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5.2 Ergebnisse

5.2.6 Verträglichkeit und Bioabbaubarkeit des Klebers

Neben den Laborparametern konnte auch in der histologischen Untersuchung bei keinem der Kleber ein toxischer Effekt festgestellt werden. Im Gegensatz zu Klebstoffen wie Cyanoacrylaten oder zeoliten Hämostatika, die aufgrund der exothermen Reaktion großflächige Nekroseareale erzeugen (TORIUMI et al. 1990;

ABOUSHWAREB et al. 2009), waren in der vorliegenden Studie bei allen Gruppen nur anfänglich bis 21 d post op vereinzelte nekrotische Zellen auffindbar, jedoch ohne signifikante Unterschiede zwischen allen Gruppen. 90 d post op war dann das Leberparenchym bei allen Gruppen vollständig regeneriert.

Auch in vitro zeigte der Polyurethankleber keine Zelltoxizität. In Zellkulturen wuchsen sogar Keratinozyten, Fibroblasten und Melanozyten am Klebstoff entlang, was den Prozess der physiologischen Wundheilung widerspiegelt (BAYER 2012).

Bei allen synthetischen Klebern (K1, K2, K3) lag überall dort, wo Klebstoff vorhanden war, eine histiozytäre resorptive Entzündung mit Fremdkörperreaktion und Granulombildung vor. Innerhalb des Granuloms waren zahlreiche Makrophagen und Fremdkörperriesenzellen zu finden. Im Gegensatz zu Studien, in denen die Leberresektionsfläche mit einer Naht verschlossen wurde und es zur Abszessformation kam (TOVAR et al. 1998; DEMIREL et al. 2008), lag in unserer

Studie in keinem Fall eine bakterielle Entzündung vor, so dass trotz des geringen Abbaus von K2, der Kleber nicht als Infektionsherd diente. Bei K1 und K2 waren teilweise Kalzifizierungen, erkennbar an den hyper-radio-dichten Strukturen in der µCT-Messung, vorhanden. Dies ist ebenso als physiologischer Prozess der Wundheilung zu bewerten und wurde auch von DAVIDSON et al. (2000) sowie KROEZ et al. (2005) beschrieben. Nach vollständigem Kleberabbau stellte sich die Reaktionszone nur noch als mehrlagige bindegewebige Schicht wie eine verdickte Leberkapsel dar. Dies war bei K3 aufgrund der schnellen Resorption bereits großflächig 14 d post op der Fall, bei K1 in den meisten Fällen 90 d post op und nur bei K2, der nahezu nicht abgebaut wurde, lag noch eine ausgeprägte Reaktion in der Reaktionszone 90 d post op vor. Ähnlich erfolgt die Resorption von Kollagen-Schwämmen, die durch absorptives Granulationsgewebe abgebaut und unter Ausbildung einer Pseudo-Kapsel in endogenes Bindegewebe konvertiert werden (SCHELLING et al. 1987; SCHELLING et al. 1988; SCHNEIDER et al. 2006;

ERDOGAN und VAN GULIK 2008). Bei hämostatischen Schwämmen auf Basis von Cellulose (Surgicel) oder Kollagen (Tachosil und Sangustop) zeigte sich ebenfalls eine ausgeprägte Fremdkörperreaktion mit Granulombildung und Infiltration von Fremdkörperriesenzellen (DAVIDSON et al. 2000; KRISHNAN et al. 2004; TAKACS et al. 2010; SATAR et al. 2013). Aufgrund der guten hämostatischen Eigenschaften (GROTTKE et al. 2011) finden sie trotzdem klinische Anwendung in der Leberchirurgie (SCHOPF et al. 2012; ZACHARIAS und FERREIRA 2012) und der kardiovaskulären Chirurgie (MAISANO et al. 2009). Desweitern ist der inflammatorische Prozess als physiologische Reaktion zu betrachten, wohingegen die Art der Fibrosebildung eine ebenso wichtige Aussage darstellt (TAKACS et al.

