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2. Schrifttum

2.2. Botanik der Eiche

2.2.1. Vorkommen von Eichen und deren Nutzung

Der Flächenanteil der Eichenarten Stieleiche (Quercus robur L.) und Traubeneiche (Quercus petraea MATT. LIEBL.) beträgt in der Bundesrepublik Deutschland laut BML (1998) 9 % der Waldfläche. Die Ergebnisse der Bundeswaldinventur Oktober 2002 zeigen, dass rund 11,1 Mio. Hektar mit Wald bedeckt sind (knapp ein Drittel der Gesamtfläche). Der deutsche Wald wird von Fichte (Flächenanteil 28,2 %), Kiefer (23,3 %), Buche (14,8 %) und Eiche geprägt (Abb. 2.6.).

Übersicht 2.3. Waldfläche bezogen auf Gesamtbaumbestand nach Baumartengruppen

Alle Laubbäume: 4,2 Mio. Hektar, davon 1,6 Mio. Hektar Buchen als Vergleich zu 1,0 Mio. Hektar Eichen; Alle Nadelbäume: 6,1 Mio. Hektar (Quelle: BWI, 2003)

Eiche

alle Nadelbäume

alle Laubbäume Buche

Die Eiche nimmt somit ungefähr 1 Mio. Hektar der deutschen Waldfläche ein. Würde man die komplette Fläche für die Ernährung von Schweinen im Herbst nutzen, könnten pro Jahr in Deutschland zwischen 42.000 und 53.000 Schweine auf diese Art gemästet werden (HUSS 1999). Vorausgesetzt sind gute Erntejahre und entweder die Möglichkeit, Schweine in Herden in die Wälder zu treiben oder Erntegeräte, mit denen möglichst alle Eicheln für die Stallmast gewonnen werden können.

Den wirtschaftlich wichtigsten Nutzen liefern Eichen mit ihrem Holz, das in vielfältiger Weise für den Möbelbau, Hausbau und verschiedene weitere Möglichkeiten genutzt wird. Sehr große Bedeutung hat der Eichenschälwaldbetrieb. Er ist ein Nutzwald mit meist 20jährigem Umtrieb; in dieser Zeit hat die Eiche den größten Zuwachs, der Stamm hat sich gestreckt und kann optimal genutzt werden. Die Traubeneiche ist die für diesen Betrieb geeignetste Eichenart. Sie beherrscht in Deutschland ein weitaus größeres Gebiet als die Stieleiche.

Das Saatgutaufkommen von Quercus robur und Quercus petraea unterliegt starken Schwankungen, in sogenannten Vollmastjahren ist nach SCHRÖDER (1999) mit einem Saatgutaufkommen von bis zu 10.000 t zu rechnen. SEEGER (1930) schreibt, dass Eichelmastjahre alle 7 - 8 Jahre eintreten.

In der Zeit von 1983 bis 1995 betrug die mittlere Inlandernte bei Quercus robur ca.

300 t und bei Quercus petraea ca. 420 t (BEF 1993 und BLE 1997, cit. ex.

SCHRÖDER 1999).

Der hohe Wassergehalt und die metabolische Aktivität der Eicheln stellen ein großes Problem für die Lagerung dar. Eicheln lassen sich aufgrund ihres hohen Wassergehaltes und der damit verbundenen Gefahr der intrazellulären Eisbildung nicht durch tiefere Frosttemperaturen (um –5 °C und darunter) in eine Zwangsruhe versetzen. Bei Temperaturen um 0 °C und höher sowie rekalzitranzkonformer Luftfeuchtigkeit im Lager sind Eicheln jedoch physiologisch aktiv, keimen und/oder verlieren durch physiologische Alterung ihre Vitalität (PAMMENTER et al. 1994).

Phytosanitäre Probleme (Pilzkrankheiten) verschärfen die Lagerproblematik unter rekalzitranzkonformen Klimabedingungen.

SCHRÖDER (1999) gelangt zu dem Ergebnis, dass eine Lagerung bei –1 °C bis –3 °C nach vorher erfolgtem Abschwemmen und Thermotherapie bei Aufrechterhaltung der Feuchte im Saatgut von über 40 % das derzeit optimale Verfahren darstellt. Das Abschwemmen wurde bereits 1874 von MANTEUFEL (cit.

ex. SCHRÖDER) beschrieben und später verschiedentlich als notwendig bestätigt.

