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3.1 Eine stabile disulfidfreie Variante des Gen-3-Proteins des filamentösen Phagen fd

3.1.4 GdmCl-induzierte Entfaltung

Zusätzlich zur thermischen Entfaltung wurde die Denaturierungsmittel-induzierte Entfaltung der Varianten untersucht. Die GdmCl-induzierte Entfaltung kann mittels zweier Sonden betrachtet werden. In der N1-Domäne sind drei Tyrosinreste und drei Tryptophanreste vorhanden, deshalb kann die Änderung der Tryptophanfluoreszenz als Sonde für die N1-Domäne verwendet werden. Bei der Entfaltung geht vermutlich eine Fluoreszenzlöschung der Tryptophanreste in N1 durch die räumlich nahen Histidinreste 221-226 (des für die Reinigung verwendeten His-Tags) verloren, so daß ein Anstieg der Fluoreszenz bei 360 nm zu erwarten ist. Da in der N2-Domäne ebenfalls ein Tryptophan (W181) enthalten ist, wird diese Sonde häufig durch einen Beitrag dieses Tryptophans verändert. Die N2-Domäne enthält elf Tyrosinreste und nur ein Tryptophan, so daß die Änderung der Tyrosinfluoreszenz als Sonde für diese Domäne verwendet werden kann. Im Referenz-Protein G3P* löscht His129 die Fluoreszenz benachbarter Tyr-Reste. Bei der Entfaltung geht dieser Effekt verloren, und es kommt zu einem Anstieg der Fluoreszenz. Dies gilt auch für die hier betrachteten Varianten

mit Mutationen an den Positionen 188 und 201. Die GdmCl-induzierten Entfaltungsübergänge der Varianten mit substituierter Disulfidbrücke in N2 sind in Abbildung 3.4 dargestellt.

rel. Fluoreszenz bei 310 nm (a)

rel. Fluoreszenz bei 360 nm

(b)

Abbildung 3.4: GdmCl-induzierte Entfaltung der Varianten mit substituierter Disulfidbrücke C188-C201 in N2, G3P* (2, ●), C188A/C201L (3, ▲), C188G/C201V (5, □) und C188V/C201A/T56I (6, ■). (a) Entfaltungsüber-gänge der N2-Domänen beobachtet bei 310 nm (Anregungswellenlänge 280 nm), (b) EntfaltungsüberEntfaltungsüber-gänge der N1-Domänen beobachtet bei 360 nm (Anregungswellenlänge 295 nm), (c) normierte Entfaltungsübergänge der N2-Domänen, (d) normierte Entfaltungsübergänge der N1-Domänen. Die Übergänge wurden mit 0,5 µM Protein in 100 mM Kalium-Phosphat, pH 7,0 bei einer Schichtdicke von 1 cm, bei 25 °C und Bandbreiten von 5 nm (Anregung) und 10 nm (Emission) gemessen. Die Numerierung der Varianten entspricht Tabelle 3.2.

Im Vergleich zur stabilisierten, disulfidhaltigen Variante G3P* fällt die starke Destabilisie-rung durch die Substitution der Disulfidbrücke in der Domäne auf. Die Entfaltung der N2-Domänen zeigt für die Stabilität die gleiche Abfolge der Varianten wie bei der thermischen Entfaltung, d. h. der Valin / Alanin-Ersatz ist am stabilsten.

Auch für den Ersatz der Disulfidbrücke C46-C53 in der N1-Domäne wurde die GdmCl-induzierte Entfaltung der Varianten untersucht (Abbildung 3.5). Interessanterweise ist die Fluoreszenz der Varianten ohne die C46-C53-Disulfidbrücke stark erhöht und nimmt im Verlauf der Entfaltung ab, nicht zu wie beim Wildtyp-Protein. Vermutlich löscht C46-C53 die Fluoreszenz des benachbarten Tyr102 im gefalteten, aber nicht im entfalteten Wildtyp-Protein.

rel. Fluoreszenz bei 310 nm

(a)

rel. Fluoreszenz bei 360 nm (b)

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Abbildung 3.5: GdmCl-induzierte Entfaltung der Varianten mit substituierter Disulfidbrücke C46-C53 in N1, G3P* (2, ●), C46A/C53L (7, ▼), C46G/C53I (8, ■), C46G/C53V (9, □), C46A/C53V (10, ○), C46I/C53V (11, ▲). (a) Entfaltungsübergänge der N2-Domänen beobachtet bei 310 nm (Anregungswellenlänge 280 nm), (b) Entfaltungsübergänge der N1-Domänen beobachtet bei 360 nm (Anregungswellenlänge 295 nm), (c) normierte Entfaltungsübergänge der N2-Domänen, (d) normierte Entfaltungsübergänge der N1-Domänen.

Die Übergänge wurden mit 0,5 µM Protein in 100 mM Kalium-Phosphat, pH 7,0 bei einer Schichtdicke von 1 cm, 25 °C und Bandbreiten von 5 nm (Anregung) und 10 nm (Emission) gemessen.

