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Pädagogisch psychologische Prädiktoren der Note respektive Schulleistung

2.4 Prädiktoren des Notenerfolges

2.4.1 Pädagogisch psychologische Prädiktoren der Note respektive Schulleistung

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von Strukturgleichungsmodellen aufzeigen, dass neben dem Grundschullehrerurteil, einem Schulleistungstest und den Grundschulnoten auch soziodemographische und psychosoziale Va-riablen berücksichtigt werden, die bei Gymnasiasten 51 % der Varianz des in Form von Schul-noten erhobenen Erfolges im ersten Schuljahr des Gymnasiums und 39 % der Varianz im vier-ten Gymnasialjahr erklären konnvier-ten.

2.4 Prädiktoren des Notenerfolges

Die Untersuchung bezüglich möglicher Ursachen für gute Noten ist eines der Kerngebiete der pädagogisch-psychologischen Forschung. Unterschiedliche Erklärungsmodelle über die Ent-stehung von Schulleistung existieren. Häufig wird die Intelligenz genannt. Rost (2009) verdeut-licht in seiner Übersichtsarbeit, dass Intelligenz das am besten untersuchte Konstrukt der Psy-chologie sei. Dies impliziert eine gewisse Faszination der Scientific Community an diesem Un-tersuchungsgegenstand. Wie später gezeigt wird, interessieren nicht nur die Noten und der Be-rufserfolg zur Abhandlung des Forschungsgegenstandes, sondern auch Prädiktoren respektive Determinaten dieser, weshalb das Konstrukt im Kontext der Noten umfassend abgehandelt wer-den soll.

2.4.1 Pädagogisch psychologische Prädiktoren der Note respektive Schulleistung

Bezüglich der pädagogisch-psychologischen Prädiktoren von Noten ist zu erwähnen, dass diese häufig aus Modellen stammen, welche die Zielsetzung verfolgen, den schulischen Kontext zu beschreiben. So ist beispielsweise die Literatur bezüglich schulischer Motivation ausgespro-chen umfangreich und das Phänomen wird von zahlreiausgespro-chen Forschern behandelt (Atkinson, 1957, Mitchell, 1993; Krapp, 1998, 1999; Decy, 1975; Rheinberg, 1980, Decy & Ryan, 1983).

Nun gilt es aber zu erwähnen, dass die Modelle häufig zur Erklärung des jeweiligen Phänomens im schulischen Kontext (beispielsweise schulische Motivation) herangezogen werden, jedoch nicht zwingenderweise in diesem Kontext entstanden sind (als typisches Beispiel ist die Flow-Theorie (Csikszentmihalyi, 1985) zu nennen). Hinter dem Hintergrund dieser Tatsache können solche Modelle durchaus zur Beschreibung unterschiedlicher sozialer Kontexte (Schule – No-ten versus Arbeitswelt – Berufserfolg) herangezogen werden, wobei der lange Untersuchungs-raum zwischen dem Schreiben der Prüfungen (10. Schuljahr) und dem Berufserfolg im Erwach-senenalter zu erwähnen ist. Formell beginnt die berufliche Laufbahn mit der Berufswahl res-pektive dem Berufseintritt (Spiess-Huldi, 2009). Die Wurzeln reichen jedoch viel weiter zurück

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in die individuelle Entwicklung (Spiess-Huldi, 2009). So stellen auch soziale Herkunft, schuli-sche Leistungen und Intelligenz erwiesene Vorboten für die spätere Berufsposition dar (Spiess-Huldi, 2009). Auch die emotionale Seite ist betrachtungswürdig, so argumentiert Spiess-Huldi (2009) unter Bezugnahme auf Bielby (1981), dass schon seit den 80er-Jahren vermutet wurde, dass das emotionale Klima der Herkunftsfamilie ein mögliches Karrierepotenzial beinhaltet (Spiess-Huldi, 2009). Im Rahmen dieser Arbeit interessieren die Noten und vor allem auch die Intelligenz22 zum Zeitpunkt der Klausurenablegung, aus diesen Gründen soll insbesondere auch die Intelligenz als Prädiktor abgehandelt werden.