Bei der von DELATOUR (1978) eingeführten Thermotherapie wird das Saatgut bei 41 °C bis 42 °C für zwei Stunden im Wasserbad therapiert, um den Schwärzepilz Ciboria batschiana (Zopf) Buchwald zu bekämpfen. Damit wurde erreicht, dass Eicheln für mehrere Jahre bei Erhalt einer hohen Keimfähigkeit bevorratet werden konnten.

Seit langem ist bekannt, dass Eicheln die Fähigkeit besitzen, eine gewisse Frosthärte aufzubauen; diese veranlasste GUTHKE (1993) zu weiteren systematischen ökophysiologischen Beobachtungen und Versuchen, die Eicheln im Kühlraum kontrolliert abhärten zu lassen.

2.2.3. Entwicklung des Samens

Nach der Befruchtung der Samenanlagen entwickelt sich aus der Blüte die Frucht.

Die nur bei den Samenpflanzen vorkommende Einheit aus Samenschale (Testa), Perisperm (Nucellus, Makrosporangium), Endosperm (Makroprothallium) und Embryo wird Same genannt. Der Anteil der einzelnen Teile wird dabei vor allem dadurch bestimmt, wo die Reservestoffe für den Keimling gelagert sind. Ein aus dem Nucellus hervorgehendes Speichergewebe wird Perisperm genannt. Das aus dem Makroprothallium hervorgehende Speichergewebe heißt Endosperm (SITTE 1998).

Die Frucht der Eiche wird aufgrund ihres Aufbaus zu den Nüssen gezählt. Der Samenmantel (Abb. 2.13.) der Nuss ist hart. Die Frucht öffnet sich nicht, sie enthält immer nur einen Samen. Die Nussfrucht „Eichel“ wird an ihrer Basis von einem napf-bis becherförmigen, beschuppten oder filzig behaarten Fruchtbecher (Cupula, vgl.

Abb. 2.13.)) umschlossen, aus dem sie nach der Reife herausfällt (EHRENDORFER 1998). Die schematische Darstellung vom Blütenstand der Eiche und der reifen Eichel (inkl. Querschnitt) ist in Abbildung 2.12., Kapitel 2.2., zu finden. In Abbildung 2.13. ist der Aufbau der Eichel gezeigt.

Abbildung 2.13. Aufbau der Eichel

Im Keimling werden Nährstoffe hauptsächlich in den beiden Keimblättern deponiert.

Hierfür sind die Samen der Fabaceae (z. B. Bohnen, Erbsen) und die Eichel ein gutes Beispiel.

Die nächste entscheidende Phase nach der Ausbreitung der Samen ist die Keimung und die Etablierung der Jungpflanze. Die Keimpflanze hat es umso leichter, je mehr Reservestoffe sie von der Mutterpflanze im Samen mitgebracht hat.

Für die hypogäische Keimung (wie bei der Eichel) wird zunächst das Epicotyl gestreckt, die Keimblätter verbleiben im Boden und die ersten Laubblätter (Primärblätter) entfalten sich oberhalb der Erdoberfläche.

Abbildung 2.14. Grundtypen der Keimung (Quelle: EHRENDORFER 1998)

Embryo Nährgewebe (Endosperm) Samenschale (Testa) Samenmantel (Arillus)

Man unterscheidet epigäische Keimung von der hypogäischen. Bei der hypogäischen Keimung dienen die Keimblätter ausschließlich der Nährstoffresorption aus dem Nährgewebe oder als Nährstoffspeicher innerhalb der Samenschale. Sie verbleiben daher im Samen und die ersten photosynthetisch aktiven Blätter sind nicht die Keimblätter, sondern Primär- oder Niederblätter. Für die Definition von hypogäischer und epigäischer Keimung (Abbildung 2.14.) ist nicht die relative Lage des Samens zum Substrat wichtig, sondern nur, ob die Keimblätter entfaltet werden und der Photosynthese dienen oder ob sie nicht entfaltet im Samen verbleiben. Gerade besonders große Samen oder Früchte (wie die Eichel) gehören dem hypogäischen Typ an, keimen in der Regel aber auf der Bodenoberfläche (EHRENDORFER 1998).

