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Die-se Experimente waren erforderlich, da die verwendeten Knochenzellen aus verschiedenen Pr¨aparationen stammten. Die Vergleichsexperimente sollten helfen, einen m¨oglichen Ein-fluss der Zellkultur und der Dehnungsapparatur (ACLAR-Folie) auf die Stimulationsex-perimente ausschließen zu k¨onnen.

6.4.1 Applikation lokaler Dehnungsreize mit dem Kraftmikroskop

F¨ur die Vergleichsexperimente wurde mit dem Kraftmikroskop in den Verbindungsbereich zwischen Zelle und Substrat ein lokaler Dehnungsreiz appliziert. Dieser musste, damit der spezielle Mechanosensor aktiviert, die entsprechende Mechanotransduktion in Gang gesetzt wird und eine verz¨ogerte Calciumantwort auftritt, im Prinzip mit der mechanischen Stimulation durch die Dehnungsmaschine vergleichbar sein. Zudem sollte eine Aussage

¨uber die Effektivit¨at einer ganzheitlichen Dehnung im Vergleich zu der hier applizierten lokalen Dehnung bez¨uglich der Zelle getroffen werden k¨onnen.

F¨ur die Vergleichsexperimente wurden Zellen auf einem Polyacrylamid-Gel kultiviert, das ein Elastizit¨atsmodul zwischen 5.000 N/m2 und 10.000 N/m2 aufwies. Durch das Poisson-Verh¨altnis von etwa 0,3 blieb das Volumen des Gels unter Deformationen nahezu erhalten. Anschließend wurde der Cantilever, der eine Spitze mit einem Radius von circa 100nm besaß, mit einer definierten Kraft in der N¨ahe einer Zelle in das Gel gedr¨uckt und dann lateral zur Adh¨asionsrichtung der Zelle ausgelenkt. Waren die Haftreibung zwischen Gel und Cantilever und damit verbunden die Eindringtiefe in das Gel groß genug, so konnte das Polyacrylamid-Gel an der auslenkungsabgewandten Seite gedehnt werden. Hierbei wurde das Gel f¨ur eine Stimulation innerhalb von zwei Sekunden zwanzigmal gedehnt, so dass sich eine Stimulationsfrequenz von 10Hz ergab.

Die Beobachtung der intrazellul¨aren Calciumkonzentration erfolgte unter Verwendung des Farbstoffes Fura-2. Damit neben der Zelle auch die Dehnung ihres Substrates be-trachtet werden konnte, wurden in das Polyacrylamid-Gel Fluoreszenzkugeln eingebettet, deren optische Anregung oberhalb der Emission von Fura-2 erfolgt. Die Fluoreszenz die-ser K¨ugelchen liegt im roten Wellenl¨angenbereich. Sie haben jedoch Nachteil, dass ihre Fluoreszenzintensit¨at deutlich schw¨acher ist als bei den Standard-Fluoreszenzkugeln (sie-he Kapitel 5.2). So war die Messung der Dehnungsamplitude nur qualitativ m¨oglich, da die verwendete CCD-Kamera ein stark verrauschtes Bild lieferte. Gesch¨atzte Werte der Deh-nungsamplitude lagen im Bereich von 0,1% bis 5% (entsprechend 1.000µbis 50.000µ).

Bei den achtzig durchgef¨uhrten Messungen wurde die Dehnung des Gels so lange suk-sessiv erh¨oht, bis der Cantilever das Gel zerst¨orte. Dabei zeigten lediglich in drei Expe-rimenten die Zellen nach der mechanischen Stimulation eine verz¨ogerte Calciumantwort.

Wie in Abbildung 48 zu sehen ist, trat dabei die intrazellul¨are Calciumerh¨ohung 70 bis 120 Sekunden nach dem mechanischen Reiz auf. Der linke Pfeil markiert den Zeitpunkt der ersten mechanischen Stimulation. W¨ahrend diese noch eine verz¨ogerte Calciumantwort hervorrief, wurde schon eine zweite Stimulation auf die gleiche Zelle appliziert (rechter Pfeil), so dass wiederum eine verz¨ogerte Calciumantwort initiiert werden konnte.

6.4 Dehnungsmessungen mit dem Kraftmikroskop

2 0 0 3 0 0 4 0 0 5 0 0

0 . 4 0 . 6 0 . 8 1 . 0 1 . 2 1 . 4 1 . 6

Ratio 340nm/380nm

T i m e / s

Abbildung 48: Die Abbildung zeigt die Calciumantwort einer Zelle nach der Dehnung ihres Substrates mit dem Kraftmikroskop. Der linke Pfeil markiert den Zeitpunkt der ersten Stimula-tion. Der rechte Pfeil markiert den Zeitpunkt der zweiten StimulaStimula-tion. Letztere erfolgte w¨ahrend der Calciumantwort auf den ersten Reiz.

