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Computergestützte Terminologieverwaltung als Hilfe für Übersetzer

3. Fachsprache, Terminologie und technisches Übersetzen

3.5 Computergestützte Terminologieverwaltung als Hilfe für Übersetzer

3.5.1 Einführung

Beim Anfertigen einer Übersetzung mit hohem Grad der Fachlichkeit muss der Autor oft mehr als 60% der Zeit für die Recherche der Fachterminologie opfern.114 Als traditionelle Hilfsmittel stehen ihm dafür in der Regel nur Fachwörterbücher zur Verfügung. Solche terminologischen Quellen sind jedoch für eine schnelle Recherche kaum mehr effizient, sind häufig veraltet und für bestimmte Sachgebiete oder Sprachen nicht verfügbar. Deswegen ist es für den Fachübersetzer notwendig, auf andere existierende Terminologiebestände zugreifen zu können.

Nationale und internationale Institutionen gehörten zu den ersten, die seit etwa Anfang der 60er Jahre damit begannen, Großrechner zur Terminologieverwaltung einzusetzen. Der Grund dafür war vor allem der immer mehr zunehmende Termindruck an Übersetzer, die oft an umfangreichen Übersetzungen arbeiten mussten. Hinzu kam, dass innerhalb unternehmens- spezifischen Sachgebiete eine einheitliche und verbindliche Terminologie auch in mehreren Sprachen verwendet werden sollte.

Von den mehr als 100 umfangreichen Terminologiedatenbanken in aller Welt sind folgende am bekanntesten:

- EURODICAUTOM (Kommission der Europäischen Union, Luxemburg/Brüssel): ihre Terminologie stammt überwiegend aus den EU-Sachgebieten in möglichst vielen Sprachen der Mitgliedsländer.

- TERMIUM (Kanadische Regierung, Ottawa): französische und englische Terminologie aus fast allen Fachgebieten.

- TEAM (Siemes AG, München): technische Terminologie aus den Unternehmens-bereichen in Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Niederländisch, Portugiesisch und Russisch.

Obwohl die Funktion einzelner Datenbanken in Betrieben unterschiedlich ist, haben sie meistens auf der Basis einer begriffsbezogenen Auffassung folgende gemeinsame

114 Schmitz, K.-D.: Computergestützte Terminographie. S. 2164f

Datenfelder: Vorzugsbenennung in den einzelnen Sprachen, Sachgebiets- kennzeichnung/Klassifikation, Definition, Kontextbeispiele, Synonyme, Quellenangaben, Bemerkungen, Verwaltungsangaben (Datum/Bearbeiter).

Während früher auf diese Terminologiedatenbanken nur von den Übersetzern des eigenen Sprachendienstes zugegriffen werden konnte, ist heute oft auch der Zugang für unternehmensfremde Übersetzungsdienste möglich. In diesem Falle verbindet sich der Übersetzer von seinem Arbeitsplatz aus direkt (in der Regel per Internet) mit der Datenbank, in der die jeweilige Terminologie zu finden ist.115

3.5.2 Programme zur Terminologieverwaltung

Der Zugriff auf existierende Terminologiedatenbanken kann dem Übersetzer den ersten Vorschlag für eine brauchbare Übersetzung liefern. Es kommt jedoch oft dazu, dass diese Übersetzungsvorschläge verändert werden müssen, wenn man mit neuen Sachgebieten zu tun hat oder wenn es sich z.B. um die firmenspezifische Terminologie handelt.

Der Übersetzer kann in solchen Fällen (oder wenn eine terminologische Einheit in den existierenden Terminologiebeständen nicht vorkommt) dieses weder korrigieren noch ergänzen, deswegen braucht er auf seinem Arbeitsplatz ein elektronisches Werkzeug, das die Verwaltung der eigenen Terminologie ermöglicht. Heute gibt es für Terminologieanwender ein breites Angebot von leistungsfähigen und ausgereiften Terminologieverwaltungs-programmen.

Unter Terminologieverwaltungsprogrammen verstehen wir solche Software-Produkte, die

„speziell für die Verwaltung sprachlicher Datenbestände und für die Nutzung durch den Übersetzer und Terminologen konzipiert sind.“116 Sie erlauben mit relativ einfachen Befehlen alle Operationen, die für die Verwaltung von Terminologie notwendig sind und laufen in der Regel unter der Benutzeroberfläche MS-Windows. Grundsätzlich wird unter 3 Typen von Terminologieverwaltungsprogrammen unterschieden117; sie werden im Folgenden kurz vorgestellt und mit den auf dem Markt angebotenen Softwareprodukten ergänzt.

115 In diesem Zusammenhang ist das Projekt WebTerm der Fachhochschule Köln (BRD) zu erwähnen. Das Projektziel ist es, die an der FH Köln angefertigten terminologischen Diplomarbeiten in Form von Datenbanken im Internet zur Verfügung zu stellen. In den terminologiewissenschaftlichen Diplomarbeiten wird die Terminologie eines abgeschlossenen Fachgebietes systematisch und begriffsbezogen in zwei (oder selten drei) Sprachen erarbeitet. Zur Zeit sind mehr als 150 Terminologiesammlungen aus verschiedenen Sachgebieten online zugänglich. Mehr dazu unter http://www.iim.fh-koeln.de/webterm/webtermsamm_d.htm [Zugriff am 29.