2.4.1.1 Intelligenz ein Zugang

Der Begriff der Intelligenz wird schon zur Zeit der Römer erwähnt, so war es 53 v. Chr. der römische Gelehrte Marcus Tullius Cicero, der den Begriff intelligentia ins Leben rief und da-runter „das Vermögen verstand, das den Geist befähigt, die Wirklichkeit zu verstehen“ (Stern

& Neubauer, 2013, S. 76 ).23

Es sei vorgemerkt, dass hier insofern ein umfassender Überblick zu diesem Konstrukt gegeben wird, als dass es für den empirischen Teil von Relevanz24 ist (für allgemeine Überblicksarbeiten der Forschungsbefunde sei auf Rost (2009), Sternberg & Dettermann (1986), Rösing (2004) für Alltagsdefinitonen von Intelligenz oder auf Legg & Hunter (2007) für künstliche Intelligenz verwiesen.25

22 Intelligenz wird von der Scientific Community immer wieder als hervorragender Prädiktor verschiedener Out-comes wie Bildungsabschlüsse, Gesundheit oder sozioökonomischer Status erwähnt (dazu insbesondere Gottfre-dson & Deary, 2004; Kuncel, Hezlett, & Ones, 2004; Neisser 2002et al., 1996; Zagorsky, 2007).

23 Ob eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf das Phänomen Intelligenz zulässig ist, wird von Meulemann (1979) wie folgt unter Bezugnahme auf Heckhausen (1974) und Jencks (1973) dahingehend begründet, dass etwa 45 Prozent der Varianz von Intelligenz auf die Erbanlage, 35 Prozent auf die Umwelt und 20 Prozent auf die Kovarianz von Erbe und Umwelt zurückzuführen sind. Man darf jedoch die Begründung der Perspektiven wissen-schaftlicher Einzeldisziplinen nicht von dem empirischen Gewicht einzelner Faktoren abhängig machen, die ihnen im Alltagsverständnis zugeordnet werden (Meulemann, 1979). Die bloße Korrelation von sozialer Position und gemessener Intelligenz begründet noch keine sozialwissenschaftliche Perspektive, ob Profile von Intelligenzleis-tungen sich auf soziokulturell spezifische Wertorientierungen zurückführen lassen ist jedoch eine sozialwissen-schaftliche Frage (Meulemann, 1979). Umgekehrt schließt die genetische Bestimmtheit von Verhaltensweisen eine sozialwissenschaftliche Perspektive keineswegs aus (Meulemann, 1979). So wie intelligentes Verhalten ist wahr-scheinlich auch agressives und dependentes Verhalten durch individuelle Anlagen beeinflusst (Kagan/Moos, 1962), niemand würde es aber für sinnlos halten, milieuspezifische Formen von Agressionen mit milieuspezifi-schen Wertorientierungen in Beziehung zu setzen (Meulemann, 1979).

24 Erwähnt sei, dass Lehrer gezwungen sind, ihr Niveau an die kognitive Kapazität der Schüler anzupassen wie Fischbach, Baudson, Martin & Brunner (2013) unter Bezugnahme auf Brunner, Anders, Hachfeld & Krauss (2013) wie folgt verdeutlichen: „Teachers need to judge their students' cognitive abilities in order to adapt their class-room instruction to their students' cognitive prerequisites“.

25 Rost bespricht insbesondere im Rahmen seines 2009 erschienenen Sammelbandes den Generalfaktor g (Spe-arman), die sieben primäre Gruppenfaktoren (Thurstone), die Struktur des Intellekts (Guilford) und anschließend

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Tabelle 2.2. Intelligenz – ein Zugang (in Anlehnung an Kramer, 2009) Intelligenz ein Zugang

metaanalytische Integration Carroll

Aufgaben-Integration Jäger (Berliner Intelligenzstruktur-Modell) theoriegeleitete Modelle Sternberg

Amthauer (hierarchisches Protomodell)

