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4. Sectio cesarea:

5.3 Allgemeine Zuchtdaten

5.5.7 Geburtsstörungen und Totgeburten

Die in dieser Studie belegte hohe Rate an Geburtsstörungen und Totgeburten in Gefangenschaft bestätigen auch SCHMID (1998), TAYLOR und POOLE (1998) und HAUFELLNER et al. (1999). In freier Wildbahn und bei extensiv gehaltenen Arbeitselefanten sind Totgeburten dagegen selten (Vergleich Punkt 2.7.2). Im Rahmen dieser Studie konnte gezeigt werden, dass Geburtsstörungen und Totgeburten häufig vergesellschaftet sind, wobei es im Nachhinein oft überaus schwer festzustellen ist, ob eine tote Frucht die Ursache oder die Folge einer Schwergeburt ist (FOERNER 1999).

Nach KURT und MAR (1996) ist das mütterliche Übergewicht bei Zooelefanten eine Hauptursache der hohen Totgeburtenrate. Zum einen werden dadurch die Geburtswege eingeengt, zum anderen verlängert Übergewicht nach ihrer Studie die Tragzeit und erhöht das Geburtsgewicht der Kälber und das Risiko einer Schwergeburt. In dieser Studie hatte jedoch weder das Geburtsgewicht der Kälber noch das relative Gewicht der Mutterkuh einen Einfluss auf das Auftreten von Geburtsstörungen. Möglicherweise liegt das an der Tatsache, dass sowohl die Schulterhöhe als auch die Gewichtsangaben teilweise nur Schätzwerte waren. In Abhängigkeit von der Erfahrung des Schätzers können Abweichungen von den tatsächlichen Gegebenheiten nicht ausgeschlossen werden. Auf der anderen Seite beruht die Annahme von KURT und MAR auf einer Stichprobe von Daten aus sieben Geburten, so dass auch hier eine größere Stichprobe möglicherweise zu einem abweichenden Ergebnis führen würde.

Geburtsverzögerungen können auch durch externe Stressoren verursacht sein (KURT 1999). Nach SCHMIDT (1999) und HERMES et al. (2008b) kann eine Kuh bei Stress

willkürlich die Wehentätigkeit drosseln oder einstellen, was zu Geburtsverzögerungen führt und das Risiko des peripartalen Fruchttods erhöht. Stress führt allgemein zur Produktion von Catecholaminen. Durch eine hohe Bindungsaffinität des Adrenalins für ß2-adrenerge Rezeptoren am Myometrium kann dessen Muskelaktivität gehemmt werden. So ist zu erklären, dass in dieser Studie die direkte Geburtsüberwachung über anwesende Personen einen negativen Einfluss auf den Geburtsverlauf hatte. Nicht unterschieden wurde in den Fragebögen allerdings, ob die anwesenden Personen im Überwachungsbereich bekannte Pfleger oder fremde Personen waren. Besonders die Anwesenheit fremder Personen, wie beispielsweise des Tierarztes, der Presse oder von Fotografen, ist als möglicher Stressor zu beachten. Auch kann die Ankettung unter der Geburt als Stressor wirken. Nach dieser Studie traten Geburtsstörungen in Anbindehaltung etwa doppelt so oft auf wie in Gruppenhaltung.

Obwohl der Unterschied nicht signifikant ist, ist eine Tendenz deutlich zu erkennen und mit großer Wahrscheinlichkeit auch durch größere Fallzahlen zu belegen. Ein Grund ist in dem sozialen Gefüge einer Elefantenherde zu suchen. In Gruppenhaltung können „Tanten“ einen beruhigenden Einfluss auf die Mutterkuh ausüben, was zu einer deutlichen Stressreduktion führen kann. Zudem können Geburtsschmerzen durch Bewegung möglicherweise besser kompensiert werden. Demgegenüber kann die Anbindehaltung Ängste, die aus der unbekannten Situation resultieren, verstärken und so als zusätzlicher Stressor wirken.