Die gekeimte Eichel spielt in der Tierernährung bisher keine bedeutende Rolle, soll hier aber angeführt werden, da sie in der Freilandhaltung von Tieren durchaus aufgenommen werden kann. Außerdem wird sie in der Literatur für die Stallmast empfohlen, da durch die Keimung der Nährwert steigt und die Tiere sie bevorzugt aufnehmen (NEHRING 1972). Aufgrund des hohen Aufwands bei gezielter Keimung und der höheren Gefahr von Schimmelbildung spielt die gekeimte Eichel heute eine eher nebensächliche Rolle.

Die in der Tierernährung eingesetzten Eicheln werden in Kapitel 2.3.4. weiter beschrieben. Die erstmals hergestellte Eichelsilage, die für diese Arbeit zur Untersuchung zur Verfügung stand, ist im Kapitel 3.2.2.2. im Zusammenhang mit dem anderen Untersuchungsmaterial aufgeführt, da in der Literatur keine Angaben zur Eichelsilage zu finden waren.

2.3. Beschreibung und Nutzung der Eichel

2.3.1. Nährwerte

Eichenrinde, Cortex Quercus, und Eicheln, Semen Quercus, werden in der Literatur als potenzielle Drogen genannt. Früchte, Blätter und Rinde sind als wirkstoffhaltige Pflanzenteile beschrieben, wobei als Hauptwirkstoffe die Gerbstoffe zählen. Deren Gehalt beträgt in der Rinde bis zu 20 % und in Blättern und grünen Früchten 15 %.

Bei allen genannten Arten ist der Gerbstoffgehalt hoch und dadurch ist eine ähnliche Wirkung zu erwarten.

Im HUNNIUS (2004) wird der Gerbstoffgehalt von Semen Quercus (Eicheln) mit 6 bis 9 % angegeben, v. a. bestehend aus Quercit C6H12O5, dem Eichelzucker.

Eicheln, die Früchte der Eichen, bestehen aus dem dünnen, schalenartigen, zerbrechlichen Fruchtgehäuse, einer braunen Samenhaut und den aus zwei großen, gewölbten, fleischigen Keimblättern gebildeten Samen, welche unter ihrer Spitze die kleinen, aufwärts gerichteten Wurzeln samt der Knospe bergen. Die Eicheln der deutschen Eichen (Q. petraea Liebl. und Q. robur L.) schmecken sehr schwach süßlich, und mal mehr, mal weniger stark bitter mit adstringierender Wirkung, während die Eicheln mancher südlicher Arten wohlschmeckend sind.

Eicheln zeichnen sich durch einen hohen Gehalt an Kohlenhydraten (hauptsächlich Stärke, glycosidartige Verbindungen) sowie einen niedrigen Protein- und mäßigen Rohfasergehalt aus. Da die Verfütterung von entschälten Eicheln als günstiger empfunden wurde, hat bereits ENGELS (1913) ganze Eicheln, aber auch Schalen und Kerne separat auf ihre Zusammensetzung untersucht.

Der Rohfasergehalt ist in den Schalen erwartungsgemäß hoch und erreicht nahezu 50 %. Die Kohlenhydrate in geschälten Eicheln bestehen hauptsächlich aus Stärke.

Neben Zucker liegen als andere lösliche Bestandteile u. a. Gerbsäure und Zitronensäure vor. Der Gerbstoffgehalt von entschälten Eicheln wird von ENGELS

Tabelle 2.3. Zusammensetzung der Eicheln

uS = ursprüngliche Substanz, TS = Trockensubstanz, OS = Organische Substanz, bezogen auf TS, Rp = Rohprotein, Rf = Rohfett, Rfa = Rohfaser, NFE = N-freie Extraktstoffe, Asche gleichzusetzen mit Rohasche; ( * diese Angaben weisen Diskrepanzen in der Trockenmasse im Vergleich zu frischen Eicheln auf)

