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3.4 Faltung des stabilisierten, disulfidfreien G3P

3.4.2 Faltungskinetiken des N1N2-Fragments

Die Fluoreszenzemissionsspektren der 0SS-G3P*-Varianten (3.2.4.2) und die zugehörigen Gleichgewichtsübergänge zeigen, daß die Änderungen der Tyr- und Trp-Fluoreszenz bei 320 nm bei diesen Varianten nicht als selektive Sonden für jeweils eine Domäne verwendet werden können. Bei dieser Wellenlänge sind sowohl Beiträge der N2- als auch der N1-Domäne zu beobachten. Die Trp-Fluoreszenz (360 bzw. 370 nm) ist jedoch nach wie vor für

N1 selektiv. Entfaltungs- und Rückfaltungsexperimente bei verschiedenen Wellenlängen geben daher Auskunft über die Faltung der beiden Domänen im N1N2-Fragment. Für die Beobachtung der Entfaltung von N2 in Gegenwart der gefalteten Domäne N1 wurde die Trp-Fluoreszenz des W181 in der N2-Domäne verwendet. Um die Faltung des disulfidfreien G3P* mit dem disulfidverbrückten Protein zu vergleichen, wurden Entfaltungs- und Rückfaltungsexperimente verschiedener 0SS-G3P*-Varianten analysiert.

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Abbildung 3.40: (a) Chevron-Auftragung der Entfaltungs- und Rückfaltungsraten von 0SS-G3P*

R29W/N39K/F199L. (b) Amplituden der Entfaltungs- und Rückfaltungsreaktionen in Abhängigkeit von der GdmCl-Konzentration. Dargestellt sind die Raten der Entfaltungs- (▲) und Rückfaltungsreaktionen (∆) der N1-Domäne im N1N2-Fragment und der Entfaltungs- (●) und Rückfaltungsreaktionen (○) der isolierten N1-N1-Domäne gemessen anhand der Trp-Fluoreszenz in stopped-flow-Experimenten. Die Rate der Entfaltungs- (●) und Rückfaltungsreaktionen (○,□) für das N1N2-Fragment wurden mittels Tyrosinfluoreszenz bei 305 nm nach Anregung bei 280 nm verfolgt. Dargestellt sind außerdem die Raten der Rückfaltungsreaktion des N1N2-Fragments beobachtet anhand der Trp-Fluorszenz bei 360 nm nach Anregung bei 280 nm (○,●,■). Alle Kinetiken wurden mit 0,5 µM Protein in 100 mM Kalium-Phosphat, pH 7,0 bei 25 °C gemessen. Die Schichtdicke betrug 1 cm (Bandbreiten: 3 nm (Anregung), 5 nm (Emission)). Die Faltungsreaktionen der N1-Domäne wurden in stopped-flow-Experimenten anhand der Trp-Fluoreszenz gemessen.

Abbildung 3.40 zeigt die Chevron-Auftragung der Faltungsraten für die 0SS-G3P*-Variante R29W / N39K / F199L (Variante 41, Tabelle 3.7). Die Rückfaltungsreaktion der N1-Domäne im N1N2-Fragment wurde, wie die Faltung der isolierten N1-Domäne (vgl. Abbildung 3.39),

in stopped-flow-Experimenten gemessen und verläuft in wenigen ms. Die Entfaltung der N1-Domäne im N1N2-Fragment kann nur bei entfaltet vorliegender N2-N1-Domäne unabhängig von der Domänendissoziation betrachtet werden. Dies kann durch ein Doppelmischexperiment erreicht werden. Dabei wird das entfaltete N1N2-Fragment 1 s lang in 0,3 M GdmCl rückgefaltet. In dieser Zeit faltet die N1-Domäne, nicht aber die N2-Domäne. Ein anschließender Sprung in Entfaltungsbedingungen ermöglicht es so, die Entfaltung der N1-Domäne separat zu messen. Sowohl die Raten dieser Entfaltungs-, als auch die Raten der Rückfaltungsreaktionen stimmen mit den Faltungsraten der isolierten N1-Domäne (Abbildung 3.39) überein. Das bereits für das disulfidverbrückte G3P* festgestellte Abflachen des Verlaufs der Faltungsraten bei sehr niedrigen und hohen GdmCl-Konzentrationen im N1N2-Fragment (Martin und Schmid, 2003c) kann auch in diesem Fall beobachtet werden. Bei 0,5 M GdmCl faltet die N1-Domäne mit einer Zeitkonstante von 4,9 ms. Die Summe der kinetischen m-Werte stimmt für die N1-Domäne nicht mit dem Gleichgewichts-m-Wert überein. Zusammen mit dem Amplitudenverlust bei niedrigen GdmCl-Konzentrationen läßt dies, wie beim Referenzprotein 3SS-G3P*, auf die Existenz eines Intermediats schließen.

