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Vergleichende Infektionsstudie der Serotypen O:3 und O:8

Yersinia enterocolitica Serotyp O:3 (YeO:3) ist in Europa der häufigste Auslöser humaner Yersiniosis-Fälle und wurde in mehreren epidemiologischen Studien auch aus Proben von Mastschweinen isoliert (Fukushima et al., 1983; von Altrock et al., 2006; Bottone, 1997; Fredriksson-Ahomaa et al., 2001a; Gürtler et al., 2005;

Thibodeau et al., 1999). In experimentellen Infektionen im Mausmodell zeigte er sich allerdings wenig virulent. Serotyp O:8 (YeO:8) hingegen kommt selten in Europa vor und konnte selten aus Mastschweinen isoliert werden, zeigte sich im Mausversuch aber sehr viel virulenter (Schiemann, 1988; Robins-Browne und Prpic, 1985) und war in den letzten Jahren wesentlich häufiger Gegenstand molekularbiologischer Forschung als der Serotyp O:3. Auch in vitro-Experimente in der Zellkultur zeigten Unterschiede zwischen den beiden Serotypen (Uliczka et al., 2011). Vor diesem Hintergrund war ein zweites Ziel dieser Arbeit, die Serotypen YeO:3 und YeO:8 im Minipig-Infektionsmodell zu vergleichen.

Die Infektionsversuche wurden in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr.

Petra Dersch am Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und Julia Schaake, M.Sc., aus der Arbeitsgruppe Molekulare Infektionsbiologie des HZI durchgeführt.

In einer ersten Studie wurden jeweils acht Minipig-Ferkel mit 109 KBE pro Tier YeO:3 Stamm Y1 bzw. YeO:8 Stamm 8081v infiziert [vgl. B.1.1]. Vier Tiere je Gruppe wurden an Tag sieben und die verbleibenden vier an Tag 21 p.i. euthanasiert und seziert [vgl. B.2.2]. Die Kontrollgruppe bestand aus drei Ferkeln, welche ebenfalls 21 Tage nach der („Pseudo“-) Infektion [vgl. B.2.3] seziert wurden.

Alle Versuchstiere wurden bei der Einstallung (sieben Tage vor der Infektion) mittels Rektal- und Tonsillentupfern auf das Vorhandensein von Y. enterocolitica überprüft.

Blutproben (Serum und EDTA-Blut) wurden von allen Minipigs vor und nach der Infektion einmal wöchentlich auf Antikörper gegen pathogene Yersinien bzw.

Auffälligkeiten im Blutbild untersucht. Rektaltupfer wurden zweimal wöchentlich auf Y. enterocolitica hin getestet. Bei den Sektionen wurden die gleichen Organe beprobt wie in der Infektionsverlaufsstudie [vgl. C.1.2]. Auch die pathologisch-anatomischen, histopathologischen und mikrobiologischen Untersuchungsmethoden sowie die regelmäßige klinische Kontrolle der Tiere wurden aus dieser Studie beibehalten [siehe C.1.2].

In einer zweiten Studie wurden nochmals je sechs Ferkel mit dem YeO:3 Stamm Y1 bzw. dem YeO:8 Stamm 8081v infiziert und sieben Tage p.i. seziert. Die orale Infektionsdosis betrug 109 KBE pro Tier. Sämtliche Untersuchungsmethoden wurden beibehalten und die Ergebnisse der beiden nacheinander erfolgten Infektionsversuche zusammengefasst. Die einzigen Ausnahmen stellen hier die Serologie und die Sektion eines Teils der Tiergruppen am 21. Tag p.i. dar.

Serologische Untersuchungen wurden nur in der ersten der beiden Studien durchgeführt und auch die Belastung am 21. Tag p.i. wurde nur in dieser erfasst.

C.2.1 Klinische Beurteilung der Tiere

In den vergleichenden Infektionsstudien mit den Serotypen O:3 und O:8 wiesen alle Versuchstiere eine Anämie sowie weitere unspezifische Befunde in der hämotologischen Untersuchung auf. Klinisch fiel ein Ferkel innerhalb der letzten Tage des Versuchs durch schleimig-blutige, z.T. auch fibrinöse Kotbeimengungen auf. Fieber konnte nicht festgestellt werden, einige Tiere wiesen sowohl vor als auch nach der Infektion eine ggr. Diarrhoe auf. In der Kontrollgruppe verendete ein Tier perakut an einer Blasenruptur [vgl. H.1].

