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2.5 Künstliche Besamung

2.7.4 Tierärztliche Interventionen postpartal

Viele Autoren berichten über eine starke Aggressivität der Mutterkühe gegenüber ihren Neugeborenen in den ersten Stunden bis Tagen nach der Geburt (LANG u.

EGGENBERGER 1991, FLÜGGER 1992, LYON 1996, GRIEDE u. VAN DIJK 1998, FLÜGGER et al. 2001, EULENBERGER et al. 2002). In vielen Institutionen können Kälber nur durch eine vorübergehende Entfernung aus dem Aktionsradius der Mutter gerettet werden. Mehrere Autoren berichten über gute Erfahrungen mit dem postpartalen Einsatz von Sedativa, um die Aggressivität der Mutterkuh zu mindern und so Kuh und Kalb aneinander zu gewöhnen. So berichtet FLÜGGER (1996) über gute Erfahrungen mit dem Einsatz des Neuroleptikums Azaperon (Stresnil®, Fa. Janssen) in einer Dosierung von 0,09 – 0,18 mg/kg intramuskulär oder subkutan. Nach zehn bis 15 Minuten tritt eine deutliche Sedierung für etwa zwei Stunden ein. Der Autor warnt jedoch vor möglicher Wehenpause bei dem Einsatz von Azaperon sub partu sowie vor möglichen paradoxen Reaktionen. Auch LANG und EGGENBERGER (1991) konnten mit Azaperon eine ausreichende Sedierung erreichen, um Kuh und Kalb erfolgreich aneinander zu gewöhnen. EULENBERGER et al. (2002) erreichten durch Azaperon ebenfalls eine deutliche Sedierung, die jedoch die Aggressivität der Mutterkuh nicht vollständig unterdrücken konnte. SCHAFTENAAR (1996) berichtet über den positiven Einsatz des länger wirksamen Neuroleptikums Zuclopentixol (Cisordinol®, Fa.

Lundbeck B. V.) in einer Dosierung von 0,128 mg/kg für die Unterbindung von Aggressivität unter der Geburt. Der Autor beschreibt das Verhalten der Kuh unter Zuclopentixol als annähernd normal mit Unterdrückung von Verhaltensweisen, die eine erhöhte Aufregung signalisieren. RIETKERK et al. (1993) und LYON (1996) erwähnen die postpartale Sedation der Mutterkuh mit dem α2-Rezeptor-Agonisten Xylazin (Rompun®, Fa. Bayer Health Care).

In beiden Fällen konnte die Aggressivität der Kuh nicht vollständig unterdrückt werden, so dass eine erfolgreiche Zusammenführung von Kuh und Kalb nicht gelang.

Zur Unterstützung des Abgangs der Nachgeburt und der Uterusinvolution erwähnen manche Autoren den postpartalen Einsatz von Carbetocin (Depotocin®, Fa. Veyx Pharma;

CZUPALLA et al. 1998, EULENBERGER et al. 2002).

2.8 Puerperium

Während des Puerperiums kommt es zur morphologischen und funktionellen Rückbildung von Uterus, Zervix, Vagina und Vestibulum. Über den zeitlichen Ablauf beim Elefanten sind keine Daten bekannt. Insgesamt finden sich in der Literatur wenige Angaben über Störungen im Puerperium. FLÜGGER (pers. Mitteilung) berichtet über blutigen Lochialfluß für die Dauer von etwa sechs Wochen nach der Geburt. Bei einer anderen Kuh beschreibt FLÜGGER (1999) das Auftreten eines eitrigen Vaginalflusses beginnend zwei Monate nach der Geburt.

Eine bakteriologische Untersuchung ergab einen hochgradigen Befall mit Pseudomonas aeruginosa. Auch LYON (1996) erwähnt einen persistierenden blutig-serösen sterilen Vaginalausfluss mit spontaner Remission nach einigen Wochen. Nach Dammschnitt kam es im Tierpark Berlin bei einer Kuh zu einer Retentio secundinarum (STRAUSS et al. 1998a, b).

