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US-Optionen: Luftangriffe versus Blockade

Im Dokument Kennedys rechte Hand (Seite 141-148)

4 KUBAKRISE: BUNDY ALS „ADVOCATUS DIABOLI“ UND

4.1 Washington im Spätsommer 1962

4.2.2 US-Optionen: Luftangriffe versus Blockade

Während Kennedy und Rusk sowie teilweise auch Bundy durch den Besuch des deutschen Aussenministers Gerhard Schröder absorbiert waren, kam es am 17. und 18.

Oktober innerhalb der Beratergruppe zum „Showdown“ zwischen den Befürwortern eines Luftangriffs und ihren Opponenten. Robert Kennedy wehrte sich aus moralischen Gründen gegen einen massiven Überraschungsangriff und argumentierte, es würde der Tradition der USA widersprechen, in Kuba eine Art „Pearl Harbor“ zu inszenieren.

Acheson hingegen fand die Pearl-Harbor-Analogie absurd und verwies auf die

War-404 Transkript, 16.10.62, 11:50 Uhr, Kabinettraum, JFK Tapes, 70; Transkript, 16.10.62, 18:30 Uhr, Kabinettraum, JFK Tapes, 94.

405 Ibid., 112f.

406 Bundy, Danger and Survival, 453.

nungen Kennedys an die UdSSR, womit die Luftangriffe keineswegs einem Überra-schungsangriff gleichkämen.407 Bird hat darauf hingewiesen, dass Bundy bei dieser Kontroverse in der Mitte des Generationenkonflikts zwischen Robert Kennedy und Acheson stand. Obwohl er vom Alter her näher bei Robert Kennedy war, war sein Instinkt eher „achesonisch“ geprägt.408

Der 18. Oktober stand für Kennedy ganz im Zeichen seines Treffens mit dem sowjeti-schen Aussenminister Gromyko, der in Washington weilte. Um 16:30 Uhr traf sich Kennedy deshalb mit Rusk und Bundy zu einer halbstündigen Vorbereitungssitzung.

Bundy gab Kennedy ein Memorandum, das sich mit der heiklen Frage beschäftigte, ob Kennedy die Entdeckung sowjetischer Nuklearraketen auf Kuba ansprechen sollte oder nicht:

If Gromyko raises this question -as he may- you will probably want to hear him before you reply. [...] If he does not raise the subject, the consensus last night was that you should re-mind him of the hazards presented a) by Castro; b) by arms buildup; c) by rumors of offen-sive weapons.409

Kennedy war mit dieser Taktik einverstanden und begab sich mit Gromyko ins Oval Office. In der Schreibtischschublade lagen die Fotografien der sowjetischen Raketen-stellungen, doch weder Kennedy noch Gromyko sprachen das heikle Thema an.

Bundy informierte unterdessen den New Yorker Banker und ehemaligen Verteid i-gungsminister Robert Lovett, den Kennedy nach Washington gebeten hatte, um seine Meinung zur Krisensituation abzugeben. In Danger and Survival beschrieb Bundy, wie ihn seine Frau Mary an diesem Donnerstag beim Abendessen positiv beeinflusst habe, indem sie ihn von einem militärischen Kurs abzubringen versucht habe mit der Bitte:

„I hope you all will choose the least violent course you can.“410 Mary Bundys Interven-tion schien ihre Wirkung zu entfalten, denn Sorensen beschrieb, wie sich Bundys Einstellung in der abendlichen Sitzung grundlegend wandelte:

407 White, Cuban Missile Crisis, 135-163; Brinkley, Dean Acheson, 163; Vgl. dazu den lesenswerten Aufsatz von Dean Acheson, „Dean Acheson’s Version of Robert Kennedy’s Version of the Cuban Missile Affair: Hommage to Plain Dumb Luck“, Esquire 71 (February 1969), 44, 46, 76f. Die Tonbandaufnahmen der ExComm-Diskussionen machen deutlich, dass Robert Kennedys Rolle während der Kubakrise längst nicht so konstruktiv war, wie dies in der historischen Literatur aus Robert Kennedys Propagandaschrift Thirteen Days unkritisch übernommen wurde. Achesons Po-lemik erfährt damit eine späte Rechtfertigung.

408 Bird, Color of Truth, 231. Ein gutes Fazit der Diskussionen vom 16. und 17.10.62 findet sich in Memorandum, Sorensen an JFK, 17.10.62, Box 114a, Countries, POF, JFKL.

