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Logistikvorhaben

Z

USAMMENFASSUNG

Basierend auf der in Kapitel 3 entwickelten Planungsgrundlage für Logistikflä-chennutzungen beinhaltet dieses Kapitel die Entwicklung, Anwendung und kriti-sche Würdigung eines Verfahrens zur Verkehrswirkungsabschätzung von Vorha-ben der Logistik. Das in Kapitel 4.1 generell beschrieVorha-bene Verfahren zielt auf die Abschätzung der Verkehrswirkungen (Verkehrsaufkommen, Verkehrsleistung und Verkehrsfolgen) der Neuentwicklung von Logistikgebieten, d.h. Gewerbe- oder Industriegebieten, die für die Ansiedlung von Logistikbetrieben bestimmt sind. Es dient vorrangig der vergleichenden Bewertung realer Logistik-Poten-zialflächen (räumlicher Vergleich) und/oder unterschiedlicher Nutzungsausprä-gungen dieser Potenzialflächen (sektoraler Vergleich). Die zentralen Schritte der Verkehrswirkungsabschätzung sind:

Definition der zu untersuchenden Vorhaben und Abschätzung der

Beschäftigtenzahl.

Abschätzung des Verkehrsaufkommens im Güterverkehr (tägliche

Lkw-•

Fahrten) und im Beschäftigtenverkehr (tägliche Pkw-Fahrten) basierend auf den für Logistikbetriebe des Handels- und Verkehrssektors generier-ten allgemeinen Nutzungs- und Verkehrskennwergenerier-ten (Grobabschätzung) oder den entwickelten Standard-Typen der Logistikflächennutzung (Feinabschätzung).

Ermittlung der Verkehrsverflechtungen des Güterverkehrs und des

Beschäf-•

tigtenverkehrs aus regionalen Erkenntnissen zur Verkehrsverflechtung oder Modellansätzen.

Abschätzung ausgewählter Verkehrsfolgekosten basierend auf

Einheits-•

kosten sätzen.

Die Grobabschätzung, die auf den generellen Nutzungs- und Verkehrskennwer-ten (siehe Kap. 3.5) basiert, stellt für regionale Szenarien und auch für Einzel-flächen eine sinnvolle und einfache Näherung dar, um das Verkehrsaufkommen

und die regionale Verkehrsleistung abzuschätzen. Bei der Bewertung zweier oder weniger Potenzialflächen ist die Feinabschätzung der Grobabschätzung vorzuziehen, da typenspezifische Nutzungs- und Verkehrskennwerte verwendet werden und auch typenspezifische Verflechtungsbeziehungen angesetzt werden können. Sobald ein sektoraler Vergleich, also ein Vergleich von unterschiedli-chen Logistiknutzungen erforderlich ist, muss eine Feinabschätzung basierend auf den Standard-Typen der Logistikflächennutzung (siehe Kap. 3.6) erfolgen.

Als Anwendungsbeispiel werden Vergleiche der Logistikflächenentwicklung in der Metropolregion Hamburg vorgestellt. Basierend auf einem Logistikflächen-bedarf von 210 Hektar und dem potenziellen Logistikflächenangebot der Metro-polregion Hamburg (Kap. 4.2) werden zwei unterschiedliche regionale Entwick-lungsszenarien definiert und einer Grobabschätzung unterzogen (Kap. 4.3). In einer Feinabschätzung werden für zwei der betrachteten Logistik-Potenzialflä-chen vier unterschiedliche Nutzungsausprägungen bewertet (Kap 4.4).

Das Verfahren der Verkehrswirkungsabschätzung ist prinzipiell auf andere Regi-onen übertragbar, wenn ergänzende regionale InformatiRegi-onen zur Güterverkehrs-verflechtung der Logistikbranche und zu Verflechtungen des Berufsverkehrs vorhanden sind. Aus den Anwendungsbeispielen sowie zusätzlichen Sensitivi-tätsanalysen in Kapitel 4.5 lassen sich einige generelle Erkenntnisse ableiten.

Erstens zeigt sich, dass das Fahrtenaufkommen im Beschäftigtenverkehr eine ähnliche Größenordungen aufweist wie das des Güterverkehrs. So ergibt sich aus der Entwicklung von 210 Hektar Logistikfläche auf sieben Logistik-Po-tenzialflächen in der Metropolregion Hamburg ein Zuwachs von rund 10.100 Lkw-Fahrten und 10.600 Pkw-Fahrten pro Tag. Für das gleiche Szenario ergibt sich ein Zuwachs von 658.000 Lkw-Kilometern und 329.000 Pkw-Kilometern, also etwa der Hälfte, im Untersuchungsraum pro Tag (Kap. 4.3.3). Daher sind sowohl der Beschäftigtenverkehr als auch der Güterverkehr bei der Planung von Logistikgebieten zu berücksichtigen, auch wenn die Folgekosten und die Lärm-emissionen des Lkw-Verkehrs wesentlich größer sind.

Zweitens zeigt sich, dass die Verkehrswirkungen eines Logistikvorhabens durch die Lage und die Nutzungsausprägung bestimmt werden. Die Nutzungsausprä-gung ist die entscheidende Größe für das Verkehrsaufkommen und damit die lokalen Verkehrsfolgen, die zudem vom Umfeld des Logistikgebietes abhängen.

Die regionale Lage wirkt sich dagegen primär auf die Verkehrsleistung und

da-mit die regionalen Verkehrsfolgen aus. Die Verkehrswirkungen unterschiedlicher Standard-Typen der Logistikflächennutzung weisen eine große Bandbreite der Verkehrserzeugung und der Verkehrsfolgen auf (Kap. 4.4.3).

