETUI) bie-ten Qualifizierungen für EBR + SE-BR sowie für einzelne Mitglieder dieser Gremien an. Das Angebot reicht von Einstiegsseminaren zur Gründung von EBR + SE-BR bis zu speziell zugeschnittenen Seminaren für einzelne EBR + SE-BR.60