• Keine Ergebnisse gefunden

5.2 Ergebnisse

5.2.4 Kleberanhaftung

Von LACAZE et al. (2012) wurde beschrieben, dass neben den blutstillenden Eigenschaften eines Hämostatikums auch die Bindungskraft an die Wundfläche von großer Bedeutung ist.

Es gibt verschiedene Testmöglichkeiten, um die Bindungskraft des Hämostatikums an die Wundfläche zu untersuchen. DICKNEITE et al. (2003) trugen eine definierte Klebermenge auf ein Stück Schweinehaut auf. Nach einer Aushärtungszeit von 3 min wurde die Anhaftung des Klebers mittels eines Tensiometers gemessen. Dabei zeigte sich, dass in 95 % der Fälle die Bindungsstärke innerhalb des Klebers größer war als die Bindungskraft zum Gewebe. Beriplast zeigte dort gegenüber den Fibrinklebern Tissucol und Tisseel eine signifikant höhere Bindungsstärke an das Gewebe.

Auch in der hier durchgeführten in vivo Studie zeigte der Fibrinkleber eine gute Anhaftung an das Leberparenchym. Beim Entfernen der Kompressen gab es keine Komplikationen hinsichtlich der Haftung an die Resektionsfläche.

Die Bindungskraft für die synthetischen Polyurethankleber war ebenfalls zunächst von der Bayer MaterialScience AG in einem in vitro Modell untersucht worden. Dazu wurden zwei Muskelfleischstücke miteinander verklebt und nach 5 Minuten Aushärtungszeit in einer Zugprüfmaschine auf ihre Reißfestigkeit untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass innerhalb des Klebers und zwischen Kleber und Gewebe eine so hohe Bindungskraft besteht, dass die Muskelstreifen außerhalb der Klebestelle reißen. Somit konnte der Kleber eine höhere Bindungskraft als die Muskelfasern unter Beweis stellen (BAYER 2012).

In vivo verhielt sich der K2-Kleber in der 90 d Gruppe, wo Verklebungen mit der Kompresse einfach durchschnitten werden konnten, wie Beriplast und korrespondiert somit mit den Ergebnissen von WOITOK (2013), wo K1-Kleber (entspricht K2 unserer Studie) immer fest der Resektionsfläche anhaftete. In unserer Studie trat bei K1 und besonders bei K3 jedoch das Problem auf, dass der Kleber sich leicht von der Resektionsfläche ablöste, wenn Verklebungen durchschnitten werden mussten oder der Kleber in sonstiger Form bei Entfernen der Kompressen oder beim Wundverschluss des Abdomens berührt wurde. Aufgrund dessen wurde wie beschrieben die Lagerungstechnik geringgradig modifiziert.

Hierbei trat jedoch das Problem auf, dass beim K2-Kleber der 21 d Gruppe überschüssige Klebermengen nicht mehr von den Kompressen aufgenommen wurden, sondern dass sich auf dem Parafilm ein großes Kleberstück bildete. Dieses war intraoperativ immer anhaftend, löste sich jedoch postoperativ teilweise ab und war im Abdomen palpierbar. Für K1 und K3 stellte sich die Lagerungstechnik mit Parafilm von Vorteil dar. Wenn der Kleber ausgehärtet war, konnte der Parafilm leicht entfernt werden. Trotzdem war die Anhaftung von K3 an die Leberresektionsfläche oft nicht gewährleistet und auch bei K1 kam es intraoperativ vereinzelt zu Ablösungen.

Postoperativ stellte sich die Situation immer so dar, dass der K1-Kleber nicht mehr der Resektionsfläche anhaftete, sondern an anderer Stelle im Abdomen auffindbar

war (14 und 21 d). Auch für K3 ist dies aufgrund des häufigen intraoperativen Ablösens anzunehmen, kann jedoch nicht bestätigt werden, da der Kleber bereits 14 Tage post op makroskopisch resorbiert war. Die beste intraoperative Anhaftung zeigten der Fibrinkleber und K2 90 d, gefolgt von K1 und K3.

Der Unterschied, dass K2 besser als K1 und K3 der Wundfläche anhaftet, ist durch die unterschiedliche Zusammensetzung zu erklären. Vermutlich kommt es durch die Lactidgruppen in K1 und K3, die eine Bioabbaubarkeit des Klebers ermöglichen, zu einer schlechteren Vernetzung mit der Wundfläche.

Auch beim Fibrinkleber hängt die Bindungsstärke vom Gehalt der einzelnen Substanzen ab. Der Gehalt von Fibrinogen und Faktor XIII korreliert mit der Bindungsstärke des Klebers (GLIDDEN et al. 2000; DICKNEITE et al. 2003). Hohe Fibrinogenkonzentrationen erhöhen zwar die Bindungskraft, inhibieren aber die Einwanderung von Leukozyten, was einen wichtigen Schritt der Wundheilung darstellt (HANSON und QUINN 2002).