Anhand des Zuchtbuchs konnte gezeigt werden, dass Primipare signifikant häufiger Totgeburten hatten als Pluripare, während sich im Rahmen der Auswertung der Fragebögen lediglich ein Trend abzeichnete, dass Primipare auch häufiger Geburtsstörungen aufwiesen.

Möglicherweise war im Gegensatz zu den Daten aus dem Zuchtbuch die Anzahl der Fragebögen zu gering, um den sich andeutenden Trend statistisch abzusichern. Die erhöhte Totgeburtenrate unter Primiparen könnte erklärt werden mit dem Mangel an Erfahrung, was wiederum einen erhöhten Stresslevel bedingt. Auch kann die relative Enge des juvenilen Geburtswegs das Risiko einer Totgeburt erhöhen. Wie bereits erläutert, erreichen Kühe in europäischen Institutionen häufig früher die sexuelle Reife als in den Herkunftsländern.

Gegen dieses Argument spricht jedoch, dass Totgeburten bzw. Geburtstörungen vorrangig nicht unter den Kühen im Alter bis zehn Jahren auftraten, sondern vermehrt bei älteren primiparen Kühen, was auch HERMES et al. (2008b) bestätigen. Es wird diskutiert, dass eine mögliche Ursache in den pathologischen Veränderungen an den Geschlechtsorganen älterer Primiparer nach einer Vielzahl infertiler Zyklen zu suchen ist. Auch kann die im Alter derber werdende Hymenalmembran ein Geburtshindernis darstellen. Eine weitere Erklärung für das gehäufte Auftreten von Totgeburten besonders unter älteren Primiparen könnte darin begründet sein, dass sich Stress bei älteren Primiparen deutlicher auszuprägen scheint als bei jüngeren Kühen (unveröffentlichte Daten, zitiert in HERMES et al. 2008b).

VAN DER KOLK et al. (2008) vermuten eine subklinische Hypokalzämie als häufigste Ursache von Geburtsstörungen. Auch in dieser Studie wurde bei zwei Schwergeburten eine Hypokalzämie festgestellt. Die Autoren stellen die zurzeit geltenden Normwerte für ionisiertes Kalzium in Frage. Legt man die von ihnen errechneten höheren Konzentrationen an ionisiertem Kalzium im Blut als Normwerte zugrunde, so wären möglicherweise mehr Kühe dieser Studie als hypokalzämisch eingestuft worden.

Nach HILDEBRANDT et al. (2006) und HERMES et al. (2008b) hat die Lage des Kalbs im Geburtskanal ebenfalls einen Einfluss auf das Risiko einer Schwergeburt (Vergleich Punkt 2.7.2). Danach treten Geburtsstörungen in Hinterendlage seltener auf als in Vorderendlage.

Vermutlich ist die Hinterendlage die phylogenetisch günstigere Lage, weil Kopffehlhaltungen keine Rolle spielen und die Schwerkraft der relativ langen Hinterextremitäten hilft, den schweren Vorderkörper des Kalbs in den Zervikalkanal zu ziehen. In dieser Untersuchung konnte allerdings kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Geburtsstörungen und der Lage des Kalbs gefunden werden. Welche Faktoren phylogenetisch zur Bevorzugung der Hinterendlage geführt haben, lässt sich anhand dieser Studie nicht klären.

Infektiöse Ursachen wie intrauterine Pockeninfektionen und Herpesinfektionen können ebenfalls zu Fruchttod und Schwergeburten führen (Vergleich Punkt 2.7.2 und 2.9.5.).

Leider ist nur bei einem Drittel der Totgeburten eine pathologische Untersuchung durchgeführt worden. Die Klärung der genauen Todesursache kann zur Erkennung weiterer Risiken beitragen.

