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6.2 Stichprobe

6.2.2 Stichprobe – Datenbasis

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Bezüglich der Ausfälle aus der Ursprungspopulation erwähnen Birkelbach & Meulemann (2004), dass bei dem Schritt von der Primärerhebung zur ersten Wiederbefragung lediglich auf-falle, dass überproportional viele Schüler, die als ehemalige Gymnasiasten das Abitur nicht erreicht haben, nicht mehr teilgenommen haben. Dieses Problem setzt sich in der zweiten Wie-derbefragung fort: Auch hier ist eine Tendenz erkennbar, dass die Erfolgreicheren eher bereit sind, Auskunft zu geben, und somit auch die Geschichte ihrer Erfolge zu berichten (Birkelbach

& Meulemann, 2004; Birkelbach, 2013b). Es besteht ein schwacher, jedoch aber signifikanter Zusammenhang mit der allgemeinen Lebenszufriedenheit und der Befragungsteilnahme (r = ,06) (Birkelbach & Meulemann, 2004).91 Bei konziser Betrachtung lässt sich feststellen, dass die Befragten, die bis 30 ihr Studium erfolgreich abgeschlossen haben, leicht überrepräsentiert sind (Birkelbach & Meulemann, 2004). Bedeutsamer als der Lebenserfolg erwies sich jedoch vor allem das Interesse an der Sache für eine erneute Zustimmung zur Befragung (Birkelbach

& Meulemann, 2004).92

6.2.2 Stichprobe – Datenbasis

Die Kölner Gymnasiasten-Längsschnittsstudie ist eine der wenigen in der Bundesrepublik Deutschland existierenden, wenn nicht gar die einzige Längsschnittstudie, mit Beginn im Gym-nasialalter und Weiterführung bis ins hohe Erwachsenenalter (Birkelbach, 2013).93 Dabei wur-den die Bildungs- und Berufsverläufe einer bildungsprivilegierten Bevölkerungsgruppe außer-ordentlich detailliert vom 16. bis zum mittlerweile 56. Lebensjahr erfasst und je nach Befra-gungswelle mit teilweise dem Lebensalter angepassten unterschiedlichen Fokus analysiert. Die Befragten waren im Jahre 1969 im 10. Schuljahr des Gymnasiums, wobei für diese Primärbe-fragung vor allem auch schulrelevante respektive pädagogisch-psychologische Parameter erho-ben wurden. Die Befragten gehörten somit zu den Ersten, die von den bildungspolitischen Maß-nahmen der 60er-Jahre profitierten (dazu Preiss, 2013). Dabei ist zu erwähnen, dass der Le-benslauf vieler Frauen damals in der Gesellschaft auf eine sogenannt traditionelle

91 Bezüglich der Motivation zur spezifischen Umfrageteilnahme für den Fall des Kölner Gymnasiastenpanels erwähnt Birkelbach (2013b) „Menschen berichten gerne von ihrem Leben“.

92 Die Ausfallanalysen werden in einem Aufsatz in den ZA-Informationen ausführlich dargestellt (Birkelbach, 1998). Zu erwähnen ist ein geringfügiger Erfolgsbias, denn die Erfolgreichen berichten lieber von ihrem Leben, oder auch ein geringfügiger Intelligenzbias, da das durchschnittliche Intelligenzniveau leicht zunimmt (0.5 Ein-heiten), was aber als kaum relevant zu taxieren ist (Birkelbach, 2013b).

93 Auch Mayer (1990) erwähnt, dass sich Meulemann (1990) bezüglich seiner Analyse von Schullaufbahnen und Ausbildungswege auf die wenigen verfügbaren Längsschnittstudien konzentriere. Dies verdeutlicht, dass längs-schnittlich angelegtes Datenmaterial rar gesät ist.

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nung als Hausfrau und Mutter ausgerichtet war (Birkelbach, 1996). Neben der zeitlichen Erfas-sung der einzelnen Erwerbstätigkeiten liegen Daten über die berufliche Stellung, den Verdienst, die Branchen und die Beschäftigungssektoren (öffentlicher Dienst, Privatwirtschaft und beruf-liche Selbständigkeit) vor (Hemsing, 2001). Hemsing (2001) erwähnt unter Bezugnahme auf Jungbauer-Gans (1999) und Diekmann et al. (1993), dass ein großer Vorteil dieses Datensatzes gegenüber dem Mikrozensus darin liege, dass mit der Gymnasiastenstichprobe genaueste In-formationen über die Dauer der Berufserfahrungen vorliegen, welche mit dem Zeitpunkt der Absolvierung der Schule verglichen werden können. Erhebungstechnisch ist zu erwähnen, dass die Primärbefragung am Forschungsinstitut für Soziologie der Universität Köln unter der Lei-tung von René König im Jahre 1969 durchgeführt wurde und, insbesondere wegen der finanzi-ellen Unterstützung des Bundeslands Nordrhein-Westfalen, sehr umfassend erfolgen konnte (Hemsing, 2001). Auch darf bezüglich Datengüte erwähnt werden, dass dieser Teil der Daten sehr sorgfältig erhoben wurde (Birkelbach, 2013b).