TS OS Rp Rf Rfa NFE Asche

Literaturstelle Eicheln

% uS --- % TS

---Engels (1913) ganz 62,9 97,2 6,1 3,1 9,9 78,1 2,8

Kerne 97,2 6,6 3,4 4,0 83,2 2,8

Schalen 97,7 3,4 1,0 49,3 43,4 2,3

DLG-Werte (ca.1960)

frisch 60,3 98,4 3,5 2,0 6,4 46,8 1,6

getrocknet 86,9 97,4 6,2 3,7 12,6 61,8 2,6

Nehring (1972) frisch, unentsch. 88,0 97,6 6,5 4,9 14,1 72,1 2,4 getrocknet, unentsch.* 88,0 97,0 7,1 4,3 14,5 71,1 3,0 getrocknet, entschält * 88,0 97,0 7,9 5,4 6,7 77,0 3,0 Furr et al. (1979) Kerne

Rakic et al. (2005) getrocknet 92,1 97,9 4,2 2,1

Institut für Tierernährung, Tierärztliche Hochschule (2005)

ganz 33,4 97,9 5,7 8,3 14,5 69,4 2,1

Bereits 1883 hat HORNBERGER den Gehalt an Mineralstoffen in Eicheln bestimmt.

Auch ENGELS (1913) hat ähnliche Werte gefunden. Er gibt für Kerne 0,9 g/kg Calcium und 1,5 g/kg Phosphor an, die Werte für Schalen liegen bei 2,6 g/kg Calcium und 0,6 g/kg Phosphor.

Tabelle 2.4. Mengen- und Spurenelemente in Eicheln; Gehalte in g/kg TS

Ca P Mg Na K S Cl Si Fe Cu Zn Mn

Hornberger (1883) 1,1 1,4 0,7 0,1 11,6 0,4 0,4 0,1

Engels (1913) 0,9 1,5

Die Futteranalysen der einzelnen Autoren bestätigen sich gegenseitig, die Ergebnisse sind nahezu identisch, vereinzelte Diskrepanzen können sich durch bessere Analysentechnik, aber auch durch mögliche Unterschiede in der Lagerung oder im Reifezustand der Eicheln erklären.

FURR et al. (1979) haben in ihrer umfassenden Arbeit über Nussbäume und deren Früchte zu den in Tabelle 2.4. aufgeführten Mengen- und Spurenelementen noch weitere in Eicheln nachweisen können. Sie fanden im Vergleich zu anderen Nüssen in Eicheln einen hohen Gehalt an Bor (1,8 mg/kg TS), zusätzlich konnten sie Spuren von Brom, Fluor und Titan nachweisen.

Die Untersuchungen des Instituts für Tierernährung, Tierärztliche Hochschule Hannover (2005), ergaben einen Stärkegehalt von 134,5 g/kg ursprüngliche Substanz. In einem Kilogramm frischer Eicheln sind 21,6 g Zucker nachweisbar.

Außerdem wurde Selen mit 0,03 mg/kg Trockensubstanz gefunden. Auch FURR et al. (1979) konnten in den von ihnen analysierten Eicheln 0,03 mg Selen/kg Trockensubstanz ermitteln.

Tabelle 2.5. Fettsäurezusammensetzung in Eicheln uS = ursprüngliche Substanz, Rf = Rohfett Literaturstelle Rohfett

Nur wenige Autoren bestimmten die Zusammensetzung der Fettsäuren in Eicheln näher. Der Rohfettgehalt (Rf; gesamter Fettgehalt) der anderen Autoren ist in Tabelle 2.3. aufgeführt.

LEÓN-CAMACHO et al. (2004) untersuchten die ganzen Eicheln der Arten Q. ilex, Q. suber und Q. faginea einschließlich der sie noch umschließenden Schalen. Der Rohfettgehalt der drei Eichelarten variiert von 6,9 % bis 4,1 %, was mit den Angaben der anderen Autoren übereinstimmt.

CANTOS et al. (2003) standen Eicheln von Q. ilex, Q. rotundifolia und Q. suber für die Untersuchungen des Fettsäuremusters zur Verfügung. Der Hauptanteil der Fettsäuren besteht in Übereinstimmung aller Autoren aus Ölsäure sowie Linolensäure.

LEÓN-CAMACHO et al. (2004) ermittelten außerdem die Gehalte der Tocopherole in den drei von ihnen untersuchten Eichelarten. Auffällig ist der hohe -Tocopherol-gehalt (281,0 mg/kg ursprüngliche Substanz). Der Anteil an -Tocopherol ist mit 21,7 mg/kg ursprüngliche Substanz deutlich niedriger.