5.5.8 Geburtshilfe

Derzeit wird empfohlen, diagnostisch bzw. therapeutisch in den Geburtsprozess einzugreifen, sofern das Kalb nicht 24 Stunden nach dem Abfall des Progesterons unter die Nachweisgrenze bzw. zwei Stunden nach Platzen der Fruchtblasen ausgetrieben ist (Vergleich Punkt 2.7.3). Entsprechend der Ergebnisse dieser Studie kann bis zu drei Stunden nach Blasensprung vor einem Eingriff abgewartet werden, wobei Vor- und Nachteile vor jedem Eingriff abgewogen werden sollten. Diagnostische und therapeutische Eingriffe bedeuten immer Stress für die Kuh. Sofern eine Abtrennung der Kuh erforderlich wird, fallen zudem die herausgearbeiteten Vorteile einer Gruppengeburt weg (Vergleich Punkte 5.5.7 und 5.5.10). Unter Bedingungen einer „Hands-off“-Haltung kommt eine diagnostische rektale Untersuchung in der Regel nicht in Frage. Faktoren wie der Sozialstatus innerhalb der Herde, die individuelle Stressempfindlichkeit, die Gewöhnung der Kuh an Stall und Eingriffe sowie individuelle Risikofaktoren (Zwillingsträchtigkeiten, pathologische Auffälligkeiten, Parität, Trainingszustand u. a.) sollten bei der Entscheidung mit einbezogen werden. Wenn

allerdings eine Geburtsstörung offensichtlich ist, dann sollte wiederum nicht lange mit einer Entscheidung gezögert werden. Ein frühzeitiges Eingreifen bei lebender Frucht und gleitfähigen Geburtswegen ist viel erfolgversprechender als ein Eingriff nach verschleppter Geburt.

Bei Elefanten spielt vor allem die medikamentöse Geburtshilfe eine entscheidende Rolle. Am häufigsten kamen Oxytocika zum Einsatz. In der Literatur wird vor einem unkritischen Einsatz von Oxytocin gewarnt und nur unter der Voraussetzung einer richtigen Positionierung des Kalbs, einer Normokalzämie, einer ausreichenden Relaxation der Zervix und von ausreichend Fruchtwasser in einer Dosierung bis maximal 100 IE empfohlen (Vergleich Punkt 2.7.3). Diese Empfehlung erfordert jedoch vom Praktiker die Untersuchung der Kuh und ist deshalb –insbesondere in Gruppenhaltung und bei untrainierten Kühen- oft schwer durchzuführen, auch aus Gründen wie bereits weiter oben diskutiert. Die empfohlenen Dosierungen erzielten in dieser Untersuchung meist eine ausreichende Wehenstimulation. Entsprechend der Literatur und im Rahmen dieser Studie sind bisweilen allerdings deutlich höhere Dosierungen zur Anwendung gekommen.

Kalziumpräparate wurden bei fünf Geburten in Kombination mit Oxytocika angewendet. Wie bereits erwähnt, postulieren VAN DER KOLK et al. (2008) eine generelle Hypokalzämie bei Zooelefanten und fordern eine Überprüfung der zurzeit geltenden Normwerte.

Estradiolbenzoat kam zur Weitung der Zervix in sehr unterschiedlichen Dosierungen zum Einsatz. Eine intramuskuläre Dosierung von 500 mg entspricht dem fünf bis zehnfachen der in der Literatur genannten Dosierungen für Haus- und Nutztiere (GLATZEL u. KELLER 1997, LÖSCHER et al. 2002). Ob in diesem Bereich unerwünschte Nebenwirkungen auftreten können wie Fruchtbarkeitsstörungen, Leberschäden oder Knochenmarksdepressionen, kann nach dieser Untersuchung nicht geklärt werden.

Andere Medikamente kamen entsprechend der Angaben aus der Literatur zur Anwendung (Vergleich 2.7.3). Auf die Gefahr eines ungewollten Wehenstopps unter der Sedation mit Azaperon weist bereits FLÜGGER (1996) hin. Der Einsatz von Etilefrin, Vedaprofen und Pulsatilla miniplex ist beim asiatischen Elefanten nicht beschrieben.

Bislang konnten im Rahmen von Damm- bzw. Kaiserschnitten nur tote Kälber extrahiert werden. Voraussetzung für die Durchführung eines Dammschnitts ist das Vorhandensein fetaler Strukturen im Geburtskanal. Die Entscheidung zur Vestibulotomie sollte aus oben angeführten Gründen generell frühzeitig erfolgen. Probleme ergeben sich durch festgekeilte Kälber, übermäßigen Kraftaufwand und Verletzungen des mütterlichen Geburtswegs.