Dass sich die richtige Komposition eines Klebers schwierig gestaltet, zeigten auch MO et al. (2010). In den von ihnen untersuchten Klebern Gelatine-Dextran und Gelatine-HES ist die Gewebeadhäsion umso besser, je mehr Aldehydgruppen in HES und Dextran vorhanden sind. Die Bindung erfolgt durch Schiff´sche Base Reaktionen zwischen den Aminogruppen, wodurch auch die toxischen Aldehyde umgewandelt werden.

Allerdings hatten alle Kleber mit guter Bindungsstärke auch verlängerte Wundheilungszeiten.

Da in unserer Studie nur 2 Tiere (je ein K1 und ein K3 Tier) 12 h post resectionem verstarben, ist davon auszugehen, dass es trotz des postoperativen Ablösens der Klebeschicht von der Resektionsfläche zu keinen bedrohlichen postoperativen Blutungen kam. Alle anderen verstorbenen Tiere hatten intraoperativ viel Blut verloren, so dass die Todesursache darin zu sehen ist.

Um die Bindungskraft eines Hämostatikums auch unter in vivo Bedingungen evaluieren zu können, stellt die von LACAZE et al. (2012) durchgeführte Methodik eine weitere Möglichkeit dar: Nachdem die Leberresektionsfläche mit dem zu

testenden Hämostatikum benetzt war, wurde unmittelbar darauf ein mit Kollagen ummantelter Holzzylinder an das aufgetragene Hämostatikum gedrückt, bis der Zylinder nach 3 Minuten der Fläche anhaftete. Mittels des Zylinders wurden dann unterschiedliche Zugkräfte auf das Hämostatikum ausgeübt, bis dieses zerriss. Die Rissstelle befand sich bei allen Substanzen zwischen Hämostatikum und der Leberwundfläche. Somit war die Bindung des Hämostatikums immer besser mit der Kollagenschicht als mit der blutenden Organoberfläche ausgebildet. Die Fibrinkleber Tisseel und Tissucol und die hämostatische Kompresse Tachosil hafteten besser als Beriplast. Dieses Ergebnis steht in Kontrast zum bereits oben erwähnten Ergebnis von DICKNEITE et al. (2003). Da unter klinischen Bedingungen der Kleber auch an einer blutenden Wundfläche anhaften muss, stellt das in vivo Modell das realistischere Szenario dar.

Die Problematik des Kleberablösens könnte mit der aktuellen Klebermischung verbessert werden, in dem die Stauschlaufe bis zum vollständigen Aushärten des Klebers angezogen bleibt. Es konnte gezeigt werden, dass Polyurethankleber mit Wasser oder Flüssigkeit wie Blut schneller reagiert (BAYER-MATERIALSCIENCE 2009/2010; BAYER 2012). Ist die Blutung jedoch zu stark, wie in dieser Studie beschrieben, wird der Kleber von der Wundfläche weggespült und kann keine Verbindung mit der Wundfläche ausbilden.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine neue Klebermischung zu entwickeln, die eine gute Anhaftung wie K2 zeigt, aber trotzdem bioabbaubar ist. Dabei sollte der Kleber jedoch wie bisher elastisch bleiben, um sich der Wundoberfläche gut anzupassen.

5.2.5 Laborparameter

Auch die Laborparameter sprechen für eine gute Hämostase bei Verwendung der synthetischen Kleber oder Beriplast. In der Anzahl der Erythrozyten und dem Hämatokrit gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen post op.

bei K1 und NaCl, liegt jedoch wie alle anderen Parameter aller Gruppen oberhalb des d 0-Wertes, so dass dieser Unterschied nicht als relevant zu betrachten ist.

Genauso sind die geringeren Hämoglobin- und Hämatokritwerte der Fibrintiere am Operationstag einzustufen. Bei diesem zwar signifikanten Unterschied gegenüber den anderen Gruppen befinden sich die Werte trotzdem im Normbereich. Die ermittelten Werte sind mit denen von KALAYCI et al. (2010) vergleichbar. Dort bestand 3 und 5 Tage post op nach 4 % Leberresektion an der Ratte kein signifikanter Unterschied in den Laborparametern zwischen Ankaferd Blood Stopper, Naht- und Kontrollgruppe. Für den Hämatokrit lagen die Werte zwischen 32,9 und 34,9 % (eigene Werte: 34,05 bis 39,75 %) und für Hämoglobin zwischen 12,3 und 13,6 g/dl (eigene Werte: 11,69 bis 14,14 g/dl).

Zum Messzeitpunkt 14 d post op und allen späteren hat sich der Blutverlust vermutlich wieder ausgeglichen, da auch zu den NaCl-Tieren, die intraoperativ signifikant mehr Blut verloren haben, kein Unterschied bestand. Von relevanten Nachblutungen aufgrund des Kleberablösens ist nicht auszugehen, da kein signifikanter Unterschied zu Beriplast vorlag, welcher stets der Wundfläche gut anhaftete. Das wird ebenfalls dadurch untermauert, dass zu keinem Zeitpunkt ein signifikanter Unterschied in der Thrombozytenanzahl bestand.