C.2.2 Pathologisch-anatomische Beurteilung

In den Sektionen konnten sowohl am siebten als auch am 21. Tag p.i. nur unspezifische Befunde erhoben werden, die überwiegend von milder Ausprägung und sowohl bei den infizierten als auch bei den Kontrolltieren zu beobachten waren [vgl. H.2].

C.2.3 Histopathologische Beurteilung

In der histopathologischen Beurteilung der Leber, Milz, mesenterialen Lymphknoten und des Ileums konnten überwiegend geringgradige unspezifische Befunde erhoben werden. Lediglich in der Leber traten keine Veränderungen bei den Kontrolltieren auf, allerdings waren auch die in infizierten Tieren beobachteten Veränderungen unspezifisch und nur minimal bis ggr. ausgeprägt. Hervorzuheben ist allerdings, dass

bei einem der Tiere aus Gruppe A (infiziert mit YeO:3) am siebten Tag p.i.

Bakterienkolonien in der Wand des Ileums gefunden wurden [vgl. H.3].

Detaillierte Beschreibungen zu klinischen, pathologisch-anatomischen und histopathologischen Befunden befinden sich im Anhang [vgl. H.1, H.2 und H.3].

C.2.4 Quantitative Organbelastung

Die Organbelastung mit Y. enterocolitica fiel in den beiden Infektionsgruppen sehr unterschiedlich aus. Während der YeO:3-Wildtypstamm Y1 am siebten Tag p.i.

quantitativ in mehreren intestinalen Proben (Jejunum, Ileum, Caecum, Colon) und in den Tonsillen nachgewiesen werden konnte, war der YeO:8-Wildtypstamm 8081v in der Direktkultur nur aus den Tonsillen eines Tieres reisolierbar. In Leber, Milz, Nieren und mesenterialen Lymphknoten konnten in beiden Gruppen quantitativ keine Yersinien nachgewiesen werden.

Am siebten Tag p.i. war in der mit YeO:3 infizierten Gruppe die Anzahl der reisolierten Bakterien pro Gramm Organ aus Proben vom Ileum besonders groß, hier konnten in sieben der insgesamt zehn Ferkel zwischen 104 und 106 KBE/g gefunden werden. In dieser Gruppe waren auch bei sechs von zehn Minipigs Yersinien quantitativ in den Tonsillen nachweisbar, die Zahlen schwankten zwischen 8x102 und 3x105 KBE/g. Aus vier von zehn Jejunumproben (104 bis 106 KBE/g), vier von zehn Caecumproben (101 bis 106 KBE/g) und drei von zehn Colonproben (105 KBE/g) konnte der YeO:3 Stamm Y1 ebenfalls reisoliert werden. Im Vergleich dazu fand sich der Serotyp O:8 Stamm 8081v am siebten Tag p.i. nur in einer von zehn Tonsillenproben in einer Menge von 1,33x103 KBE/g. In keiner der anderen Organproben konnte der YeO:8-Stamm quantitativ bestimmt werden. Im Fisher’s Exact Test unterschied sich die Organbelastung durch die beiden Stämme signifikant in Tonsillen, Jejunum und Caecum (P<0,05). Im Ileum war der Unterschied noch deutlicher (P<0,01), während im Colon und in den extraintestinalen Organen kein signifikanter Unterschied festgestellt werden konnte (Abb. 10 A).