Die erste Wiederbefragung fand im Jahre 1985 am Zentralarchiv für empirische Sozialfor-schung (ZA) an der Universität Köln statt, beteiligt waren dabei insbesondere Heiner Meule-mann, Hans-Joachim Hummell, Maria Wieken-Mayer und Rolf Ziegler, die Feldarbeit erfolgte durch das GETAS-Institut in Bremen (Hemsing, 2001). Von den damals rund 30-jährigen ehe-maligen Gymnasiasten konnten schlussendlich 1989 Personen, das entspricht 61 %, wiederbe-fragt werden, wobei die Bewiederbe-fragten retrospektiv ihren bisherigen beruflichen und privaten Le-bensweg „wie in einem tabellarischen Lebenslauf“ (Frageformulierung) angeben mussten (Hemsing, 2001). So konnten detaillierte Informationen, die auch Zeitangaben beinhalten, über die verschiedenen Stationen 10. Schuljahr respektive mittlere Reife, Abitur, Studium respektive Studienwahl, Berufsausbildung, Referendariat und Berufseinstieg miterfasst werden (Hemsing, 2001). Ebenfalls wurden die angestrebten, respektive die Bildungsaspiration, und selbstver-ständlich die tatsächlich erreichten Abschlüsse sowie die studierten Fächer erfragt (Hemsing, 2001). Von den 1989 wiederbefragten Gymnasiasten hatten 1475, also rund drei Viertel, bis zum Wiederbefragungszeitpunkt ein Studium aufgenommen (Hemsing, 2001). Davon hatten 71 % das Studium abgeschlossen, 16 % hatten das Studium abgebrochen und 13 % waren noch Studenten (Hemsing, 2001).

Die zweite Wiederbefragung wurde ebenfalls von der Deutschen Forschungsgemeinschaft ge-fördert und am Institut für Angewandte Sozialforschung der Universität Köln unter der Leitung von Heiner Meulemann und Klaus Birkelbach mit Jörg Otto Hellwig und Werner Hemsing

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durchgeführt (Hemsing, 2001). Bei dieser telefonischen Erhebung konnten von den verbliebe-nen 1989 Persoverbliebe-nen 1596 erneut befragt werden, was als sehr guter sekundärer Ausschöpfungs-grad bezeichnet werden darf (Hemsing, 2001).

Dabei wurde insbesondere auch das Berufsprestige durch eine metrische Skala, die Magnitude-Prestige-Skala (MPS), erfasst, die Bernd Wegener (1985) für die damalige Bundesrepublik Deutschland konstruiert hatte. Das Berufsprestige hat in der Bundesrepublik einen Mittelwert von 63,8 und eine Standardabweichung von 30,8. Die Skala reicht von einem Maximum von 186,8 für Fachärzte respektive Chefärzte bis zu einem Minimum von 20 für Handlanger und ungelernte Handarbeiter (Wegener, 1985; Wegener, 1988).

Die aus den verschiedenen Befragungswellen resultierende Datenbasis umfasst aber nicht nur die spätere berufliche Position detailliert, sondern es wurde, was für die Forschungsfragestel-lung dieser Arbeit entscheidend ist, im Rahmen der Primärerhebung 1969 klassenweise auch sehr detailliert Erhebungen über die schulischen Interessen und klassisch pädagogisch-psycho-logische Parameter, Leistungen und Pläne sowie die soziale Herkunft und ihre Einstellung zum Elternhaus und zur Schule respektive Schulform erhoben (Birkelbach, 2011). Insbesondere wurde auch ein Intelligenz-Struktur-Test (IST) mit vier Subskalen (Amthauer, 1953) durchge-führt, dessen Ergebnisse weder den Lehrern noch den Schülern oder den Eltern mitgeteilt wur-den (Meulemann, 1979). Allgemein ist auch für diesen Befragungsabschnitt bezüglich der Aus-fälle zu erwähnen, dass Analysen zur Panelmortalität zeigen, dass allgemein die Ausfallneigung wesentlich stärker durch Indikatoren der Kooperationsbereitschaft und des Interesses am Thema beeinflusst wurden als als durch biographische Erfolgskriterien (Birkelbach, 2011).

