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fasst diesbezüglich kurz und knapp zusammen, dass Kinder aus höheren sozialen Positionen die besseren Voraussetzungen für den Schulerfolg mitbringen und in der Schule entsprechend besser abschneiden. Aus gesellschaftspolitischer Sicht ist jedoch diesbezüglich anzumerken respektive Köckeis (1995) zuzustimmen, der es als bedenklich taxiert, dass systematische Paar-vergleiche vermuten lassen, dass innerhalb von Schulklassen mit gleichem Leistungsniveau beispielsweise die Tendenz besteht, die Leistungen der Jugendlichen aus tieferen sozioökono-mischen Schichten (beispielsweise Kinder von Landwirten und Hilfsarbeiter) strenger zu beno-ten und die Jugendlichen der Mittel- und Oberklasse milder. Die Diskussion bezüglich Verzer-rungen im Sinne des Pygmalioneffekts respektive des Rosenthal-Jacobsen-Effekts erhält so de-finitiv zusätzliche Berechtigung. Sehr detaillierte Analysen respektive Übersichten bezüglich des Zusammenhanges zwischen der Benotung und der sozialen Schicht zeigt beispielsweise Ziegenspeck (1999) auf, wobei dieser verdeutlicht, dass schichtspezifische Effekte existent sind.

Neuenschwander & Malti (2009) unter Verweis auf Baumert et al. (2003) versuchen das von Boudon (1974) postulierte Modell der primären und sekundären Ungleichheit um eine Dimen-sion zu ergänzen. Aufgezeigt wird, dass Übertrittsentscheidungen und Bildungsverläufe nicht nur von Noten und Schülerleistungen abhängen, sondern auch von sozialen Selektionsprozes-sen (Neuenschwander & Malti, 2009). Wobei die Prämisse aufgestellt wird, dass soziale Selek-tionsprozesse nicht nur durch den sozio-ökonomischen Status und die Erwartungen der Eltern bestimmt werden, sondern auch durch das soziale Verhalten bzw. Verhaltensprobleme der Ju-gendlichen im Unterricht (Neuenschwander & Malti, 2009).

2.5 Kurzzusammenfassung

Dieses Kapitel setzte sich konzeptionell mit dem Konstrukt der Schulnoten auseinander, wobei in einem ersten Schritt durch historische Bezugnahme festgehalten werden konnte, dass die Note respektive das Zeugnis ursprünglich vor allem für leistungsschwache respektive bedürf-tige Schüler ausgestellt wurde und somit den Noten respektive dem Zeugnis eine gesellschaft-lich-soziale Integrationsfunktion zukam. Dies führte zur Auseinandersetzung des Zusammen-hangs der Note mit dem Phänomen der Schulleistung, wobei aufgezeigt werden konnte, dass die Schulleistung nur teilweise durch die Note approximiert wird respektive ein scheingenauer Indikator für gesellschaftliche Möglichkeiten geschaffen wird (Schelsky, 1957). Die Schulleis-tung wiederum wird beeinflusst durch unterschiedliche Determinanten wie beispielsweise der

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Motivation oder der Intelligenz, wobei auf die Determinanten eingetreten wurde. Dies mündet in die Diskussion der unterschiedlichen Funktionen von Noten, welche relativ breit diskutiert werden und eine abschliessende Verknüpfung mit dem als wichtig zu taxierenden Element der Schulleistung ermöglicht. Die anschliessenden Ueberlegungen zur Objektivität, Reliabilität und Validität verweisen auf die messtheoretische Unschärfe des Instrumentariums der Noten ein abschliessendes Mal. Das Phänomen der Intelligenz als intutitiv wichtig erscheinende Determi-nante der Schulleistung respektive Note wird neben einer kur-zen historischen Perspektive ins-besondere auch aus physiologischer Sicht betrachtet und soll die antropologischen Grenzen ei-nes Individuums verdeutlichen. Dies mündet in einer Ab-handlung der Relevanz der Intelligenz für die Noten, wobei vor allem auf bestehende empiri-sche Daten eingetreten wird und der Zu-sammenhang zwischen den Parametern Intelligenz und Note abgehandelt wird. Auf die zeitli-che Dimension der Intelligenz respektive auf die intraindividuelle Stabilität der Intelligenz über eine längere Zeitspanne wird insbesondere auch im Hinblick auf die empirischen Analysen um-fassend eingetreten. Betrachtungen bezüglich weiterer Prädiktoren der Schulleistung respektive der Note, insbesondere der Abhängigkeit vom Klassenkontext (Big Fish Little Pond Effect), des je nach Kontexts nicht zu unter-schätzenden Effekts des Geschlechts aber auch des sozio-ökonomischen Hintergrundes und Aspekte der Bildungsaspiration werden zusätzlich beleuch-tet, um den vielfältigen Inter-dependenzen des Phänomens der Note insbesondere auch im ge-sellschaftlichen Kontext ge-recht zu werden.