6.4.2 Lokale Dehnungsreize l¨osen verz¨ogerte Calciumantworten aus

Im Vergleich zu den Experimenten mit der Dehnungsmaschine [221], in denen bis zu 50%

der Zellen mit einer verz¨ogerten Calciumerh¨ohung auf die Stimulation reagierten, war die Reaktionswahrscheinlichkeit nach einer Stimulation durch eine lokale Dehnung des Substrats mit drei aus achtzig Zellen sehr gering. Trotzdem konnte gezeigt werden, dass Osteoblasten im Prinzip auf einen solchen Dehnungsreiz mit einer verz¨ogerten intrazel-lul¨aren Calciumerh¨ohung reagieren k¨onnen. Die direkte vertikale und laterale Stimulation von Osteoblasten zeigte hingegen bei ¨uber 2000 Experimenten kein solches Verhalten.

Die im Vergleich zur Dehnungsapparatur geringe Reaktions-Wahrscheinlichkeit kann ver-schiedene Ursachen haben. Zum einen wurde bereits erw¨ahnt, dass die durch das Kraftmi-kroskop verursachte absolute Dehnung nur gesch¨atzt, aber nicht ad¨aquat gemessen werden konnte. Auch die Positionsbestimmung der Cantilever-Spitze war - auf Grund der gerin-gen Aufl¨osung der Kamera - nur mit einer begrenzten Genauigkeit bestimmbar. Diese Unw¨agbarkeiten k¨onnten in vielen F¨allen dazu gef¨uhrt haben, dass die tats¨achliche Deh-nung im Bereich der Verbindungen zwischen Zelle und Substrat die Schwelle zur Ausl¨osung der Mechanotransduktion nicht ¨uberschritten hat. Diese Schwelle liegt f¨ur die gesamte Zel-le bei circa 4000µ. Des Weiteren kann auch die Art der mechanischen Stimulation, hier die Dehnung, eine wichtige Rolle spielen. W¨ahrend bei der Verwendung der Dehnungsmaschi-ne die Zelle und damit, vermittelt ¨uber Adh¨asionspunkte, das Zytoskelett (siehe Kapitel 2.3.5) als Ganzes eine L¨angen¨anderung erf¨ahrt, kann das bei einer Dehnung mittels der Kraftapparatur lokal begrenzt sein. Dabei tritt ein r¨aumlich begrenzter Dehnungsgradient auf, der mit zunehmenden Abstand von der Cantilever-Spitze kleiner wird. Wie Abbildung 52 verdeutlicht, sind die gr¨oßten Kraftvektoren jedoch gerade entlang der L¨angsachse von Osteoblasten zu finden (siehe Kapitel 6.5.2), so dass auch die Spannung, die ¨uber das Zy-toskelett auf das Substrat vermittelt wird, in dieser Richtung am gr¨oßten ist. In der Folge w¨are eine mechanosensitive Vorzugsrichtung denkbar, die den Mechanosensor unter einer gewissen Vorspannung entlang der L¨angsachse der Zellen in das Zytoskelett integriert.

Um eine Aktivierung erfahren zu k¨onnen, m¨usste die Zelle entlang dieser Achse signifi-kant gedehnt werden. Eine lokale Dehnung, die nicht entlang der Vorzugsrichtung auftritt, w¨urde dementsprechend nur zu einer lokalen Ver¨anderung der intrinsischen Spannungs-verh¨altnisse des Zytoskeletts f¨uhren und damit nur in Ausnahmef¨allen eine ausreichende Deformation des Zytoskeletts bewirken. Tats¨achlich treten bei Zellen nach mechanischer Stimulation Vorzugsrichtungen auf. So f¨uhrt gerade die zyklische Dehnung zu einer Aus-richtung der Zellen [164]. Bei der Auswertung der Experimente, die mit der Dehnungsma-schine erfolgten [221], wurde allerdings keine richtungsabh¨angige Analyse durchgef¨uhrt.

Mit dieser h¨atte, wenn vor allem Zellen mit einer definierten Ausrichtung gegen¨uber der Dehnungsrichtung mit einer Calciumantwort reagierten, eine solche Vermutung erh¨artet werden k¨onnen. Allerdings ist die lokale Dehnung des elastischen Substrates in der Lage, den Mechanosensor zu aktivieren. In Folge dieser Aktivierung tritt eine verz¨ogerte intra-zellul¨are Calciumerh¨ohung auf. Hierbei scheint jedoch ein Dehnungsreiz, der die L¨ange der Zelle in einer Richtung ¨andert, deutlich besser geeignet die Mechanotransduktion in Zellen auszul¨osen.

Die Experimente zeigten, dass die Pr¨aparation der Zellen keinen Einfluss auf die Me-chanotransduktion und damit auf die verz¨ogerte Calciumfreisetzung hat. Es kann daher festgehalten werden, dass sowohl laterale als auch vertikale lokale Stimulationen mit dem Kraftmikroskop nicht in der Lage sind, die Osteoblasten in der Art zu beeinflussen, dass diese eine Mechanotransduktion initiieren, in deren Folge Calcium aus den intrazellul¨aren Speichern freigesetzt wird. Dieses Ergebnis ist unabh¨angig von den Stimulationsparame-tern wie der Frequenz, der Amplitude und der Zyklenzahl. Es stellt sich aber die Fra-ge, ob in Osteoblasten unterschiedliche Mechanotransduktionswege und Mechanosensoren existieren, die auf die Art des mechanischen Reizes mit differenzierten Signalkaskaden rea-gieren. Die Untersuchung, ob die Zellen beispielsweise aktive mechanische Antworten auf

¨außere Stimulationen generieren, wird im folgenden Kapitel dargestellt.