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5.2 Modellwahl

5.2.2 Das Theoriemodell

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Individuum entwickeln (beispielsweise Heirat der lange gekannten Freundin, welche kurz da-nach an einer schweren Form des Krebses erkrankt). Dieses Beispiel verdeutlicht, dass teilweise auch Lebensprozesse nicht unter der direkten Kontrolle eines Individuums liegen, jedoch dem Leben eine nicht erwartete Wendung geben können. Trotzdem lässt sich auch das Phänomen des Berufserfolges mit den unterschiedlichen Elementen verorten. Um wiederum in die bereits verwendete Argumentationskette einzusteigen, kann die Intelligenz als soziokognitive Fähig-keit auch auf die Aufgabenbewältigung im Berufsleben (dazu Kapitel 3.6.1) einwirken, was sich in Form von Leistungserfolgen manifestieren kann, beispielsweise in einem hohen Gehalt als objektives Element des Berufserfolges. Aber auch der soziale Erfolg kann Einfluss nehmen, beispielsweise auf die Arbeitszufriedenheit, als subjektives Element des Berufserfolges. Be-züglich der demographischen Faktoren darf wohl auf die bereits gemachten Ausführungen zur Explikation bezüglich der Noten des vorangehenden Abschnittes zurückgegriffen werden, wo-bei einige Spezifikationen notwendig sind. Die hier verorteten Elemente sollen nun im nächsten Unterkapitel Eingang in die Bildung eines Theoriemodells finden.

5.2.2 Das Theoriemodell

In diesem Theoriemodell gilt es nun alle Elemente der Arbeit explizit zu spezifizieren, wobei dies unter Rückgriff auf das präsentierte Rahmenmodell nach Fend (2001) erfolgen soll. In Kapitel 2 wurde nicht nur die Note diskutiert, sondern auch die Schulleistung und die damit verbundenen Prädiktoren. Dabei interessieren nicht nur die Durchschnittsnoten, sondern auch potentiell extrahierbare Komponenten, welche, wie später gezeigt werden soll, als Kompeten-zen interpretiert werden könnten. In Anlehnung an das Rahmenmodell von Fend (2001) und das in Kapitel 2 Erwähnte wird also ein positiver Zusammenhang zwischen Intelligenz und Note statuiert (dazu das Erwähnte bezüglich Schulleistung und deren Erklärung der Entstehung anhand der Arbeiten von Atkinson (1974), Rindermann & Kwiatoski (2009)). Der Zusammen-hang zwischen der Intelligenz, aber auch den Noten des 10. Schuljahres und des Berufserfolges im Alter von 30, 43 respektive 56 Jahren. Zur Erklärung der Statuierung des Zusammenhanges und auch zur Entstehung des Berufserfolges als singuläres Phänomen soll hier Rückgriff ge-nommen werden auf die in Kapitel 3.3 präsentierten Theorien und Modelle.

Konkret im Theoriemodell, verortet unter Bezugnahme auf das Rahmenmodell von Fend, (2001) sollen die Humankapitaltheorie und die Signaltheorie (dazu Kapitel 3.3) erwähnt wer-den. Die Signaltheorie erlaubt es dahingehend einen Zugang zu schaffen, als dass gute Noten

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ein positives Signal an spätere Arbeitgeber zu senden vermögen. Indirekt wirken sich also die soziokognitiven Fähigkeiten im Sinne von Fend (2001) auf die Bewältigung von Entwicklungs-aufgaben aus, beispielsweise das Finden einer Arbeitsstelle, je besser die Note, also umso größer das Humankapital, umso größer der Berufserfolg. Eine zweite Begründung kann in der Humankapitaltheorie gefunden werden, welche dahingehend interpretiert werden kann, dass die Note nichts anderes als ein Korrelat (man beachte die sich ergebenden Einschränkungen aufgrund der erwähnten Punkte bezüglich Funktionen von Noten in Kapitel 2.2.3 und die mess-theoretischen Probleme von Noten in Kapitel 2.3) für Fähigkeiten sein könnte, was ebenfalls den Schluss zulässt, dass je besser die Noten sind, desto höher auch der berufliche Erfolg ist.

Die dritte Begründung für einen positiven Zusammenhang zwischen Noten und Berufserfolg liefert die Suchtheorie, wobei sich der Allokationsprozess am Arbeitsmarkt daher durch eine stochastische Annäherung der Lohnvorstellung von Suchern (Arbeitnehmern) und Anbietern (Arbeitgebern) im Sinne einer Minimierung von Informationsasymmetrien beschreiben lässt (dazu Kapitel 3.3). Gute Noten könnten nun helfen, schneller eine Stelle zu finden, was sich positiv auf den Berufserfolg auswirken könnte.87

Aus der Psychologie stammt der Zufallsansatz zur Erklärung des Berufserfolges eines Indivi-duums. Dieser Erklärungsansatz (Bandura, 1982; Mitchell, Levin & Krumboltz, 1999; Scheller, 1986) für Bedingungsfaktoren des Berufserfolgs – eigentlich trivial – stellt den Zufall als Ur-sächlichkeit dar.

