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6.2 Vertikale Stimulation und Calcium

6.2.3 Die intrazellul¨ are Signalweiterleitung

Die in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Ergebnisse zeigen, dass untersucht wer-den muss, wie das Calciumsignal in wer-den Knochenzellen zustande kommt. F¨ur die Generie-rung von Calciumsignalen sind zum einen sehr hohe Kr¨afte notwendig. Da diese in keiner Relation zu Scherflusskr¨aften stehen, kann die erh¨ohte Calciumkonzentration wom¨oglich auf einen nicht-physiologischen Vorgang zur¨uckgef¨uhrt werden. Zum anderen k¨onnte ein anderer Mechanotransduktionsweg als der nach einer Stimulation mit Scherfl¨ussen und Dehnungsreizen ausgel¨ost werden. Um diese Vermutungen zu kl¨aren, m¨ussen die Prozesse, die zur Erh¨ohung der intrazellul¨aren Calciumkonzentration bei lokaler Stimulation beitra-gen, untersucht werden.

Die Calciumkonzentration des Zytosols wird in erster Linie durch zwei Prozesse be-einflusst (siehe Abbildung 35). Auf der einen Seite kann Calcium auf Grund des

zwi-6.2 Vertikale Stimulation und Calcium

2 5 5 0 7 5 1 0 0 1 2 5 1 5 0

1 . 0 1 . 5 2 . 0 2 . 5 3 . 0

2 5 5 0 7 5 1 0 0 1 2 5 1 5 0

2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 8 0

2 5 5 0 7 5 1 0 0 1 2 5 1 5 0

1 0 2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 8 0

Ratio 340nm/380nm Intensity 340nm / arb.u.

T i m e / s

Intensity 380nm / arb.u.

Abbildung 34: Dargestellt ist eine typische Calciumantwort nach mechanischer Stimulation der Zellen mit dem Kraftmikroskop. Der Pfeil markiert den Zeitpunkt der Stimulation. Die stimu-lierte Zelle ist gr¨un, die Nachbarzellen sind rot und schwarz dargestellt. Die zeitliche Verz¨ogerung des Calciumanstiegs der Nachbarzellen ist zu erkennen.

schen Zytosol und Extrazellularraum vorliegenden Calciumgradienten durch das ¨Offnen Calcium-sensitiver Ionenkan¨ale in das Zellinnere einstr¨omen (siehe Kapitel 2.2.1). Hier-bei k¨onnen unter anderem mechanosensitive Ionenkan¨ale eine wichtige Rolle spielen (siehe Kapitel 2.3.6). Auf der anderen Seite k¨onnen die Calciumionen aus dem Endoplasmati-schen Retikulum (ER) freigesetzt werden, indem Inositol-(1,4,5)-Triphosphat (IP3) an die entsprechenden Rezeptoren des ERs bindet [12] (siehe Kapitel 2.3.6).

Es konnte bereits beobachtet werden, dass das Calcium in Folge von Scherfl¨ussen und Dehnungsreizen (vermittelt durch die Aktivierung der PLC, siehe Kapitel 9) aus den intra-zellul¨aren Speichern freigesetzt wird. Nun ist fraglich, woher die Calciumionen stammen, die nach vertikaler Stimulation zur Erh¨ohung der intrazellul¨aren Calciumkonzentration beitragen. Diese Frage wurde in dieser Arbeit mit den folgenden Experimenten unter-sucht.

Thapsigargin-Experimente Thapsigargin f¨uhrt durch die Blockade der Aufnahme freier Calciumionen aus dem Zytosol in das ER zu einer Entleerung des intrazellul¨aren Speichers (siehe Kapitel 3.9.1). Folglich stehen dort keine weiteren Ionen zur Erh¨ohung der intra-zellul¨aren Calciumkonzentration zur Verf¨ugung (siehe Abbildung 36). F¨ur die Blockade der Calciumaufnahme in das ER wurden die Zellen f¨ur 60 Minuten mit 5µM Thapsigar-gin inkubiert und anschließend mit Hilfe des Kraftmikroskops stimuliert. Wie beschrieben blieben die Zyklenzahl und Periodendauer ¨uber die Stimulationsdauer konstant.

Ledig-Cytoplasm Nucleus

ER

Medium

Ca2+

Ca2+ Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+ Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ion channel

Abbildung 35: Gezeigt ist die schematische Darstellung der Calciumionen-Verteilung zwi-schen Zytosol (Cytoplasm), Endoplasmatizwi-schen Retikulum (ER) und dem Extrazellularraum (Medium).

lich die Kraft wurde zur Bestimmung der Kraftschwelle sukzessiv erh¨oht. Da auf Grund der Behandlung der Zellen mit Thapsigargin diesen keine Calciumionen zur Erh¨ohung der intrazellul¨aren Calciumkonzentration zur Verf¨ugung standen, konnte mit Hilfe der Experi-mente die Rolle des intrazellul¨aren Speichers f¨ur die Calciumantwort der Zelle untersucht werden.

Cytoplasm Nucleus

ER

Medium

Ca2+

Ca2+ Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+ Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ion channel

x

Abbildung 36: In der Abbildung ist die Auswirkung von Thapsigargin auf den Zugriff auf ER-gespeicherte Calciumionen dargestellt. Thapsigargin blockiert die Rezeptoren des ER, so dass keine Calciumionen aus dem intrazellul¨aren Speicher freigesetzt werden k¨onnen.

Die Zellen reagierten auf die vertikale mechanische Stimulation mit dem Kraftmikro-skop wie zuvor mit einer charakteristischen Calciumantwort (siehe Abbildung 33). Diese Beobachtung l¨asst den Schluss zu, dass die Calciumionen, die zur Erh¨ohung des intrazel-lul¨aren Calciumspiegels beitragen, nicht aus dem Endoplasmatischen Retikulum stammen, da trotz dessen Blockade die Calciumerh¨ohung der Zelle als Reaktion auf einen mechani-schen Reiz stattfand.

