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5. Kontrastiver Vergleich der deutschen und tschechischen Logistik-

5.3 Unterschiede auf dem Gebiet der Semantik

5.3.2 Unterschiede der semantischen Beziehungen

Die Unterschiede auf dem Gebiet der Wortsemantik wurden mit jeweils einem deutschen Logistik-Terminus und einem tschechischen Logistik-Terminus dargestellt. In diesem Abschnitt ist die Rede von den semantischen Beziehungen. Darunter wird die Beziehung zwischen zwei deutschen Termini an der einen Seite und zwei tschechischen Termini an der anderen Seite verstanden. Die Unterschiede in semantischen Beziehungen sollen nur mit zwei Termini jeweils aus der deutschen und tschechischen Sprache dargestellt werden. Die Differenzen in semantischen Beziehungen werden an folgenden Beispielen demonstriert:

Beispiel (1)

Dt. Tsch.

Binnencontainer pozemní kontejner

(Land + Container)

Seecontainer námořní kontejner

(See + Container)

An diesen zwei deutschen Termini, Seecontainer und Binnencontainer, ist auf den ersten Blick nicht eindeutig zu erkennen, dass eine innere Verbindung zwischen beiden deutschen Begriffen besteht. Erst wenn man die Definition für Binnencontainer kennt, weiß man, dass der Terminus Binnencontainer einen Gegensatz zu Seecontainer bildet:

Es handelt sich um einen Container, der in manchen Ländern Europas zu allgemeinen Zwecken im kombinierten Straßen- und Eisenbahnverkehr verwendet wird. Diese Container entsprechen mehr den Abmessungen von Europaletten; beim Seetransport werden sie nicht eingesetzt.176 Dagegen im Falle der Seecontainer haben wir mit standardisierten

ISO-Containern 1A oder 1C zu tun, die im Schiffsverkehr sehr oft verwendet werden.

176 Pernica, P.: Logistika pro 21. století. Band 2. S. 873

Die ISO-1C-Container dienen zugleich als statistische Einheit – sog. Twenty Foot Equivalent Unit – zur Umrechnung von Containern, die unterschiedliche Größen haben.177

An den Beispielen tschechischer Termini pozemní kontejner (Land + Container) und námořní kontejner (See + Container) erkennt man die gegensätzliche Beziehung besser und fast mühelos, indem die Adjektive pozemní (Land) und námořní (See) beide Containertypen so eindeutig voneinander unterscheiden. Der Unterschied zwischen den Beziehungen wird durch die Merkmale ‚implizit’ und ‚explizit’ dargestellt.

In der deutschen Sprache:

Binnencontainer ←←←← gegensätzliche →→ Seecontainer → Beziehung

(implizit) In der tschechischen Sprache:

pozemní kontejner ←←←← gegensätzliche → → námo → → řní kontejner Beziehung

(explizit)

Ähnlich wie im Beispiel (1) ist die gegensätzliche Beziehung zwischen den Termini Tiefsilo und Hochsilo jeweils durch tief und hoch leicht zu erkennen. Um den begrifflichen Unterschied zwischen beiden Termini besser zu verstehen, wird hier folgende Definition angeführt: „Silos sind Schüttgutspeicher […] zur Einlagerung von Getreide, Düngemittel, Kunststoffgranulat, Kaffee, Sand, Zement usw. Silos werden auf dem Flur aufgestellt (Hochsilos) oder in einer Grube (Tiefsilo).“178

Im Deutschen ist der Unterschied zwischen beiden Begriffen mit der Opposition der Konstituenten hoch und tief sehr deutlich. Im Tschechischen ist dieser Unterschied dagegen nicht so gut zu erkennen. Dort gibt es nämlich die inverse Beziehung hlubinné (tief) und

177 Pernica, P.: Logistika pro 21. století. Band 2. S. 871f

178 Martin, H.: Transport- und Lagerlogistik. S. 290

Beispiel (2)

Dt. Tsch.

Tiefsilo hlubinný zásobník

(tief + Silo)

Hochsilo věžové silo

(Turm + Silo)

věžové (Turm-). Die Inversion ist also implizit zum Ausdruck gebracht, indem die Konstituente ‚Turm’ bereits das Merkmal ‚hoch’ in ihrer Struktur trägt.

Das Tschechische benutzt für das Hochsilo noch den Ausdruck silážní věž. Der Struktur nach ist dies die Umkehrung beider Konstituenten (auf Deutsch also Silage + Turm). Es ist eigentlich ein Turm, in dem außer anderen Rohstoffen auch Gärfutter gelagert wird. Im Unterschied zu věžové silo steht jedoch eher die Komponente silážní (Silage-) im Vordergrund.