2010). Mit den Polyurethanklebern bildete sich nur eine fibrotische Kapsel entlang der Resektionsfläche aus und es kam im Gegensatz zu den hämostatischen Kompressen zu keiner aggressiven, infiltrierenden Fibrose mit Zerstörung der Hepatozyten (TAKACS et al. 2010).

Dies zeigt, dass die Bioabbaubarkeit und die Verträglichkeit eines Hämostatikums direkt miteinander korrelieren. Handelt es sich bei dem verwendeten Material um eine synthetische Substanz, kann der Organismus diese als fremd erkennen. Er

reagiert darauf physiologischerweise mit einer Fremdkörperreaktion und das Material wird als Granulom bindegewebig abgekapselt. Innerhalb dieses Granuloms findet ein Abbau mittels Makrophagen und Fremdkörperriesenzellen statt. Abhängig davon, wie lange es dauert, bis oder ob das Fremdmaterial abgebaut wird, kommt es zu einer entsprechend starken Reaktion (KRISHNAN et al. 2004). Um eine ausreichende Sicherheit hinsichtlich der Hämostase besonders in den ersten drei Tagen zu gewährleisten, sollte das Material langsam resorbiert werden und erst nach 14 Tagen vollständig abgebaut sein. Ein zu langes Bestehen ist jedoch auch nicht erstrebenswert, da das Hämostatikum dann als Infektionsherd dienen kann (HENDERSON et al. 2010) und durch das Fortbestehen eine chronische Inflammation, assoziiert mit Makrophagen, Lymphozyten, Proliferation von Bindegewebe und kapillärer Neoangiogenese (MO et al. 2010), hervorgerufen wird.

Eine akute Inflammation hingegen dauert nur eine Woche und ist durch eine initiale Fremdkörperreaktion mit erhöhter kapillärer Permeabilität zur Zuführung von Plasma-Proteinen und neutrophilen Granulozyten (MO et al. 2010) gekennzeichnet.

Die Unterschiede im Abbau der Kleber sind durch die unterschiedliche Zusammensetzung zu erklären. Während K3 die meisten Lactidgruppen in der HDI-Prepolymer-Komponente enthält und am schnellsten und stärksten resorbiert wird, sind diese in geringerer Menge in K1 enthalten und gar nicht in K2.

Dabei hat die verwendete Klebermenge offensichtlich keinen Einfluss auf die Abbaugeschwindigkeit (KROEZ et al. 2005). Dies scheint auch in unserer Studie der Fall zu sein. Bis auf die Fälle, in denen nachgeklebt werden musste, wurde immer so viel Kleber wie nötig aufgetragen, um die Wundfläche zu bedecken. Die Menge war also annähernd gleich bei allen Polyurethanklebern, aber K2 baut im Gegensatz zu K3 nicht ab.

Ein weiterer Einflussfaktor ist laut KROEZ et al. (2005) das Vorliegen einer Omentumadhäsion an die Klebeschicht. Durch die vergrößerte resorptive Oberfläche und die erhöhte Blutzufuhr über das Netz war der Fibrinkleber bei Omentumadhäsion bereits 49 d post op abgebaut, ohne das Vorliegen einer Adhäsion erst nach 63 Tagen (KROEZ et al. 2005).

Da bei K2 90 d post op immer eine Omentumadhäsion bestand, hätte dies den Abbau beschleunigen sollen. Dies war jedoch nicht der Fall, so dass dies ein weiteres Indiz dafür ist, dass K2 nur über geringe Eigenschaften zur Bioabbaubarkeit verfügt. Auf die Resorption von K1 und K3 könnte sich das Ablösen des Klebers positiv ausgewirkt haben. K1 war immer im Abdomen vom Omentum majus ummantelt, wodurch gute Bedingungen für die Resorption vorlagen.