Auch CANTOS et al. (2003) analysierten diese Gehalte. Sie wiesen 29,3 mg/kg

- -Tocopherol nach.

Die Verdaulichkeit der ungeschälten Eicheln wird von WEISKE (1879) und Mitarbeitern als durchaus günstig angegeben. Für ungeschälte Früchte wird bei Schweinen eine Gesamtverdaulichkeit von etwa 65 % genannt. Bei geschälten Früchten erreicht die Verdaulichkeit der organischen Substanz sogar über 80 %, wobei sich hier das Rohprotein als unverdaulich erweist. In der Schweinefütterung sind Eicheln daher als reine Kohlenhydratquelle anzusehen, eine entsprechende Eiweißzufuhr muss zusätzlich erfolgen.

HUMPHREYS (1988) wies den hohen Gehalt an Catechin-Gerbstoffen in allen Teilen der Eiche nach. Den höchsten Gerbstoffgehalt hat die durchsaftete Eichenrinde (bis 20 %), gefolgt von Knospen und jungen bzw. grünen Blättern. Dann folgen grüne, unreife und noch weiche Eicheln mit einem Gehalt von bis zu 15 %. Nur geringe Mengen an Gerbstoffen liegen in trockenem Laub, braunen Früchten und im Holz vor. Entgegen landläufiger Meinung enthalten Eicheln oder vielmehr ihre Schalen keine Blausäure.

Durch Rösten der Eicheln (möglichst zuvor von der Samenschale befreite Eicheln) wird der Gerbstoffgehalt reduziert und der Zucker wird in Dextrine umgewandelt (HUNNIUS 2004). Durch Auslaugen oder Dämpfen entbitterte, getrocknete und gemahlene Eicheln können als Mehlersatz genutzt werden. Geschälte und geröstete Eicheln dienen als Kaffeesurrogat. Eicheln sollen auch einen sehr reinen, dem Kornbranntwein ähnlichen Spiritus geben, wenn die Kohlenhydrate zu Alkohol vergoren werden.

2.3.2. Veränderungen in Früchten während des Wachstums

Früchte mit den sich darin oder darauf entwickelnden Samen dienen der Erhaltung und Verbreitung der Art. Die im Verlauf der Phylogenese selektiv erworbenen Methoden zum Schutz der unreifen, d. h. noch nicht keimfähigen Samen sind unterschiedlich, aber in jedem Fall wirksam. Im einfachsten Fall sind die Früchte vor der Reife, d. h. vor der Keimfähigkeit der Samen, grün, was einen gewissen Schutz gegen das Gesehenwerden im grünen Blattwerk aus größerer Entfernung bedeutet.

Auffällig anders gefärbt werden sie erst relativ spät. Zu diesem Zeitpunkt der Entwicklung steigt die Attraktivität für Nahrungssuchende durch Abnahme der Festigkeit, der titrierbaren Säuren, des Gesamt-Pektingehaltes und des Chlorophylls;

dagegen nehmen gleichzeitig lösliches Pektin, Zucker, Carotinoide und Anthocyane zu (FRANK 2004).

Abbildung 2.15. Veränderungen während der Reife von Früchten

Die chemische Zusammensetzung von Frucht und Samen verändert sich während der Entwicklung. Daher ist auch während der Reifung der Eichel zu erwarten, dass sich die Gehalte der einzelnen Inhaltsstoffe von der jungen, grünen Eichel zur reifen, kräftig braunen Eichel, die aus ihrem Kelch auf den Boden fällt, deutlich verändern.

Die in Kapitel 2.1.2. erwähnten Schutzstoffe sind vor allem in grünen Eicheln zu erwarten. Bei reifen Eicheln dient dagegen in erster Linie die Schale zum Schutz, außerdem wirkt der hohe Gehalt an Polyphenolen als „Fraßhemmer“.

Tritt die Keimung des reifen Samens ein, so erhöht sich auch in Eicheln der Stärkeanteil und damit die Nährkraft (vgl. Kap. 2.3.4.). Aufgrund der Zunahme des ölhaltigen Keims ist bei gekeimten Eicheln außerdem mit einem höheren Ölanteil zu

Lösliches

rechnen, dazu sind allerdings in der Literatur in Bezug auf Eicheln keine Angaben zu finden, und dieser Aspekt ist auch in dieser Arbeit nicht weiter untersucht worden.