Außerdem wird bei der disulfidfreien Variante die Entfaltung der N1-Domäne sehr stark verlangsamt, wenn die N2-Domäne nativ gefaltet und mit N1 assoziiert vorliegt, ebenfalls wie beim disulfidverbrückten Referenzprotein 3SS-G3P*.

Die Entfaltung und Rückfaltung der N2-Domäne ist langsam und verläuft in zwei Schritten.

Sie kann nach manueller Mischung anhand von zwei verschiedenen Sonden (Tyr- und Trp-Fluoreszenz) beobachtet werden. Beide Sonden liefern übereinstimmende Daten für die Entfaltungs- und die Rückfaltungsreaktionen im N1N2-Fragment. Auch im disulfidfreien G3P* können zwei Rückfaltungsphasen für N2 beobachtet werden. Mit Zeitkonstanten von 37 s bzw. 826 s (in 0,5 M GdmCl) sind sie 5- bzw. 20-mal langsamer als beim disulfidverbrückten Protein. Die Entfaltung des disulfidfreien N1N2-Fragments ist hingegen um etwa eine Zehnerpotenz schneller als im disulfidverbrückten G3P*. Die Entfaltung konnte für das disulfidfreie G3P* ebenfalls als monoexponentielle Funktion beobachtet werden.

Tabelle 3.16: Zeitkonstanten der Rückfaltungs- und Entfaltungsphasen der 0SS-G3P*-Varianten im Vergleich zum disulfidverbrückten Referenzprotein G3P*.

Rückfaltung in 0,5 M GdmCl Entfaltung in 4,5 M GdmCl

Nr. G3P*-Varianten τ1 (s) (N1) τ2 (s) (N2) τ3 (s) (N2) τ4 (s) (N1) τ5 (s) (N1N2)

2 3SS G3P* 0,0094 7 42 0,028 71

19 0SS R29W/N39K/F199L 0,0021 37 826 0,004 -

21 0SS N15G/R29W/

N39K/G55A/F199L 0,0017 46 1538 0,020 2

23

0SS N15G/R29W/

N39K/G55A/T56I/

I60V/N138G/L198P/

F199L/S207L

0,0027 3 81 0,013 161

Aufgeführt sind die sehr schnelle Faltungsphase der N1-Domäne (τ1), die beiden Faltungsphasen der N2-Domäne (τ2 und τ3) in 0,5 M GdmCl sowie die Entfaltungsphasen der N1-Domäne (τ4) und des N1N2-Fragments 5) in 4,5 M GdmCl. Für die maximal stabilisierte 0SS-G3P*-Variante ist dabei die langsame Entfaltungsphase angegeben, welche die größere Amplitude besitzt.

Die Zeitkonstanten der Faltungs- und Entfaltungsphasen sind in Tabelle 3.16 aufgeführt.

Für die 0SS-G3P*-Variante N15G / R29W / N39K / G55A / F199L (Variante 21, Tabelle 3.2) sind in Abbildung 3.41 beispielhaft Entfaltungs- und Rückfaltungskinetiken bei Betrachtung mit verschiedenen Fluoreszenzsonden gezeigt.

300 150

0 1500 3000 4500 6000

340

rel. Fluoreszenz bei 320 nm

(a)

rel. Fluoreszenz bei 320 nm

(b)

300 200 100

0 1000 2000 3000 4000

130

rel. Fluoreszenz bei 370 nm

(c)

rel. Fluoreszenz bei 370 nm

(d)

Abbildung 3.41: Entfaltungs- und Rückfaltungskinetiken von 0SS-G3P* N15G/R29W/N39K/G55A/F199L.

(a) Entfaltungskinetiken beobachtet anhand der Fluoreszenz bei 320 nm nach Anregung bei 280 nm in Gegenwart von 4 M (○), 3,5 M (●) und 2,75 M (∆) GdmCl. (b) Rückfaltungskinetiken beobachtet anhand der Fluoreszenz bei 320 nm in Gegenwart von 0,5 M (●), 0,75 M (○) und 1,0 M (∆) GdmCl.

(c) Entfaltungskinetiken beobachtet anhand der Trp-Fluoreszenz bei 370 nm nach Anregung bei 295 nm bei 3,5 M (●) und 3,75 M (○) GdmCl. (d) Rückfaltungskinetiken beobachtet anhand der Trp-Fluoreszenz bei 370 nm in Gegenwart von 2,0 M (●) und 2,5 M (∆) GdmCl. Die Kinetiken wurden mit 0,5 µM Protein in 100 mM Kalium-Phosphat, pH 7,0 bei 25 °C und einer Schichtdicke von 1 cm (Bandbreiten: 5 nm (Anregung), 10 nm (Emission)) gemessen.

Bei Entfaltung nimmt das Fluoreszenzsignal bei 320 nm nach Anregung bei 280 nm ab, bei der Rückfaltung des Proteins sind gegenläufige Amplituden der beiden Phasen zu beobachten.

