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Die Transportnetze der Logistik spiegeln die räumlich-zeitlichen Anforderun-gen der Warenflüsse wider: Die Grundaufgabe der operativen Logistik besteht in der „effizienten Bereitstellung der geforderten Mengen benötigter Objekte in der richtigen Zusammensetzung zur rechten Zeit am richtigen Ort“ (Gudehus 2004:7). Bei der Gestaltung von Transportnetzen spielen neben der räumlichen Dichte und der Vermaschung der Netzknoten daher auch die Netzwerkfrequenz, d.h. die Häufigkeit der Verbindung zweier Netzknoten, und die räumliche und zeitliche Bündelungsfähigkeit der Transporte eine Rolle (Lieb und Lange 2003:448f.). Henning, Janz et al. (2003:407) führen jedoch aus, dass eine zeitli-che Bündelungsfähigkeit von Transporten, die eine Reduzierung der Transport-frequenz impliziert, aufgrund der Anforderung der Lieferzeitverkürzung kaum realisierbar ist. Im nationalen Landverkehr sind tägliche Transporte Standard.

Zurückzuführen ist die steigende Bedeutung der Transport frequenz auf den von Klaus und Kille (2006:23) beschriebenen „Logistik-Güterstruktureffekt“: Neue Anforderungen an die Produktentwicklungs-, Auftragabwicklungs-, und Reak-tionsschnelligkeit der Unternehmen in den Wertschöpfungsketten führen zu ei-ner Umwandlung großer, sporadisch erteilter Abrufe in kontinuierliche, kleine, präzise terminierte Flüsse „feinkörniger“ Lieferungen. Die relative Bedeutung von Massen- und Ladungstransportsystemen schwinde zugunsten schneller, auf präzise getaktete, feinkörnige Logistikdienstleistungen ausgerichtete Systeme.

Aufgrund der unterschiedlichen Einsatzbereiche der Verkehrsmittel und ihrer Verfügbarkeit im Raum (vgl. Exkurs 2) sind die Wechselwirkungen der

Trans-10 Dem erweiterten Logistiksektor werden teilweise auch Unternehmen zugerechnet, die Dienst-leistungen für die Logistikbranche erbringen, beispielsweise Immobilienentwickler, Versiche-rungsmakler und Kreditanstalten (Wrobel 2004). Unternehmen, die rein steuernde Tätigkeiten wahrnehmen und keine eigenen Assets wie Lagerhallen oder Fuhrpark besitzen, sind im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nicht von Bedeutung, da sie andere Standortanforderungen auf-weisen. Zudem besteht in der Wissenschaft Uneinigkeit über das Potenzial dieser Logistikdienst-leister, die rein administrative im Gegensatz zu operativen Leistungen anbieten (Pfohl 2003).

Marktbeobachtungen deuten darauf hin, dass das Wachstumspotenzial von solchen Logistik-dienstleistern (4PL, 5PL) deutlich überschätzt wurde (Mercer Management Consulting 2004).

portlogistikkonzepte (Beschaffungs- und Distributionsstrategien) und des Güter-verkehrs groß (Clausen und Neumann 2005).

Traditionell werden vier Teilsysteme der Prozesskette unterschieden: Produk-tions-, Beschaffungs-, Distributions- und Entsorgungslogistik. Da bei diesen Begriffen die Perspektive des Unternehmens im Vordergrund steht, schlägt Fleischmann (in Arnold 2004) für die Betrachtung von Transportsystemen eine Unterscheidung nach Produktionsgütertransporten und Konsumgütertransporten vor. Die wichtigsten Fälle hierbei sind die Zulieferung von Material zu einem Industriebetrieb (Zulieferlogistik) und die Distribution von Konsumgütern von der Industrie zum Handel (Konsumgüterdistribution).

Abbildung 2.3 verdeutlicht den generellen Aufbau der Transportnetze in der Zu-lieferlogistik, der Konsumgüterdistribution und der Speditionslogistik, die direkt ineinander greifen.

Abbildung 2.3 Netze der Transportlogistik

Speditionslager Zentrallager

Werkslager Regionallager Auslieferungslager

Feeder -Hub

Hub Depot

Umschlagpunkt Gebietsspediteur

ZULIEFERNETZE DISTRIBUTIONSNETZE

SPEDITIONSNETZE Lieferanten / Kunden Quelle: Eigene Darstellung

Ziel der Speditionsnetzwerke ist eine möglichst umfassende Abdeckung ihres Bedienungsraumes, die sich an Bevölkerungsschwerpunkten und logistischen Knotenpunkten wie internationalen See- und Flughäfen orientiert. Die Stück-gutnetze des Landverkehrs, in denen Sendungen innerhalb von 24 bis 48 Stun-den transportiert werStun-den, bestehen aus Depots und einem oder mehreren Hubs.

