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Der verhältnismäßig junge Begriff „Superfood“ wird vorrangig mit Ernährungstrends in Verbindung gebracht. Auf der Suche nach einer eindeutigen Begriffsklärung findet man eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen, die, wie es wirkt, den Begriff zwar in unterschiedlichem Wortlaut beschreiben, aber dennoch inhaltliche Gemeinsamkeiten aufweisen. Beispielsweise beschreibt das Oxford Dictionary den Begriff folglich:

„Superfood ist ein nährstoffreiches Lebensmittel, welches als besonders nützlich für Gesundheit und Wohlbefinden angesehen wird“ (Oxford Dictionaries 2016 nach Schweiger und Haas 2020, 13). Das Europäische Informationszentrum für Lebensmittel (EUFIC 2012) definiert den Begriff folgendermaßen: „Lebensmittel, insbesondere Obst und Gemüse, die aufgrund ihres Nährstoffgehaltes einen höheren gesundheitlichen Nutzen als andere Nahrungsmittel haben“ (EUFIC 2012 nach Schweiger und Haas 2020, 13). Jedoch ist anzumerken, dass das EUFIC diesen Schluss nach genauerer Betrachtung mehrerer anderer Definitionen des Begriffs zieht.

Susanna Bingemer (2015), Foodbloggerin und Buchautorin beschreibt den Begriff folgendermaßen: „Bei Superfoods handelt es sich um Nahrungsmittel, die überall auf der Welt zu finden sind. Diese Lebensmittel, vorwiegend pflanzlichen Ursprungs, enthalten wertvolle Nährstoffe in ungewöhnlich hohen Konzentrationen“ (nach Schweiger und Haas 2020, 13). Wolfe (2009) definiert Superfood wie folgt: „Das sind Nahrungsmittel, die nicht nur eine oder zwei ganz besondere Eigenschaften besitzen, sondern ein ganzes dutzend [sic!] oder mehr“ (nach Schweiger und Haas 2020, 13-14).

Den verschiedenen Definitionen können Gemeinsamkeiten wie ein erhöhter Nährstoffgehalt, vorwiegend pflanzlicher Ursprung und, dass sie zwar keine Heilpflanzen sind, aber dennoch einen höheren gesundheitlichen Nutzen als „gewöhnliche“

Nahrungsmittel vorweisen sollen, entnommen werden. Letzteres ist im Besonderen hervorzuheben, da der Begriff „Super“ unter Umständen genau dieses Bild hervorrufen,

beziehungsweise ein solches Bild fördern könnte. Es gibt daher durchaus auch kritischere Stimmen gegenüber der Begriffsverwendung Superfood:

Mit dem Marketingbegriff Superfoods werden in den letzten Jahren immer wieder Lebensmittel bezeichnet, die einen hohen Nährstoffgehalt aufweisen und besonders gesundheitsförderlich sein sollen. Superfood ist wissenschaftlich und rechtlich nicht definiert und damit auch nicht eindeutig zu fassen. Meist sind damit normale Lebensmittel gemeint, denen aufgrund bestimmter Inhaltsstoffe eine besondere gesundheitliche Wirkung zugesprochen wird. Vereinzelt liegen kleine Studien zu Effekten auf bestimmte Risikofaktoren oder das subjektive Wohlbefinden vor. Meist allerdings fehlen Belege für die behaupteten Wirkungen völlig oder die Aussagen stehen im Widerspruch zum wissenschaftlichen Kenntnisstand. Häufig als Superfood genannte Lebensmittel sind u. a. Aronia-, Goji- und Acaibeeren, Chiasamen, Weizengras und verschiedene Algen. (Matissek 2019, 60)

Auch Schweiger und Haas (2020) deuten in ihrem Buch an, dass der Begriff Superfood durchaus als Marketingbegriff verwendet wird. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass keine dieser Definitionen rechtlich bindend ist und gegenwärtig darf diese Bezeichnung auch nicht im Handel oder in der Bewerbung dieser Lebensmittel zur Verkaufsförderung verwendet werden (Europäische Kommission 2015 nach Schweiger und Haas 2020, 10).