Dennoch ist an den Variablen zum Bildungsverlauf ein als schwach zu taxierender Erfolgsbias ablesbar, der die Varianz der Bildungsverläufe etwas einschränkt, aber gerade deshalb zu einer strengeren Überprüfung möglicher Effekte, beispielsweise der Lehrerurteile auf die Erfolge im Ausbildungs- und Berufsverlauf führen kann (Birkelbach 2011).94

94 Bezüglich der detaillierten Stichprobenausschöpfung wurde der folgende historische Prozess durchlaufen, wel-cher hier der Nachvollziehbarkeit wegen wiedergegeben werden soll. Die Primärbefragung umfasste 3240 Be-fragte, im Rahmen der Recherchetätigkeit vor der Wiederbefragung 1 konnten 241 Personen leider nicht mehr ausfindig gemacht werden, total konnten 2999 Adressen recherchiert werden. Davon beinhaltete die WB1 1020 Ausfälle, 2 gefälschte Interviews und schlussendlich immer noch 1987 Teilnehmer. Davon stimmten 1845 einer Adressspeicherung zu, 142 verweigerten eine weitere Befragung. Im Rahmen der erneut durchgeführten Recher-che vor WB2 konnten 1779 Personen ausfindig gemacht werden, 66 waren nicht reRecher-cherchierbar. Ergebnis von Wiederbefragung 2 waren 183 Ausfälle sowie ein gefälschtes Interview und mit einer Anzahl von 1595 konnte immer noch mehr als die Hälfte der ursprünglichen Stichprobe wiederbefragt werden. Zugestimmt zu einer erneu-ten Adressspeicherung haben sodann 1587, 8 verweigererneu-ten dies. Im Rahmen der Recherche vor WB3 waren für

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Im Rahmen des Unterrichts wurden folgende Fächer unterrichtet, geprüft und entsprechend die Noten erhoben.95 In den Naturwissenschaften Biologie, Chemie, Erdkunde, in den exakten Wis-senschaften die Mathematik und die Physik, in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Latein, Griechisch, weiter in den Kulturfächern Geschichte, Kunst, Musik und Religion sowie Sport (damals offiziell als Leibeserziehung bezeichnet). Wobei zu beachten ist, dass nicht alle Schüler alle Fächer besucht haben, respektive es Haupt- und Nebenfächer gab (dazu Tab. 6.2

& Tab. 6.3 und bivariate Interkorrelationstabelle der Noten getrennt für Männer und Frauen für diejenige Subpopulation, welche auch bei Wiederbefragung 3 noch bereit war, Auskunft zu geben, im Anhang).

Wichtig ist zu erwähnen, dass für die statistischen Analysen nur diejenigen Befragten des Köl-ner Gymnasiastenpanels miteingeschlossen wurden, welche bei WB3 mitgemacht haben (also total 1301), zusätzlich aber auch eine sogenannte studentische Normalkarriere durchliefen (Bir-kelbach, 1996). Also die Sequenz mittlere Reife – erfolgreiches Abitur – Studium96 – Studi-umsabschluss – Berufseintritt, dies reduzierte die totale Stichprobe auf total 767 Personen, res-pektive 326 Frauen und 441 Männer. 97

21 Personen keine Kontaktdaten ermittelbar, für 1566 konnten Telefonnummern oder/und Adressen ermittelt wer-den. Das Ergebnis bei der sehr umfassend und qualitätsmäßig wohl am besten durchgeführten Wiederbefragung 3 ergab 256 Ausfälle (92 aktive Verweigerung, Ausfälle, 3 nicht befragungsfähig infolge Krankheit, 127 waren sonstige Ausfälle und 43 Personen waren sogar schon verstorben). 1301 Personen konnten auf qualitätsmäßig höchstem Niveau wiederbefragt werden, wobei dies für 1283 mittels CATI (Computer assisted Telefon Interview), 2 mittels CAPI (Computer assisted Personal Interview) durchgeführt wurden beispielsweise wegen einer Krank-heit und 16 mit postalischen Fragebogen.

95 Im Rahmen der Primärbefragung wurde auch der gymnasiale Typus miterhoben, was insofern wichtig ist, als dass die Fächerkombination je nach Zweig variiert. Dabei besuchten die Gymnasiasten einen von sieben Zweigen.

Einen neusprachlichen (39,26 %), altsprachlichen (11,91 %), mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig (13,65), ein Aufbauzweig (14,36%), ein Gymnasium für Frauenbildung (15,27%), einen sozialwissenschaftlichen Zweig (1,54%) oder ein Kurssystem (4,02%). Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich die Zusam-mensetzung respektive der prozentuale Anteil der jeweiligen Zweigwahl bei der Untersuchungsstichprobe gering-fügig anders präsentierte.