Die Ergebnisse aus der GdmCl-induzierten Entfaltung bestätigen die Ergebnisse der thermischen Entfaltung. Die Übergangsmittelpunkte der Entfaltungsübergänge bei den Wellenlängen 310 nm (Sonde für die N2-Domäne) und 360 nm (Sonde für die N1-Domäne) sind praktisch identisch. Dies bestätigt, daß die Domänendissoziation tatsächlich mit der Entfaltung beider Domänen gekoppelt ist. Die Reihenfolge der Varianten entspricht den ther-mischen Stabilitäten und ist im Einklang damit, daß Ile / Val der beste Disulfidbrückenersatz an diesen Positionen ist.

In Tabelle 3.4 sind die Stabilitätsdaten für die GdmCl-induzierte Entfaltung der 2SS-Varianten aufgeführt. Die geringe Änderung des Fluoreszenzsignals der Sonden für N1 und N2 sowie der Einfluß von Trp181 (N2) auf die Trp-Fluoreszenz-Sonde für N1 führen zu einer geschätzten Genauigkeit von etwa ± 10 %.

Tabelle 3.4: Stabilitätsdaten für Wildtyp-G3P, sowie die 2SS-G3P*-Varianten und 1SS-G3P*.

Nr. G3P-Variante Entfaltung von N2 (310 nm) Entfaltung von N1 (360 nm) m ∆GD25°C

(kJ/mol)

[GdmCl]1/2 (M)

m ∆GD25°C (kJ/mol)

[GdmCl]1/2 (M)

1 Wildtyp 18,8 26,6 1,4 8,6 22,6 2,6

2 G3P* 14,9 37,2 2,5 8,9 28,6 3,2

3 C188A/C201L 13,4 15,3 1,1 5,0 15,4 3,1

4 C188G 12,4 10,3 0,8 5,9 18,6 3,1

5 C188G/C201V 20,2 30,8 1,5 6,2 20,3 3,3

6 C188V/C201A/T56I 22,5 32,9 1,5 8,8 31,7 3,6

7 C46A/C53L 14,2 24,6 1,7 45,6 77,4 1,7

8 C46G/C53I 23,3 41,0 1,8 39,9 70,1 1,8

9 C46G/C53V 15,5 29,7 1,9 21,9 39,6 1,8

10 C46A/C53V 19,1 39,4 2,1 20,3 40,6 2,0

11 C46I/C53V 14,3 34,7 2,4 18,6 44,2 2,4

12 1SS-G3P* 2,1 1,5

Angegeben sind die Übergangsmittelpunkte ([GdmCl]1/2 (M), sowie der Kooperativitätsparameter m (kJ mol-1 M-1) und ∆GD25°C (kJ/mol) in Abwesenheit des Denaturierungsmittels für die N2- und die N1-Domäne. Da die Fluoreszenzänderung bei den betrachteten Wellenlängen sehr klein ist, wird die Genauigkeit auf

± 10 % geschätzt. Die Entfaltung der N2-Domäne wurde nach Anregung bei 280 nm anhand der Fluoreszenzänderung bei 310 nm verfolgt. Die Entfaltung der N1-Domäne wurde nach Anregung bei 295 nm anhand der Fluoreszenzänderung bei 360 nm vefolgt. Die Analyse der Daten erfolgte für beide Domänen auf der Grundlage eines Zweizustandsmodells. Für die Varianten mit substituierter Disulfidbrücke Cys46-Cys53 in N1 ist nur die Angabe apparenter thermodynamischer Parameter möglich, da die Annahme des Zweizustandsmodells für die beiden separaten Domänen nicht mehr zutrifft, die kooperative Einheit umfaßt in diesem Fall beide Domänen. Für 1SS-G3P* ist lediglich die GdmCl-Konzentration angegeben, bei der die Hälfte der Fluoreszenzänderung erreicht ist, da in diesem Fall der Mechanismus der Entfaltung nicht dem Zweizustandsmodell folgt.

Für die Varianten mit substituierter Disulfidbrücke Cys188-Cys201 entsprechen die m-Werte und damit die Kooperativitäten von N1 und N2 im Rahmen der Genauigkeit den Ergebnissen für das disulfidverbrückte Protein. Für die Varianten mit substituierter Disulfidbrücke Cys46-Cys53 in N1 sind die Kooperativitäten für die Übergänge bei beiden betrachteten Wellenlängen größer. Bei einer gekoppelten Entfaltung der Domänen müßte auch die Kooperativität der Übergänge der Summe der Kooperativitäten von N1 und N2 entsprechen.

Dies trifft nur für einige Varianten in etwa zu. Eine genauere Aussage ist hier nicht möglich, da wegen der geringen Fluoreszenzänderung der m-Wert nicht verläßlich bestimmt werden konnte.