Hinsichtlich der Lage lässt sich für die Metropolregion Hamburg unter Annah-me eines konstanten Logistik-Nutzungsmixes und konstanten Verflechtungsbe-ziehungen eine generelle Erhöhung der täglich pro Beschäftigten generierten Lkw-Fahrleistung mit steigender Entfernung der Logistik-Potenzialflächen vom Hamburger Stadtzentrum nachweisen. Diese Tendenz lässt sich mit der monozentrischen Struktur der Region Hamburg erklären, die auf das Zentrum ausgerichtete Verkehrsströme zufolge hat. Sie ist auch unter Berücksichtigung unterschiedlicher Nutzungsausprägungen zu beobachten, wenn auch nicht so eindeutig, da die unterschiedlichen Verflechtungsbeziehungen der Standard-Typen berücksichtigt werden. Dagegen wird ersichtlich, dass die Fahrleistung im Beschäftigtenverkehr nicht mit der Entfernung zum Hamburger Stadtzentrum wächst. Hier zeigt sich vielmehr, dass die Nähe der Standorte zu anderen Zentren der Region eine wichtige Rolle spielt, da die Beschäftigten tendenziell aus dem Nahbereich kommen (Kap. 4.5.1). Die für Hamburg diesbezüglich geltenden Er-kenntnisse sind prinzipiell auf andere monozentrische Regionen wie Berlin oder München übertragbar, lassen jedoch keine Schlüsse für polyzentrische Räume wie das Rhein-Main- oder das Rhein-Ruhr-Gebiet zu.

Drittens verdeutlichen die exemplarischen Verkehrswirkungsabschätzungen, dass bei der Entwicklung von großen Logistikgebieten mit erheblichen regiona-len und lokaregiona-len Verkehrsfolgekosten für Luftverschmutzung, Klimawandel und Infrastruktur gerechnet werden muss, die insbesondere dem zusätzlichen Lkw-Verkehr zuzurechnen sind. Auch die für die Logistikbetriebe anfallenden Kosten für die Erbringung der Lkw-Transportleistung sind maßgeblich abhängig von der Lage. Aufgrund der Verkehrsfolgekosten ist die Kosten-Nutzen-Bilanz für Einzelstandorte und Regionen kritisch zu hinterfragen. Die Integration der Ver-kehrswirkungsabschätzung in eine Kosten-Nutzen-Bilanz der Flächenentwick-lung würde in diesem Zusammenhang eine wichtige Erweiterung hin zu einem umfassenden Entscheidungsinstrument darstellen, die jedoch den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschritten hätte.

Die generellen Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, die Logistikflä-chenentwicklung stärker als bisher in den Fokus der strategischen Planung auf Regionsebene zu rücken, wofür die Verkehrswirkungsabschätzung einen

wich-tigen Baustein darstellt (Kap. 4.5.4). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Gebietskörperschaften einer Region sich auf eine gemeinsame Planung im Rah-men von formellen oder informelle Kooperationsverfahren verständigen. Die in einer Region diskutierten Potenzialflächen sollten zunächst einer überschlägigen Verkehrswirkungsabschätzung unterzogen werden. Aufbauend auf den Ergeb-nissen können dann differenzierte Szenarien der regionalen Logistikflächen-entwicklung entworfen und bewertet werden oder die weitere Planung auf die kommunale Ebene verwiesen werden, wenn kein regionaler Handlungsbedarf identifiziert wurde. Die Ergebnisse der Flächenbewertung müssen in konkrete Handlungsoptionen der strategischen Planung münden. Dies sind insbesonde-re eine insbesonde-regionale Flächenpolitik, die gezielte Bündelung von Logistikflächen in Logistikparks oder Güterverkehrszentren bzw. an trimodalen Standorten, eine an ihrem Verkehrsaufkommen ausgerichtete Standortplanung und die Integ-ration der Flächennutzungs- und Verkehrsplanung (Kap. 4.5.5). So zeigte die vergleichende Verkehrswirkungsabschätzung zweier regionaler Szenarien der Logistikflächenentwicklung in der Metropolregion Hamburg, dass die Bünde-lung von Logistikflächen in einem gut gelegenen GVZ gegenüber der dispersen Entwicklung mehrerer Logistikflächen mit ausschließlicher Straßenanbindung die regionalen Verkehrswirkungen minimieren kann. Auf kommunaler Ebene sind basierend auf der Verkehrswirkungsabschätzung und dem Abgleich mit vor-handenen Kapazitätsreserven im Verkehrssystem sowie zumutbaren Belastungen der Anrainer sowohl Beschränkungen der Logistikflächennutzung als auch der Verzicht auf die Entwicklung einer Fläche als Logistikgebiet denkbar.

Abschließend soll auf das Problem der Unschärfe der Verkehrswirkungsabschät-zung hingewiesen werden. Sensitivitätsanalysen in Kapitel 4.5.3 verdeutlichen, dass unter Berücksichtigung der 95%-Konfidenzintervalle der gewichteten Mittelwerte der Nutzungs- und Verkehrskennwerte erhebliche Streubereiche der Verkehrswirkungen auftreten. Im Rahmen der strategischen Planung, die auf den Vergleich von Szenarien der Logistikflächenentwicklung zielt, wird die Vernachlässigung von Streubereichen als zulässig erachtet. Sollte eine Verkehrs-wirkungsabschätzung für im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zu erstellende Umwelt- und Erschließungsgutachten verwendet werden, sind die Streubereiche angemessen zu berücksichtigen. Wie dies im Rahmen der Genehmigungsverfah-ren sinnvoll erfolgen kann, ist jedoch eine bisher von der Planungspraxis weitest-gehend ignorierte und der Planungswissenschaft unbeantwortete Frage, die auch hier nicht befriedigend beantwortet werden konnte.

Generelle Methodik