409 Robert S. Thompson, The Missiles of October: The Declassified Story of the Cuban Missile Crisis (New York: Simon & Schuster, 1992), 218f.

410 Bundy, Danger and Survival, 400.

Somewhat to everyone’s surprise, Mac Bundy urged that we not overlook the justification of no action at all.411

Bundy pries plötzlich eine diplomatische Antwort an Gromyko oder Chruschtschow als Antwort auf die Entdeckung der sowjetischen Raketen an. Damit wurde McNama-ras, Kennedys und seiner eigenen Einschätzung Rechnung getragen, dass eigentlich keine militärische Bedrohung, sondern ein innenpolitisches Problem vorlag. Deshalb schien eine militärische Eskalation nicht gerechtfertigt. Marys Kommentar hatte Bundy sicherlich nachdenklich gemacht. Doch sein Meinungswechsel am Abend des 18. Oktober resultierte vor allem aus seiner Unterredung mit Lovett, der wegen möglicher Vergeltungsmassnahmen der UdSSR in Berlin von einem Luftangriff vehement abgeraten hatte.412 An die Reaktion seiner Kollegen auf seinen Hinweis auf diplomatische Optionen erinnerte sich Bundy noch lange: „Everybody jumped down my throat.“413 Am Ende des Tages stimmten Kennedys Berater über das amerikanische Vorgehen ab. Die Wahl zwischen einer Blockade und einem Luftangriff fiel mit 11:6 zugunsten der Blockade relativ deutlich aus. Bundy stimmte eher überraschend für die Blockade414 - offensichtlich beeindruckt von Lovetts Argumenten und der Ermahnung seiner Ehefrau. Im Oval Office diktierte Präsident Kennedy kurz vor Mitternacht einige Bemerkungen zur abendlichen Sitzung auf Tonband und äusserte sich auch zu Bundys Intervention:

Bundy continued to argue against any action, on the grounds that there would be, inevita-bly, a Soviet reprisal against Berlin and that this would divide our alliances and we would bear that responsibility. He felt we would be better off to merely take note of the existence of these missiles, and to wait until the crunch comes in Berlin, and not play what he thought might be the Soviet game.415

Am darauffolgenden Morgen, am 19. Oktober, machte Präsident Kennedy Sorensen und seinem Bruder Robert klar, dass er den Konsens zugunsten einer Blockade unterstütze und erwarte, dass sie die verbleibenden Befürworter eines Luftangriffs ebenfalls auf den Blockadekurs trimmten.416 Obwohl Bundy am Vorabend zuerst gegen

411 Int. Sorensen durch Carl Kaysen, 26.3.64, OHC, JFKL, p. 53.

412 JFK, 18.10.62 [kurz vor Mitternacht], Oval Office, JFK Tapes, 172. Vgl. Bundy, Danger and Survival, 399; Int. Lovett durch Dorothy Fosdick, 20.7.1974, pp. 44-47, OHC, JFKL.

413 Int. MB, 17.11.1993, zit. aus Bird, Color of Truth, 232.

414 Abel, Missile Crisis, 65ff; Schlesinger, Robert Kennedy and His Times, 508. Gilpatric erkärte Bundys Stimme zugunsten der Blockade mit dessen Respekt vor McNamara. Int. Gilpatric durch Dennis O’Brien, 5.5.1970, p. 56, OHC, JFKL.

415 JFK, 18.10.62 [kurz vor Mitternacht], Oval Office, JFK Tapes, 172. Worauf Kennedy mit „Bundy continued to argue against any action“ anspricht, ist allerdings unklar, da Bundy eigentlich vom 16. bis 18. Oktober durchwegs für einen Luftangriff plädiert hatte.

416 Sorensen, Kennedy, 780; Int. Sorensen durch Carl Kaysen, 26.3.64, p. 53, OHC, JFKL.

jegliche amerikanische Aktion argumentiert und danach für die Blockade gestimmt hatte, brachte er erneut Argumente zugunsten eines Luftangriffs in die Diskussion ein.417 Ralph Meeker vom Aussenministerium fasste Bundys Intervention im Sitzungs-protokoll wie folgt zusammen:

Mr. Bundy then said that he had reflected a good deal upon the situation in the course of a sleepless night, and he doubted whether the strategy group was serving the President as well as it might, if it merely recommended a blockade. He had spoken with the President this morning, and he felt there was further work to be done. A blockade would not remove the missiles. Its effects were uncertain and in any event would be slow to be felt. Something more would be needed to get the missiles out of Cuba. This would be made more difficult by the prior publicity of a blockade and the consequent pressures from the United Nations for a negotiated settlement. An air strike would be quick and would take out the bases in a clean surgical operation. He favored decisive action with its advantages of surprises and confronting the world with a fait accompli.418

Acheson, Dillon, McCone und Taylor wagten es nach Bundys morgendlicher Eröff-nung der Sitzung, ihre Argumente für einen Luftangriff zu wiederholen, da der Blockade-Konsens vom Vorabend brüchiger als erwartet schien. Zurecht wiesen Bundy und die anderen Befürworter eines Luftangriffs darauf hin, dass das eigentliche Ziel, nämlich die Beseitigung der sowjetischen Raketen auf Kuba, durch eine Blockade nicht erreicht würde. Ausserdem erinnere die geplante Blockade Kubas an die sowjeti-sche Blockade Berlins von 1948/49 und provoziere damit eine sowjetisowjeti-sche Gegenblo-ckade.419 Robert Kennedy konterte Bundy mit dem Hinweis, dass auch er vor kurzem mit Kennedy gesprochen habe. Der Präsident werde keine Überraschungsattacke à la Pearl Harbor tolerieren. Bundy reagierte darauf knapp: „This was very well but a blockade would not eliminate the bases; an air strike would.“420

Damit hatte sich Bundy innerhalb von vierundzwanzig Stunden für ein diplomatisches Vorgehen, eine Blockade und einen begrenzten Luftangriff ausgesprochen. Er erklärte seine Meinungsänderungen später mit dem Hinweis, dass er sämtliche Optionen habe erforschen und sicherstellen wollen, dass alle Gesichtspunkte berücksichtigt würden, bevor Kennedy seine Entscheidung treffen würde. Die Krisen 1961 in Laos, Kuba, Berlin und im Kongo hätten ihn die Lektion gelehrt, dass Kennedy schlecht beraten sei, solange nicht alle vernünftigen Alternativen vorsichtig erkundet seien.421 Er habe deshalb zu Beginn der Kubakrise die Rolle des „Advocatus diaboli“ gespielt:

417 Schlesinger, Robert Kennedy and His Times, 508f.

418 Sitzungsprotokoll, Ralph Meeker, 19.10.62, FRUS 11, No. 31.

419 Bundy, Danger and Survival, 398.

420 Sitzungsprotokoll, Ralph Meeker, 19.10.62, FRUS 11, No. 31.

421 Bundy, Danger and Survival, 400. Zu einer ähnlich positiven Einschätzung gelangte Bierling, Nationale Sicherheitsberater, 48f.

I almost deliberately stayed in the minority. I felt very strongly that it was very important to keep the President‘s choices open. If we froze a minute before we had to, we might not be right.422

Robert Kennedy erwähnte als Erklärung für Bundys häufige Meinungsänderungen seinen Zugang zu vielen neuen Informationen, beispielsweise dem operationellen Status der Kubaraketen. In Bundys Lageraum trafen alle neuen Informationen ein, so dass Bundy in den Sitzungen meist über einen wichtigen Informationsvorteil gegen-über den anderen Beratern verfügte.423 In einem Interview mit Kai Bird verteidigte Bundy sein hartnäckiges Insistieren auf der Luftangriffsoption wie folgt:

I was trying to keep the air strike alive, not so much because I was sure it was good, but be-cause I wasn’t a bit sure the blockade was good.424

Es fällt allerdings auf, dass Bundy mit Ausnahme seiner Intervention am Abend des 18. Oktober stets für Luftangriffe und gegen eine Blockade argumentierte. Es erscheint unglaubwürdig, dass sich Bundy so stark für die Luftangriffsoption eingesetzt hätte, ohne persönlich davon überzeugt gewesen zu sein. Dass er eigentlich die Blockadeop-tion favorisiert und nur zugunsten der LuftangriffsopBlockadeop-tion debattiert haben soll, um alle Berater von den Nachteilen dieser Option zu überzeugen, wird durch die Transkripte der Diskussionen eindeutig widerlegt. Die Rolle des Advocatus diaboli hat er vie l-leicht am Abend des 18. Oktober bezüglich des diplomatischen Kurses gespielt, doch im Verlauf der ersten Woche war seine Präferenz zugunsten eines limitierten Luftan-griffs eindeutig. Gilpatric beschrieb dies wie folgt:

