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Logistikgebieten und Logistikbetrieben

Wie bereits erwähnt ist die generelle Abhängigkeit der Verkehrsnachfrage neu-er Vorhaben dneu-er Siedlungsentwicklung von Nutzungs- und Lagefaktoren in dneu-er Verkehrsplanung unstrittig (vgl. Kap. 2.1). Auch die zuvor beschriebenen Er-gebnisse der Befragung von Logistikbetrieben und der Verkehrszählung zweier Logistikgebiete deuten auf Abhängigkeiten der Verkehrskenngrößen von der Nutzung und der Lage der Logistikbetriebe bzw. Logistikgebiete hin, trotz teil-weise großer Spannweiten der Verkehrsnachfrage.

In diesem Kapitel wird daher untersucht, ob sich aus den Erhebungen statistisch abgesicherte Zusammenhänge für die Verkehrserzeugung von Logistikflächen-nutzungen ableiten lassen. Aufgrund der geringen empirischen Basis sind nur einfache statistische Tests auf hohem Aggregationsniveau möglich.

Abhängigkeit der Verkehrserzeugung von der 3.4.1

Nutzung

In den vorliegenden Quellen zur Abschätzung der Verkehrserzeugung neuer Flä-chennutzungen (Bosserhoff 2000a; Institute of Transportation Engineers 2003;

FGSV 2006) wird das Verkehrsaufkommen in der Regel in Abhängigkeit von Nutzungskennwerten wie Nettobauland, Geschossfläche, Nutzfläche oder Be-schäftigte angegeben. Für die Ergebnisse der Betriebsbefragung wurde der

Zu-sammenhang zwischen den täglichen Lkw-Fahrten und folgenden unabhängigen Variablen getestet:

Grundstücksfläche (Nettobauland)

Anzahl der Beschäftigten

Hallenfläche

Anzahl Tore (Andocktore zur Be- und Entladung der

Güterverkehrs-•

fahrzeuge)

Als Maß für die bivariate Korrelation wurde der Korrelationskoeffizient Spear-mans Rho herangezogen.42 Der Test ergab, dass eine mittlere positive Korre-lation43 des Lkw-Aufkommens von allen vier genannten Variablen beobachtet werden kann. Ebenso kann eine mittlere Korrelation zwischen der Anzahl der Beschäftigten und der Grundstücksgröße festgestellt werden. Die Korrelation der Anzahl der Beschäftigten mit der Hallenfläche und der Hallenfläche mit der Grundstücksgröße wird als stark44 errechnet.

Basierend auf den Tests zur Korrelation wurden verschiedene einfache lineare Regressionen geschätzt. Da die getesteten erklärenden Variablen ebenfalls kor-relieren, ist ein Test auf multiple Regression nicht möglich, da dieser die Unab-hängigkeit der erklärenden Variablen voraussetzt. Als abhängige Variable wurde das durchschnittliche tägliche Lkw-Aufkommen angesetzt und als unabhängige Variable wurden die Anzahl der Beschäftigten, die Grundstücksgröße und die Hallenfläche getestet.

Die beiden entscheidenden statistischen Größen der Regressionsanalyse sind das Bestimmtheitsmaß (R²)45 und der Standardfehler des Schätzers46. Beim Test auf lineare Regression müssen zudem verschiedene Bedingungen erfüllt sein.

42 Spearmans Rho wurde benutzt, da dieser im Gegensatz zu dem gebräuchlicheren Korrelations-koeffizient nach Pearson robust gegen Ausreißer und auch für nichtlineare Zusammenhänge verwendbar ist.

43 Mittlere Korrelation = Korrelationskoeffizient zwischen 0,4 und 0,6 44 Starke Korrelation = Korrelationskoeffizient zwischen 0,6 und 0,8

45 Das Bestimmtheitsmaß gibt an, welcher Anteil der Abweichung des beobachteten Wertes von der Regressionsgerade erklärbar ist.