Mitunter kann es sinnvoll sein, das angekettete Kalb vollständig zurückzuschieben und nach einer Drehung einen erneuten Auszugsversuch zu unternehmen. Eine Zugrichtung nach ventral kann ebenfalls den Auszug erleichtern, da dies dem natürlichen Verlauf des

Geburtswegs entspricht und die Schwerkraft ausnutzt. Falls der Auszug nicht gelingt, kann möglicherweise eine frühzeitig durchgeführte Fetotomie das Leben der Mutterkuh retten, obwohl die Schnitte aufgrund der Größenverhältnisse schwierig durchzuführen sind. Ein bislang ungelöstes Problem ist der Wundverschluss. Bei fast allen Vestibulotomien sind permanente Fistelöffnungen entstanden. Eine Ausnahme macht der von THITARAM et al.

(2006) beschriebene Dammschnitt. Er wurde im Gegensatz zu den anderen nach einer Fruchtretention zwölf Monate nach dem eigentlichen Geburtstermin durchgeführt. Die Vestibulotomiewunde heilte in diesem Fall per secundam vollständig zu. Möglicherweise spielt die hormonelle Situation eine entscheidende Rolle. Im Verlauf der Trächtigkeit steigt der Östrogenspiegel im Blut an (HODGES et al. 1987). Peripartal führt dies zu ödematösen Schwellungen im Gewebe, die die Wundheilung negativ beeinflussen können.

Falls der Fruchtaustrieb unterbleibt und keine fetalen Strukturen rektal zu palpieren sind, bleiben dem Praktiker nur der Kaiserschnitt oder die Fruchtretention (Vergleich 2.7.3). Eine Sectio cesarea hat bislang immer zum Tod der Mutterkuh geführt. Unter einer Allgemeinanästhesie mit einem α2-Rezeptor-Agonisten kommt es durch die Myorelaxation der glatten Muskulatur zu einer enormen Gasansammlung im Darmkonvolut, so dass die Reposition aufgegaster Darmabschnitte für den Wundverschluss nur schwer zu bewerkstelligen ist. Selbst bei erfolgreicher Reposition heilt die Bauchwunde bei den Druck- und Gewichtsverhältnissen nicht zu. Nach FOERNER (1999) und HERMES et al. (2008b) ist die beste Alternative, die Kuh durch eine antibiotische Therapie vor einer Septikämie zu schützen und abzuwarten. Ein Fruchtaustrieb kann noch Monate bis Jahre später erfolgen.

Ein Kalb dieser Studie wurde nie ausgetrieben und ist auch sonographisch nicht mehr darstellbar, was mit einer Volumenreduktion infolge Mumifikation oder Mazeration zu erklären ist. Voraussetzung für eine Mumifikation ist ein vollständiger Verschluss der Zervix und ein steriler Uterus. Sekretabgänge und schlechtes Allgemeinbefinden wie im vorliegenden Fall deuten eher auf eine bakterielle Besiedlung des Uterus und eine stattfindende Mazeration hin (DE KRUIF 1993). Auch THITARAM et al. (2006) beschreiben die Extraktion eines für zwölf Monate retinierten und in Teilen mazerierten Kalbs. Ein unbeobachteter Fruchtaustrieb ist unter Zoobedingungen unwahrscheinlich, da die Frucht mit Sicherheit entdeckt worden wäre.

5.5.9 Abgang der Nachgeburt

Der Zeitpunkt des Abgangs der Nachgeburt und das angegebene Gewicht decken sich mit den Angaben aus der Literatur (Vergleich Punkt 2.7.1). Eine Nachgeburtsverhaltung wird bislang erst in einer Fallbeschreibung erwähnt (STRAUSS et al. 1998a).