I think he [Bundy] just grasped at this initial concept of an air strike, and then he formu-lated arguments in support of it.425

Rusk löste am 19. Oktober die Spannung zwischen Robert Kennedy und Bundy, indem er vorschlug, sich in zwei Gruppen aufzuteilen und jeweils Argumente für die ver-schiedenen beiden Optionen aufzulisten. McNamara, Sorensen, Nitze und U. Alexis Johnson nahmen sich der Blockadeplanung an, während Bundy die Gruppe der Befürworter eines Luftangriffs leitete. Bundy selbst hielt später den 19. Oktober für einen unproduktiven Tag. Als die Berater später wieder zusammenkamen, wurde die Option einer Blockade zwei Stunden lang ausführlich erörtert, während Bundys

422 Anderson, President’s Men, 270. Int. Sorensen, zit. aus Bock, White House Staff, 51: „Mac changed his position but that was in part his role. That was what he was supposed to do.“ Int.

Bromley Smith, 28.8.1978, zit. aus Hall, „Multiple Advocacy“, 532: „Bundy’s concept was to let the President get more of the flavor of the feelings behind the options. And Bundy clearly thought that this was what the President wanted.“

423 Kennedy, Thirteen Days, 35f.

424 Int. MB, 17.11.1993, zit. aus Bird, Color of Truth, 233f.

425 Int. Gilpatric, OHC, JFKL, p. 56.

Luftangriffsplan nur gerade eine halbe Stunde lang diskutiert wurde. Bundy eröffnete seine Präsentation denn auch mit den Worten: „It had been much more fun [...] to poke holes in the blockade plan.“426

Am Samstag, dem 20. Oktober, kehrte Präsident Kennedy von der Wahlkampfreise für die Demokraten nach Washington zurück, indem er eine Erkältung vortäuschte. Robert Kennedy wies seinen Bruder darauf hin, dass die Option eines Luftangriffs von Taylor, den JCS, Bundy, Dillon und McCone unterstützt werde, während McNamara, Soren-sen, Gilpatric, Ball und er selbst für eine Blockade Kubas seien.427 Bundy gestand später ein, dass McNamaras Präsentation der Blockadeoption während der NSC-Sitzung vom 20. Oktober „meisterhaft“, seine eigene Vorstellung der Alternative von Luftangriffen trotz Taylors Unterstützung hingegen schlecht gewesen sei.428 Stevenson wagte einmal mehr -und erneut vergeblich- einen diplomatischen Vorstoss und schlug vor, mit der UdSSR nicht nur über die NATO-Raketen in der Türkei und in Italien zu verhandeln, sondern auch einen Abzug der USA aus der kubanischen Militärbasis Guantanamo Bay ins Auge zu fassen.429 Kennedy selbst entschied sich dafür, am Montag Abend in einer Fernsehrede die Blockade Kubas als ersten Schritt vorzustel-len.430

Kennedys Entscheidung resultierte aus seiner Furcht vor einer globalen Eskalation sowie der Angst vor einer unverhältnismässigen Antwort auf die Stationierung der sowjetischen Raketen auf Kuba. Bundys Argumente, dass eine Blockade das Ziel einer Beseitigung nicht erreiche und dass die Gefahr einer Gegenblockade Berlins drohe, brachten Kennedy nicht von seiner Entscheidung ab. Kennedy koppelte die

Ankündi-426 Sitzungsprotokoll, Ralph Meeker, 19.10.62, FRUS 11, No. 31. Vgl. Memorandum, [MB], „Steps Which Would Make Air Strike More Acceptable to Blockade Group“, 19.10.62; Memorandum, MB, „Scenario for Airstrike Against Offensive Missile Bases and Bombers in Cuba“, 19.10.62;

beide in Box 36, Countries, NSF, JFKL; Memorandum (Entwurf), [MB], „Air Strike Scenario“, 19.10.62, CMC 1992 Releases, NSA: Besonders eindrücklich ist darin der Entwurf einer Rede Kennedys für den Morgen nach den geplanten Luftangriffen. Vgl. auch Entwurf, Sorensen,

„President’s Speech - Air Attack“, 21.10.62, CMC 1992 Releases, NSA.