Beriplast war der einzige Kleber, der 90 d post op vollständig resorbiert war. Der Fibrinkleber wird durch Fibrinolyse und zelluläre Phagozytose abgebaut (BRAUN et al. 1975; NISTOR et al. 1997; ERDOGAN und VAN GULIK 2008). Fibrinogen und Faktor XIII stabilisieren den Clot, so dass ein hoher Gehalt den Abbauprozess verlangsamt (DICKNEITE et al. 2003). Nach abgeschlossener Resorption stellte sich die Reaktionszone nur noch als verdickte Leberkapsel dar. Zu den Zeitpunkten 14 und 21 d post op waren noch große Kleberrückstände auffindbar. Diese waren unter histiozytärer Beteiligung als Granulom abgekapselt. Beim biologischen Fibrinkleber, der nur körpereigene Substanzen enthält, kam es zu keiner Fremdkörperreaktion. Es handelte sich um eine resorptive Entzündung. Die Beteiligung von eosinophilen Granulozyten wurde auch von DICKNEITE et al. (2003) beschrieben, was auf eine subklinische immunologische Reaktion gegen die humanen Fremdproteine Fibrinogen, Thrombin und Faktor XIII zurückzuführen ist (DAVIDSON et al. 2000).

KROEZ et al. (2005) und SEIFERT et al. (1994) konnten dies ebenfalls bei der Verwendung von Fibrinkleber im Kaninchen zeigen. Die stärkere Immunreaktion bildete sich dabei gegen Thrombin aus (SEIFERT et al. 1994). Auch beim Einsatz im Menschen wurde mehrfach eine anaphylaktische Reaktion, teils mit Todesfolge (OSWALD et al. 2003), nach Verwendung von Fibrinkleber mit bovinem Fremdprotein beschrieben (ORSEL et al. 1997; SHIRAI et al. 2005; KOBER et al.

2008; SCHIEVINK et al. 2008). Deshalb werden die Inhaltstoffe von vielen Fibrinklebern aus humanem Poolblut gewonnen. Trotz verschiedener Verfahren zur Virusinaktivierung (JACKSON 2001) besteht jedoch die Gefahr der Übertragung von infektiösen Erkrankungen wie HIV, Hepatitis B und C und Parvovirus B 19 (HINO et al. 2000; KAWAMURA et al. 2002). Bei Gewinnung von Proteinen aus bovinem

Material besteht die Gefahr der Prionenübertragung mit Manifestation als Creutzfeld-Jakob-Krankheit im Menschen (DANNER 1993; DI MARTINO 1993).

Bei den NaCl-Kontrolltieren bildete sich ebenfalls abschließend eine Narbe aus.

Teilweise waren jedoch größere Ansammlungen alter Blutungen erkennbar, die bindegewebig abgekapselt waren und von Makrophagen resorbiert wurden. Diese Blutungsreste stellen einen potentiellen Infektionsherd dar, so dass alle Kleber auch in dieser Hinsicht vorteilhaft ausfallen.

Die zwar signifikanten, aber dennoch geringen Unterschiede gegenüber K2 im Körpergewicht an Tag 0 und Tag 21 sind aufgrund der geringeren Tierzahl in der K2-Gruppe und der Verwendung von kleinen Tieren, aufgrund den Anforderungen der µCT Messung, zustande gekommen. Der signifikante Unterschied im Lebergewicht zwischen K1 und Fibrin an Tag 21 ist durch einen Perfusatrückstand und das dadurch erhöhte Gewicht bei K1 zu erklären.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass zu den jeweiligen Finalzeitpunkten keine relevanten Unterschiede zwischen den Gruppen in Körpergewicht, Lebergewicht, Labor- und histologischen Parametern bestanden, so dass von keinem toxischen Effekt der Kleber auszugehen ist. Die Rangfolge in der Abbaubarkeit der Kleber stellte sich wie folgt dar: K3 > Fibrin > K1 > K2.