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Methode, um die Oberfl¨achenenergien grob absch¨atzen zu k¨onnen, ist die Messung des Kontaktwinkels. Hierf¨ur wird ein Tropfen destilliertes Wasser auf die jeweilige Oberfl¨ache gegeben und das Verhalten des Tropfens analysiert (siehe Abbildung 32): die Gr¨oße des Kontaktwinkels zwischen der Fl¨ussigkeit und dem Feststoff ist ein Maß f¨ur die Wechsel-wirkung an der Ber¨uhrungsfl¨ache. Je geringer die Wechselwirkungen sind, desto gr¨oßer ist der Kontaktwinkel. Wird Wasser verwendet, k¨onnen die Oberfl¨achen nach der Kontakt-winkelmessung in hydrophile oder hydrophobe Oberfl¨achen kategorisiert werden (siehe Abbildung 32 (A) und (B)). Hydrophile Oberfl¨achen sind durch sehr kleine Kontaktwin-kel um 0 gekennzeichnet. Oberfl¨achen mit Kontaktwinkeln um 90 hingegen k¨onnen als hydrophob angesehen werden. Noch gr¨oßere Winkel von etwa 160 charakterisieren den Lotuseffekt. Solche Oberfl¨achen werden als superhydrophob bezeichnet, da ihre Benetz-barkeit unendlich klein ist.

a

Festkörper

Flüssigkeit Kontaktwinkel

Festkörper

Flüssigkeit Kontaktwinkel a

A:

B:

Abbildung 32: Dargestellt ist die Messung des Kontaktwinkels einer Fl¨ussigkeit auf einem Festk¨orper. A: aus einer hohen Oberfl¨achenenergie des Festk¨orpers resultiert ein kleiner Kon-taktwinkel. B: aus einer niedrigen Oberfl¨achenenergie des Festk¨orpers resultiert ein großer Kon-taktwinkel (jeweils im Vergleich zur Oberfl¨achenenergie der Fl¨ussigkeit)

Die Benetzbarkeit eines Materials und damit die Gr¨oße der Wechselwirkung sind f¨ur viele Anwendungsbereiche essentielle Gr¨oßen (F¨arbeindustrie, Klebstoffe). Verschiedene mechanische, chemische und physikalische Verfahren k¨onnen die Oberfl¨achenenergie ei-nes Materials und damit die Benetzbarkeit und den Kontaktwinkel ¨andern. So k¨onnen zum Beispiel Hilfsstoffe wie L¨osungsvermittler die zu behandelnde Oberfl¨ache maskieren und die Oberfl¨achenenergie entscheidend beeinflussen. Auch das mechanische Anrauhen der Oberfl¨ache ver¨andert den Kontaktwinkel zwischen Fl¨ussigkeit und Festk¨orper ent-scheidend, da hierbei in der Regel die Oberfl¨achenenergie herabgesetzt wird. Eine andere M¨oglichkeit stellt die so genannte

”Korona-Behandlung“ (engl.

”corona-treatment“) oder Niederdruck-Plasmatechnologie dar. Hier wird die Oberfl¨ache in einer Gasumgebung einem Hochspannungsfeld ausgesetzt (10-20 kV). Letzteres f¨uhrt bei Betrieb zu einer leuchtenden Entladung (daher: corona-treatment). Die entstehenden energiereichen Teilchen reinigen zum einen die Oberfl¨ache, zum anderen werden, wenn beispielsweise Sauerstoff als Prozess-Gas verwendet wird, polare, bindungsfreudige Radikalstellen auf der Oberfl¨ache erzeugt.

Die Methode ist, da sie praktisch bei allen Kunststoffarten, Polymeren, Keramikverbunden und bei Glas eingesetzt werden kann, sehr vielseitig.

Im Falle des Polyacrylamid-Gels und der Aclar-Folie zeigte sich ein sehr großer Kon-taktwinkel von mehr als 90. Mittels L¨osungsvermittlern k¨onnte die Oberfl¨achenenergie

5.3 Traction-Force-Messungen

der Aclar-Folie zwar ver¨andert werden, jedoch ist der Einsatz von L¨osungsmitteln in der Zellbiologie kritisch zu betrachten, da solche Substanzen meistens toxische Eigenschaften aufweisen. Folglich bot sich zur Verbesserung der Benetzungseigenschafen der Aclar-Folie lediglich die Korona-Entladung an, da bei diesem Verfahren kein Einfluss auf die Zellen zu erwarten war.