5.5.10 Infantizid

Aggressives Verhalten dem Neugeborenen gegenüber und Infantizid sind aus dem Freiland nicht bekannt. Nach dieser Studie treten Aggressionen bzw. Infantizid in Gefangenschaft signifikant häufiger bei Primiparen und bei Kühen in Anbindehaltung auf als bei Pluriparen oder Kühen in Gruppenhaltung. Ohne tierärztliche Intervention wäre der Anteil an Infantizid vermutlich noch höher ausgefallen. Zur postpartalen Sedation aggressiver Kühe scheint Azaperon klinisch besser geeignet zu sein als Xylazin.

Offenbar werden aggressive Verhaltensweisen durch die fehlende Erfahrung primiparer Kühe sowie durch den fehlenden beruhigenden Einfluss von „Tanten“ gefördert. Nach KURT und HARTL (1995) und KURT und MAR (1996) neigen besonders solche Kühe zu Infantizid, die früh von der Mutter abgesetzt werden, die ohne Kontakt zu älteren Kühen aufwachsen oder die vielfach zwischen zoologischen Institutionen ausgetauscht werden. Zudem können ungewohntes Publikum und tierärztliche Interventionen zu erhöhter Aggressivität beitragen (SCHMID 1999), wie auch in einem Fall dieser Studie. Bei drei Kälbern wurden Aggressionen ausgelöst durch Stolpern des Kalbs und Vokalisationen. Ob sich Aggressionen möglicherweise besonders gegen Kälber richten, die sich abnormal verhalten und deren Aufzuchterfolg fraglich ist, bedarf weiterer Abklärung (Vergleich auch Punkt 5.7.1). Nach BÖER (pers. Mitteilung) ist es allerdings auch für erfahrene Personen mitunter schwierig, zwischen aggressivem Verhalten und starker Erregung der Mutterkuh zu unterscheiden, zumal das Kalb häufig durch Stöße mit Kopf und Fuß zum Aufstehen animiert wird, so dass hier Fehlinterpretationen möglich sind.

5.5.11 Verhalten der Herdenmitglieder

Das Verhalten der Herdenmitglieder unter der Geburt variierte von Desinteresse bis hin zu großem Interesse an der ablaufenden Geburt, von Ruhe bis hin zu starker Unruhe. Eine wichtige Rolle spielten Herdenmitglieder im Anschluss an die Geburt, indem sie den Neugeborenen auf die Füße halfen, einen beruhigenden Einfluss auf die Mutterkuh ausübten und aggressive Verhaltensweisen unterbanden. Anscheinend sind dabei nicht alle Kühe gleichberechtigt. Es wird von einem Fall berichtet, in dem nur bestimmte Kühe Zugang zum Neugeborenen hatten. Ein Herdenmitglied verhielt sich dem Neugeborenen gegenüber leicht aggressiv, was bislang in der Literatur nicht beschrieben ist. Über den sozialen und reproduktiven Hintergrund dieser Kuh ist leider nichts bekannt. Insgesamt scheint die Anwesenheit der Gruppe jedoch einen positiven Effekt auf die Geburt zu haben, was sich auch in der verminderten Unruhe und Aggressivität der Mutterkuh im Anschluss an die Geburt widerspiegelt (Vergleich Punkt 5.5.10).

5.6 Puerperium

Über den zeitlichen Ablauf der morphologischen und funktionellen Rückbildung der Geschlechtsorgane beim asiatischen Elefanten gibt es bislang keine Daten aus der Literatur.

Im Rahmen der immer häufiger durchgeführten sonographischen Untersuchungen sollte hierauf ein Augenmerk gelegt werden.

Die erwähnten Puerperalstörungen decken sich mit Angaben aus der Literatur (Vergleich Punkt 2.8). Die permanente Schwellung unter dem Schwanzansatz mit Urinabsatzstörungen ist möglicherweise auf eine Herniation mit Verlagerung der Harnblase zurückzuführen.