Das Modell von Krakl (1994) zur Erklärung von Frühstartereffekten dient insofern zur Veror-tung, dass der Berufseintrittserfolg positv mit dem Berufserfolg im Alter von 43 Jahren zusam-menhängen soll. Das weiter erwähnte Prinzip von Burt (1992) der Structural Holes kann als Spezialaspekt des Rahmenmodells von Fend (2001) bezüglich des Umfangs der sozialen Res-sourcen verstanden werden, respektive der Einbettung in unterschiedliche außerfamiliäre Be-ziehungsnetze.

Bezüglich der sozialen Herkunft respektive des Geschlechts sei auf die Arbeit von Blau & Dun-can (1967) und die Aussagen von Merker (2009) respektive Melamed (1995) verwiesen.

Für die Statuierung eines positiven Zusammenhanges zwischen sozioökonomischer Herkunft und Berufserfolg sei die Arbeit von Blau & Duncan (1967) erwähnt, welche postuliert, dass der

87 Diese Aussage ist bewusst suggestiv formuliert. Gute Noten könnten auch zu einem anderen Teilarbeitsmarkt führen, wobei für diesen nicht postuliert werden kann, dass die Stellensuchdauer zwingenderweise geringer ist.

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sozioökonomische Status der Herkunftsfamilie das Bildungsniveau einer Person beeinflusst und diese wiederum für deren späteren beruflichen Status entscheidend ist (vgl. Kapitel 3.3), was einen positiven Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem Berufserfolg pos-tuliert.

Die empirische Breite und Internationaliät der kritischen Befunde gegenüber der Kon-taktnetztheorie lassen Zweifel an der Handhabbarkeit der Thesen aufkommen. Letztlich hat Granovetter (1995) selbst eingeräumt, dass seine Hypothesen genauso oft bestätigt wie wider-legt wurden.

Die erwähnte Tournamenttheorie (dazu Kapitel 3.3) hat sicherlich bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben eine gewisse Adäquanz. Ist der Schuldurchschnitt zu wenig gut, erhält ein Individuum keine Promotion in das Gymnasium, der Hochschulzugang ist nicht gewähr-leistet und nur mit schweisstreibenden Mühen nachzuholen (Abitur nachholen). Das Prinzip der Structural Holes hat wohl insbesondere auch für die jugendliche Entwicklung Berechtigung.

Wie Giehl, Klau & Hiller (1970) erwähnen, konnte Georg Simmel zeigen, dass bestimmte so-ziokulturelle Leistungen des Menschen nur in Gruppen bestimmter Größe hervorgebracht wer-den können. Dies gilt wohl auch für Gruppen von Jugendlichen. Wer Zugang hat zu vielen unterschiedlichen Peer-Gruppen, erhält mehr Informationen und kann diese zielgerichtet ein-setzen, um beispielsweise berufliche Visionen und Träume zu entwickeln.

Bezüglich des Zusammenhanges von Geschlecht und Berufserfolg erwähnt Merker (2009) un-ter Bezugnahme auf Melamed (1995), dass es Unun-terschiede bei Gehalt und hierarchischer Po-sition gebe, wobei beide Kriterien bei Frauen tendenziell niedriger ausgeprägt sind (z. B. Me-lamed, 1995). Ein theoretisches Modell, das den Berufserfolg ausschließlich mit der Ge-schlechtszugehörigkeit erklärt und in seinem Erklärungsansatz über die bloße Beschreibung des Geschlechts als Einflussfaktor hinausgeht, scheint jedoch nicht vorhanden zu sein (Merker, 2009)

Des Weiteren interessiert auch der Zusammenhang zwischen Intelligenz und Berufserfolg (vgl.

Kapitel 3.6.1). Neben den schon postulierten Zusammenhängen, insbesondere anhand der Ar-gumentation von Gottfredson (1997), kann die Hinführung erneut anhand des Rahmenmodells von Fend (2001) erfolgen, wonach eine höhere Intelligenz – als soziokognitive Kompetenz ein-geordnet – zu einer besseren Bewältigung von Aufgaben führt, was wiederum Leistungserfolge als auch soziale Erfolge zur Konsequenz hat (vgl. Kapitel 3.6.1).

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Abb 5.5: Beziehungsmodell als Hinführung zu einem Messmodell

5.3 Hypothesenableitung