Erst dreieinhalb Wochen nach der Geburt wurden letzte Reste der Nachgeburt ausgestoßen, woraufhin sich das Allgemeinbefinden der Kuh deutlich verbesserte. Ebenfalls nach Dammschnitt trat im Zoo Hannover eitriger Lochialfluss für die Dauer von sechs Monaten auf. Die bakteriologische Untersuchung ergab einen Befall mit Streptococcus aureus und Streptococcus agalactiae (MERKT et al. 1986). Auch im Zoo Antwerpen wurde nach einer Totgeburt ein persistierender brauner Lochialfluss beobachtet. Die Kuh brachte dreieinhalb Monate später ein ebenfalls totes Zwillingskalb zur Welt (MELENS 1996). Des Weiteren werden Milchstau nach Infantizid (LYON 1996), Mastitis (MERKT et al. 1986) und Ödeme am Bauch und an den äußeren Geschlechtsorganen (DITTRICH 1967, MERKT et al. 1986, LYON 1996) beschrieben. Im Zoo Hannover kam es infolge einer Verletzung im oberen Urogenitaltrakt zu einem Versickern von Urin in die Unterhaut. In der Folge wurden Schamlippen und Teile der Haut demarkiert und heilten schließlich unter Narbenbildung ab (DITTRICH 1967).

2.9 Aufzucht

2.9.1 Sozialisation

Kälber werden im Freiland in stabile Mutterfamilien hineingeboren. Diese Gruppen sind in Form eines Matriarchats organisiert und bestehen in der Regel aus untereinander verwandten Kühen und ihrem Nachwuchs. Die Gruppengröße variiert zwischen vier und zwölf Tieren, wobei Gruppen zeitweise auch mit anderen Gruppen oder Individuen beider Geschlechter vergesellschaftet vorzufinden sind (SCHULTE 2000, SUKUMAR 2003a).

HEINE et al. (2001) beobachteten auf Sri Lanka Familienverbände mit bis zu 61 Tieren.

Innerhalb der Familienverbände findet die normale Sozialisation der Kälber statt (KURT 1974, SUKUMAR 1994, SCHULTE 2000).

Kühe bleiben zeitlebens in ihrem Familienverband, während juvenile Bullen den Verband verlassen. Sie bilden mit anderen juvenilen Bullen lockere Verbände bis zur physiologischen und sexuellen Reife. Ausgewachsene Bullen leben meist solitär und spielen bei der Kälberaufzucht keine Rolle.

Innerhalb der Familienverbände kooperieren die Herdenmitglieder bei der Kälberaufzucht.

Vor allem nullipare Kühe, aber auch ältere laktierende Kühe, helfen bei der Aufzucht des Nachwuchses mit. HEINE et al. (2001) vermuten, dass sich insbesondere subadulte Nachkommen der Mutter beteiligen, um weiterhin in der Nähe der Mutter geduldet zu werden. Die Fürsorge geht über das Bewachen schlafender und spielender Kälber, Zurückführen der Kälber in das Zentrum der Gruppe, Zubereitung mundgerechten Futters bis hin zum aktiven Säugen. Im angloamerikanischen Sprachgebrauch werden diese Verhaltensweisen mit dem Begriff „Allomothering“ beschrieben. Im deutschen Sprachgebrauch wird von den so genannten „Tanten“ gesprochen.

In Gefangenschaft bauen sich häufig auch unter nicht verwandten Tieren enge Beziehungen auf. Auch nicht verwandte Kühe können die Rolle von „Tanten“ übernehmen (DITTRICH 1967, RIETKERK et al. 1993, GRIEDE u. VAN DIJK 1998, DASTIG et al. 1999).

2.9.2 Wachstum

Lebendgeborene Kälber kommen in europäischen Zoos mit einem Geburtsgewicht zwischen 49 und 159 kg zur Welt (DITTRICH 1967 u. 1977, HAUFELLNER et al. 1993, KURT u. MAR 1996). Die Rückenhöhe beträgt 80 bis 105 cm (HAUFELLNER et al. 1999). Männliche und weibliche Kälber unterscheiden sich weder beim Geburtsgewicht noch in der Rückenhöhe (DITTRICH 1967, SUKUMAR 1994, HAUFELLNER et al. 1999). Sowohl das Körpergewicht als auch die Rückenhöhe nehmen im ersten Lebensjahr etwa linear zu (MOSLEY 1996).

Die tägliche Gewichtszunahme der Kälber beträgt in dieser Zeit zwischen 1,0 und 2,1 kg (REUTHER 1969, RIETKERK et al. 1993, MAINKA et al. 1994, MOSLEY 1996). DITTRICH (1967) belegt die Verdopplung des Geburtsgewichtes innerhalb der ersten drei Monate.