12. 2006]

116 Schmitz, K.-D.: Computergestützte Terminographie. S. 2167

117 Eine ausführliche vergleichende Studie von Terminologieverwaltungssystemen finden wir z.B. bei E.

Blanchon: Terminological databases software: the changing market. Köln 1993

3.5.2.1 Sprachpaarbezogene Terminologieverwaltungssysteme

Die ersten PC-Programme für die Terminologieverwaltung auf dem Markt gehörten zur Klasse der sprachpaarbezogenen Systeme. Diese Programme orientieren sich an dem benennungsorientierten Ansatz der Terminologieverwaltung und sind vorwiegend für den Einsatz am Einzelarbeitsplatz geeignet. Neben den Termini der Ausgangs- und Zielsprache erlauben die einfachen Systeme nur die Verwaltung weniger zusätzlicher Kategorien wie z.B.

Grammatikangabe oder Anmerkung.

Komplexe Systeme können auch Synonyme, Kontexte, Definitionen und andere Informationen speichern. Der Zugang ist in der Regel nur über die Benennungseinheiten der Ausgangssprache möglich, oft stellt jedoch auch in der Zielsprache das automatische

„Kippen“ des Wörterbuchs ein Problem dar.

Als ein Beispiel dieser Systeme nennen wir CATS (Computer-Aided Terminology System, P. A. Schmitt, Universität Leipzig). Es handelt sich um ein anspruchsvolles Programm zur Verwaltung zweisprachiger Terminologiebestände mit ausgereifter Antragsstruktur, wie z.B. Synonyme, Quellen, Definitionen u.ä.

Abb. 1 Terminologieverwaltungssystem CATS, Benennungseintrag

3.5.2.2 Mehrsprachige Terminologieverwaltungssysteme

Mehrsprachige Terminologieverwaltungssysteme erlauben die gleichberechtigte Behandlung von Fachwortbeständen mehrerer Sprachen, wobei jede Sprache als Ausgangs-sprache gewählt werden kann. Auch im Rahmen dieser Gruppe gibt es einfache Systeme mit wenigen Datenkategorien und komplexe Systeme mit einer ausgereiften terminologischen Eintragsstruktur.

Ein bewährtes Software-Werkzeug dieser Gruppe ist Termbase (V. Srinivasan, Universität Mainz/Gemersheim). Es ist ein mehrsprachiges und benutzerfreundliches Windows-Programm mit höchstens 5 Sprachfeldern und wenigen Zusatzfeldern.

Abb. 2 Terminologieverwaltungssystem Termbase, Benennungseintrag

3.5.2.3 Frei strukturierbare Terminologieverwaltungssysteme

Terminologieverwaltungssysteme mit frei definierbarer Eintragsstruktur ermöglichen, die terminologische Eintragsstruktur an die jeweiligen Bedürfnisse optimal anzupassen. Deshalb können mit diesen Systemen sowohl zweisprachige als auch mehrsprachige Terminologie-bestände mit einfacher oder komplexer Struktur erstellt und recherchiert werden. Eine systematische Terminologieverwaltung wird von der Definition der Eintragsmasken und Eingabemodellen unterstützt.

Am bekanntesten ist ohne Zweifel Multiterm von der Firma Trados (heute ein Bestandteil der Firma SDL). Wir haben mit einem leistungsfähigen Programm zu tun, dessen variabler Eintragsaufbau von einfacher zweisprachiger Struktur bis hin zur komplexen mehrsprachigen Struktur mit hierarchischen Abhängigkeiten der Datenkategorien reicht. Sowohl die Eintragsgröße als auch die Anzahl und Benennung der Datenkategorien sind weitgehend unbegrenzt. Von Trados werden auch andere Werkzeuge für Übersetzer (z.B. Translator´s Workbench als eines der sog. CAT-Werkzeuge) angeboten.

3.5.3 Ausblick

Für eine schnelle und effiziente computerunterstützte Terminologieverwaltung von Fach-übersetzern und Terminologen sind sowohl der Zugang zu den schon bestehenden

Terminologiebeständen als auch Werkzeuge für die Verwaltung eigener Terminologie notwendig. Die behandelten Beispiele zeigen, dass es heute dafür schon umfangreiche Möglichkeiten gibt. Es ist zu erwarten, dass die Verbreitung und Anwendung der Terminologieverwaltungssysteme unter Fachübersetzern und Terminologen zunehmen wird.

Dabei ist jedoch notwendig, dass technische und inhaltliche Standards für den Austausch von terminologischen Datenbeständen entwickelt und durchgesetzt werden.118 Schmitz ist der Meinung, die Terminologiedatenbanken würden sich qualitativ zu Wissensdatenbanken entwickeln und damit nicht nur in fachlichen Kreisen, sondern auch von einem größeren Kreis von Benutzern erstellt, gefüllt und gewartet würden.119

118 Vgl. Melby/Schmitz/Wright: The Machine Readable Terminology Interchange Format.

119 Schmitz, K.-D.: Computergestützte Terminographie. S. 2169

4. Analyse der Benennungen auf dem Gebiet der