2.3.3. Eicheln in der Humanernährung

Wer sich reichlich mit Obst und Gemüse ernährt, versorgt seinen Körper nicht nur mit essentiellen Vitaminen, Mengen- und Spurenelementen sowie Ballaststoffen, sondern auch mit bioaktiven Substanzen. In der Humanernährung spielen Eicheln als Quelle bioaktiver Nahrungsmittel allerdings nur eine unbedeutende oder vielmehr unbeachtete Rolle. Eicheln werden besonders im mediterranen Raum von ärmeren Bevölkerungsschichten noch immer als Nahrungsmittel genutzt, gleichzeitig fällt eine niedrigere Erkrankungsrate in diesen Schichten auf (RAKIC et al. 2007, 2005).

Zusammenhänge lassen sich durch die gesundheitsfördernde Wirkung von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen erklären.

Der Schutz vor degenerativen Erkrankungen durch hydrolysierbare Tannine veranlasste auch MEYERS et al. (2006) dazu, verschiedene Eichelarten zu untersuchen. Amerikanische Ureinwohner haben über Generationen Zubereitungen der Eicheln entwickelt, so dass diese noch heute auf dem Speiseplan stehen („Native Californian Diet“). Auch Spanier, Italiener, Koreaner, Chinesen und Japaner schätzen die Eichel als Nahrungsmittel. Häufig werden dafür sogenannte „Tanoak“

(Lithocarpus densiflorus) oder „Ballota“ (Quercus ballota Desf.) verwendet.

Die positiven und protektiven Wirkungen von Pflanzeninhaltsstoffen können abhängig von der Art und den Umweltbedingungen stark schwanken. Ein Anhaltspunkt dafür ist der Geschmack verschiedener Eichelarten. Einige Arten sind roh bekömmlich, manche schmecken leicht bitter, andere hingegen sind nur nach vorheriger Zubereitung genießbar, wieder andere sind ungenießbar. Des Weiteren beeinflussen Lagerung und Verarbeitung bzw. Zubereitung den Gehalt der Inhaltsstoffe. Carotinoide und Monoterpene vertragen z. B. kein Licht und keinen Sauerstoff, Glucosinolate sind empfindlich gegenüber hohen Temperaturen und

laugen durch Garen in Wasser aus. Solche Veränderungen sind auch bei Eichelinhaltsstoffen denkbar, bisher aber noch nicht belegt. Durch die Verarbeitung von Eicheln werden sie zwar schmackhafter, allerdings könnten auch die gesundheitsfördernden Substanzen beeinflusst werden.

Weiter nimmt jeder Körper die im verzehrten Lebensmittel enthaltene Menge an sekundären Pflanzeninhaltsstoffe unterschiedlich auf und setzt sie auch unterschiedlich um. Wie gut die einzelne Substanz genutzt werden kann, hängt von der chemischen Struktur, der Bakterienflora im Darm und der Matrix, in der die Substanz vorliegt, ab.

Allerdings ist aufgrund des mangelnden Kenntnisstandes bisher keine konkrete Zufuhrempfehlung möglich. Vor allem scheint das Zusammenspiel der verschiedenen sekundären Pflanzeninhaltsstoffe sowie die Kombination mit weiteren Inhaltsstoffen pflanzlicher Lebensmittel wichtig zu sein. Isolierte Verbindungen wirken häufig nicht bzw. negativ.

2.3.4. Eicheln in der Tierernährung

Eicheln dienten ursprünglich nur als Futter, d. h. als Energie- und Nährstoffquelle für freilebende Wildtiere. Im Südwesten Mitteleuropas werden Eicheln hauptsächlich für domestizierte Tiere in Freilandhaltung genutzt. So ernähren sich Iberische Schweine hauptsächlich von den Arten Q. ilex, Q. rotundifolia und Q. suber.