Die strukturelle Darstellung:

In der deutschen Sprache:

Tiefsilo ←←←← gegensätzliche →→→→ Hochsilo Beziehung

(explizit)

In der tschechischen Sprache:

hlubinný zásobník ←←←← gegensätzliche →→→→ věžové silo Beziehung

(implizit)

Im Tschechischen wird der Terminus hlubinný zásobník z.B. für die Lagerung von Kohle in einem Kohlen- oder Wärmekraftwerk gebraucht, dagegen in der Landwirtschaft spricht man von silážní jáma, also von einer Grube, in der Silagefutter gelagert wird.

Beispiel (3)

Dt. Tsch.

Sitzplatte sedací deska

Sitz + Platte

Fußplatte podlahová deska

Boden + Platte

Beide deutschen Termini und ihre tschechischen Pendants beziehen sich auf einen Stand-Niederhubwagen: „Und ein Höchstmaß an Ergonomie bietet der Fahrerplatz – dank stufenloser Schnellverstellung von Sitz- und Fußplatte.“179 Die tschechische Übersetzung ist

179 Still. Lagertechnik. S. 9

analog: „Maximum ergonomie nabízí místo pro řidiče – s plynulým rychlým nastavováním sedací a podlahové desky.“180

So kann man aus dem Text folgern, dass die Sitzplatte offensichtlich als Plattform für den Fahrersitz und die Fußplatte als Stütze für die Füße des Wagenführers dient. Die Determinierung der Platte mit dem onomasiologischen Merkmal Fuß ist jedoch in der Opposition mit dem onomasiologischen Merkmal Sitz nicht so aussagekräftig wie z.B. die in der Kraftfahrzeugtechnik häufig vorkommende Opposition Fußbremse und Handbremse.

Im Tschechischen ist die Beziehung zwischen beiden Begriffen etwas klarer, indem man den Ausdruck podlahová deska (Boden + Platte) verwendet, wodurch es verständlich ist, dass die Platte sich irgendwo unten befindet. Wenn es im tschechischen Wort zum erzwungenen Vorkommen der Konstituente ‚Fuß’ käme, könnte dies nämlich bedeuten, dass diese Platte durch die Füße betätigt werden kann (wie im Falle der Fußbremse).

Zur Veranschaulichung bedienen wir uns der Strukturanalyse:

In der deutschen Sprache:

Sitzplatte ←←←← gegensätzliche → → → → Fußplatte Beziehung

(implizit)

In der tschechischen Sprache:

sedací deska ←←←← gegensätzliche → → → → podlahová deska Beziehung

(explizit)

Beispiel (4)

Dt. Tsch.

Bringprinzip pohyb materiálu za pracovníky

(Die Bewegung des Materials zu den Mitarbeitern)

Holprinzip pohyb pracovníků za materiálem

(Die Bewegung der Mitarbeiter zum Material) Beide behandelten Termini werden im Bereich des Materialflusses verwendet: „Beim

’Bringprinzip’ wird das Material vom Beschaffungs- oder Produktionslager der Produktionsstellen durch Transportarbeiter und/oder Transportmittel gebracht, beim

180 Still. Skladová technika. S. 9

’Holprinzip’ müssen sich die Werker der Fertigungs- und Montagestellen die benötigten Materialien selber von den entsprechenden Lagerbereichen abholen.“181

In tschechischer Fachliteratur finden wir folgende Erklärung: „Ve vztahu k uvedeným způsobům vychystávání a kompletace se řeší toky materiálu ve skladovém objektu buď jako pohyb materiálu za pracovníky anebo jako pohyb pracovníků za materiálem.“182

Es ist zuerst zu erwähnen, dass sowohl beide deutschen als auch beide tschechischen Termini eine gegensätzliche Beziehung zum Ausdruck bringen. Der Unterschied besteht jedoch darin, mit welchen Mitteln diese Relation dargestellt wird. Während im Deutschen vor allem der Kontext und gewisse fachliche Vorkenntnisse für das Verständnis beider Ausdrücke erforderlich sind, sind die Sachverhalte im Tschechischen relativ eindeutig spezifiziert – man kann gleich abschätzen, in welche Sphäre der menschlichen Tätigkeit diese Wörter einzuordnen sind.

Die tschechischen Lexeme sind also explizit; während man im Deutschen beide Sachverhalte sehr allgemein benennt, werden sie im Tschechischen fast definitorisch erklärt.

Die strukturelle Darstellung unterstreicht die Differenzen in beiden Sprachen:

In der deutschen Sprache:

Bringprinzip ←←←← gegensätzliche → → → → Holprinzip Beziehung

(implizit) In der tschechischen Sprache:

pohyb materiálu za pracovníky←←← gegensätzliche → → → → pohyb pracovníků za materiálem Beziehung

(explizit)