Die Depots werden direkt oder über einen Hub im nächtlichen Linienverkehr verbunden. Tagsüber werden die Sendungen regional verteilt und eingesammelt.

Neben der Depotfunktion im Stückgutnetz werden die Standorte durch die Spe-ditionen z. T. auch für andere Logistikdienstleistungen benutzt.

Die Zuliefernetze sind von den Anforderungen der zyklischen und der Just-in-Time11 und Just-in-Sequence12 Anlieferung geprägt, was sich in unterschiedlichen Zuliefersystemen niederschlägt. Neben dem direkten Transport von fernen oder in Werksnähe angesiedelten Lieferanten sind zwei wichtige Konzepte zu nennen.

Gebietsspediteure sammeln die Lieferungen in einem Gebiet ein und bündeln sie an einem Umschlagpunkt für die Lieferung von vollen Ladungen zum Werk des Abnehmers. Speditionslager sind in Werksnähe angesiedelt und werden von den Lieferanten beliefert. Der Logistikdienstleister, der das Speditionslager betreibt, kann von dort Just-in-Time oder Just-in-Sequence zum Werk liefern.

Bei der Konsumgüterdistribution können dezentrale und zentrale Netzwerk-strukturen unterschieden werden (Hoppe und Conzen 2002:24), wobei dezen-trale Netze insbesondere bei Produkten geringer Haltbarkeit wie Molkereipro-dukten oder Frische-ProMolkereipro-dukten notwendig sind, während sich zentrale Netze für Konsumgüter langer Haltbarkeiten wie Bücher oder Elektronikartikel eignen.

Traditionell sind Distributionsnetze in mehreren Stufen aufgebaut.13 Ausgehend von den Werken werden die Waren in Zentrallägern zusammengefasst, an

re-11 Just-in-Time: Zeitgerechte Anlieferung erforderlicher Produktionsstoffe und -komponenten zur Produktionsstätte - Lagerhaltung für den Produzenten entfällt.

12 Just-in-Sequence: Zeit- und reihenfolgengerechte Anlieferung erforderlicher Produktionsstoffe und -komponen ten zur Produktionsstätte.

13 Die Stufigkeit der Distribution bezeichnet die Anzahl der Lagerungen und Umlagerungen, bis ein Produkt an seinem Endziel angekommen ist. Sie ist in der Regel kleiner als drei (Hirdes 2005).

gionale Umschlagpunkte transportiert und von dort verteilt.14 Oft ist im Zuge der Konsumgüterdistribution die Entsorgungslogistik integriert, d. h. leere Ver-packungen und Mehrwegver Ver-packungen werden von den Läden wieder in die Läger zurückgeführt und dort entsorgt bzw. gereinigt und wieder verwendet. In den letzten Jahren war insgesamt ein Trend zur Reduzierung der Stufigkeit und Konsolidierung von Distributionsnetzen (Minimierung von Lagerbeständen und Lagerhaltungskosten) zu erkennen (Hoppe und Conzen 2002:24).15

In der Praxis überlagern sich die unterschiedlichen Transportnetze, insbeson-dere, wenn Teile der Konsumgüterdistribution an Kontraktlogistiker ausge-lagert werden. Dies wird am Beispiel einer internationalen Spedition mit Sitz im Hamburg Wilhelmsburg deutlich. Diese betreibt an ihrem Standort ein re-gionales Stückgutdepot des nationalen Stückgutnetzes SystemAlliance und des internationalen Stückgutnetzes SystemPlus. Gleichzeitig laufen über den Standort Seefracht-Importe für eine Drogeriekette und Seefracht-Exporte von konsolidiertem Sammelgut. Zudem wird der Standort für Lagerhaltung im Rah-men der Kontraktlogistik genutzt. Entsprechend besteht das Logistikzentrum aus mehreren Lagerhallen, einer Umschlaghalle, die das regionale Stückgutdepot bildet, und diversen Stellplätzen für die Sattelzüge und Verteilerfahrzeuge der Subunternehmer. Zusätzlich übernimmt der Standort Headquarter-Funktionen, so dass ein Verwaltungs-/ Bürokomplex und ein Beschäftigtenparkplatz die