Hier folgt der Fluoreszenzabnahme in der schnellen Phase eine langsame Phase, die durch eine Zunahme der Fluoreszenz gekennzeichnet ist. Abbildung 3.41 a und b zeigen, daß die Amplituden der schnellen Phase in Ent- und Rückfaltung gleichgerichtet sind. Dies könnte ein Hinweis auf ein hyperfluoreszentes Intermediat sein. Die Entfaltungsreaktion verfolgt mittels der Trp-Fluoreszenz nach selektiver Anregung bei 295 nm ist durch eine Fluoreszenzzunahme gekennzeichnet. Für die Rückfaltung ergibt sich ein ähnlicher Verlauf wie bei 320 nm, einer schnellen Abnahme der Fluoreszenz folgt eine langsame Fluoreszenzzunahme. Die Amplitude

bei selektiver Anregung der Tryptophane ist sehr klein, deshalb ist die Beobachtung der Faltungsreaktion anhand der Fluoreszenz bei 320 nm günstiger. Beide Sonden liefern jedoch übereinstimmende Ergebnisse für die Faltungsraten des N1N2-Fragments. Die Chevron-Auftragung der Faltungsraten ist in Abbildung 3.42 a dargestellt.

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Abbildung 3.42: Chevron-Auftragung für (a) 0SS-G3P* N15G/R29W/N39K/G55A/F199L und (b) 0SS-G3P*

N15G/R29W/N39K/G55A/T56I/I60V/N138G/L198P/F199L/S207L. Dargestellt sind die Raten der Entfaltungs- (▲) und Rückfaltungsreaktionen (∆) der N1-Domäne im N1N2-Fragment und der Entfaltungs- (●) und Rückfaltungsreaktionen (○) der isolierten N1-Domäne gemessen anhand der Trp-Fluoreszenz oberhalb von 350 nm in stopped-flow-Experimenten. Die Rate der Entfaltungs- (●, ○) und Rückfaltungsreaktionen (■, □) für das N1N2-Fragment wurden mittels Tyrosinfluoreszenz bei 320 nm nach Anregung bei 280 nm verfolgt.

(a) Dargestellt sind außerdem die Raten der Entfaltungs- (○, ●) und Rückfaltungsreaktion (■, □) des N1N2-Fragments beobachtet anhand der Trp-Fluorszenz bei 370 nm nach Anregung bei 295 nm. (b) Die Rückfaltungsraten der N2-Domäne in Gegenwart der gefalteten N1-Domäne (■, □) und die Entfaltungsraten der nichtassoziierten Domänen (●, ○) wurden in Doppelmischexperimenten gemessen. Alle Kinetiken wurden mit 0,5 µM Protein in 100 mM Kalium-Phosphat, pH 7,0 bei 25 °C gemessen. Die Schichtdicke betrug 1 cm (Bandbreiten: 3 nm (Anregung), 5 nm (Emission)). Die Faltungsreaktionen der N1-Domäne wurden in stopped-flow-Experimenten anhand der Trp-Fluoreszenz gemessen.

Die Chevron-Auftragung der Faltungsraten von 0SS-G3P*

N15G / R29W / N39K / G55A / F199L bestätigt die Ergebnisse für die Faltung von 0SS-G3P* R29W / N39K / F199L. Die Entfaltung und Rückfaltung der N1-Domäne im

N1N2-Fragment stimmt wieder mit den Reaktionen der isolierten N1-Domäne überein. Für die Rückfaltung des N1N2-Fragments sind bei 320 nm und bei 370 nm zwei Phasen meßbar, die etwa um den Faktor 6 (τ2) bzw. 40 (τ3) langsamer sind (in 0,5 M GdmCl) als im disulfidverbrückten G3P*, die Entfaltung ist hingegen etwa um den Faktor 35 schneller (Tabelle 3.16). Da bei dieser Variante die N2-Domäne die gleichen Mutationen enthält wie N2 in 0SS-G3P* R29W / N39K / F199L, ist die Faltungskinetik der N2-Domäne für beide Varianten gleich. Der Verlauf der Amplituden in Abhängigkeit von der GdmCl-Konzentration ist hier nicht dargestellt, da die Kinetiken unter unterschiedlichen Bedingungen (Lampenwechsel) gemessen wurden.

Abbildung 3.42 b zeigt die Ent- und Rückfaltungsraten für die stabilste disulfidfreie G3P*-Variante (0SS-G3P* N15G / R29W / N39K / G55A / T56I / I60V / N138G / L198P / F199L / S207L, Variante 23, Tabelle 3.2) in Abhängigkeit von der GdmCl-Konzentration. Auch hier stimmen die Entfaltungs- und Rückfaltungsreaktionen der isolierten Domäne und der N1-Domäne im N1N2-Fragment sehr gut überein. Aus den kinetischen Daten ergibt sich, ebenso wie im Gleichgewichtsübergang (Tabelle 3.11), der Übergangsmittelpunkt von 3,7 M GdmCl.