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2.5 Künstliche Besamung

2.7.1 Die normale Elefantengeburt

Die Geburt lässt sich in das Öffnungsstadium, das Austreibungsstadium und das Nachgeburtsstadium einteilen (RICHTER u. GÖTZE 1993).

Während des Öffnungsstadiums kommt es während der so genannten passiven Phase unter Relaxinwirkung zu einer Tonussenkung der glatten Muskulatur von Vagina, Zervix und Uterus. Dadurch wird der Geburtskanal geweitet. Die anschließend einsetzende Wehentätigkeit markiert den Anfang der aktiven Phase des Öffnungsstadiums. Frucht und Fruchthüllen werden jetzt in den Zervikalkanal vorgetrieben.

Während der Austreibungsphase werden über den Ferguson-Reflex durch Freisetzung von Oxytocin aus dem Hypophysenhinterlappen die Schubwehen ausgelöst, die die Frucht in den Geburtskanal vorantreiben. Durch Reizung von Druckrezeptoren im Scheidendach wird über den Nervus pudendus die Bauchpresse ausgelöst. Durch den enormen abdominalen Druckanstieg kommt es zum Bersten der Fruchthüllen und die Frucht wird ausgetrieben.

Das Nachgeburtsstadium ist gekennzeichnet durch weitere Wehentätigkeit. Das Uteruslumen wird hierdurch verkleinert. Der Abgang der Nachgeburt markiert das Ende des Nachgeburtsstadiums.

Nach KHAWNUAL und CLARKE (2001) dauert die aktive Phase des Öffnungsstadiums bei asiatischen Elefanten ein bis drei Tage. Sichtbare Merkmale sind mehr oder weniger stark ausgeprägte Verhaltensänderungen wie Unruhe, Inappetenz und erhöhte Alarmbereitschaft.

FLÜGGER (1992) erwähnt zudem das Fressen von Sand. Die Absonderung eines leicht gelblichen Vaginalsekrets wird beschrieben. Zudem wird in dieser Phase oft zähflüssiger Zervikalschleim abgesondert. Der Schleimpfropf, der während der Trächtigkeit den äußeren

Muttermund umgibt, geht etwa bei 50 % der Geburten sichtbar ab. Dies geschieht in der Regel etwa zwölf bis 24 Stunden ante partum (SCHMIDT 1999). Es können aber auch lebende Kälber dreieinhalb Tage bzw. fünf Tage nach Abgang des Schleimpfropfs geboren werden (LANG u. EGGENBERGER 1991, SCHMIDT 1993).

Auf die Vorbereitungsphase folgt das Austreibungsstadium, das nach KHAWNUAL und CLARKE (2001) in asiatischen Elefantencamps in der Regel wenige Sekunden andauert und vornehmlich nachts auftritt. In zoologischen Gärten sind auch bei reibungslos ablaufenden Geburten längere Austreibungsphasen beschrieben. FLÜGGER (1992) beschreibt zwei Geburten mit Austreibungsphasen von wenigen Minuten und drei Stunden. CZUPALLA et al.

(1998) dokumentieren eine Austreibungsphase von 30 Minuten im Tierpark Berlin. GRIEDE und VAN DIJK (1998) belegen im Zoo Emmen Austreibungsphasen von 30 und 105 Minuten.

Eine weitere Kuh hat im Gehen im Freigehege vor den Zoobesuchern das Kalb innerhalb kürzester Zeit ausgetrieben. DASTIG et al. (1999) dokumentieren in einem Elefantencamp in Sri Lanka eine Austreibungsphase von etwa anderthalb Stunden.

Die austretende Frucht deutet sich anhand einer Vorwölbung unterhalb des Anus an. Unter den Presswehen kann schleimiges und blutiges Sekret aus der Vulva austreten. Das Muttertier reagiert oft mit starker Aufregung, Vokalisation, Anheben des Schwanzes, Schlagen von Rüssel, Schwanz bzw. Gliedmaßen gegen den Bauch, Spielen mit Heu, Schlagen der Schwanzquaste gegen die Vulva. Auch werden Änderungen der Körperhaltung wie Aufkrümmen der Rückenlinie, Ausstrecken der Hintergliedmaßen, Hinlegen, wieder Aufstehen und in die Knie gehen beobachtet (RÜEDI 1995, SCHMIDT 1999, FLÜGGER et al. 2001, HERMES et al. 2008b). Dieses Verhalten wird begleitet durch häufigen Kot- und Urinabsatz. DASTIG (2001) erwähnt auch das Fallen auf die Carpalgelenke.