Ein für heute gültiges Verständnis entwickelt Rost (2009) bezüglich Intelligenz und präzisiert, dass unter Intelligenz (engl. intelligence, vom Lateinischen intgelligentia, intellectus, intelle-gere = Einsicht, Verstand, einsehen bzw. verstehen), manchmal auch geistige Fähigkeit, men-tale Fähigkeit oder intellektuelle Begabung genannt, die durch die Faktoren Anlage und Um-welt sowie durch deren gegenseitige Beeinflussung bedingte kognitive Leistungsfähigkeit und kognitive Ausdifferenzierung des Menschen zu verstehen sei (Rost, 2009, S. 1).26

hierarchische Modelvorstellungen mit der englischen Schule (Burt, Vernon), fluide und kristalline Intelligenz (Cat-tell, Horn), drei Intelligenzschichten (Carroll), das Berliner Intelligenzstrukturmodell (Jäger) und weitere Ansätze (Sampling Theorie (Sampson), Prozessfaktoren (Meili), acht Intelligenzfaktoren (Buse, Pawlik).

Neben den von Rost als traditionell bezeichnete Theorien sind die alternativen Theorien zu nennen. Soziale Intel-ligenz (Thorndike), multiple IntelIntel-ligenzen (Gardner), emotionale IntelIntel-ligenz (Salovay & Mayer, Goleman), praktische Intelligenz nach Sternberg, operative Intelligenz (Dörner).

26 Versuche, Intelligenz kurz und knapp verbal-global zu definieren zeigen die unterschiedlichsten Facetten des Begriffes. Pawlik (1968) kommt zum Schluss, dass es noch keine allgemein gültige Definition gäbe, welche die

„ungeteilte Zustimmung einer größeren Zahl der an der Intelligenzforschung beteiligten Psychologen findet“. Als Kurzdefinition kann beispielsweise genannt werden (Rost 2009, S. 3): „Fähigkeit, sich an relativ neue Situationen im Leben anzupassen“ (Pintner, 1921, S. 129); „Intellekt plus Wissen“ (Henmon, 1921, S. 195); „Kapazität zum Lernen oder von Erfahrung zu profitieren“ (Dearborn, 1921, S. 210); „Fähigkeit zum Lernen“ (Buckingham, 1921, S. 271); „Was ein Intelligenztest misst“ (Boring, 1923, in Jenkins & Paterson, 1961) ; „Zusammengefasste oder globale Kapazität des Individuums, zweckvoll zu handeln, rational zu denken und sich effektiv mit seiner

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Rost (2009) argumentiert im Rahmen der Verfassung seiner umfangreichen Übersichtsarbeit, dass fast jeder seine eigene Vorstellung habe, von dem, was mit intelligentem Verhalten um-schrieben werde.27 Rost (2009) betont den subjektiven Charakter und erwähnt, dass solche Vor-stellungen mitunter von Person zu Person variieren; die einen betonen diese, die anderen jene Facette, in Abhängigkeit davon, was man bislang über Intelligenz erfahren oder gelesen habe (Rost, 2009).

Dennoch gibt es bestimmte Emotionen, Anmutungen und Nebenbedeutungen, die – oft nicht bewusst – bei vielen Mitgliedern einer Sprachgemeinschaft ähnlich mitschwingen, wenn sie von Intelligenz sprechen (Rost, 2009). Dieser konnotativen Bedeutung (d. h. dem assoziativen Bedeutungshof) von Intelligenz ging Hofstätter (1971) mit Hilfe des von ihm in etwa parallel zu Osgood (Osgood, 1952; Osgood, Suci & Tannenbaum, 1957) entwickelten Polaritätsprofils (Hofstätter, 1955) nach, wobei Hofstätter Personen eine Liste von adjektivischen Gegensatz-paaren vorlegte (wie stark – schwach, aktiv – passiv, warm – kalt, spitz – rund) und diese ge-beten wurde, spontan einzuschätzen, wo sie zwischen diesen Polen Intelligenz auf einer sieben-stufigen Ratingskala platzieren würden (Rost, 2009).

Umwelt auseinanderzusetzen“ (Wechsler, 1944, S.3); „Befähigung zum Auffinden von Ordnung bzw. Redudanz“

(Hofstätter, 1966, S. 239 bzw. S. 241); „allgemein angeborene kognitive Fähigkeit“ (Burt, 1970, S. 16); „Fähig-keit, Wissen und Fähigkeiten zu erwerben und anzuwenden“ (The New Oxford Dictionary of English, 1998, S.

