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4. Sectio cesarea:

5.3 Allgemeine Zuchtdaten

5.3.4 Geschlechterverhältnis neugeborener Kälber

Das nach dieser Studie in etwa ausgeglichene Geschlechterverhältnis neugeborener Kälber in europäischen Zoos entspricht dem von Arbeitselefanten in Indien (KRISHNAMURTHY 1995, SUKUMAR et al. 1997) und Myanmar (SCHMIDT u. MAR 1996). DITTRICH (1977) und SCHMID (1998) berichten noch über ein zugunsten weiblicher Kälber verschobenes Geschlechterverhältnis in Europa. Durch die Geburt überdurchschnittlich vieler männlicher Kälber im letzten Jahrzehnt ist eine Angleichung an die natürlichen Verhältnisse erfolgt.

5.4 Trächtigkeit

5.4.1 Trächtigkeitsdauer

Die Tragzeiten für die Geburt einer reifen Frucht lagen nach dieser Studie im Mittel bei 650 Tagen. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Angaben aus der Literatur für Zooelefanten. In südostasiatischen Elefantencamps kommen Kälber dagegen in der Regel nach einer kürzeren Tragzeit zur Welt (Vergleich Punkt 2.6). Tragzeiten unter 600 Tagen werden für westliche Einrichtungen bislang nicht beschrieben. Nur FLÜGGER et al. (2001) erwähnen eine Tragzeit mit Geburt eines vitalen Kalbs nach 555 Tagen, vermuten aber ein falsch zugrunde gelegtes Deckdatum für die Berechnung. Laut dieser Studie dauerten vier Trächtigkeiten kürzer als 600 Tage. KURT und MAR (1996) vermuten die verlängerte Tragzeit in westlichen Einrichtungen als Resultat des höheren relativen Körpergewichts der Mutterkühe. Demnach wären kürzere Tragzeiten auch bei trainierten und normalgewichtigen Zooelefanten denkbar. Auch können falsch zugrunde gelegte Deckdaten zur Angabe verkürzter oder verlängerter Tragzeiten führen. Die Hormonüberwachung ist erst seit Anfang der 90er Jahre möglich und nicht flächendeckend etabliert. In Asien ist sie noch weniger verbreitet als in westlichen Zoos. Da Paarungen auch nach erfolgter Konzeption zu beobachten sind, müssen das letzte Deckdatum und der zugrunde liegende Decktermin nicht unbedingt übereinstimmen. In asiatischen Elefantencamps paaren sich die Kühe zudem oft nachts mit wildlebenden Bullen, so dass der Deckakt häufig nicht beobachtet wird.

5.4.2 Trächtigkeitsdiagnose und Überwachung der Trächtigkeit

Eine Mehrheit der untersuchten Trächtigkeiten wurde mittels endokrinologischer und sonographischer Methoden nachgewiesen und überwacht. Ein gutes Monitoring während der Trächtigkeit ist nach FLÜGGER et al. (2001) unerlässlich, um Probleme frühzeitig zu erkennen und sich optimal auf die Geburt vorzubereiten. Eine durchgehende wöchentliche Messung des Progesterons ermöglicht neben der Feststellung einer Trächtigkeit auch Rückschlüsse auf das zugrunde liegende Deckdatum. Bei gut trainierten Kühen kann auch über die transrektale Sonographie ein Rückschluss auf den Decktermin gemacht werden. Mit Hilfe des Deckdatums kann über die Trächtigkeitsdauer ein ungefährer Zeitraum für die zu erwartende Geburt ermittelt werden. Transrektale Sonographie ist zudem die einzige Möglichkeit, eine Zwillingsträchtigkeit –und damit eine Risikoträchtigkeit- festzustellen. Im letzten Trächtigkeitsmonat ermöglichen tägliche endokrinologische Messungen eine gezieltere Ansprache des zu erwartenden Geburtseintritts, da mit dem Vorlauf einiger Tage insbesondere das Progesteron unter die Nachweisgrenze absinkt. Blutuntersuchungen haben dabei gegenüber Urinuntersuchungen den Vorteil, dass Ergebnisse innerhalb weniger Stunden vorliegen, während die Diagnostik aus dem Urin in der Regel zwei bis drei Tage erfordert (FLÜGGER et al. 2001).