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3 Berufserfolg

3.1 Einleitende Gedanken

Was bedeutet Berufserfolg?41 Ist darunter ein potentiell hohes Einkommen mit dem damit ver-bundenen materiellen Wohlstand, einer hohen hierarchischen Position, der Freiheit, Beliebiges tun und lassen zu können, zu verstehen oder zählt zum beruflichem Erfolg auch die Lebenszu-friedenheit oder die Work-Life-Balance? (Zellweger 2009)

Hofer et al. (2008) erwähnen einen zentralen Punkt „the important criteria of success in psy-chology may literally depend on who you ask“ (S. 457). Ungeachtet des Erfolgsbegriffes res-pektive Berufserfolgsbegriffs kommt dem beruflichen Status in modernen Gesellschaften bei der Verteilung von gesellschaftlichen Ressourcen eine Schlüsselfunktion zu (Spiess-Huldi, 2009). Ein hoher beruflicher Status ermöglicht einen gehobenen Lebensstandard und geht ein-her mit gesellschaftlichem Ansehen, entsprechend bedeutet ein niedriger Berufsstatus oftmals eine eingeschränkte wirtschafltiche Existenz, was auch die soziale Partizipation behindern kann – bis hin zur Ausgrenzung (Spiess-Huldi, 2009). Dies hat wohl mitunter zur Konsequenz, dass für viele junge Menschen heute Erfolg in der Karriere mit dem damit verbundenen Interesse des Einzelnen an Mitteln und Wegen für das berufliche Vorwärtskommen ungebrochen groß zu sein scheint (Spiess-Huldi, 2009). Dies ist mitunter wohl auch Begründungsfaktor für die Tatsache, dass dieses Phänomen die Forschung schon lange interessiert und sich deshalb zahl-reiche Forscher mit dieser Thematik aus den unterschiedlichsten Disziplinen beschäftigt haben, beschäftigen und beschäftigen werden.

Untersuchungen zum Themenkomplex Arbeit haben unter anderen einen Ursprung in der klas-sischen Nationalökonomie, welche auf den Urvater dieses Faches Adam Smith und sein Werk über den Wohlstand der Nationen zurückgeht. Schon Smith beschrieb gewisse ökonomische Prinzipien wie beispielsweise die Nutzenmaximierung des Einzelnen oder auch die potentiellen Vorteile einer arbeitsteiligen Wirtschaft für die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft (Smith, 1998).

Thorndike (1934) war einer der Ersten, welcher Untersuchungen zur Arbeit und insbesondere zur Person machte, welche die Arbeit ausführt. Gegenstand seiner Untersuchungen war die Ar-beitsleistung einer Person und wie man diese vorhersagen und verbessern kann. Analog schon zu Smith (Smith, 1998) war der Fokus dieser Studien kurzfristiger Natur, mit der prinzipiellen

41 Berufserfolg wird in der englischsprachigen Literatur sowohl als occupational success sals auch als career success bezeichnet.

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Zielsetzung der Steigerung der Produktivität. Der eigentliche Berufsverlauf wurde nicht be-trachtet. Diese Lücke wurde erstmals durch Super (1951, 1957, 1984) geschlossen. Er war einer der Ersten, die sich mit dem langfristigen Erfolg bei der Arbeit eines Menschen und mit dem Berufsverlauf an sich beschäftigten. Dabei ging es ihm mehr um die Berufswahl und den Kar-riereverlauf (‚career patter‘) als um den Karriereerfolg an sich. Super definierte ‚career pat-tern‘ als „the occupational level attained and the sequence, frequency, and duration of trial and stable jobs“ (Super, 1984). Es wird erwähnt, dass dieser Karriereverlauf allein die berufli-che Laufbahn bezeichnet und keine Aussagen macht über den Erfolg dieser Laufbahn (Dette, 2009). Dies impliziert, dass eine deutliche Unterscheidung zwischen der beruflichen Laufbahn an sich und dem Erfolg in eben dieser Laufbahn nötig ist. Eine Karriere oder auch Laufbahn muss somit nicht zwangsläufig erfolgreich verlaufen. Diese kann auch eine Aneinanderreihung von unterschiedlichen Arbeiten sein oder einen Abstieg beschreiben. Der Begriff Erfolg ist je-doch prinzipiell positiv konnotiert und impliziert damit bereits eine Richtung in der Laufbahn (Dette, 2009).

