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Aufgrund ihrer Funktion und Abmessungen tritt bei der Ansiedlung von Lo-gistikzentren ein erhebliches Konfliktpotenzial auf, das insbesondere auf der problematischen Raumverträglichkeit von Logistikzentren beruht. Die Frage der Raumverträglichkeit von Logistikansiedlungen beinhaltet Aspekte wie die Flächeninanspruchnahme und Auswirkungen auf das direkte Umfeld wie Lärm, Luftverschmutzung, Erhöhung der Trennwirkung, Zunahme der Unfallgefahr und Beeinträchtigung des städtebaulichen Umfelds. Diese Auswirkungen sind größtenteils auf die an Logistikstandorten abgewickelten Verkehre (Gütertrans-porte und Beschäftigtenverkehre) zurückzuführen. Verkehr wird so zum zentralen Thema bei der Beurteilung der Raumverträglichkeit. Sowohl die kommunalen

Akteure als auch die Unternehmen der Logistikbranche sehen die zusätzlichen Verkehrsbelastungen als häufigste Ursache für Konflikte bei der Ansiedlung von Logistikbetrieben an, gefolgt von parkenden Lkw in den Nachbarschaften und Lärmbelästigung (Clausen, Reicher et al. 2005:11).

Generell ist die lokale Raumverträglichkeit (Wirkungen im direkten Umfeld) und die regionale Raumverträglichkeit (regionale Verkehrsverflechtungen) zu unterscheiden und auf der kommunalen bzw. regionalen Planungsebene zu berücksichtigen.

Lokal erfolgt eine Beeinträchtigung erstens durch ruhende Fahrzeuge. Lkw wer-den zwar in der Regel auf dem eigenen Grundstück oder an Umschlagpunkten des Güterverkehrs abgestellt, es gibt aber auch den Fall, dass sie im öffentlichen Straßenraum geparkt werden. Zweitens treten zum Teil viele und zeitlich kon-zentrierte Lkw-Fahrten auf, insbesondere auch nachts, die in der Regel besonders lärm- und schadstoffemittierend sind. Drittens erzeugen Anlagen mit vielen Be-schäftigen einen entsprechenden Berufsverkehr. Neben den verkehrsbedingten Wirkungen spielt auch die städtebauliche Integration von Logistikzentren eine wichtige Rolle. „Die monofunktionalen ‚Distributionskisten’ prägen zunehmend die Stadteingänge bzw. den städtebaulich sensiblen Übergangsbereich zwischen Frei- und Siedlungsraum – eine Auseinandersetzung mit Möglichkeiten zur Schaffung städtebaulicher resp. gestalterischer Qualitäten findet kaum statt“

(Clausen, Reicher et al. 2005:14).

Im Rahmen der klassischen Bauleitplanung haben Kommunen die Möglichkeit, neben der Festsetzung von Art und Maß der baulichen Nutzung, textliche Fest-setzungen zu treffen. Diese können Umweltschutzauflagen, Gestaltungsauflagen oder Aussagen zu zugelassenen bzw. ausgeschlossenen Einrichtungen enthalten.

Auch die Eingrenzung von Nutzungen oder die Festsetzung spezieller Gebiete wie ein Transportgewerbegebiet ist möglich. Im Rahmen des Bauordnungs- und Planungsrechts sind auf der Stufe des Bebauungsplans bzw. der Baugenehmigung zudem Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit und zur

Verkehrserschlie-ßung erforderlich.21 Hier bestehen theoretisch die rechtlichen Grundlagen, um hinsichtlich der Abwicklung von Verkehren in der Bau- und Nutzungsphase der Logistikzentren Maßnahmen zu formulieren bzw. Standards zu setzen (Flämig 2006:92ff.) Allerdings birgt dieses Vorgehen ein erhebliches Konfliktpotenzial mit potenziellen Investoren.

