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2. ZUR PFLANZE CANNABIS SATIVA

2.1. S YSTEMATIK UND T AXONOMIE

Die Familie der Cannabaceae (Hanfgewächse) besteht aus den Gattungen Cannabis, Humulus und noch weiteren acht: Celtis, Pteroceltis, Gironniera, Chaetachme, Lozanella, Aphananthe, Parasponia und Trema (McPartland 2018). Die letzteren acht gehörten davor der Familie der Celtidaceae an und wurden von der Angiosperm Phylogeny Group (2003) mit den Cannabaceae zusammengeführt. Diese Verschmelzung war aus morphologischer Sicht schwer nachvollziehbar, da Cannabis und Humulus krautige Pflanzen sind, die Gattungen der Celtidaceae aber hölzerne Bäume darstellen (nach McPartland 2018). Jedoch ergab eine DNA-Analyse der Chloroplasten durch Yang et al.

(2013), dass es sich bei den Cannabaceae wie auch Celtidaceae um eine monophyletische Gruppe handle (nach McPartland 2018). Damit besitzt die Familie der Cannabaceae jetzt ungefähr 170 Arten und, obwohl es den Gattungen nach logischer erscheinen würde, die Familie unter dem Name Celtidaceae zusammenzufassen, geschah dies letztendlich deswegen nicht, da der Name Cannabaceae älter ist und somit, den Regeln der Nomenklatur nach, den Vorrang hat (McPartland 2018).

Auf den Ebenen der Familie und Gattung ist die Hierarchie noch relativ eindeutig und einheitlich geklärt. Jedoch wird es auf Ebene der Art unübersichtlich und es scheint, als hätten Chaos und Willkür freie Hand. Aus morphologischer Sicht gibt es Arten mit längeren und faserigeren Stielen und Arten mit kürzeren und holzigen Stielen. Auch in der Form und Farbe der Blätter gibt es Unterschiede ebenso wie in den Blüten und der Frage, ob die Individuen monözisch oder diözisch sind. Die Arten mit den längeren und

faserigeren Stielen werden unter C. sativa eingeteilt und seitens der Phytochemie ist ihr Gehalt an Delta-9-Tetrahydrocannabinol (D9-THC) > Cannabidiol (CBD). C. indica hingegen besitzt einen kürzeren und holzigen Stiel und der Gehalt an D9-THC < CBD. Dies bringt uns auch schon zum Kern des taxonomischen Problems und drängt die Frage auf, ob man C. sativa und C. indica, wie hier veranschaulicht, auf Ebene der Art oder auf Ebene der Unterart unterteilen sollte (McPartland 2018).

Die Einteilung der taxonomischen Ränge innerhalb dieser Hierarchie ist bekannterweise sehr subjektiv. Beispielsweise schrieb Darwin (1859), dass er sehr verblüfft über die Vagheit und Willkür der Unterscheidung zwischen Art und Varietät sei, denn aus seiner Perspektive war der Prozess der Evolution nicht mit dem Konzept der Trennung in taxonomische Ebenen vereinbar (nach McPartland 2018). Allgemein formuliert, soll die Trennung in Arten dazu dienen aufzuzeigen, ab wo eine Hybridisierung nicht mehr möglich ist. Jedoch entspricht das gerade bei Pflanzen leider nicht immer der Wahrheit.

McPartland (2018) erklärt dies anhand des Beispiels der Brassica napus (Raps), welche sich mit Brassica rapa (ein Kraut) kreuzen lässt. Denn B. napus hat ihr Transgen für Glyphosatresistenz an seinen krautigen Verwandten B. rapa weitergegeben (Warwick et al. 2008 nach McPartland 2018).