949); „Ausmass in dem es gelingt, die im jeweiligen kulturellen Kontext vorgefundenen Zeichensysteme zu erwer-ben und diese dann zur Aneignung und Anwendung von Wissen zu nutzen“ (Stern, 2001, S. 200); „Biopsycholo-gisches Potenzial zur Verarbeitung von Information, das in einem kulturellen Umfeld aktiviert werden kann, um Probleme zu lösen oder geistige oder materielle Güter zu schaffen, die in einer Kultur hohe Wertschätzung ge-niessen“ (Gardner, 2002, S. 46-47) oder aber auch die „Fähigkeit zu hoher Bildung“ (Asendorpf, 2004, S. 191).

Diese unterschiedlichen Definitionen verdeutlichen die Vielfältigkeit dieses Begriffes. Auch Kramer (2009) er-wähnt, dass es eine Menge verschiedener Definitionen von Intelligenz gebe und bezieht sich dabei auf Sternberg (1987), der sogar meint „there seem to be almost as many definitions of intelligence as there were experts asked to define it“ (S. 376), was zur Konsequenz hat, dass sich bis heute ganz einfach kein Konsens erzielen lässt, obwohl es z. B. 1921 und 1981 im Rahmen von Expertenbefragungen (Sternberg & Berg, 1986; zitiert nach Süß, 2001) versucht worden sei (S. 17). Kramer (2009) erwähnt, dass es auf kurze und knappe Art und Weise gar nicht möglich sei, einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Definitionen von Intelligenz zu gegeben und verweist dafür insbesondere auf Sternberg und Detterman (1986), Rösing (2004, der auch Alltagsdefinitionen und Defini-tionen aus anderen Kulturkreisen betrachtet) oder Legg und Hutter (2007, welche auch künstliche Intelligenz be-trachten).

27 Ein anderer Zugang zur Intelligenz könnte insbesondere für den schulischen Kontext auch als Bewältigung unterschiedlicher schwieriger Lernziele verstanden sein (Bloom, 1971).

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Tabelle 2.3. Faktoren, die dem (Alltags-)Verständnis von Intelligenz zugrunde liegen: Einschät-zungen einer ,ideal intelligenten‘ Person durch Laien und durch Experten (aus Sternenberg et al., 1981, S. 45-46)

Laieneinschätzungen (N = 28) Experteneinschätzungen (N = 65)

Praktisches Problemlösen Problemlösen

(15 Items mit a>.59) (12 Items mit a>.59)

Schlussfolgert logisch bzw. gut .77 Wendet Wissen auf Problem an .74

Sieht Ideenverbindungen .77 Trifft gute Entscheidungen .73

Sieht alle Problemaspekte .76 Stellt Probleme optimal dar .73

Ist aufgeschlossen .73 Besitzt guten Menschenverstand .66

Anwortet überlegt .70 Ist objektiv .66

Schätzt Situationen gut ein .69 Löst Probleme gut .66

Stösst ins Problemzentrum vor .69 Plant vorausschauend .64

Interpretiert Information genau .66 Hat gute Eingebungen .62

Trifft gute Entscheidungen .65 Stösst ins Problemzentrum vor .62

Verbale Fähigkeit Verbale Intelligenz

(13 Items mit a > .59) (16 Items mit a > .59)

Spricht klar und richtig .83 Hat einen großen Wortschatz .74

Ist verbal flüssig .82 Hat großes Leseverständnis .74

Kann sich gut unterhalten .76 Ist neugierig .68

Weiss viel in einem Gebiet .74 Ist intellektuell neugierig .66

Lernt viel und intensiv .70 Sieht alle Problemaspekte .66

Besitzt Leseverständnis .70 Lernt schnell .65

Liest überall .69 Wertschätzt Wissen um des .65

Wissens willen

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Tabelle 2.4. Faktoren, die dem (Alltags-)Verständnis von Intelligenz zugrunde liegen: Einschät-zungen einer ,ideal intelligenten‘ Person durch Laien und durch Experten (aus Sternenberg et al., 1981, S. 45-46)

Laieneinschätzung (N = 28) Experteneinschätzungen (N = 65)