LANG (1963) dokumentiert einen Gewichtssturz eines Neugeborenen von anfänglich 130 kg auf 112 kg. Erst danach verzeichnet der Autor eine tägliche Gewichtszunahme von 1 - 1,5 kg. Bei künstlicher Aufzucht liegt die durchschnittliche tägliche Gewichtszunahme in der Regel bei 0,5 - 1,5 kg (REUTHER 1969, RIETKERK et al. 1993, MOSLEY 1996, OCHS 2001).

Das monatliche Wachstum von Kälbern im ersten Lebensjahr beträgt durchschnittlich zwei bis drei Zentimeter (KRISHNAMURTHY 1992, MOSLEY 1996). Mit einem Jahr erreichen Kälber im Zoo eine Rückenhöhe von 130 bis 145 cm, und nach fünf Jahren eine Rückenhöhe von 185 bis 200 cm. Bis dahin sind nach HAUFELLNER et al. (1999) keine gravierenden Unterschiede zwischen dem Höhenwachstum männlicher und weiblicher Kälber zu verzeichnen. Erst ab dem siebten Lebensjahr kommt es zu einem deutlichen

Wachstumsvorsprung der Elefantenbullen gegenüber den Kühen. Arbeitselefanten in Asien weisen in den ersten Lebensjahren ein signifikantes Wachstumsdefizit gegenüber Zooelefanten auf (HAUFELLNER et al. 1999).

2.9.3 Futteraufnahme

Elefantenkälber sind in der Lage, innerhalb weniger Minuten nach der Geburt aufzustehen.

Nach RÜEDI (1995) kommen die Kälber im Normalfall 15 bis 60 Minuten nach der Geburt auf die Beine. Kurz nach dem Aufstehen beginnen die Neonaten mit der Suche nach den Zitzen. Nach spätestens 18 Stunden wird erstmals Kolostrum aufgenommen. In der Mehrzahl der Fälle wird bereits innerhalb der ersten zehn Stunden Milch getrunken (RÜEDI 1995, FLÜGGER et al. 2001).

In den ersten Lebenstagen saugen die Neugeborenen mehrmals in der Stunde bei der Mutterkuh, die Frequenz nimmt mit zunehmendem Lebensalter ab (DITTRICH 1967, MOSLEY 1996). In den ersten drei Lebensmonaten trinken die Kälber alle 60 bis 90 Minuten, danach nur noch alle zwei bis drei Stunden. Feste Futtermittel werden in den ersten Lebenswochen selten abgeschluckt. DITTRICH (1967) fand mit vier Wochen unverdaute Haferkörner und mit acht Wochen unverdaute Heuteile im Kot der Kälber.

Bis zum Ende des dritten Lebensmonats ernähren sich Elefantenkälber fast ausschließlich von Muttermilch. Ab dem vierten Lebensmonat werden zunehmend auch Gräser, Kräuter und feine Äste aufgenommen. Zu dieser Zeit lernt das Kalb zudem Wasser zu trinken. Mit etwa einem Jahr ist das Jungtier zwar in der Lage, ohne Zufütterung zu überleben, es bezieht aber in der Regel weiterhin Muttermilch bis zu einem Alter von zwei bis drei Jahren oder länger (SUKUMAR 2003a).

Die Milchzusammensetzung variiert bei asiatischen Elefanten sowohl individuell als auch im Verlauf der Laktation, wobei insbesondere der Fettgehalt starken Schwankungen unterworfen ist (PETERS et al. 1972, RIETKERK et al. 1993, MAINKA et al. 1994, RÜEDI 1995, MOSLEY 1996). Die Milchkonzentration nimmt kontinuierlich bis zum Absetzen zu.

Der Proteingehalt liegt zwischen 1,9 und 5,4 %, der Kohlenhydratgehalt zwischen 4 und 8 %, der Aschegehalt zwischen 0,5 und 0,8 % und der Fettgehalt zwischen 0,6 und 20 %. Manche Autoren erkennen kein bestimmtes Muster in der Veränderung des Fettgehalts im Verlauf der Zeit (PETERS et al. 1972, MAINKA et al. 1994), während RÜEDI et al. (1995) und RIETKERK et al. (1993) von einer kontinuierlichen Zunahme des Fettgehalts über die Laktationsperiode berichten. Bei den Fetten herrschen die gesättigten C10:0 und C12:0 Fettsäuren vor, gefolgt von der einfach ungesättigten Fettsäure C18:1 und der gesättigten

Fettsäure C16:0. Der Gehalt fettlöslicher Vitamine A und E korreliert negativ mit dem Fettgehalt der Milch.