An-14 In der Handelslogistik erfolgt die Belieferung aus regionalen, nationalen, grenzüberschreitenden oder europäischen Zentrallägern (die allerdings bisher eine Ausnahme bilden) direkt zum Kun-den (Hoppe und Conzen 2002:32). Dabei sind je nach Güterkategorie Distributionszentren erster Ordnung mit europäischem Einzugsgebiet (z. B. Elektronikgeräte, Wohnaccessoires), zweiter Ordnung mit nationalem Einzugsgebiet (z. B. Bücher, Unterhaltungselektronik, Automobile) und dritter Ordnung mit regionalem Einzugsgebiet (z. B. Lebensmittel) zu unterscheiden (Ku-jath 2003:18). Auf der letzten Stufe erfolgt bei Einzelhandelsketten oft eine direkte Belieferung der Regionalläger durch die Lieferanten. Die Regionalläger der Handelsketten werden auch als Warenverteilzentren bezeichnet.

15 Ob sich dieser so fortsetzt, wird jedoch aufgrund erwarteter Steigerungen der Raumüberwin-dungskosten und sich verschärfenden Infrastrukturengpässen von einigen Wissenschaftlern be-zweifelt. So geht Bretzke (2008) von einer möglichen „Renaissance der Lagerhaltung“ aus und auch Hoppe und Conzen plädieren für eine „Abkehr von überzogenen JIT-Anforderungen“ und eine „nüchterne Bewertung des Faktors Zeit“, kombiniert mit einer intelligenten Frachtbünde-lung und einer Verlagerung auf die Verkehrsträger Schiene und Wasser (2002:57). Henning, Janz et al. (2003:413) sehen jedoch eine Intensivierung des Lieferzeitwettbewerbs und postulieren daher eine (Re-)Dezentralisierung. Als mögliche Reaktion darauf sehen sie eine herstellerüber-greifende Nutzung dezentraler Läger für die räumliche Vorverteilung der Bestände in die Fläche.

Die Entstehung so genannter „Multi User“ Immobilien und die vermehrte Auslagerung der Kon-sumgüterdistribution im Rahmen der Kontraktlogistik (Koch 2006) stützen diese These.

lage ergänzen, die insgesamt rund 10 Hektar groß ist. Ein anderes Beispiel ist der Standort von DHL Excel Supply Chain in Hamburg Allermöhe. Hier werden Leistungen im Bereich der Kontraktlogistik für ganz unterschiedliche Kunden an einem Standort gebündelt. So ist der Standort gleichzeitig Ersatzteillager für Norddeutschland von Hewlett Packard, regionales Distributionszentrum für zwei führende Tabakwarenhersteller und internationales Distributionszentrum für die Firmenbekleidung des DHL-Konzerns, um nur einige Kunden zu nennen.

In Abbildung 2.3 wird deutlich, dass die Netze der Transportlogistik Knoten mit unterschiedlichen Funktionen aufweisen. Diese Knoten, sofern sie nicht Quelle oder Senke einer Transportkette darstellen, sind der eigentliche Unter-suchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. Ganz allgemein können sie als Logistikzentren16 bezeichnet werden, es werden aber je nach Funktion und Be-trachtungsgegenstand diverse weitere Begriffe verwendet (vgl. auch bisherige Beschreibung). In der vorliegenden Arbeit wird daher generell zwischen Logis-tikzentren oder auch Logistikbetrieben (einzelne Anlage) und Logistikgebieten als Ansammlung von Logistikzentren unterschieden. Der Fokus wird hier insbe-sondere auf Logistikzentren der Handelsbranche und der Verkehrsbranche gelegt und weniger auf Umschlagknoten der Verkehrsinfrastrukturnetze wie Flughäfen, Häfen oder KV-Terminals. Dies ist ein Unterschied zu anderen Studien, in de-nen unter logistischen Standorten sowohl Knoten der Transportlogistiknetze wie Warenverteilzentren als auch Umschlagknoten der Verkehrsinfrastrukturnetze wie KV-Terminals sowie Ansammlungen dieser Knoten in Güterverkehrszentren oder Transportgewerbegebieten verstanden werden (vgl. auch Kruse, Schröer et al. 1997; Sonntag und Meimbresse 1999; FGSV 2004).

Logistikstandorte und ihr Raumbezug