Geht effektiv mit Leuten um .68 Ist verbal flüssig .65

Schreibt ohne Probleme .65 Hört sich vor der Entscheidung .64

alle Argumente an

Soziale Kompetenz Praktische Intelligenz

(13 Items mit a> .59) (4 Items mit a> .59)

Akzeptiert andere wie sie sind .88 Schätzt Situationen richtig ein .84

Gibt Fehler zu .74 Bestimmt, wie Ziele zu erreichen sind .83

Interessiert sich für Vieles .72 Beachtet die Umwelt aufmerksam .69

Ist pünktlich .71 Interessiert sich für Vieles .63

Besitzt soziale Kompetenz .70 Denkt vorm Reden und Handeln .70

Ist neugierig .68

Urteilt fair .66

Rost (2009, S. 11) stellt zudem wichtige Elemente von Intelligenz im Urteil von Experten zu-sammen (aus Snyderman & Rothman, 1987, S. 140).

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Tabelle 2.5: Übersicht von Deskriptoren der Intelligenz

Deskriptor Anteil Befragter, die den Deskriptor

als wichtig als nicht adäquat zu bezeichnen messen bezeichnen

Abstrakt Denken, logisch Folgern 99.3% 19.9%

Problemlösefähigkeit 97.7% 27.3%

Wissensaneignungskapazität 96.0% 42.2%

Gedächtnis 80.5% 12.7%

Anpassung an die Umwelt 77.2% 75.3%

Mentale Geschwindigkeit 71.1% 14.0%

Linguistische Kompetenz 71.0% 14.0%

Mathematische Kompetenz 67.9% 12.1%

Allgemeines Wissen 62.4% 10.7%

Kreativität 59.6% 88.3%

Sensorische Schärfe 24.4% 57.7%

Zielorientiertheit 24.0% 64.1%

Leistungsmotivation 18.9% 71.7%

Rost (2009) hält abschließend fest, dass fast alle Intelligenzforscher, aber auch die Allgemein-heit abstraktes Denken oder logisches Schlussfolgern, Problemlösefähigkeit und Kapazität zur Wissensaneignung als zentrale Elemente von Intelligenz (Zustimmung jeweils > 95 %) bezeich-nen (S. 11). Dies sind auch diejenigen Konzepte, die man im schon erwähnten Symposium von 1921 von den Experten und in den Studien von Sternberg et al. (1981) bzw. Sternberg & Berg (1986) als zentral für Intelligenz identifiziert wurden.

Mit deutlicher Mehrheit zählte man auch die Elemente Gedächtnis, Anpassung an die eigene Umwelt, mentale Geschwindigkeit, sprachliche Kompetenz, mathematische Kompetenz und allgemeines Wissen als wichtige Bestandteiel zur Intelligenz (Zustimmung zwischen 80.5 % und 62.4 %).

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Tabelle 2.6 Affinitäten (q) ausgewählter Begriffe zu Intelligenz und intelligent (aus Hofstätter, 1971, S. 178)

Affinität zu Intelligenz Affinität zu intelligent

Persönlichkeit q=.91 geschickt q=.89

Fortschritt q=.90 praktisch q=.82

Erfolg q=.89 aufwärtsstrebend q=.80

Mann q=.85 tapfer q=.79

Gesundheit q=.81 fortschrittlich q=.77

Reichtum q=.77 wohlhabend q=.76

Grausamkeit q=.50 männlich q=.67

Zerstörung q=.44 weiblich q=.54

Krieg q=.32 sehr arbeitsam q=.52

Frau q=-.16 eitel q=-.14

Bequemlichkeit q=-.35 hochnäsig q=-.35

Langeweile q=-.69 rückständig q=-.53

2.4.1.2 Intelligenz, die historische Sichtweise

Im Rahmen der historischen, hier chronologischen Entwicklung sind in aufeinanderfolgender Reihenfolge die Arbeiten von Galton, Binet, Spearmann, Thurstone, Cattel, Vernon zu nennen.