Mit dieser Einschätzung sind Schweiger und Haas nicht alleine, denn auch andere Autoren heben hervor, dass die mediale Aufmerksamkeit, welche Superfoods zu Teil wird, durchaus auch dazu genutzt wird, eine höhere Wertigkeit zu suggerieren, um die Nahrungsmittel überteuert an Konsumentinnen und Konsumenten zu verkaufen (Geist 2016 nach Schweiger und Haas 2020, 127). Auch das Europäische Informationszentrum für Lebensmittel (2012) schreibt, dass das Voranstellen des Begriffs „Super“ durch die Medien implizit die Botschaft vermittle, dass andere Lebensmittel weniger gesund seien, selbst dann, wenn seitens des Nährstoffgehalts vergleichbare Werte vorzufinden sind. So liefern beispielsweise Karotten und Zwiebeln wertvolle Nährstoffe wie Betacarotin und Quercetin, stärkehaltige Produkte wie Reis, Brot oder Nudeln beinhalten in ihrer Vollkornvariante reichlich Ballaststoffe, von denen ein erwachsener Mensch mindestens 25g am Tag zu sich nehmen sollte. Alle eben erwähnten Nahrungsmittel besitzen auch den Vorteil der weitläufigen Verfügbar- und Erschwinglichkeit, die es ermöglicht, sie in

regelmäßigen und ausreichenden Mengen konsumieren zu können, um damit von ihren Inhaltsstoffen zu profitieren (EUFIC 2012).

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass auch bei Abwesenheit einer rechtlich bindenden Definition durchaus inhaltlich deckungsgleiche Beschreibungen des Begriffs zu finden sind. Gewarnt wird jedoch vor der suggerierenden Wirkung der Bezeichnung von bestimmten Nahrungsmitteln als „Super“, da diese die Wahrnehmung und Wertigkeit von nicht als Superfood bezeichneten Lebensmitteln unbegründet verzehren könnte.

1.2. Unterschied zu anderen Nahrungsmitteln

Dass der Verzehr bestimmter Nahrungsmittel eine Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden nach sich ziehen kann, wurde bereits im antiken Griechenland von Hippokrates beschrieben (Matissek 2019, 53-54). Ausgewogenheit und Nährstoffdichte sind wichtige Parameter, um den Körper gesund zu halten. Dieser Meinung sind auch viele Expert:innen und empfehlen daher die Aufnahme von reichlich Gemüse, Obst, Nüssen, Samen und Beeren (Geist 2016 nach Schweiger und Haas 2020, 126). Alles samt Nahrungsmittel, welche bekannt sind für einen hohen Anteil an Nährstoffen, die wichtig sind für zahlreiche verschiedene Stoffwechselprozesse.

Ein Hauptkritikpunkt an Superfoods ist, dass ein Großteil dieser medial stark beworbenen Nahrungsmittel Importprodukte aus Übersee sind und damit eine sehr schlechte Klimabilanz vorzuweisen haben (Geist 2016 nach Schweiger und Haas 2020, 126). Des Weiteren soll es genügen, einige wenige, gesunde Nahrungsmittel – diese finden sich auch unter regional produzierten Lebensmitteln – in die täglichen Essgewohnheiten aufzunehmen, um mehr Wohlbefinden und einen gesünderen Lebensstil zu kultivieren (Geist 2016 nach Schweiger und Haas 2020, 126). Bestärkt wird dies auch durch die Tatsache der unzureichenden Zufuhr an Obst und Gemüse vieler in Europa lebender Menschen, welche die täglichen Empfehlungen einer diversen und nährstoffreichen Nahrungsmittelaufnahme nicht erfüllen. Demnach würde nämlich ein höherer täglicher

Konsum an Obst und Gemüse ohnehin das allgemeine Wohlbefinden merklich steigern (EUFIC 2012).

Eine Tatsache, welche man Superfoods bei aller Kritik dennoch nicht streitig machen kann, ist ihre besonders hohe Dichte an unterschiedlichen Nährstoffen, welche in mehreren wissenschaftlichen Studien belegt wird (Ho 1992; Bingemer 2015 nach Schweiger und Haas 2020, 126). Es ist durchaus eine Besonderheit, bestimmte Nährstoffe in einzelnen Nahrungsmitteln derart konzentriert vorzufinden.