5.7 Kälberaufzucht

5.7.1 Daten der Neugeborenen

Die ermittelten Geburtsgewichte bestätigen die aus der Literatur bekannten Daten (Vergleich Punkt 2.9.2). Kälber im Freiland bzw. in asiatischen Elefantencamps sind bei der Geburt leichter als in westlichen Einrichtungen. Als Ursache werden die reichhaltige Fütterung von Zooelefanten sowie auch die kälteren klimatischen Bedingungen in Europa und Nordamerika diskutiert (HERMES et al. 2008b). Aufgrund des kälteren Klimas steigt möglicherweise die Futteraufnahme der Mutterkuh und bedingt somit ein höheres Geburtsgewicht.

Fast alle Kälber kamen innerhalb der in der Literatur genannten physiologischen Zeitspanne bis maximal 30 Minuten post partum auf die Beine (Vergleich Punkt 2.7.1). Beide Kälber, die länger brauchten, wurden von der Mutter nicht angenommen und starben innerhalb des ersten Lebensjahrs. Dies könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, dass sich maternale Aggressionen möglicherweise vermehrt gegen Kälber richten, die sich nicht normal verhalten (Vergleich Punkt 5.5.10).

Ermittelte Zeiten bis zum ersten Saugakt und dem Abgang des Mekoniums decken sich mit den Angaben aus der Literatur (Vergleich Punkt 2.7.1 und 2.9.3).

5.7.2 Sozialisation

Eine direkte Integration von Mutterkuh und Kalb in die Gruppe oder mit ausgewählten Kühen führte nur in einem Fall zu Problemen bezüglich Besitzansprüchen oder Aggressionen. Eine Sozialisation in der Herde ist einer zeitweiligen Separation vorzuziehen, da Interaktionen zwischen Herdenmitgliedern und dem Kalb stattfinden, sich „Tanten“-Verhältnisse herausbilden und unerfahrene Kühe eigene Erfahrungen machen können. In Einzelfällen

unterblieb jedoch die Festigung der Mutterkuh-Kalb-Bindung, so dass unter den Gruppenkonstellationen in zoologischen Gärten bisweilen eine zeitweise Abtrennung von der Herde erforderlich werden kann. Ob die unzureichende Mutter-Kalb-Bindung primär von der Mutter, vom Kalb oder von Besitzansprüchen von Herdenmitgliedern ausgeht, scheint nach dieser Untersuchung im Einzelfall zu variieren.

5.7.3 Handaufzuchten

Ein Großteil handaufgezogener Kälber verstarb innerhalb des ersten Lebensjahrs. Nach wie vor gibt es kein einheitliches Aufzuchtregime. Probleme ergeben sich vor allem bei der Gewinnung von mütterlichem Kolostrum und der Milchzusammensetzung. Die Gabe von Kolostrum an das Neugeborene ist aufgrund der Plazentationsverhältnisse überaus wichtig für den neonatalen Immunschutz. Alternativ wurden auch mütterliches Plasma und Coli-Seren eingesetzt (Vergleich Punkt 2.9.4) sowie in dieser Studie ein humanes Kolostrum-Extrakt, deren Wirkung sich im Nachhinein schwer belegen lässt. Aufgrund der Ähnlichkeit zwischen der Elefanten- und der Menschenmilch können humane Muttermilchpulver in Kombination mit Ergänzungsmischungen für die Aufzucht verwendet werden sowie der genannte spezielle Milchaustauscher für Elefantenkälber. In jedem Fall sollte die Zusammensetzung der Ersatzmilch an aktuelle Gegebenheiten, an Gewichtszunahme und Bedürfnisse des Kalbs angepasst werden. Bei einem Kalb dieser Untersuchung reichte die Supplementierung mit Kalzium, Phosphor und Vitamin D offenbar nicht aus, um die Entstehung einer Rachitis zu verhindern. Genaue Angaben über die Milchzusammensetzung fehlen jedoch sowohl bei den in der Literatur beschriebenen Fällen von Rachitis (Vergleich Punkt 2.9.5) als auch in dieser Untersuchung. Auch fehlt die Angabe der Aufenthaltsdauer betroffener Kälber im Freien für die endogene Vitamin D Produktion.

Die tägliche durchschnittliche Gewichtszunahme handaufgezogener Kälber lag am unteren Ende der von REUTHER (1969), MAINKA et al. (1994) und MOSLEY (1996) ermittelten Spanne im ersten Lebensjahr.