427 Abel, Missile Crisis, 101; Schlesinger, Robert Kennedy and His Times, 510.

428 Bundy, Danger and Survival, 401. Vgl. Memorandum, [MB], „Air Strike Scenario“, 20.10.62, CMC 1992 Releases, NSA

429 Vgl. Stevenson in einem Brief an einen Freund am Abend des 20.10.62: „I know that most of those fellows will probably consider me a coward for the rest of my life for what I said today. But perhaps we need a coward in the room when we are talking about a nuclear war.“ Mark J. White,

„Hamlet in New York: Adlai Stevenson During the First Week of the Cuban Missile Crisis“, Illi-nois Historical Journal 86, No. 2 (Summer 1993), 79.

430 Sitzungsprotokoll, „Meeting of the NSC“, 20.10.62, FRUS 11, No. 34. Eine interessante analytische Zusammenfassung der Elite-Debatte vom 16. bis 20.10.62 findet sich in Memoran-dum, Colonel Burris an LBJ, „Cuba“, 21.10.62, CMC 1992 Releases, NSA.

gung der Blockade, wie von McNamara bereits am 16. Oktober gefordert, mit einem öffentlichen Ultimatum an Chruschtschow, die Raketen aus Kuba abzuziehen. Im Hintergrund wusste Kennedy um die deutliche nukleare Überlegenheit der USA und schreckte Chruschtschow in seiner TV-Rede vom 22. Oktober mit der Warnung vor einem massiven nuklearen Vergeltungsschlag von möglichen Reaktionen auf die deklarierte Quarantäne Kubas ab.431

Während der ersten Woche der Kubakrise spielte Bundy verschiedene Rollen: Er war einerseits der „Verkehrspolizist“, welcher aus den Unmengen von Informationen die wichtigsten herausschälte und sie Kennedy präsentierte. Er war aber gleichzeitig auch ein wichtiger aussenpolitischer Berater Kennedys, der an den Diskussionen aktiv teilnahm und seine eigene Präferenz deutlich machte. Zu Beginn schrieb er gleichzeitg sogar noch die Protokolle dieser Diskussionen. Der Politologe Graham Allison bekundete bei seiner berühmten Analyse der Kubakrise, Essence of Decision, einige Mühe, Bundy in sein Schema einzuteilen. War Bundy ein Berater oder ein Stabsassis-tent Kennedys? Allison reihte Bundy unter den „Hauptspielern“ („chief player“) ein.432 Seit seiner Ernennung zum Nationalen Sicherheitsberater im Januar 1961 hatte sich Bundys Aufgabenfeld graduell verändert. Aus Kennedys Schaltstelle zwischen den Departementen und dem Weissen Haus war im Laufe der Berlinkrise eine wichtige aussenpolitische Stimme geworden. Während der Kubakrise wurde Bundys Rolle als einflussreicher Berater deutlich. Rusk hingegen glänzte während der ersten Woche durch Abwesenheit.

Bundy hatte bisher noch keinen allzu konstruktiven Beitrag zu Kennedys Krisenmana-gement geleistet. Mit seiner Empfehlung eines Luftangriffs gegen Kuba lag er am Ende der ersten Woche neben dem Konsens der aussenpolitischen Schlüsselberater.

Hatten am ersten Tag die meisten aussenpolitischen Berater Kennedys einen Luftan-griff favorisiert, so kam es zwischen dem 17. und 18. Oktober zu einem relativ breiten Konsens zugunsten von McNamaras „Blockade plus Ultimatum“-Option. Dass Bundy am 19. und 20. Oktober immer noch zugunsten eines Überraschungsluftangriffs argumentierte, jedoch nur noch zusammen mit Max Taylor, dem Militär und einigen Hardlinern wie Nitze oder Dillon, war sicher ein Tiefpunkt seiner Beratertätigkeit.

Robert Kennedy dokumentierte am 31. Oktober 1962 die Unzufriedenheit der Kenne-dy-Brüder mit dem Nationalen Sicherheitsberater in einem einzigen Satz:

431 Philip Nash, „Nuclear Weapons in Kennedy’s Foreign Policy“, Historian 56, No. 2 (Winter 1994), 295.

432 Graham T. Allison, Essence of Decision: Explaining the Cuban Missile Crisis (Boston: Little, Brown, 1971): 164.

Bundy did some strange flip-flops. First he was for a strike, then a blockade, then for doing nothing because it would upset the situation in Berlin, and then, finally, he led the group which was in favor of a strike -- and a strike without prior notification, along the lines of Pearl Harbor.433

Sorensen hatte im Oral-History-Interview mit der JFKL verlauten lassen: „It was not one of Bundy’s best weeks and Kennedy didn’t like it.“434

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