Zur Durchsetzung von Gestaltungsvorgaben und verkehrsoptimierenden Maß-nahmen ist daher auch der persönliche Dialog von kommunalen Akteuren und Projektentwicklern wichtig, gerade weil die Bereitschaft der Logistikunterneh-men und Immobilienentwickler Mehrkosten zu tragen gering ist. Allerdings ist auch beim Bau von Logistikanlagen die Berücksichtigung von Aspekten der Flächen- und Ressourceneffizienz (Regenwassermanagement, Solarenergienut-zung) in begrenztem Umfang möglich (Herrmann und Mordhorst 2006). Eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung kann beispielsweise öffentliche Ent-wässerungsnetze entlasten bzw. deren Ausbau verhindern sowie Eingriffe in den Naturhaushalt (Wasser, Flora, Klima) minimieren, wobei sich kommunalwirt-schaftliche und betriebswirtkommunalwirt-schaftliche Nutzen generieren lassen (Kaiser 2006).

Regional ist eine Veränderung der Verkehrsverflechtungen und damit der regio-nalen Verkehrsleistung zu erwarten. Die Frage der Raumverträglichkeit ist daher nicht einfach zu beantworten. Einerseits scheinen Standorte im Ballungsraum sinnvoll, da sie die Anfahrtswege im Berufsverkehr und die Länge der Verteiler-fahrten tendenziell verkürzen. Andererseits ist gerade an zentrumsnahen Lagen zu erwarten, dass es bei hoch belasteten Autobahnen zu Ausweichverkehren ins nachgeordnete Straßennetz und somit zur lokalen Beeinträchtigung umgebender

21 Der Zweck des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist in §1 festgelegt:

Zweck ist es sicherzustellen, dass bei bestimmten öffentlichen und privaten Vorhaben sowie bei bestimmten Plänen und Programmen zur wirksamen Umweltvorsorge nach einheitlichen Grundsätzen

- die Auswirkungen auf die Umwelt im Rahmen von Umweltprüfungen (Umweltverträglich-keitsprüfung und Strategische Umweltprüfung) frühzeitig und umfassend ermittelt, beschrie-ben und bewertet werden,

- die Ergebnisse der durchgeführten Umweltprüfungen bei allen behördlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, bei der Aufstellung oder Änderung von Plänen und Pro-grammen so früh wie möglich berücksichtigt werden.

Im Rahmen der Bauleitplanung (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan) für Logistikgebiete ist eine strategische Umweltprüfung vorgesehen. Logistikbetriebe zählen nicht generell, sondern nur bei speziellen Leistungen wie der Lagerung von Gefahrgut oder der Entsorgung von Rest-stoffen, unter die UVP-pflichtigen Vorhaben.

Nutzungen kommt. Es stellt sich die Frage, ob Lösungen, die aus einer regiona-len Sicht raumverträglich sind, d.h. hier Straßenverkehrsaufwand minimieren, auch lokal raumverträglich sein können und wie die entstehenden Verkehre an Einzelstandorten verträglich abgewickelt werden können. In jedem Fall sollte die Ausweisung neuer Logistikflächen eng an die bestehenden Planungen und Konzepte für den Verkehr einer Region geknüpft werden.

Die Möglichkeiten, im Rahmen der Bauleitplanung Auflagen und Festsetzungen zu erlassen oder durch gestalterische Maßnahmen die Integrationsfähigkeit von Logistikzentren zu erhöhen, greifen auf Ebene der kommunalen Planung. Dane-ben spielt bei der Integration der Logistikflächenentwicklung in die Stadt- und Regionalplanung insbesondere die übergeordnete regionale Planungsebene eine wichtige Rolle. Zudem ist aufgrund der Verkehrsintensität der Logistiknutzun-gen eine Integration von Regional- und Verkehrsplanung erforderlich.

Hesse (2006a:49) fordert als Strategie einer raumverträglichen regionalen An-siedlungspolitik folgende Bausteine:

Wiedernutzung von gewerblichen Brachflächen vor der Inanspruchnahme

von Standorten im Freiraum.

Priorisierung von Flächen im besiedelten Bereich statt im Außenbereich –

wo immer dies sinnvoll möglich ist.

Förderung von intermodalen Distributionszentren.

