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1.8.1 β-Lactamasen: Klassifizierung, Struktur und Mechanismus

Neben der Optimierung des G3P selbst, sollte TEM-1 β-Lactamase aus E. coli mit der Proside-Methode stabilisiert werden.

β-Lactame inhibieren die membrangebundenen Transpeptidasen, die in der bakteriellen Zellwandsynthese eine wichtige Rolle bei der Quervernetzung der Peptidoglycanketten spielen. Transpeptidasen werden deshalb häufig als „penicillin binding proteins“ oder PBPs bezeichnet. β-Lactam-Antibiotika ähneln dem D-Ala-D-Ala-Substrat (Peptidylrest an N-Acetylglucosamin) der Transpeptidasen und binden anstelle des Substrats, so daß die Transpeptidierung behindert wird. Die Folge ist ein schwach vernetztes Peptidoglycangerüst, wodurch die Bakterien anfällig für Zellyse werden (Ghuysen et al., 1996; Wilke et al., 2005).

β-Lactamasen sind Enzyme, welche die Hydrolyse der Amidbindung des β-Lactam-Rings von Penicillinen, Cephalosporinen und verwandten Verbindungen spalten. Sie verleihen ihrer Wirtszelle damit Resistenz gegenüber diesem Antibiotikum. β-Lactamasen sind vor allem in

Gram-negativen Bakterien wichtig; sie stellen den wichtigsten Schutz gegen β-Lactam-Antibiotika dar. Da β-Lactamasen sowohl auf dem Chromosom als auch auf Plasmiden und Transposons codiert sind, können sie leicht durch diese mobilen genetischen Elemente unter den verschiedenen Bakterien verbreitet werden (horizontaler Gentransfer) (Wilke et al., 2005;

Davies, 1994). Nach der Expression werden β-Lactamasen in Gram-negativen Bakterien in das Periplasma sekretiert bzw. in Gram-positiven Bakterien an die Cytoplasmamembran gebunden oder sekretiert.

Gemäß ihrer Primärsequenz werden die über 470 bekannten β-Lactamasen in vier Klassen eingeteilt (Klassen A-D) (Vanhove et al., 1995; Ambler, 1980). Für Vertreter jeder der vier Klassen konnten mittlerweile Kristallstrukturen gelöst werden (Fisher et al., 2005).

β-Lactamasen der Klassen A, C und D besitzen eine ähnliche Struktur und einen ähnlichen Mechanismus. Durch Deprotonierung wird ein Serin-Nukleophil im aktiven Zentrum gebildet, das den β-Lactamring angreift und zur Entstehung eines Acyl-Enzym-Intermediats führt. Das Intermediat wird durch ein mittels einer Base aktiviertes Wassermolekül hydrolysiert. Diese Serin-β-Lactamasen unterscheiden sich nur in der Base für Acylierung und Deacylierung (Wilke et al., 2005). Klasse B-β-Lactamasen sind Zink-Metallo-β-Lactamasen, die sich in Sequenz, Faltung und Mechanismus komplett von den Serin-β-Lactamasen unterscheiden. Es gibt drei Unterklassen, B1-B3, der Metallo-β-Serin-β-Lactamasen.

Enzyme der Klassen B1 und B3 können ein oder zwei Zinkionen binden (Heinz und Adolph, 2004), Enzyme der Klasse B2 ausschließlich ein Zinkion (Garau et al., 2005). Gemäß ihrer Substratspezifität können die Klasse A-β-Lactamasen als Penicillinasen, Klasse C-Enzyme als Cephalosporinasen und Klasse D-Enzyme als Oxacillinasen bezeichnet werden (Frère, 1995).

Da β-Lactam-Antibiotika breiten Einsatz finden, haben sie zur Evolution von β-Lactamasen mit einem erweiterten Substratspektrum (extended-spectrum β-Lactamases, ESBL) und der Entwicklung neuer plasmidcodierter AmpC β-Lactamasen geführt (Fisher et al., 2005; Poole, 2004).

Die Expression von β-Lactamase wird durch ein System aus einem Repressor BlaI und einem Rezeptor BlaR reguliert, wobei der genaue Regulationsprozeß noch nicht bekannt ist.

Kristallstrukturen der beiden Komponenten geben jedoch erste Einblicke (Melckebeke et al., 2003; Safo et al., 2005; Kerff et al., 2003).