Die EUFIC (2012) warnt aber auch davor, übersteigerte Erwartungen an Superfoods zu stellen und zu denken, eine vollständige, das Wohlbefinden steigernde Ernährung könnte gänzlich aus nicht mehr als einiger weniger Superfoods bestehen (EUFIC 2012). Denn auch wenn Superfoods über eine besonders hohe Dichte an unterschiedlichen Nährstoffen verfügen, muss die Frage berücksichtigt werden, wie wirksam sich diese Lebensmittel in eine alltägliche Ernährungsweise einbauen lassen und in weiterer Folge tatsächlich Gesundheit und Wohlbefinden beeinflussen können (vgl. EUFIC 2012).

Nichtsdestotrotz, unabhängig von der medialen Beflügelung einiger außergewöhnlicher Lebensmittel durch ihren großen Nutzen für die Gesundheit, hat die Wissenschaft gezeigt, dass bestimmte Inhaltsstoffe in Nahrungsmitteln mit großer Wahrscheinlichkeit eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben. Letzten Endes zeigt sich dies auch in der Genehmigung einiger gesundheitsbezogener Angaben, welche die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit als überzeugend einstuft, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Fundiertheit (EUFIC 2012). Ein prominentes Beispiel hierfür wären die Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) und deren anti-inflammatorische Wirkung, welche in einem späteren Kapitel eine detailliertere Erwähnung finden.

Eine Steigerung des Wohlbefindens und der Gesundheit öffnen selbstverständlich auch Tür und Angel für Vermutungen darüber, wie wirksam Superfoods gegen bestimmte Erkrankungen sein könnten bzw. sind. Hierzu muss vorab erwähnt werden, dass viele Ergebnisse aus Studien an Tieren (Gao et al. 2014; Xiao et al. 2011 nach Schweiger und

Haas 2020, 127) oder im Labor und an Zellkulturen erzielt wurden (Pavan 2013; Martinez-Cruz und Paredes-López 2013 nach Schweiger und Haas 2020, 127) und daher nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden kann, ob diese Wirkweise auch für den Menschen gilt, „[…] wenn Superfood normal als Nahrung eingenommen wird und nicht einzelne Stoffe der Pflanzen als Konzentrate wirken können“ (Schweiger und Haas 2020, 127).

Auch Matissek (2019) teilt diese Ansicht und sagt, dass gewonnene Erkenntnisse aus Tierversuchen oder in Zellkulturen „lediglich Hinweise auf eine potenzielle Wirkung am Menschen“ liefern, nicht aber direkt auf diesen umgelegt werden können. Selbst wenn eine Vielzahl an Stoffen belegbare gesundheitsfördernde Wirkungen aufweisen und eine ähnliche Wirksamkeit am Menschen plausibel erscheint, fehlen dennoch aussagekräftige Daten aus Humanstudien, welche diese Wirkungen auch mit absoluter Gewissheit bestätigen würden (Matissek 2019, 54).

Zusammenfassend kann man sagen, dass Superfoods eine besondere Dichte und unter Umständen auch Zusammensetzung an Nährstoffen aufweisen. Superfoods machen gleichzeitig aber auch einen großen Teil gesunder und natürlicher Nahrungsmittel aus, welche eine wichtige Grundlage für eine gesunde Ernährung bilden (Schweiger und Haas 2020, 129). Exotische, aus Übersee stammende Lebensmittel sind kein unabdinglicher Bestandteil für eine ausreichende Versorgung mit bestimmten Nährstoffen, denn auch genügend regional produzierte Nahrungsmittel können aufgrund ihrer Nährstoffzusammensetzung und -dichte als Superfood klassifiziert werden. Nicht der Wert von Superfoods an sich ist infrage zu stellen, sondern der medial kreierte Hype, welcher dem Anschein nach Superfoods exotischen Ursprungs bevorzugt.

1.3. Functional Foods

Ein weiterer, dem Superfood definitorisch ähnlich lautender Begriff, ist der des

„functional food“, zu Deutsch „funktionelle Lebensmittel“. Als funktionelle Lebensmittel werden jene Lebensmittel bezeichnet, welche „neben ihrer Bedeutung als Lieferant von

Energie und Nährstoffen einen darüberhinausgehenden gesundheitlichen Zusatznutzen aufweisen“ (Matissek 2019, 53). Rechtlich bindende Definitionen sind auch bei dieser Lebensmittelgruppe auf europäischer Ebene nicht vorzufinden, was laut Matissek (2019), auch künftig vermutlich nicht zu erwarten ist. Das bedeutet, dass für „functional foods“

dieselben rechtlichen Vorgaben gelten „wie für Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs“.