Als spezifischere jüngere Rahmenmodelle sind die Arbeiten von French (Faktoren-Ekletizis-mus), Guilford & Guttmann (Content-Definitionen), Carroll (metaanalytische Integration), Jä-ger (Aufgaben-Integration) und Sternberg & Amthauer als theoriegeleitete Modelle zu erwäh-nen (Kramer, 2009).

Kramer (2009) schlägt deshalb vor, als Zugang einige für Intelligenz charakteristische Aspekte zu verdeutlichen und anschließend verschiedene Intelligenztheorien vergleichend zu betrach-ten, um so zu einer Arbeitsdefinition von Intelligenz zu gelangen (Kramer, 2009). Die Arbeit von Legg und Hutter (2007) wird erwähnt, die 70 verschiedene Intelligenzdefinitionen betrach-teten und dabei die drei häufig genannten Aspekte betonen: a) die Fähigkeit eines Individuums mit seiner Umwelt oder seinen Umwelten zu interagieren, b) die Fähigkeit, Ziele erfolgreich zu verfolgen und c) die Fähigkeit, sich erfolgreich auf verschiedene Zielsetzungen und Umwelten einzustellen (Kramer, 2009, S. 19). Die Relevanz erfolgreicher Zielerreichung wurde bereits

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1905 von Binet und Simon betont, die Intelligenz als die erfolgreiche Bewältigung einer aktu-ellen Situation bezeichneten (Kramer, 2009). Dies führte zur Definition von Wechsler (1956), woraus sich auch der Hamburger-Wechsler-Test später ableitete, der in der Intelligenz die Fä-higkeit eines Individuums sah, „zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinanderzusetzen“ (S. 13) oder von Hofstätter (1957), der Intelli-genz definierte als „das Ensemble von Fähigkeiten, das den innerhalb einer bestimmten Kultur Erfolgreichen gemeinsam ist“ (Nettelnstroth, 2003, S. 27).

Jäger (1973) verdeutlichte schon in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, wie viel-fältig die Forschungsbefunde des Phänomens Intelligenz sind. Kramer (2009) zeigt auf unter Bezugnahme auf Brand (1987); Jensen (1998); Kuncel, Hezlett & Ones (2004); F. L. Schmidt (2002), dass dementsprechend Intelligenz mit zahlreichen Variablen in Beziehung gesetzt wurde wie beispielsweise akademische Leistung, gesundheitsbezogenes Verhalten, soziale Leistung, Arbeitsleistung, Kreativität, die alle als Indikatoren eines erfolgreichen Lebens ange-sehen werden können. Weiter wird unter Bezugnahme auf Schuler (2002b) argumentiert, dass insbesondere die Breite der Definition sich unterscheide, wobei ein Konsens darin bestehe, dass der Begriff Intelligenz ausschließlich kognitive Fähigkeiten umfasse und eine Ausweitung auf andere Fähigkeiten abgelehnt werde. Rost (2009) im Rahmen seiner Übersichtsarbeit über das Phänomen Intelligenz macht jedoch deutlich, dass diese Auffassung nicht von allen Forschern geteilt werde und diese beispielsweise den Begriff auch auf emotionale Begründungsfaktoren von Intelligenz ausdehnen (dazu beispielsweise das Konzept von Goleman zur emotionalen Intelligenz, 1995). Dies hat wohl auch zur Konsequenz, dass der Begriff General Mental Ability (GMA) oder Allgemeine Mentale Fähigkeit (AMF) gemäß Schmidt & Hunter (1998a, 1998b) entstanden ist respektive immer wieder verwendet wird. Nach Brocke und Beauducel (2001) umfassen weite Definitionen von Intelligenz die akademische, praktische, soziale Intelligenz, Lernfähigkeit, Kreativität und komplexes Problemlösen, während enge Definitionen aus-schließlich die akademische Intelligenz umfassen, wobei präzisiert wird, dass diese akademi-sche Intelligenz sich vor allem in Fertigkeiten manifestiert, die in der Schule und in allgemeinen akademischen Bildungseinrichtungen vermittelt und gefördert werden (Brocke & Beauducel, 2001). Jedoch selbst die Wahl des vergleichsweise engen Fokus auf akademische Intelligenz führt nicht dazu, dass eine allgemeingültige Definition gefunden werden kann (selbst unter Ein-bezug der schon gemachten Aussage bezüglich der Exklusion beispielsweise des Konzepts von