Bezüglich der Arbeit und damit dem Beruf herrscht in der Forschung weitgehend Einigkeit dahingehend, dass der Beruf einen wichtigen und zentralen Stellenwert in der Lebensplanung und -gestaltung einnimmt (von Rosenstiel, 2001). Beruflicher Erfolg ist von ökonomischer Re-levanz, denn die meisten Menschen müssen arbeiten, um leben zu können, da der Lohn die einzige oder zumindest die Haupteinkommensquelle darstellt (Eisenhut, 2006). Des Weiteren ist Berufserfolg auch gesellschaftlich ein wesentliches Element eines erfüllten Lebens und hat Relevanz sowohl für die physische als auch die psychische Gesundheit eines Menschen (Sapolsky, 2005). So konnte auch für die Schweiz anhand empirischer Studien klar gezeigt werden, dass Berufserfolg mit dem Bildungsniveau in Verbindung steht und die Höhe des Bil-dungsniveaus eines Menschen wiederum positiv mit der Gesundheit eines Individuums korre-liert (Bopp et al., 2006). So erstaunt es schlussendlich nicht, dass für die meisten Menschen denn auch die Wahl des Berufes, verbunden mit einem befriedigenden Privatleben, unter den wichtigsten persönlichen Lebenszielen zu finden ist (Abele, 2002; Abele, Andrä & Schute, 2000).

Abschließend sei die Wahl des Berufes angesprochen. Fend (2001) erwähnt, dass bereits in der Schule eine Identitätsentwicklung stattfindet hin zur Differenzierung und Entwicklung eines Interessen- und Leistungsprofiles, welches die Ausbildungs- und Berufsentscheidungen deter-miniert. Hierbei muss erwähnt werden, dass der Übergang von der Kindheit in die Adoleszenz

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bedeutet, die Welt nicht mehr als selbstverständlich gegeben zu betrachten und wahrzunehmen und sich mit ihr in ein bewusstes Verhältnis zu setzen (Fend, 2001). Dies erfordert, dass man die Welt kennt und ihre Herkunft, ihre Grundlagen und ihre Gestaltungsmöglichkeiten versteht, um auf dieser Grundlage auch die Berufswahl sinnvoll zu tätigen, was ein Verständnis von beruflichen Optionen voraussetzt (Fend, 2001).

3.2 Begriffsbestimmung

Was bedeutet nun aber explizit der Begriff Berufserfolg? Blömke (2009) bezieht sich auf Trost

& Bickel (1979), Amelang & Zielinski (1997), Judge et al. (2001), Heine et al. (2006) und erwähnt, dass sich die ausgewählten Kriterien zur Definition des Begriffes Berufserfolg unter-scheiden würden und entsprechend auch deren Operrationalisierung unterschiedlich sei. Diese Aussage wird auch von Dette (2005) gestützt, welche erwähnt, dass in der Wissenschaft keine einheitliche Definition von Berufserfolg vorliege. Diese Aussage sei schon im Jahre 1959 durch Stark (1959) gemacht worden und bis heute sei diese Problematik nicht befriedigend gelöst (Gunz & Heslin, 2005). Sie erwähnt weiter, dass einige Forscher sogar erwähnen, dass dieses Konstrukt gar nicht existiere: „Career success is a construct which only exists in people’s minds and which has no clear boundaries“ (Gattiker & Larwood, 1988, S. 570). Diese Tatsache führt dazu, dass zahlreiche unterschiedliche Begriffe existieren und oft inkonsistent benutzt werden (Dette, 2005). Dies hat unweigerlich Unklarheiten zur Konsequenz beim Vergleich der Kon-strukte, den damit verbundenen Konzepten und schlussendlich den Ergebnissen (Dette, 2005).

So entstehen Unklarheiten in der Bezeichnung von Konzepten und Konstrukten und deren Er-gebnisse sind schwierig untereinander zu vergleichen (Dette, 2005). Diese Tatsache führt dazu, dass die Vorhersage von Berufserfolg erschwert wird, denn je nach Definition interagieren die verschiedenen Konstrukte mit unterschiedlichen Prädiktoren (Dette, 2005).42 Auch Merker (2009) erwähnt bezüglich des Berufserfolgsbegriffes, dass Berufserfolg kein klar abgegrenzter Begriff sei und es auch keine von allen geteilte inhaltliche Definition gebe. Er bezieht sich auf Blaschke (1972) und erwähnt des Weiteren, dass diese Aussage deckungsgleich sei mit der von

42 Dette (2005) erwähnt weiter, dass dieser Zustand noch durch die gängige Praxis, Erfolg anhand der in der jeweiligen Studie verwendeten Operrationalisierung zu definieren, erschwert werde. Operationale Definitionen von Berufserfolg sind problematisch, da sie auf der theoretischen Ebene die Fragen „Was ist Erfolg?“ und „Wie wird Erfolg gemessen?“ vermengen, was zu einer weiteren eingeschränkten Reichweite der empirischen Ergeb-nisse führe.

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vielen Forschern beschriebenen Situation und den Fortschritt in der Berufserfolgsforschung be-hindere (Merker, 2009). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Berufserfolg kein klar definiertes Konstrukt war, ist und wohl auch in absehbarer Zeit sein wird (Dette, 2005).