Um einen gegebenenfalls vorhandenen Unterschied zwischen den Gruppen erkennen zu können, müsste frühzeitig nach der Leberresektion eine Blutprobe genommen werden. So konnten SATAR et al. (2013) einen signifikanten Unterschied im Hämatokrit innerhalb der Kontrollgruppe zwischen dem präoperativen verglichen mit dem 24 h postoperativen Wert feststellen. Ebenfalls konnte ein signifikanter Unterschied zu den Behandlungsgruppen Ankaferd Blood Stopper und Surgicel post op dargestellt werden. Auch TOVAR et al. (1998) konnten eine signifikante Reduktion im Hämoglobin, in der Erythrozytenanzahl und im Gesamtzellvolumen aller Behandlungsgruppen gegenüber der nicht resezierten Kontrollgruppe an Tag 3, 5 und 10 post op messen.

Gleiches gilt für die Leberenzyme. Auch hier müsste frühzeitiger nach der OP gemessen werden, um gegebenenfalls vorhandene deutliche Unterschiede der akuten Reaktion ermitteln zu können. So konnten HORIO et al. (2010) einen

ALT-Peak (150 U/L) einen Tag post Lebertrauma messen, der dann rapide abfiel und ab dem dritten Tag post op ein Grundlevel von ca. 40 U/L erreichte. Dies korrespondiert damit, dass die Leberregeneration in der Ratte nach 14 Tagen abgeschlossen ist (HIGGINS und ANDERSON 1931), solange keine chronische Entzündung vorliegt.

In dieser Studie, in der besonderer Fokus auf dem Langzeitverhalten lag, und deshalb die späten Messzeitpunkte gewählt wurden, gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen im AST-Wert. 14 d post op war der ALT-Wert der Fibringruppe signifikant gegenüber NaCl und K1 erhöht, was durch die anfängliche inflammatorische Reaktion (siehe 4.9) zu erklären ist. Die Erhöhung des ALT-Wertes von K3 21 d post op ist vermutlich auf leichte Leberparenchymschädigungen während der chirurgischen Vorbereitung und der Leberperfusion mit Kontrastmittel zurückzuführen. Aufgrund dessen und dem geringen Unterschied im absoluten Wert ist dieser Unterschied als nicht relevant einzustufen, zumal 14 d post op keine Erhöhung bei K3 vorlag.

Im Vergleich konnten TOVAR et al. (1998) nach einer Leberresektion an der weiblichen Wistarratte keine Unterschiede in AST und ALT zwischen der nicht resezierten Kontrolle und den Behandlungsgruppen Naht, Thermokoagulation und Fibrinkleber (Tisseel) 3 bis 60 d post op feststellen. Allerdings liegen die Kontrollwerte für AST (175 ± 38,6 U/L) und ALT (202 ± 37,7 U/L) im Mittel so hoch, dass sie dem ca. Fünffachen der in dieser Studie ermittelten Werte entsprechen, so dass ein direkter Vergleich nicht möglich ist. In der erwähnten Studie von TOVAR et al. (1998) sind außerdem die hohen SEM-Werte anzumerken, so dass die Werte als kritisch zu betrachten sind. Auch die Leberenzymwerte in der Studie von KALAYCI et al. (2010) liegen deutlich über den hier ermittelten Werten.

Die von uns gemessenen Werte sind jedoch mit den Werten der Studie von WOITOK (2013) vergleichbar. Hier konnte 7 und 21 d post op kein Unterschied zwischen den Gruppen K1 (entspricht K2 unserer Studie), Beriplast und Histoacryl festgestellt werden. Geringe Unterschiede, die auch im Basiswert dieser Studie verglichen mit dem eigenen Baselinewert bestehen, sind dadurch zu erklären, dass die von WOITOK (2013) verwendeten Tiere schon älter und schwerer waren. Die Leberenzymwerte nehmen, wie in dieser Studie ersichtlich, mit dem Wachstum des

Tieres ab und liegen 90 d post op bei 22 U/L für ALT und bei 27 U/L, was mit den Referenzwerten von WOITOK (2013) (ALT: 20,9 U/L; AST: 23,9 U/L) korrespondiert.

Da in der vorliegenden Studie 90 d post op keine signifikanten Unterschiede im ALT- und AST-Wert zwischen den Gruppen bestanden und alle Werte unterhalb des d 0-Wertes liegen, konnte gezeigt werden, dass kein Kleber eine langfristige Leberzellschädigung hervorruft. Im Gegensatz zur Studie von TOVAR et al. (1998), bei der es in der Nahtgruppe (3, 5 und 10 d post op) und in der Fibrinklebergruppe (3 und 5 d post op) zu einer Leukozytose kam, bestand in der vorliegenden Studie zu keiner Zeit eine signifikante Erhöhung der Leukozytenanzahl, so dass eine klinische relevante Entzündung ausgeschlossen werden kann.

Zusammenfassend betrachtet zeigen die Laborparameter, dass keiner der synthetischen Klebstoffe kurz- wie langfristig einen toxischen Effekt ausübt.