5.4.3 Fütterung

Eine Mehrheit der Institutionen veränderte die Futterzusammensetzung während der Trächtigkeit nicht, um eine Überfütterung der Kühe zu vermeiden. Nach KURT und MAR (1996) ist mütterliches Übergewicht eine der Hauptursachen für Geburtsstörungen und Totgeburten bei Zooelefanten, was im Rahmen dieser Studie allerdings nicht bestätigt werden konnte (Vergleich Punkt 5.5.7). Bei den fünf Trächtigkeiten, bei denen eine steigende Quantität im Verlauf der Trächtigkeit verfüttert wurde, sind bei keiner der nachfolgenden Geburten Geburtsstörungen aufgetreten. Vorausgesetzt, dass eine vermehrte Fütterung auch ein erhöhtes mütterliches Gewicht bedingt, stützt diese Beobachtung die Annahme dieser Studie, dass das relative Gewicht der Mutterkuh keinen Einfluss auf das Auftreten von Geburtsstörungen hat.

SCHMIDT (1999) rät bezüglich der Supplementierung trächtiger Elefantenkühe von einer übermäßigen Versorgung ab. Nach PAPAS et al. (1991) und KENNY (2001) ist die Vitamin-E-Konzentration im Blut bei Zooelefanten geringer als bei wildlebenden Elefanten oder bei Arbeitselefanten. Bei einem totgeborenen Kalb dieser Untersuchung konnte als einziger pathologischer Befund eine multifokale Herzmuskeldegeneration festgestellt werden, die möglicherweise auf einer Unterversorgung mit Vitamin E basierte. Demnach könnte eine

Substitution von Vitamin E an trächtige Zooelefanten durchaus sinnvoll sein. Eine Kuh erhielt während des letzten Drittels der Trächtigkeit Kalzium supplementiert, wie von VAN DER KOLK et al. (2008) allgemein gefordert.

5.4.4 Training

Nach SCHMIDT (1999) und FLÜGGER et al. (2001) wird der Geburtsvorgang durch regelmäßiges körperliches Training und die damit einhergehende körperliche Fitness erleichtert. Körperliches Training hatte nach dieser Studie jedoch keinen Einfluss auf den Geburtsverlauf. Das liegt möglicherweise daran, dass nicht unterschieden wurde, in welchem Umfang und in welcher Häufigkeit ein solches Training durchgeführt wurde. Kühe, die sich ständig in der Gruppe in einem großen Gehege aufhalten, sind ohne Training möglicherweise körperlich genauso fit, wie Kühe, die zeitweise trainiert werden, aber einen großen Zeitanteil in einer Box oder in Anbindehaltung gehalten werden.

Ein Gehorsamkeitstraining zur Vorbereitung auf die Geburt erscheint in jedem Fall sinnvoll, so dass bei Auftreten von Geburtsstörungen mit geburtshilflichen Mitteln eingegriffen werden kann, ohne dass sich die Kuh in einer unbekannten Situation befindet.

5.4.5 Sichtbare Veränderungen während der Trächtigkeit

Die sichtbaren Veränderungen während der Trächtigkeit entsprechen den in der Literatur beschriebenen (Vergleich Punkt 2.6). Nur ist der Zeitpunkt des Auftretens nach dieser Studie variabler als bislang bekannt, so dass von einer größeren interindividuellen Variation auszugehen ist. Die Aufeuterung trat nach dieser Studie erstmalig mit dem vierten Trächtigkeitsmonat auf, beschrieben ist sie bislang mit frühestens neun Monaten (DITTRICH 1967). Das Ermelken wässrigen Sekrets im sechsten Trächtigkeitsmonat liegt deutlich vor dem von RÜEDI (1995) und MELENS (1996) erwähnten Milcheinschuss wenige Wochen vor der Geburt. LYON (1996) beobachtete ein Unterbauchödem fünf Monate vor der Geburt, während es in dieser Untersuchung erstmalig 16 Monate ante partum auftrat.

5.4.6 Erkrankungen

Klinisch relevant im Rahmen einer Trächtigkeit ist der genannte Eisenmangel, der hinsichtlich einer ausreichenden Versorgung des Kalbs medikamentös behandelt werden sollte. Während der Aufeuterung sollten der Zwischenschenkelbereich und die Euterhaut regelmäßig kontrolliert werden, so dass bei frühesten Anzeichen einer Dermatitis mit einer geeigneten lokalen Therapie ein weiteres Ausbreiten verhindert werden kann.

Als problematisch ist die genannte Erkrankung eines Herdenmitglieds mit Elefantenherpes und der Pockenabort einzustufen (Vergleich Punkt 2.7.2 und 2.9.5.). Das Erregerreservoir von Pockenviren sind in Europa vor allem Kleinnager (PILASKI u. JAKOBI 1993). Eine Ansteckung von Mutterkühen über Futtermittel, die mit Nagerkot oder -urin kontaminiert sind, ist prinzipiell jederzeit möglich. Das Erregerreservoir von Herpesviren sind gesunde Virusträger. Diese können jedoch bislang nicht identifiziert werden, so dass es keine sicher herpesfreien Zuchtbestände gibt. Eine Ansteckung über erkrankte Herdenmitglieder und ein nachfolgender Fruchtabort sind demnach ebenfalls prinzipiell möglich.