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emotionaler Intelligenz, bleibe es dabei, dass es sich bei Intelligenz um ein hypothetisches Kon-strukt handle (Kramer, 2009). Brocke und Beauducel (2001) verdeutlichen die Konsequenz dieses Sachverhalts: Man bezeichnet Konstrukte dieser Art wegen ihrer prinzipiellen Erweite-rungsfähigkeit und permanenten Erweiterung im Zuge der theoretischen Entwicklung auch als offene Konstrukte, wobei eine einzelne Definition die Breite des Bedeutungsspektrums eines offenen Konstrukts in der Regel nicht erfassen kann, was auch zur Konsequenz hat, dass es für solche Konstrukte beispielsweise keinen „Einheitstest“ gibt. Dies impliziert, dass unterschied-liche Intelligenztests Berechtigung haben. Einen breiten Zugang zum Konstrukt liefern Ey-seneck & EyEy-seneck (1985), die auf die Frage bezüglich der Bedeutung von Intelligenz mit drei Definitionen antworten: Intelligenz A sei das biologische Substrat mentaler Fähigkeit (Schluss-abschnitt dieses Kapitels), die Neuroanatomie und Physiologie des Gehirns, Intelligenz B die Manifestation von Intelligenz A und all jenes, was ihren Ausdruck im Alltagsverhalten beein-flusst, Intelligenz C schließlich sei das Leistungsniveau in psychometrischen kognitiven Fähig-keitstests. Kramer (2009) verweist für die weitere Entwicklung des offenen Konstruktes Intel-ligenz auf Carroll (1982, 1993), Jensen (1987) sowie Funke & Vaterrodt-Plünnecke (1998).

Historisch gilt als erste Person, die sich mit Intelligenz respektive mit dem darunter verstande-nen Konstrukt beschäftigte, der britische Naturforscher Galton, wobei dieser 1869 in seinem Werk Hereditary Genius erstmals die Erkenntnisse der Vererbungslehre auf das menschliche Denkvermögen überträgt (Stern & Neubauer, 2013). Kramer (2009) verdeutlicht, dass Galton, der sich für mentale Fähigkeiten von Individuen interessierte, davon ausging, dass diese in der Bevölkerung normal verteilt sind und mittels einfacher sensorischer und motorischer Aufgaben gemessen werden können (Galton, 1883; zitiert nach Carroll, 1993, S. 31). Rost (2009) erwähnt, dass Galton 1869 dabei einerseits auf die familiäre Häufung von herausragenden Leistenden (,Genies‘) in bestimmten Familien (und damit auf eine nennenswerte biologisch-genetische Verankerung der Leistungsfähigkeit) hingewiesen habe, andererseits offensichtlich auch ange-nommen habe, es gäbe (nur) eine intellektuelle Leistungsfähigkeit, die messbar sei, wobei Gal-ton somit prinzipiell demjenigen Forschungszweig zuzurechnen ist, welcher die Vorstellung vertritt, dass Intelligenz ein eindimensionales Phänomen ist (Kramer, 2009; Lamberti, 2006).

Hier darf angemerkt werden, dass die Frage, ob Intelligenz wirklich normalverteilt sei, auch kritisch zu hinterfragen ist. Diesbezüglich darf auch auf die viel gerühmte Arbeit von Hernstein

& Murray (1994) verwiesen werden. Zudem soll der Frage nachgegangen werden, ob die Mes-sung mittels Verwendung einfacher sensorischer und motorischer Aufgaben der Komplexität

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der Problemsituation der Erfassung aus heutiger Sicht noch gerecht würde (Mattle & Mument-haler, 2008).

Die Theorie von Galton führt sodann zu einer möglichen klassischen Gliederungsmöglichkeit theoretischer Intelligenzkonzepte, welche eine Gliederung nach Anzahl Dimensionen bezie-hungsweise nach der Dimensionalität der Intelligenz zugrunde legt, was die Frage beinhaltet, ob Intelligenz mehrere Dimensionen umfasse oder nur eine. Hierzu haben sich mehrere For-scher geäußert. Eine Position vertritt sicherlich Spearmann (1904) mit seinem Konzept der all-gemeinen Intelligenz im Sinne des General Factors auf der einen Seite der Extreme oder auf der anderen Seite steht Guilford (1965) mit seinem Intelligenzkonzept, das 150 Intelligenzarten unterscheidet (Rost, 2009).