Die Amnionblase kann im Verlauf der Austreibungsphase platzen, häufig auch erst beim Ausstoßen des Kalbs aus der Vulva oder am Boden. ERIKSEN (1978) und EULENBERGER et al. (2002) erwähnen die Eröffnung der am Boden liegenden Amnionblase durch vorsichtige Tritte der Mutterkuh.

SCHMIDT (1999) postuliert ein maximales Zeitlimit für die Geburt eines lebenden Kalbs von zwölf bis 24 Stunden nach dem Blasensprung. In 75 % der Fälle findet die Geburt innerhalb von zwei Stunden nach dem Blasensprung statt (FLÜGGER et al. 2001). Die Autoren schließen aus ihren Untersuchungen, dass tierärztliche Intervention nötig wird, sofern das Kalb nicht innerhalb von zwei Stunden nach dem Blasensprung geboren ist. Die Geburt findet sowohl in Vorderend- als auch in Hinterendlage statt. Hinterendlage wird häufiger beobachtet (SCHMIDT 1999).

Nach der Geburt wird das Neugeborene mit Rüssel und Vorderfüßen aus den Fruchthüllen befreit und der Kreislauf angeregt. In der Regel steht das Neugeborene innerhalb der ersten 30 Minuten auf (ERIKSEN 1978, FLÜGGER 1992, LYON 1996, GRIEDE u. VAN DIJK 1998, DASTIG et al. 1999, SCHMIDT 1999). Nach SCHMIDT (1993) sollte das Neugeborene nach spätestens 45 Minuten aufgestanden sein. Andernfalls deuten sich gesundheitliche Probleme an. Im Zoo Berlin stand ein Neugeborenes erst nach 45 Minuten mit Unterstützung auf. Ursache war eine Hinterhandparese, vermutlich infolge eines reversiblen Rückenmarkstraumas unter der verlängerten Geburt (OCHS 2002).

FLÜGGER (1992) beobachtet den ersten Mekoniumabgang 40 Minuten post partum, EULENBERGER et al. (2002) 45 Minuten post partum.

Das letzte Stadium der Geburt ist das Nachgeburtsstadium, das mit dem Abgang der Nachgeburt endet. In der Regel geht die Nachgeburt innerhalb von 24 Stunden nach der Austreibung der Frucht ab (SCHMIDT 1999). FLÜGGER et al. (2001) dokumentieren eine normale Geburt, bei der die Nachgeburt erst 40 Stunden nach dem Fruchtaustritt abgegangen ist. In der Mehrheit der untersuchten Geburten wurde die Nachgeburt jedoch innerhalb der ersten 10 Stunden ausgestoßen. SCHAFTENAAR et al. (2001) erwähnen einen nicht publizierten Fall aus dem Zoo Rotterdam, bei dem Teile der Nachgeburt erst sechs Wochen nach einer normalen Geburt im Stall gefunden wurden, ohne dass die Kuh Krankheitssymptome zeigte.

Die Nachgeburt hat ein Gewicht zwischen zehn und 24 kg (FLÜGGER et. al 2001). RÜEDI (1995) gibt Gewichte zwischen acht und 30 kg an. LANG (1963) dokumentiert eine Nachgeburt mit einem Gewicht von 28 kg.

Die Geburt findet in freier Wildbahn in Muttergruppen statt, in denen erfahrene Kühe der werdenden Mutter zur Seite stehen. Tiere, die der Mutter bei der Geburt und der späteren Aufzucht helfen, werden als so genannte „Tanten“ bezeichnet. KURT (1992) vermutet, dass im Freiland diese Rolle vornehmlich von verwandten Tieren, insbesondere Müttern und Geschwistern übernommen wird. In zoologischen Gärten kann diese Rolle aber auch von nicht verwandten jüngeren oder älteren Tieren übernommen werden, die eine enge Beziehung mit der Mutterkuh aufgebaut haben.

„Tanten“ spielen bei der Geburt eine wichtige Rolle. Sie stehen der Mutter zur Seite, lösen das Neugeborene aus den Embryonalhüllen, beruhigen die Mutter und schützen das Kalb vor maternaler Aggressivität. Auch bei den ersten Gehversuchen stützen sie das

Neugeborene (KURT 1994, GRIEDE u. VAN DIJK 1998). Nach DASTIG et al. (1999) stillen

„Tanten“ Jungtiere auch gelegentlich und bereiten feste Nahrung zur Aufnahme vor.