Am 21. Tag p.i. wurden je vier Tiere pro Infektionsgruppe untersucht. In der mit YeO:3 Stamm Y1 infizierten Gruppe konnten die Yersinien aus zwei der vier Tonsillenproben (103 und 105 KBE/g) reisoliert werden. Auch in einer Probe vom Jejunum (102 KBE/g), zwei Proben vom Ileum (103 KBE/g), zwei Proben vom Caecum (102 KBE/g) und drei Colonproben (102 bis 105 KBE/g) konnte YeO:3 in der

Direktkultur quantitativ nachgewiesen werden. Auch zu diesem Zeitpunkt zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Infektionsgruppen. YeO:8 Stamm 8081v konnte auch drei Wochen nach der Infektion nur aus den Tonsillen reisoliert werden, allerdings von einem größeren Anteil der Tiere. So wiesen von vier Tieren drei eine Belastung der Tonsillen mit YeO:8 zwischen 103 und 104 KBE/g auf (Abb.

10 B). Alle Zahlen sind im Anhang aufgelistet [vgl. H.4].

Abb. 10: Quantitative Organbelastung der Minipigs am siebten Tag (A) bzw. am 21. Tag (B) p.i..

Jeder Punkt repräsentiert den Logarithmus der KBE/g Organ eines Tieres. In jeder der beiden Infektionsgruppen wurden zehn Tiere (A) bzw. vier Tiere (B) untersucht. Die Ergebnisse wurden aus zwei unabhängigen Experimenten zusammengefasst.

B A

C.2.5 Qualitative Organbelastung

Von den zehn Tieren, die mit YeO:3 Stamm Y1 infiziert und an Tag sieben p.i. seziert wurden, konnten mittels Kälteanreicherung in 90 % der Tonsillen und der Proben von Jejunum, Caecum und Colon Yersinien nachgewiesen werden. Die Ileumproben waren zu 100 % positiv. Von den untersuchten extraintestinalen Proben erwiesen sich 70 % der mesenterialen Lymphknoten, 40 % der Nieren- und 30 % der Milzproben als positiv.

Im Gegensatz dazu konnten von den zehn Minipigs, die mit YeO:8 Stamm 8081v infiziert wurden, ausschließlich aus Proben von Tonsillen und Ileum in der Kälteanreicherung Yersinien reisoliert werden. Die Tonsillen waren zu 70 % und Ileumproben zu 30 % positiv, alle extraintestinalen Organe waren frei von Y.enterocolitica Serotyp O:8. Am 21. Tag p.i. konnte Serotyp O:3 aus den Tonsillen, dem Ileum, Caecum und Colon aus drei von vier Proben mit der Kälteanreicherung reisoliert werden. Eine von drei Jejunumproben war ebenfalls positiv. Alle extraintestinalen Proben blieben negativ. Serotyp O:8 konnte am 21. Tag p.i.

qualitativ aus drei der vier Tonsillenproben und aus einer Caecumprobe reisoliert werden. Proben von Jejunum, Ileum, Colon sowie den extraintestinalen Organen blieben in der Kälteanreicherung negativ. Die Organe der mit YeO:3 infizierten Tiere waren insgesamt häufiger und stärker befallen als die der mit YeO:8 infizierten Ferkel. Im Fisher’s Exact Test unterschied sich die Häufigkeit, in der die beiden Stämme in den Organen vorkamen, deutlich signifikant im Ileum (P<0.01). In Jejunum, Caecum und Colon war der Unterschied hoch signifikant (P<0.001), während in den Tonsillen und in den extraintestinalen Organen kein signifikanter Unterschied festgestellt werden konnte (Abb. 11).

Alle Organproben von Kontrolltieren waren sowohl in der Direktkultur als auch in der Kälteanreicherung frei von Y. enterocolitica .

Abb. 11: Qualitative Organbelastung mit Yersinia enterocolitica Serotyp O:3 Stamm Y1 (YeO:3) oder Serotyp O:8 Stamm 8081v (YeO:8). Die Organproben wurden mittels Kälteanreicherung auf Y. enterocolitica untersucht, die Isolate wurden biochemisch differenziert. Alle Proben wurden am siebten Tag p.i. gewonnen. In jeder der beiden Infektionsgruppen wurden zehn Tiere untersucht. Die Ergebnisse wurden aus zwei unabhängigen Experimenten zusammengefasst.