96 Bezüglich des Studiums ist auf die Veränderungen im Lebensverlauf hinzuweisen. Im Vergleich zu WB1 und WB2 erhöhte sich die absolute Anzahl der Personen, die irgendwann während ihres bisherigen Lebenslaufes ein-mal ein Studium aufgenommen haben, von 1479 in WB1 und 1484 in WB2 auf 1301 in WB3. Alle 1301 Studenten nannten ein erstes Studium, 189 Befragte ein zweites, 21 ein drittes und 2 ein viertes Studium. Die zusätzlich angegebenen Studien sind vor allem auf Promotionen zurückzuführen.

97 Es soll hier auf den Begriff respektive die Auswahl der Untersuchungsstichprobe im Detail hingewiesen wer-den. Dabei wurde der Begriff der studentischen Normalkarriere (SNK) eingeführt. Dabei soll im Rahmen dieser Arbeit Folgendes biographische Muster verstanden sein (Schule – Mittlere Reife – Abitur respektive erfolgreiches Abitur – Studiumsbeginn mit erfolreichem Studiumsabschluss – Berufseintritt mit Erwerbstätigkeit). Wie schon erwähnt, interessierte auch der langzeitliche Verlauf der Personen, in concreto, wie die Individuen die unterschied-lichen biographischen Stationen durchliefen. Dabei wurde aus der resultierenden Schnittmenge von 1301 (Teil-nahme an Wiederbefragung 3) und aus den 1485 (erfolgreiches Absolvieren eines Studiums) wiederum nur dieje-nigen gewählt, welche zwischen Abitur und Studienbeginn nicht zu viele biographische Zwischenstopps hatten.

So wurden beispielsweise diejenigen mit längerem Dienst beim Bund oder aber auch bei längeren Phasen des Zwischenverdiensts nicht inkludiert. Weiter darf angemerkt werden, dass beispielsweise von den total 1485 Stu-denten, die von einem ersten Studium berichteten, 189 Befragte von einem zweiten und 21 Befragte von einem

191 6.2.3 Stichprobe – Datenqualität und fehlende Daten

Die Datenerfasssung respektive Datenerhebung erfolgte im Rahmen der Erstellung des Kölner Gymnasiastenpanels und enthielt für die Wiederbefragung 3 die umfassende Zahl von 2400 Variablen.98 Bezüglich der Daten ist auf die Spezifika des Kölner Gymnasiastenpanels (KGP) aufmerksam zu machen. Die verwendeten Daten lagen für vier Befragungszeitpunkte vor, wo-bei jedoch die Befragungen der jeweiligen Lebensituation angepasst wurden. Standen somit im Rahmen der Erstbefragung vor allem schulische Größen im Zentrum, so wurde die Fragethe-matik selbstverständlich der jeweiligen Lebenssituation bewusst und mit unterschiedlichem Fo-kus angepasst (dazu Meuelemann, 1979; Meulemann, 1988; Birkelbach & Meulemann, 2004;

Birkelbach, Grauenhorst, Meulemann, Neumeyer, Reinelt, Wawrzyniak, Weber, Heise & Klug, 2011). Auch arbeiteten verschiedentlich Forscher mit den Daten, so dass prinzipiell für gewisse Variablen auch schon vorbearbeitete und geprüfte Datensätze vorhanden gewesen wären (dazu beispielsweise Hemsing, 2001). Gleichwohl wurde insbesondere zur Ermöglichung des Nach-vollziehens des Erhebungsprozesses einerseits und andererseits zur optimalen Sicherstellung der Qualität der Daten der Weg der Eigenerstellung von zwei geschlechtsgetrennten Dateien gewählt. Zu erwähnen ist insbesondere, dass prinzipiell nicht nur Erhebungen zu den jeweiligen Zeitpunkten der Befragung durchgeführt wurden, sondern insbesondere zur Erfassung des Stu-dien- und Berufsverlaufes alle Stationen des Lebenslaufes erfragt und entsprechend dokumen-tiert wurden. So lagen für die Personen, welche bei Wiederbefragung 3 teilgenommen hatten,

dritten Studium und 2 Personen gaben gar ein viertes Studium an, wobei zu erwähnen ist, dass die zusätzlich angegebenen Studien vor allem auf Promotionen zurückzuführen sind. Personen mit der Sequenz Studium mit anschließender Promotion wurden selbstverständlich miteingeschlossen.

98 Es wurde in Anlehnung an das Schema von Schendera (2007) versucht die Qualität der Daten sicherzustellen:

Definition der Daten, Erstellen eines Prüfplanes (inkl. Ressourcen, Datenprozessen usw.), Überprüfen der Daten (anhand festgelegter Kriterien, Massnahmen und Toleranzen), Diagnose der Ursachen (bei Abweichungen von Definitionen), Entwicklung einer Lösung für Daten und Ursachen (Planung und Kalkulation), Re-Definition der Daten (z. B. anhand optimierter Theorien) und Überprüfung der Theorie (Ursache).