46 Der Standardfehler des Schätzers ist ein Gütemaß für die Regressionsfunktion, der die Beo-bachtungswerte mit den Schätzwerten vergleicht. Je größer der Standardfehler, desto größer die Residuen (nicht erklärte Streuung).

Bei der einfachen Regression ist zu testen, ob der lineare Zusammenhang der Variablen signifikant ist und ob die Residuen normal verteilt sind. Diese Tests wurden durchgeführt und sind in einer zusammenfassenden Tabelle im Anhang 7 dargestellt.

Das generelle Problem der geringen Fallzahl, die den statistischen Auswertungen zugrunde liegt, ist bei der Interpretation der dargestellten Werte stets zu beachten.

Ebenso zu beachten ist der Definitionsbereich der erklärenden Variablen. Für die Befragung wurden nur Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten im Verkehrssektor und mehr als 20 Beschäftigten im Handelssektor kontaktiert, weshalb der getes-tete Zusammenhang auch nur für diesen Definitionsbereich gilt. Auch in Bezug auf die Hallenfläche und das Nettobauland ist es plausibel, dass die ausgewählten Betriebe, die in Gewerbe- oder Industriegebieten liegen, einen Mindestwert an-nehmen. Der angegebene Mindestwert des Nettobaulands lag bei 1.500 Quadrat-metern, der angegebene Mindestwert der Hallenfläche bei 150 Quadratmetern.47 Zwei methodische Aspekte, die bei statistischen Analysen zur Verbesserung von Schätzungen führen können, sind die Einteilung der Stichprobe in Gruppen und die Elimination von Ausreißern. Hierfür gibt es formale statistische Verfahren, die insbesondere für die Anwendung auf naturwissenschaftliche Zusammenhän-ge, bei denen Ausreißer durch Messfehler entstehen, sinnvoll sind. In der Regel wird bei diesen Verfahren eine bestimmte Verteilungsfunktion vorausgesetzt, die bei komplexen, verhaltensbezogenen Fragen wie sie hier untersucht werden, jedoch oft nicht nachweisbar ist. Aufgrund der Heterogenität solcher Stichpro-ben kann die Anwendung dieser formalen statistischen Verfahren zu inhaltlich unplausiblen Schlüssen führen (vgl. die Diskussion der Regressionsanalyse für Lkw-Fahrten in Abhängigkeit der Grundstücksgröße auf S. 57). Für die vorlie-genden Auswertungen wird daher die Gruppenbildung und die Elimination von Ausreißern nach Augenschein und inhaltlicher Kenntnis der Fälle (also der Logis-tikbetriebe) vorgenommen und formal durch eine Clusteranalyse48 lediglich

un-47 Die Möglichkeit lineare Zusammenhänge durch den Ursprung zu legen, wurden aus diesen Gründen verworfen. Zwar ist es mathematisch plausibel, dass Betriebe ohne Beschäftigte oder ohne Standort und Hallenkapazitäten keine Lkw-Fahrten aufweisen, inhaltlich ist dies jedoch eine unsinnige Überlegung, da davon ausgegangen werden sollte, dass Betriebe des Verkehrs- und Handelssektor über Beschäftigte, Grundstück und Hallenfläche verfügen. Zudem können auch Betriebe mit wenig Beschäftigten oder kleinen Flächenkapazitäten bereits ein deutliches Lkw-Aufkommen besitzen, wie die Befragungsergebnisse zeigten.

48 Hierarchische Clusteranalyse, Methode: Lickage zwischen zwei Gruppen, Distanzmaß: Qua-drierte euklidische Distanz, 5 Cluster

terstützt. Aufgrund des geringen Stichprobenumfangs werden nur die extremsten Ausreißer eliminiert. Zudem wird die Stichprobe jeweils komplett und getrennt nach Betrieben des Verkehrs- und Handelssektors analysiert, um festzustellen, ob diese inhaltlich bedingte Einteilung die Schätzung verbessert. Um hier die Vergleichbarkeit der Gütemaße der Schätzung zu gewährleisten, werden für die Gesamtstichprobe und die beiden Untergruppen jeweils die selben Ausreißer eli-miniert. Zudem erfolgt durch zufälligen Ausschluss unterschiedlicher Fälle die Probe, ob ein linearer Zusammenhang stabil ist.