Die Schwierigkeiten der Durchsetzung einer solchen Strategie zeigen Ergeb-nisse einer im Rahmen des Forschungsprojektes „Raumansprüche und Raum-verträglichkeit von Logistikstandorten“ an der Universität Dortmund im Jahr 2005 durchgeführten Befragung kommunaler Akteure und Unternehmen aus der Logistikbranche (vgl. Clausen, Reicher et al. 2005). Bezüglich der Frage, in welcher Lage zusätzlich benötigte Logistikflächen zur Verfügung gestellt werden sollen, wurde der Stadtrand bzw. suburbane Raum von beiden Gruppen als am besten geeignet für Logistikzentren mit lokalem bzw. regionalem Einzugsgebiet bewertet. Innerstädtische Standorte wurden von zwei Dritteln der Befragten als ungeeignet eingestuft, da die Belastungen der Logistikansiedlungen für das Stadtgebiet zu groß seien. Lediglich Logistikzentren mit einem lokalen Einzugs-bereich wird eine Verträglichkeit mit innerstädtischen Standorten attestiert. Für Logistikzentren mit nationalem bzw. europaweitem Einzugsgebiet werden von

80 % der Unternehmen ländliche bzw. periphere Räume als geeignete Standorte angesehen. Diese Einschätzung wird jedoch nur von 60 % der kommunalen Ak-teure geteilt, da hier Bedenken bezüglich der Integrierbarkeit der großformatigen Zentren in den ländlichen Raum vorhanden sind. Der Nutzung von Brachflächen für Logistikansiedlungen stehen die Logistikunternehmen aufgrund von zu hohen Konfliktpotenzial, schlechten Verkehrsanbindungen, fehlenden Erweiterungsflä-chen und zu hohen Bau- und Umweltauflagen sowie Nutzungseinschränkungen skeptisch gegenüber. Seitens der kommunalen Akteure werden Brachflächen wie (Montan-) Industriebrachen, Militär-, Gewerbe- und Bahn brachen insbesondere in Regionen mit Strukturproblemen wie dem Ruhrgebiet als geeignet für Logis-tikansiedlungen angesehen (vgl. Clausen, Reicher et al. 2005).

Von Kujath (2003:20f.) wird auch der überregionalen Ebene eine wichtige Be-deutung in Bezug auf die räumliche Planung der „neuen Logistiknetze“ beige-messen. Er fordert:

Die Überprüfung der Tragfähigkeit des bestehenden GVZ-Systems und

des Planungsparadigmas der flächendeckenden Vernetzung von regionalen multimodalen Güterverkehrszentren im mittleren Distanzbereich.

Die Ausweisung von länderübergreifenden Vorranggebieten für

überregi-•

onale nicht bahnaffine Logistikzentren, die den ländlichen Raum präferie-ren, wo sich dies mit anderen raumordnungspolitischen Zielvorstellungen für den ländlichen Raum verträgt.

Eine transnationale raumplanerische Abstimmung, die die Entwicklung

ei-•

niger Grenzregionen zu Logistikzonen flankiert, insbesondere hinsichtlich Vorranggebieten und Verknüpfung der Verkehrsinfrastrukturen.

Die Integration der regionalen, nationalen und internationalen Logistik

systeme in die regionale und überregionale räumliche Entwicklungs-konzeption.

Diese Forderungen spiegeln die Grundsätze einer nachhaltigen Siedlungs- und Verkehrsentwicklung auf nationaler Ebene wider. Im Rahmen des Masterplan Güterverkehr und Logistik für Deutschland sind solche Aspekte bisher nicht be-rücksichtigt. Zwar ist die Erstellung eines nationalen Hafenkonzeptes, eines nati-onalen Flughafenkonzeptes und die Aufstockung der Mittel für den Kombinierten Verkehr vorgesehen, eine Koordinierung der Entwicklung von Logistikstandor-ten ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht angedacht (Bundesministerium

für Verkehr, Bau und Wohnungswesen 2008). Die Logistikflächenentwicklung als Planungsgegenstand ist daher auch in Zukunft insbesondere auf Ebene der Regionalplanung und der kommunalen Planung anzusiedeln.

Abschätzung der Verkehrserzeugung und der