5.3.2 Das Kraftmikroskop und die Scherflusskammer

Da auf Grund der Konstruktion des Kraftmikroskops nicht auf Phasenkontrast-Bilder zur¨uckgegriffen werden kann, m¨ussen Zellaufnahmen m¨oglichst vor dem Aufbau der Ap-paratur erfolgen. Hier kann sich jedoch zwischenzeitlich die Position der Zelle - durch Migration oder St¨oße am Mikroskop-Tisch - ver¨andert haben. Eine M¨oglichkeit, die End-position der Zelle unmittelbar vor den Messungen bestimmen zu k¨onnen, ist die Verwen-dung einer Beleuchtung mit indirektem Licht (engl.

”oblique-light“). Da die Aufl¨osung und Qualit¨at der Bilder jedoch sehr schlecht ist, dienen sie nur zur groben Lokalisierung und zur Positionierung der Cantileverspitze oberhalb der Zelle. Des Weiteren werden bei Krafttransmissionsmessungen mit dem Kraftmikroskop und der Scherflusskammer exter-ne Kr¨afte appliziert, die zum Zeitpunkt der Fluoreszenzaufnahmen wirken. Dadurch wird eine Anpassung der Auswerteroutinen erforderlich, die im Folgenden beschrieben wird.

5.3.3 Zugkraftmessungen mit externen Kr¨aften

Bis heute wurden Zugkraftmessungen unter verschiedensten experimentellen Bedingun-gen durchgef¨uhrt. Hierzu z¨ahlen neben dem Einfluss unterschiedlicher Inhibitoren auf die Erzeugung von Zugkr¨aften vor allem die Mechanik der Zellbewegung [161, 45].

In den meisten F¨allen wirken auf die untersuchten Zellen keine ¨außeren Kr¨afte. Die-se k¨onnen beispielsweise durch mechanische Stimulation mit Scherkr¨aften oder mit dem Rasterkraftmikroskop erzeugt werden. Da die Analyse der Deformationsmatrix unter ande-rem auf der L¨osung unbestimmter Fredholm-Integral-Gleichungen beruht, ist es wichtig, so viele Randbedingungen wie m¨oglich vorzugeben. So lange keine externen Kr¨afte auf die zu beobachtenden Zellen einwirken, m¨ussen alle Deformationen des Substrates durch interne, das heißt in den Zellen erzeugte Kr¨afte hervorgerufen werden. Auf Grund der Gleichung

”actio = reactio“ muss hierbei die Summe aller Kraftvektoren Null ergeben. Folglich kann es also auch kein relatives Drehmoment geben, das von den Zellen erzeugt wird. Diese beiden physikalisch sinnvollen Annahmen sind als starke Randbedingungen zur Analyse der Deformationsmatrix und der Berechnung des Kraft-Vektor-Feldes zu ber¨ucksichtigen.

Mit Hilfe der oben genannten Annahmen k¨onnen aus der großen Anzahl m¨oglicher L¨ osun-gen zahlreiche Vektor-Felder ausgeschlossen werden. Eine weitere Randbedingung ist, dass Kr¨afte nur im Bereich des Zell-Substrat-Kontaktes auftreten k¨onnen und

”tractions at a distance“ ausgeschlossen werden k¨onnen.

Zur Auswertung der Experimente, in denen die Zellen durch die Applikation ¨außerer Kr¨afte stimuliert wurden, musste die vorhandene Software dahingehend ver¨andert werden, dass die Anwendung der Randbedingungen Netto-Kraft und Netto-Drehmoment gleich Null ausgeschaltet werden konnte. Diese Bedingung ist sowohl f¨ur die

Krafttransmissions-messungen mit dem Kraftmikroskop als auch f¨ur die Messungen in der Scherflusskammer notwendig.

5.3.4 Quantenpunkte

Wie das Absorptions- und Emissionsverhalten der hier verwendeten Mikrokugeln zeigt, betr¨agt die Stokes-Verschiebung der meisten Fluoreszenzfarbstoffe nur einige Nanometer.