Mit den Thapsigargin-Experimenten konnte also gezeigt werden, dass andere Prozesse zur Erh¨ohung der intrazellul¨aren Calciumkonzentration f¨uhren als bei der Applikation von Scherfl¨ussen und Dehnungsreizen (siehe Kapitel 2.3.8).

6.2 Vertikale Stimulation und Calcium

Quenching-Experimente Da auf Grund der Ergebnisse der Thapsigargin-Experimente das Endoplasmatische Retikulum als Quelle der Calciumionen, die nach einer mechani-schen Stimulation vorliegen, auszuschließen ist, wurden die folgenden Experimente auf die Untersuchung des extrazellul¨aren Einstroms der Calciumionen hin ausgerichtet. Hierf¨ur k¨onnen, wie in Kapitel 3.9.3 beschrieben, Manganionen verwendet werden. Diese Ionen besitzen die gleichen physiologischen Eigenschaften wie Calcium, jedoch mit dem Unter-schied, dass der verwendete Farbstoff nicht mehr fluoresziert, sobald Mangan mit diesem eine Verbindung eingeht (

”Quenching“, siehe Kapitel 3.9.3). F¨ur den Versuch wurden die im extrazellul¨aren Medium vorliegenden Calciumionen durch Manganionen (2mM) substi-tuiert (siehe Abbildung 37) und die Zellantwort nach Stimulation mit dem Kraftmikroskop wurde beobachtet.

Cytoplasm Nucleus

ER

Medium

Mn2+ Mn2+

Mn2+

Mn2+

Mn2+

Mn2+ Mn2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ion channel

Abbildung 37: Schematische Darstellung der intra- und extrazellu¨aren Kationenverteilung mit Manganionen im Zellkulturmedium. Manganionen haben die gleichen physiologischen Eigen-schaften wie Calcium und k¨onnen durch Calcium-spezifische Ionenkan¨ale in die Zelle einstr¨omen.

Die mechanische Stimulation f¨uhrte sowohl nach Anregung bei 340nm als auch nach Anregung bei 380nm zu einem starken Fluoreszenzverlust (siehe Abbildung 38). Die Man-ganionen str¨omten anstatt der Calciumionen durch Ionenkan¨ale in das Zytosol ein und quenchten die Farbstoffmolek¨ule. In der Folge ¨anderte sich das chemische Gleichgewicht zwischen Farbstoff und den noch vorhandenen Calciumionen, so dass im Ratio-Signal eine scheinbare Calciumerh¨ohung zu beobachten war.

Die experimentelle Ergebnisse zeigen, dass der durch die mechanische Stimulation evo-zierte Calciumanstieg durch Ionen hervorgerufen werden muss, die durch Ionenkan¨ale aus dem Extrazellu¨armedium in die Zelle einstr¨omen.

Cadmium- und Lanthan-Experimente Um zu untersuchen, ob der Einstrom der Cal-ciumionen ¨uber Calcium-sensitive Ionenkan¨ale vermittelt erfolgt, wurden dem extrazel-lul¨aren Medium die Schwermetalle Cadmium oder Lanthan zugesetzt. Beide verhindern den Transport von Calciumionen in die Zelle. Dieser w¨urde auf Grund des vorhandenen Konzentrationsgradienten bei ge¨offneten Ionenkan¨alen stattfinden (siehe Kapitel 3.9.4 und Abbildung 39).

Zur Inhibition der spezifischen Calciumkan¨ale wurden dem Medium entweder 10mM Cadmium oder 10µM Lanthan zugesetzt. Da diese Schwermetalle in Anwesenheit von

5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0

12

5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0

1 0 1 5

5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0

1 0 2 0 Ratio Intensity / 340nm Intensity / 380nm

T i m e / s

Abbildung 38: Dargestellt ist eine klassische Calciumantwort nach mechanischer Stimulation mit dem Kraftmikroskop in Anwesenheit von Manganionen im Medium. Der Pfeil markiert den Zeitpunkt der Stimulation. Rot gibt den Verlauf des Fluoreszenzverh¨altnisses wieder. Violett zeigt die Fluoreszenzintensit¨at des Farbstoffes Fura-2 nach Anregung bei 340nm, blau die bei 380nm.

Cytoplasm Nucleus

ER

Medium

Ca2+ Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+ Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ca2+

Ion channel

x

Abbildung 39: Die Abbildung zeigt die schematische Darstellung der intra- und extrazel-lul¨aren Kationenverteilung in Osteoblasten in Verbindung mit Cadmium- beziehungsweise Lan-thanionen. Sowohl Cadmium als auch Lanthan blockieren alle spezifischen Ionenkan¨ale, so dass Calcium nicht in die Zelle einstr¨omen kann.

Phosphaten und Bikarbonaten ausflocken, kamen Medien zum Einsatz, die solche Verbin-dungen nicht enthielten (siehe Kapitel 3.10).

Trotz der Blockade der Calcium-sensitiven Ionenkan¨ale war nach mechanischer Stimu-lation mit dem Kraftmikroskop eine Calciumantwort, wie sie auch ohne den Zusatz der Schwermetalle auftritt, messbar (siehe Abbildung 33). Dieses Ergebnis l¨asst darauf schlie-ßen, dass die Calciumionen, die zur intrazellul¨aren Erh¨ohung der Konzentration beitragen, nicht durch Ionenkan¨ale in das Zytosol gelangen.

6.2 Vertikale Stimulation und Calcium