5.4.7 Prophylaxe

Es gibt zwei Impfstoffe gegen Pocken, den modifizierten MVA-Impfstoff, der sich im Organismus nicht vermehren kann, und einen konventionellen Lebendimpfstoff Elstree. Der Einsatz des konventionellen Impfstoffes ist nach RÜEDI (1995) stark umstritten und sollte nicht an trächtige Elefantenkühe verabreicht werden. Die Belastbarkeit der Immunität nach Impfung ist für beide Impfstoffe bislang nicht abschließend untersucht. Nach KUNTZE und JANETZKY (1982) belegt ein positiver Antikörpertiter lediglich den Antigenkontakt, nicht jedoch den Immunstatus des Elefanten. Trotz Impfung der Mutterkuh kann –wie im vorliegenden Fall des Pockenaborts- eine Virämie und diaplazentare Übertragung nicht vollständig verhindert werden, auch wenn die Mutterkuh selber keine Anzeichen einer Erkrankung aufweist (WISSER et al. 2001). Eine Impfung mit dem MVA-Virus erscheint dennoch sinnvoll, um das Risiko eines Virusaborts zu verringern. In Regionen mit hoher Virusprävalenz sollte eine Wiederholungsimpfung in Erwägung gezogen werden. Die Virusprävalenz lässt sich nach WISSER et al. (2001) über den Anteil abgeschossener seropositiver Füchse in der Umgebung einer Elefantenhaltung ermitteln, deren Nahrungsgrundlage Kleinnager darstellen. Da viele Zoos die eigene Fuchspopulation im Park kontrollieren, ist eine solche Untersuchung oft auch praktikabel.

Eine prophylaktische Herpesimpfung steht bislang nicht zur Verfügung, ist aber nach BURKHARDT et al. (2001) in Planung. Die erwähnte Paraimmunisierung einer Mutterkuh konnte den Ausbruch einer Herpesvirusinfektion beim Jungtier nicht verhindern. Inwieweit sie einen positiven Einfluss auf die Vitalität des Kalbs hatte ist fraglich. Verfahren zur Erkennung von Virusträgern mittels Serologie oder mittels PCR aus Lymphknotenbioptaten sind in Erprobung (HILDEBRANDT et al. 2005, CRACKNELL et al. 2007), so dass in Zukunft hoffentlich Möglichkeiten zur Verfügung stehen, herpesfreie Zuchtgruppen zu etablieren.

5.5 Geburt

5.5.1 Geburtsvorbereitung

Eine lückenlose Überwachung der Geburt ist sinnvoll, um Probleme frühzeitig zu erkennen und wenn nötig in den Geburtsvorgang eingreifen zu können (FLÜGGER et al. 2001). Nach den Ergebnissen dieser Studie sollte die Geburtsüberwachung jedoch ohne Beeinträchtigung der Kuh erfolgen (siehe auch Punkt 5.5.7). Dies ist bei ausschließlicher Kameraüberwachung und Auswertung der Bilder in einem Raum außerhalb des Sicht- und Hörbereichs der Kuh der Fall. Kameraüberwachung ist allerdings dann schwierig durchzuführen, wenn die Kuh mit der Gruppe in einem Freilauf gehalten wird. Auch können bei Kameraüberwachung unter Umständen wichtige Details außerhalb des Sichtbereichs stattfinden. Alternativ kann die Überwachung im Rahmen der normalen Routine durch bekannte Pfleger durchgeführt werden. An die nächtliche Anwesenheit von Pflegern sollte sich die Kuh über einen gewissen Zeitraum vor der Geburt bereits gewöhnt haben. Fremde oder ungeliebte Personen, wie beispielsweise der Tierarzt, sollten sich nicht im direkten Überwachungsbereich aufhalten.

Die Schulung des Personals als Vorbereitung auf die Geburt ist außerordentlich wichtig, damit alle Beteiligten den Ablauf der Geburt kennen und Probleme frühzeitig erkennen.

Dabei sollte auch die Expertise erfahrener Spezialisten im Vorwege eingeholt werden (HERMES et al. 2008b). Auch die genannten Vorbereitungen des Geburtsstalls, das Vorrätighalten von Hilfsmitteln sowie die frühzeitige Eingewöhnung der Kuh an den Geburtsstall im Rahmen der normalen Routine sind überaus wichtig. Auch bei Gruppenhaltung kann eine Abtrennung der gebärenden Kuh bei Auftreten von Geburtsstörungen erforderlich werden. Die Wichtigkeit des Gehorsamkeitstrainings während der Trächtigkeit als Vorbereitung auf medizinische Eingriffe wurde bereits erwähnt.