Damit trotzdem verschiedene Farbstoffe eingesetzt werden k¨onnen, um so beispielsweise zellul¨are Zugkr¨afte und die Calciumkonzentration simultan bestimmen zu k¨onnen, kommen h¨aufig dichroit Da sich hierbei allerdings mit der Anzahl der Spektralb¨ander die optischen Eigenschaften der Komponenten verschlechtern, k¨onnen schwache Fluoreszenzintensit¨aten leicht durch Streulicht ¨uberlagert werden.

Eine L¨osung dieses Problems stellen die seit kurzem erh¨altlichen Quanten-K¨ugelchen (engl.

”quantum-beads“) dar. Sie bestehen aus einer Polystyren-Tr¨agersubstanz, in die eine große Anzahl so genannter Quantenpunkte (engl.

”quantum-dots“) eingebettet ist. Quan-tenpunkte sind fluoreszierende Halbleiter-Nanokristalle, die hier aus Cadmium und Selenid bestehen (CdSe) und einen Durchmesser von etwa 10nm aufweisen. Da der Vorteil dieser Quantenpunkte ist, dass das Anregungsspektrum unterhalb einer bestimmten Wellenl¨ange frei gew¨ahlt werden kann, sollten spezielle

”quantum-beads“ (TriLite, Crytalplex, USA) mit einer Emissionswellenl¨ange von ¨uber 600nm im Rahmen dieser Arbeit die herk¨ommlichen Mikrokugeln ersetzen. Damit h¨atte die gleichzeitige Beobachtung der Zugkr¨afte in Kombi-nation mit der intrazellul¨aren Calciumkonzentration mit Fura-2 erfolgen k¨onnen, ohne auf Filters¨atze mit Multib¨andern zur¨uckgreifen zu m¨ussen. Bei Probemessungen zeigte sich je-doch, dass die erh¨altlichen Nanokristalle gegen¨uber Phosphationen instabil sind. Allerdings enth¨alt das zur Herstellung der Gele zwingend notwendige APS (Adenosin-Phosphosulfat) Phosphatverbindungen. Die Phosphationen ¨atzen die Oberfl¨ache der Nanokristalle an und f¨uhren zu einer radikalen Polymerisierung. Da das Probleme bislang vom Hersteller nicht gel¨ost werden konnten, bleibt die Anwendung der

”quantum-beads“ f¨ur die Zugkraftmes-sungen zun¨achst versperrt. Es werden jedoch Versuche unternommen, die Herstellung der Polyacrylamid-Gele unter Ausschluss von Phosphationen zu erm¨oglichen.

6 Experimente und Ergebnisse

6.1 Einleitung

In diesem Kapitel erfolgt die Darstellung der Ergebnisse der im Rahmen dieser Arbeit durchgef¨uhrten zellbiologischen Experimente, der daraus resultierenden Fragestellungen und einiger weiterf¨uhrender Experimente. Eine ausf¨uhrliche Diskussion der Ergebnisse bez¨uglich des zellmechanischen Kontextes findet in Kapitel 7 statt.

Das Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es, die Mechanotransduktion an prim¨aren Osteoblasten zu untersuchen. Ausgehend von den Ergebnissen der Scherfluss- und Deh-nungsexperimente anderer Arbeiten, die eine Calciumantwort 120 Sekunden nach mechani-scher Stimulation zeigten, sollten hier in erster Linie die mechanischen Eigenschaften des Mechanosensors mittels lokaler Stimulation unter variierenden Stimulationsparametern analysiert werden. Hierf¨ur wurde das in Kapitel 4 beschriebene Kraftmikroskop verwen-det. Bei diesem kann die Frequenz, die Zyklenzahl und die Amplitude der Stimulation frei gew¨ahlt werden. Des Weiteren erm¨oglicht das Kraftmikroskop die Bestimmung der depo-nierten Energie. Parallel zur Stimulation wurde der Calciumhaushalt der Zellen mit Hilfe des Fluoreszenz-Farbstoffes Fura-2 beobachtet (siehe Kapitel 3.3). Auch die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden im folgenden Abschnitt besprochen.

Der Aufbau des Kapitels ist so gew¨ahlt, dass die Experimente und deren Ergebnisse in chronologischer Reihenfolge aufgef¨uhrt werden. Anschließend werden die experimentell gewonnenen Daten analysiert und hinsichtlich der Mechanotransduktion diskutiert. Da-bei werden neue Fragestellungen aufgeworfen, die mit weiteren Experimenten untersucht wurden und deren Ergebnisse diskutiert werden.