Anders sieht dies in Japan aus, wo diese Produkte ihren Ursprung haben sollen und ein gesetzlicher Rahmen zur Bezeichnung derselben besteht (Matissek 2019, 53).

Obwohl sich auf europäischer Ebene keine rechtliche Definition für diese Gruppe von Nahrungsmitteln etabliert hat, wurde in den 1990er-Jahren dennoch eine Kommission eingesetzt, deren Aufgabe es war, sich mit der wissenschaftlichen Grundlage solcher Lebensmittel zu beschäftigen. Ihr Augenmerk fiel dabei darauf, welche Inhaltsstoffe wichtig sind, in welchen Bereichen solche Produkte Einsatz finden könnten und welche wissenschaftlichen Nachweise der Wirkungsweise notwendig sind, um den ihnen zugeschriebenen positiven Mehrwehrt für Gesundheit und Wohlbefinden, „der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit“ und der „Prävention von Erkrankungen“

zu belegen (Matissek 2019, 54). Entfalten sollen funktionelle Lebensmittel diese Wirkweise in „verzehrtypischen Mengen“ (Matissek 2019, 54). Beispiele solcher Produkte wären probiotische Joghurts, mit Omega-3 Fettsäuren angereichertes Brot, mit Vitaminen angereicherte Säfte und phytosterolhaltige Margarinen (Matissek 2019, 54).

Ob und wann ein Nahrungsmittel als funktionell gilt, obliegt jedoch dem Anbieter, da es keine verbindliche Vorschreibung diesbezüglich gibt. Zu beachten ist dennoch, dass „die nährwert- und gesundheitsbezogene Bewerbung von Lebensmitteln in Europa einem Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt“ unterliegt (Matissek 2019, 55). Das bedeutet, dass eine Vermarktung unter einer solchen Bewerbung erst dann rechtlich zulässig ist, nachdem das Produkt einen aufwändigen Prozess der Prüfung und Zulassung durchlaufen hat. Angaben zu einer über die gewöhnliche Funktion hinausgehenden Wirkung sind bisher nur begrenzt zugelassen worden. Beispiele solcher sind Milchprodukte und Margarinen mit Zusatz von Phytosterol, um einen erhöhten Cholesterinspiegel zu senken. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen sind aber auch diese in Diskussion geraten (Matissek 2019, 55).

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es sich bei „functional foods“ um natürliche Nahrungsmittel handeln kann, worin sie in ihrer Beschreibung den Superfoods ähneln oder aber um Lebensmittel, deren Nährstoffzusammensetzung gezielt verändert wurde (Matissek 2019, 54). Letzteres unterscheidet die Definition der Lebensmittel dieser beiden Gruppen eindeutig voneinander, da Superfoods Nahrungsmittel sind, welche in ihrer natürlichen Form diese Eigenschaften aufweisen, ohne in ihrer Nährstoffzusammensetzung oder -dichte verändert worden zu sein.

1.4. Warum Cannabis sativa ein Superfood sein könnte

Das Augenmerk dieser Arbeit liegt auf der Kulturpflanze Cannabis sativa und darauf, ob diese als Superfood angesehen werden kann und falls ja, welche gesundheitsfördernde Wirkung sie liefert. Im Kapitel zuvor wurde auf die Begrifflichkeit der Bezeichnung Superfood eingegangen und welche Konnotationen und Bedeutung mit dieser Betitelung einhergehen. In den nun folgenden Kapiteln wird die Systematik und Taxonomie der Pflanze und ihre bisherige Geschichte genauer betrachtet, um schlussendlich ein ganzheitliches Bild davon zu bekommen, warum, trotz des ihr nachgesagten Nährstoffreichtums, sie dennoch ein Nischenprodukt mit relativ geringer Nutzung als Nahrungsmittel ist.

Rupasinghe et al (2020) führen in ihrer Publikation auch an, dass die zahlreichen gesundheitlichen Vorteile, welche von kommerziellen Hanfprodukten beworben werden, bis dato noch nicht vollständig von der Wissenschaft belegt wurden und es da noch Aufholbedarf gibt. Diese gesundheitlichen Vorteile schließen zudem kosmetische Produkte mit ein und beziehen sich nicht ausschließlich auf Lebensmittel (Rupasinghe et al. 2020).