Ziel dieses Abschnitts ist es zunächst, mögliche, auch plausible Zusammenhänge darzustellen und zu beschreiben. Die Verwertbarkeit dieser Zusammenhänge für Vorhersagezwecke wird im Anschluss diskutiert.

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RKLÄRENDE

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ARIABLE

: A

NZAHL DER

B

ESCHÄFTIGTEN

Die folgende Abbildung 3.14 stellt den Zusammenhang der täglichen Lkw-Fahrten und der Anzahl der Beschäftigten dar. Eine gemeinsame Darstellung der Betriebe aus dem Verkehrs- und Handelssektor (Anhang 8) zeigt, dass die Betriebe aus dem Verkehrssektor tendenziell oberhalb der Betriebe aus dem Han-delssektor liegen. Die lineare Regressionsrechnung ergibt für die Kombination der Fälle ein Bestimmtheitsmaß von lediglich 0,18 und einem Standardfehler des Schätzers von 162 Lkw-Fahrten pro Tag. Unter Ausschluss der drei ermittelten Ausreißer im Handelssektor49 errechnet sich ein Bestimmtheitsmaß von 0,61 und ein Standardfehler des Schätzers von 71 Lkw-Fahrten pro Tag.

Die Unterscheidung der beiden Sektoren zeigt, dass sich der Zusammenhang im Verkehrssektor besser durch eine Regressionsgerade beschreiben lässt. Hier ergibt sich ohne Fall-Ausschluss ein Bestimmtheitsmaß von 0,69 bei einem Stan-dardfehler des Schätzers von 73 Lkw-Fahrten pro Tag. Im Handelssektor ergibt sich unter Ausschluss der drei Ausreißer ein etwas schlechteres Bestimmtheits-maß von 0,54 bei einem etwas besseren Standardfehler des Schätzers von 53 Lkw-Fahrten pro Tag.

49 Ausschluss von 3 Fällen im Handelssektor:

- Fall 1: 14 Beschäftigte, 1000 Lkw-Fahrten pro Tag (hafenbezogenes Terminal für Treibstoffe) - Fall 2: 161 Beschäftigte, 720 Lkw-Fahrten pro Tag (regionales Warenverteilzentrum Lebensmittel) - Fall 3: 600 Beschäftigte, 300 Lkw-Fahrten pro Tag (nationales Distributionszentrum Konsumgüter)

Abbildung 3.14 Tägliche Lkw-Fahrten in Abhängigkeit der Beschäftigten am Betriebsstandort

Quelle: Eigene Berechnungen basierend auf Ergebnissen einer Befragung von Logistikbetrieben im Jahr 2007

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RKLÄRENDE

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ARIABLE

: G

RUNDSTÜCKSGRÖSSE

Die Darstellung der täglichen Lkw-Fahrten in Abhängigkeit zum Nettobauland (Grundstücksgröße Betriebsstandort) zeigt eine große Streuung (Anhang 8), was sich in einem geringen Bestimmtheitsmaß von 0,17 und einem hohen Standard-fehler des Schätzers von 170 Lkw-Fahrten pro Tag bei der gemeinsamen Be-trachtung der gesamten Stichprobe ausdrückt. Nach Ausschluss der ermittelten Ausreißer50 ergibt sich ein Bestimmtheitsmaß von 0,52 und ein Standardfehler des Schätzers von 102 Lkw-Fahrten pro Tag. Eine tendenziell unterschiedliche Lage der beiden Sektoren ist aus dem Streudiagramm nicht zu erkennen.