Das Hauptziel dieser Haltungs- und Fütterungsart ist die Herstellung des daraus resultierenden hochwertigen Schweinefleisches mit Eichelaroma. Die Fleisch-produkte von Schweinen, die sich während der Mast ausschließlich von Eicheln und frischem Grün ernähren, sollen eine deutlich bessere Qualität haben als solche von Schweinen, die mit normalen Mastfutter gefüttert wurden (LOPEZ-BOTE 1998).

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule wurden in Fütterungsstudien Schweine gezielt mit Eicheln gefüttert. CAPPAI et al.

(2008) untersuchten dabei den Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Eicheln durch Schweine und der Hypersekretion der Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse).

Der Gehalt an Prolin im Speichel ist nach Eichelverfütterung erhöht, was auf Adaption des tierischen Körpers an den hohen Tanningehalt in Eicheln schließen lässt.

2.3.4.1.Eichelmast in der Waldweide

Seit Beginn der Haustierhaltung bis zur ganzjährigen Stallhaltung im 19. Jh. hatte der Wald eine hohe Bedeutung als Viehweide. Ziegen, Schafe, Rinder, Pferde und Esel führten zum Verbiss bei Jungwüchsen. Die natürliche Erneuerung der Baumbestände wurde zusätzlich durch Trittschäden und Holznutzung erschwert (MANTEL 1990), dies führte zur Auflichtung der Wälder. Dadurch wurden die Wälder ärmer an Baumarten, weil sich nur verbisstolerante Baumarten erfolgreich durchsetzen konnten. Eichen wurden dabei besonders gefördert, da die Eicheln, aber auch Bucheckern (zusammen früher als Eckern bezeichnet), für die Schweinemast eine wichtige Futterquelle waren. Der geregelte Schweineeintrieb in den Wald hatte zusätzliche Vorteile (MANTEL 1990) durch den Bodenumbruch und das Einbringen von Eicheln und Bucheckern in den Boden.

Für die Eichelmast wurden Hausschweine in die Eichen- und Buchenwälder (vorwiegend Mischwälder) getrieben, damit sie sich dort an den Eicheln und Bucheckern satt fressen konnten. Damit wurde ein schmackhaftes, kerniges Fleisch erzeugt, das besonders gut für die Haltbarmachung durch Räuchern geeignet war.

Noch heute bezeichnet man daher Jahre mit reicher Eichelbildung als Mastjahre.

Nach Vorgabe der Mast (Vollmast, Teilmast, Sprengmast) bestimmte man im 18. Jh.

die Anzahl der Schweine, die in den Wald eingetrieben werden durften.

Eine reine Buchenmast bewirkte weiches Schweinefett (mit tranigem Geschmack aufgrund der Fettsäurenzusammensetzung), wogegen die Eichelmast derbes Fett ergab (vgl. Kap. 2.3.1.). Die Schmalzweide (so wurde die Eckernmast auch genannt) schätzte man am meisten, wenn Buchen und Eichen gleichermaßen vorhanden waren. Dies gab den besten Schinken (HUSS 1999).

Laut BUB (2003) waren hauptsächlich das Verbot des Eintriebes von Schweinen durch die Waldeigentümer sowie der Rückgang der Tierbestände (durch Viehseuchen, herrschaftliche Pfändungen und drohende Futternot) ausschlaggebend dafür, dass in Deutschland die Waldmast abnahm.

Heute noch wird die Eichelmast in Südspanien und Portugal mit den halbwild gehaltenen Iberischen Schweinen praktiziert. Diese Haltungsform liefert den bekannten iberischen Eichelschinken (Jamón Ibérico de Bellota; LÓPEZ-BOTE 1998).

2.3.4.3. Stallmast

Zur Stallmast der Schweine verwendet man die Eicheln gedörrt (getrocknet/geröstet), gemahlen oder auch gemalzt (gekeimt). Diese Behandlungen sind erforderlich, um die bitter schmeckenden Gerbstoffe zu entfernen (NEHRING 1972). So kann man die befeuchteten Eicheln keimen lassen, um ihre Nährkraft und Zuträglichkeit zu erhöhen. Mastochsen gibt man Eicheln zerstoßen unter den Häcksel gemischt.

Schafe vertragen Eicheln nicht, Vögel dagegen mit Ausnahme der Gänse schon.

Schafe vertragen Eicheln nicht, Vögel dagegen mit Ausnahme der Gänse schon.