C.2.6 Bakterielle Ausscheidung

Bis einschließlich zum siebten Tag p.i. wurden bezüglich der bakteriellen Ausscheidung zu jedem der beiden Serotypen Daten von 14 Tieren gewonnen. Vom achten bis zum 21. Tag p.i. wurden nur vier Tiere je Serotyp auf Yersinien in Rektaltupfern untersucht. Der Anteil der Ausscheider stieg bei Serotyp O:3 Stamm Y1 bis zum siebten Tag an und blieb bis zum 21. Tag p.i. sehr hoch, während er bei Serotyp O:8 Stamm 8081v zum siebten Tag hin abnahm. Ab dem zehnten Tag waren in Rektaltupfern bzw. Kottupfern von Tieren der Gruppe B keine Yersinien mehr nachweisbar. Einen Tag nach der oralen Infektion schieden 50 % der Ferkel YeO:3 und 36 % YeO:8 mit dem Kot aus. An Tag drei p.i. waren 93 % der Proben von Ferkeln aus Gruppe A und 7 % der Rektaltupfer von Tieren der Gruppe B positiv.

Am siebten Tag nach der Infektion wurden alle Tiere in Gruppe A positiv getestet, während es in Gruppe B nur 7 % waren. Im Fisher’s Exact Test unterschied sich die Häufigkeit, in der die beiden Stämme in den Kotproben vorkamen, deutlich signifikant

(P < 0,001) ab dem dritten Tag p.i.. Am ersten Tag p.i. konnte noch kein signifikanter Unterschied festgestellt werden (Abb. 12).

Abb. 12: Bakterielle Ausscheidung mit den Faeces nach Infektion mit YeO:3 Stamm Y1 oder YeO:8 Stamm 8081v. Rektaltupfer wurden mittels Kälteanreicherung auf Y. enterocolitica untersucht, die Isolate wurden biochemisch differenziert. In jeder der beiden Infektionsgruppen wurden 14 Tiere untersucht. Die Ergebnisse aus zwei unabhängigen Experimenten wurden zusammengefasst.

Von Tag zehn bis Tag 21 p.i. waren alle Proben in Gruppe A positiv, aus den Proben der Gruppe B konnten hingegen keine Yersinien reisoliert werden (Abb. 13).

Die Kontrolltiere schieden während der gesamten Versuchsdauer keine Yersinien mit dem Kot aus.

Abb. 13: Bakterielle Ausscheidung mit den Faeces nach Infektion mit YeO:3 Stamm Y1 oder YeO:8 Stamm 8081v. Rektaltupfer wurden mittels Kälteanreicherung auf Y. enterocolitica untersucht, die Isolate wurden biochemisch differenziert. Die Ergebnisse stammen aus dem ersten Infektionsversuch. (Anzahl der Tiere: Tag 1-7 p.i.: n=8, Tag 8-21 p.i.: n=4)

C.2.7 Serologie

Während des ersten Infektionsversuchs wurden vor und nach der Infektion mit YeO:3 Stamm Y1 bzw. YeO:8 Stamm 8081v einmal wöchentlich Serumproben auf Antikörper gegen pathogene Yersinien untersucht [vgl. B.2.7]. Die gewonnenen Daten beziehen sich bis zum siebten Tag p.i. auf acht Tiere und vom achten bis zum 21. Tag p.i. auf vier Tiere je Infektionsgruppe. Die Kontrollgruppe von drei Tieren wurde bis zum 21. Tag p.i. serologisch untersucht. Die mit YeO:3 infizierten Ferkel zeigten zwischen Tag sieben und Tag 14 p.i. einen sehr deutlichen Titeranstieg auf im Mittel bis zu 80 OD %. In Serumproben der mit YeO:8 infizierten Minipigs und der Kontrolltiere blieben die Titer bis zum 21. Tag p.i. unterhalb des Cut-off Werts von 20 OD %, wobei sie im Verlauf in der Kontrollgruppe sanken, in der YeO:8- Gruppe ganz leicht anstiegen (Abb. 14). Aufgrund der geringen Tierzahlen ab dem 14. Tag p.i. konnte keine statistische Signifikanz nachgewiesen werden.

Abb. 14

C.3 Koinfektionsversuche mit Y. enterocolitica Serotyp O:3 Wildtyp und