1.8.2 TEM-1 β-Lactamase: Struktur und Aktivität

Die TEM-1 β-Lactamase aus E. coli gehört zu den Klasse A β-Lactamasen, die weitgehend plasmidcodiert und sowohl bei Gram-positiven als auch bei Gram-negativen Bakterien weit verbreitet sind (Petrosino et al., 1998). Die TEM-1 β-Lactamase ist auf dem Tn3-Transposon codiert (Datta und Kontomichalou, 1965). Es handelt sich um ein monomeres Protein (263 Aminosäuren), das aus zwei Domänen besteht. Die erste Domäne ist aus fünf β-Strängen und drei α-Helices aufgebaut, die zweite Domäne aus sechs α-Helices und vier 310-Helices (Herzberg, 1991). Das aktive Zentrum des Enzyms ist an der Domänengrenzfläche lokalisiert.

Der sogenannte Omega-Loop, der die Reste 161-179 umfaßt, bildet den Eingang zum aktiven Zentrum. Für die Katalyse sind die Reste Ser70, Lys73, Glu166 und Asn170 wichtig. Ser70 ist das katalytisch aktive Nukleophil, welches den β-Lactamring angreift, Lys73 trägt im aktiven Zentrum zur Ausbildung eines komplexen Wasserstoffbrückennetzwerks bei. Glu166 und Asn170 positionieren das für die Hydrolyse des Acylintermediats nötige Wassermolekül (Lamotte-Brasseur et al., 1991). Die TEM-1 β-Lactamase enthält eine Disulfidbrücke zwischen den Resten Cys77 und Cys123. Auch in Abwesenheit der Disulfidbrücke liegt das Protein in nativer Konformation vor, ist allerdings um 14 kJ/mol gegenüber dem Wildtyp-Protein destabilisiert (Schultz et al., 1987; Vanhove et al., 1997). Das disulfidfreie Wildtyp-Protein zeigt weiterhin β-Lactamase-Aktivität. Bei thermischer Denaturierung des Proteins ist jedoch nach anschließender Rückfaltung keine Aktivität mehr meßbar (Vanhove et al., 1997). Die Struktur von TEM-1 β-Lactamase basierend auf den Kristallstrukturdaten (Jelsch et al., 1993) ist in Abbildung 1.4 dargestellt.

Ω-Loop Glu166

Ser70

Lys73

Abbildung 1.4: Struktur der TEM-1 β-Lactamase aus E. coli. Dargstellt sind die Sekundärstrukturelemente in der Bänderdarstellung. Die Abbildung wurde mit dem Programm MolMol erstellt und basiert auf den Kristallstrukturdaten der TEM-1 β-Lactamase (Jelsch et al., 1993, pdb-file 1btl).

Die β-Lactamase dient als ein Modellprotein zur Untersuchung der Prinzipien von Aktivität und Stabilität. Aus einer Vielzahl von Untersuchungen sind bereits Positionen und Mutationen bekannt, welche die Stabilität der β-Lactamase erhöhen. Dazu gehört die in der Natur vorkommende Mutation M182T (Sideraki et al., 2001) sowie die Mutation E104K (Raquet et al., 1995). Mutationen, welche die Aktivität des Enzyms beeinflussen, sind in der Nähe des aktiven Zentrums (R164S, A237T, G238S und E240K), aber auch in der Struktur weit von diesem enfernt (Q39K, M182T) lokalisiert. Diese zwei Typen von Mutationen haben

unterschiedliche Effekte auf die Aktivität. Mutationen in der Nähe des aktiven Zentrums erhöhen die katalytische Effizienz, während Mutationen entfernt von der Bindungstasche der Aktivität entgegenwirkende Stabilitätsdefekte kompensieren (Huang und Palzkill, 1997).

Mutagenese-Experimente haben gezeigt, daß die meisten Mutationen im Omega-Loop die Hydrolyse-Aktivität gegenüber Ceftazidim erhöhen (Petrosino und Palzkill, 1996; Palzkill et al., 1994). Die Wildtyp-Aminosäuren 164-179 sind in ionischen Wechselwirkungen involviert, die diese Region stabilisieren (Jelsch, 1993). Mutationen in diesem Bereich der β-Lactamase vermindern sterische Spannungen, ermöglichen eine Vergrößerung der Bindungstasche und damit eine Änderung in der Substratspezifität (Petrosino und Palzkill 1996; Palzkill et al., 1994).