In der Gedankentradition der Eindimensionalität bewegte sich, wie eben erwähnt, insbesondere Spearman, einer der Väter der Intelligenzforschung, der Ende des 19. Jahrhunderts in Leipzig studierte und dort seine Theorie der allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit, die Theorie der generellen Intelligenz g, entwickelt hatte (zur knappen Information über Spearmans Bedeutung für die Psychologie Wiliams et al. 2003) (Rost, 2009). So war Spearman (1904) aufgefallen, dass Schulleistungen (Schulzensuren), die nach dem Augenschein nur wenig oder nichts mitei-nander gemeinsam haben (z. B. klassische Sprachen und Mathematik), dennoch hoch miteinan-der korrelierten (Rost, 2009). Daraus entwickelte er die Hypothese, dass alle Aufgaben, zu de-ren Bewältigung intellektuelle Fähigkeiten erforderlich sind, fast immer positiv, wenn auch nicht vollständig miteinander zusammenhängen: Ein Schüler, der im Schulfach Deutsch eine überdurchschnittlich gute Leistung erbringt, schneidet auch mit einer höheren Wahrscheinlich-keit in einem anderen Schulfach (z. B. Mathematik) überdurchschnittlich gut (statt unterdurch-schnittlich) ab (Kramer, 2009). Und vice versa: Bei schlechten Schulleistungen im Fach Deutsch ist die Wahrscheinlichkeit, in Mathematik ebenfalls Unterdurchschnittliches zu leisten, größer als die Wahrscheinlichkeit einer überdurchschnittlichen Leistung in Mathematik (Kra-mer, 2009). Diese Hypothese der positiven Mannigfaltigkeit (positive mainfold) aller intelli-genten Leistungen bestätigte sich später immer wieder (Kramer, 2009). Rost (2009) fährt fort, dass dies heute keine Hypothese mehr sei, sondern das am besten gesicherte Ergebnis der In-telligenzforschung; es ist eine gegebene, unerbittliche Tatsache und nicht ein Artefakt der Test-konstruktion oder Itemauswahl, wie es manche Kritiker behaupten, wozu Rost (2009) auch auf Jensen (1997) explizit verweist. Um die positive Mannigfaltigkeit zu erklären, formulierte Spe-armann (1904, 1923, 1927; Spearman & Jones, 1950) seine berühmte Generalfaktortheorie der

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Intelligenz: Die positiven Interkorrelationen intellektueller Leistungen werden nach seinem An-satz durch nur eine gemeinsame Dimension gestiftet, die er als generelle Intelligenz (abgekürzt g) bezeichnete (Rost, 2009). Rost (2009) unter Verweisung auf McDonald (1981) erläutert, dass dies, in moderner Terminologie ausgedrückt, heisse, dass Eindimensionalität durch ein Mess-modell, in dem ein einziger Faktor alle Variablenbeziehungen aufklärt, beschrieben werden kann und ausschließlich g, so Spearmans Theorie, stiftet die Korrelation zweier Intelligenzleis-tungen. G stellt in diesem Ansatz eine Zusammenfassung der psychischen Leistungsfähigkeit

Intelligenz: Die positiven Interkorrelationen intellektueller Leistungen werden nach seinem An-satz durch nur eine gemeinsame Dimension gestiftet, die er als generelle Intelligenz (abgekürzt g) bezeichnete (Rost, 2009). Rost (2009) unter Verweisung auf McDonald (1981) erläutert, dass dies, in moderner Terminologie ausgedrückt, heisse, dass Eindimensionalität durch ein Mess-modell, in dem ein einziger Faktor alle Variablenbeziehungen aufklärt, beschrieben werden kann und ausschließlich g, so Spearmans Theorie, stiftet die Korrelation zweier Intelligenzleis-tungen. G stellt in diesem Ansatz eine Zusammenfassung der psychischen Leistungsfähigkeit