Für die getrennte Auswertung der Sektoren ergeben sich wiederum unter Aus-schluss der drei genannten Ausreißer die in Abbildung 3.15 dargestellten Be-stimmtheitsmaße. Bei weiterer Prüfung erweisen sich die guten Werte für den Handelssektor allerdings als Täuschung. Unter zusätzlichem Ausschluss der

50 Ausschluss von einem Fall im Verkehrssektor und 2 Fällen im Handelssektor:

- Fall 1: 2 ha Nettobauland, 1000 Lkw-Fahrten pro Tag (hafenbezogenes Terminal für Treibstoffe)

- Fall 2: 15 ha Nettobauland, 150 Lkw-Fahrten pro Tag (nationales Distributionslager eines Möbelhauses)

- Fall 3: 12 ha Nettobauland, 86 Lkw-Fahrten pro Tag (Zulieferzentrum der Industrie)

y = 0,96x + 12,87

beiden mit 15 ha sehr großen Betriebe sinkt das Bestimmtheitsmaß auf 0,19.

Hier zeigt sich die Problematik, dass aus einer geringen Fallzahl ermittelte sta-tistische Aussagen sehr unsicher sind. Zudem ist im Handelssektor eine Häufung von Fällen mit geringem Nettobauland zu beobachten. Im Verkehrssektor schlägt die Clusteranalyse als weitere Ausreißer die drei Logistikbetriebe mit mehr als 400 täglichen Lkw-Fahrten pro Tag vor, die alle regionale Stückgutdepots sind.

Ihre Elimination würde daher zwar zu einem etwas bessere Schätzmodell, aber gleichzeitig zur Unterrepräsentation dieses wichtigen Typen von Logistikbetrie-ben führen (vgl. auch Kap. 3.6) und ist daher abzulehnen.

Abbildung 3.15 Tägliche Lkw-Fahrten in Abhängigkeit des Nettobaulandes des Betriebsstandorts

Quelle: Eigene Berechnungen basierend auf Ergebnissen einer Befragung von Logistikbetrieben im Jahr 2007

Insgesamt lässt sich zwischen den täglichen Lkw-Fahrten und dem Nettobauland weder für die Gesamtstichprobe noch für die Gruppen Verkehrs- und Handels-sektor ein überzeugender linearer Zusammenhang feststellen.

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ARIABLE

: H

ALLENFLÄCHE

Auch der Zusammenhang zwischen Lkw-Fahrten und der Hallenfläche zeigt eine große Streuung der Fälle, die im Handelssektor etwas geringer ist als im Verkehrssektor (Anhang 8). Das Bestimmtheitsmaß beträgt 0,22 und der

Stan-y = 34,77x + 28,35

dardfehler des Schätzers 130 Lkw-Fahrten pro Tag. Extreme Ausreißer sind hier nicht unmittelbar ersichtlich bzw. aus der Clusteranalyse ermittelbar.

Es ergeben sich auch geringe Bestimmtheitsmaße von 0,14 im Verkehrs- und 0,38 im Handelssektor (Abbildung 3.16). Der Standardfehler des Schätzers ist mit rund 130 Lkw-Fahrten in beiden Fällen groß.

Zwischen den täglichen Lkw-Fahrten und der Hallenfläche lassen sich demnach weder für die Gesamtstichprobe noch für die Gruppen Verkehrs- und Handels-sektor überzeugende lineare Zusammenhänge feststellen.

Eine Regression nach Umschlagfläche bringt ebenfalls keine befriedigenden Ergebnisse. Auch wenn die Umschlagfläche von Sonntag und Meimbresse (1999:77) als wichtige Bezugsgröße angesehen wird (vgl. auch Kap. 3.1.2), ist zu konstatieren, dass Umschlagfläche und Lagerfläche oft zusammenfallen und eine klare Abgrenzung nur schwer möglich ist.

Abbildung 3.16 Tägliche Lkw-Fahrten in Abhängigkeit der Hallenfläche des Betriebsstandorts

Quelle: Eigene Berechnungen basierend auf Ergebnissen einer Befragung von Logistikbetrieben im Jahr 2007

Abhängigkeit der Verkehrserzeugung von der Lage