5.7.4 Prophylaxe

Zur Prophylaxe Neugeborener ist in der Literatur wenig beschrieben. Eine Nabeldesinfektion erfordert immer einen postpartalen Eingriff, dessen Risiko und Nutzen abgewogen werden sollte. Die Wirkung prophylaktischer Maßnahmen wie die Paraimmunisierung, der Einsatz von Vitamin- oder Selenpräparaten, von Coli-Seren oder von Antibiose bei fehlender Kolostrumaufnahme lässt sich im Nachhinein schwer belegen. Bislang gibt es kein einheitliches Regime zur Pockenimpfung bei Kälbern. Bestehende Fragen bleiben bezüglich

der Belastbarkeit der Immunität nach den verwendeten Impfstoffen (Vergleich Punkt 5.4.7).

Auch besteht Unklarheit über den besten Impfzeitpunkt sowie über die Frage der Wiederholungsimpfung. Für gefährdete Bestände wird eine Impfung gegen Clostridien-infektionen bzw. -intoxikationen angeraten. Ob der Einsatz einer stallspezifischen Herpesvakzine sinnvoll ist, bleibt angesichts der Erkenntnisse dieser Studie fraglich.

5.7.5 Erkrankungen

Nabelinfektionen können sowohl mit als auch ohne Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens einhergehen (SCHMIDT 1989, RIETKERK et al. 1993, LYON 1996 und OCHS et al. 2001), wie auch diese Untersuchung zeigt. Durchfallerkrankungen können durch bakterielle Keime, durch Viren, infolge eines Parasitenbefalls oder als Folge einer Futterumstellung insbesondere im Rahmen von Handaufzuchten auftreten. Eine Salmonellenausscheidung wurde bei zwei Kälbern nachgewiesen, die durch milde Diarrhöe auffielen. Die Salmonellose kann bei Jungelefanten jedoch auch einen tödlichen Verlauf nehmen (RÜEDI 1995). Eine Behandlung und die anschließende Kontrolle des Behandlungserfolgs sind in jedem Fall notwendig, auch um die Ansteckungsgefahr für Herdenmitglieder, andere Zootiere und das Personal zu minimieren.

5.7.6 Kälbermortalität

Die Kälbermortalität im Freiland liegt deutlich unter den hier ermittelten 35 %. Hauptursachen für die hohe Kälbermortalität in Europa waren Infantizid (Vergleich Punkt 5.5.10), misslungene künstliche Aufzucht (Vergleich Punkt 5.7.3) und Infektionserkrankungen (Vergleich Punkt 2.9.5). Ziel moderner Elefantenhaltungen sollte eine Angleichung der Aufzuchtraten in Gefangenschaft an entsprechende Raten aus dem Freiland sein, um langfristig eine stabile Zoopopulation aufrechtzuerhalten. Voraussetzung ist die weitere Ursachenerforschung für die hohe Kälbermortalität und Fortschritte auf dem Gebiet der Diagnostik, Therapie und Prophylaxe von Erkrankungen.

5.8 Schlussfolgerungen

1) Auch in Gefangenschaft sollte ein stabiler Sozialverband aufgebaut werden. Kurzfristige Umgruppierungen zum Zwecke der Zucht sollten vermieden werden.

2) In Europa haben derzeit 26 potentiell reproduktiv aktive Kühe keinen Zugang zu einem Bullen. Eine dauerhafte Eingliederung in eine Zuchtgruppe sollte schnellstmöglich erfolgen.

3) Kühe sollten in Anlehnung an die Verhältnisse im Freiland nicht allzu früh in die Zucht eintreten. Sie sollten aber auch nicht zu spät erstmalig tragend werden, da nach einem Zeitfenster von zehn bis fünfzehn Jahren infertiler Zyklen möglicherweise die reproduktive Fitness abnimmt.

4) Zur Überprüfung der Zyklusaktivität und zur Erkennung pathologischer Veränderungen an

4) Zur Überprüfung der Zyklusaktivität und zur Erkennung pathologischer Veränderungen an