Im Zeitalter der Genomanalyse lassen sich Verwandtschaftsbeziehungen besser analysieren und klären. Dadurch verändert sich auch gelegentlich die Zugehörigkeit in und zwischen den Taxa. Eine Methode, die zur Trennung von Gattung, Art und Unterart verwendet werden kann und in der Regel auch wird, ist das DNA-Barcoding. Dabei wird die Abfolge der Basenpaare der DNA, ähnlich wie ein Strichcode, als kennzeichnend für eine bestimmte Art gesehen. Beispielsweise werden Äpfel und Orangen in unterschiedliche Gattungen und Arten eingeteilt und weisen einen DNA-Barcode-Gap von 18,07% in fünf Sequenzen auf (McPartland 2018). In seiner Publikation verglich McPartland (2018) den durchschnittlichen DNA-Barcode-Gap von fünf verschiedenen, aber verwandten Paaren, die sich nicht kreuzen können. Dieser lag bei 3,0% ± 0,3% und ist damit analog zur 2,7%-Grenze bei Tierarten. Der durchschnittliche DNA-Barcode-Gap bei fünf verschiedenen, aber verwandten Paaren, die sich kreuzen können, lag bei 1,0%

± 0,1%. Und letztendlich lag der durchschnittliche DNA-Barcode-Gap bei fünf

Pflanzenpaaren, welche sich entweder auf Ebene der Unterart oder Varietät unterschieden, bei 0,43% ± 0,1% (McPartland 2018).

Der durchschnittliche DNA-Barcode-Gap zwischen C. sativa und C. indica liegt bei 0,406%

± 0,257% und gleicht somit dem durchschnittlichen Unterschied bei Pflanzen auf Ebene der Unterart oder Varietät. Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass C. sativa und C.

indica nicht als zwei verschiedene Arten angesehen werden sollten, sondern als zwei Unterarten derselben Art (McParland 2018). Die korrekte Nomenklatur sollte also C.

sativa subsp. sativa und C. sativa subsp. indica lauten (Small und Cronquist 1976 nach McPartland 2018).

Es wurde von Small und Cronquist (1976) eine formelle Nomenklatur für C. sativa aufgestellt, welche seitdem eigentlich auch nicht ersetzt wurde. Ihr taxonomisches Konzept ist relativ einfach und besteht aus einem zweistufigen hierarchischen Klassifizierungssystem. Im ersten Schritt werden die Unterarten nach ihrem THC-Gehalt in den getrockneten weiblichen Blüten getrennt, wobei 0,3% THC als Grenze zur Trennung dient. In einem zweiten Schritt nehmen sie noch Rücksicht auf ihre Domestizierungsphase und unterscheiden noch jeweils zwei Varietäten innerhalb der Unterarten (Small und Cronquist 1976 nach McPartland 2018):

C. sativa subsp. sativa var. sativa (low THC, with domestication traits)

C. sativa subsp. sativa var. spontanea (low THC, wild-type traits)

C. sativa subsp. indica var. indica (high THC, domestication traits)

C. sativa subsp. indica var. kafiristanica (high THC, wild-type traits)

Für einen Großteil der Verwirrung bezüglich der Nomenklatur von Cannabis sativa ist der umgangssprachliche Gebrauch von „Sativa“ und „Indica“ verantwortlich, welcher auch auf zahlreichen Webseiten in dieser Form verwendet und verbreitet wird, ohne dabei Rücksicht auf organoleptische, morphologische oder phytochemische Eigenschaften zu nehmen. In dieser umgangssprachlichen Gebrauchsform wird „Sativa“ eine stimmungsaufhellende und belebende, psychoaktive Wirkung zugesprochen und darüber hinaus, bei Appetitslosigkeit, Kopfschmerzen und Übelkeit zu helfen. „Indica“

soll eine entspannende und betäubende Psychoaktivität aufweisen und gegen Entzündungen, Schmerzen, Schlaflosigkeit, Epilepsie, Muskelkrämpfe und Grünem Star helfen. „Sativa“ soll auch einen höheren THC- als CBD-Gehalt besitzen und aufgrund des Terpenprofils süßer oder auch nach Kräutern riechen. „Indica“ andererseits wird in dieser Gebrauchsform zugeschrieben, mehr CBD als „Sativa“ zu produzieren, und beinahe ein 1:1-Verhältnis von THC zu CBD zu haben. Seitens des Geruchs wird „Indica“ eine eher miefende Note zugeschrieben (McPartland 2018).

Durch die unzähligen Hybridisierungen und dem Untereinander-Kreuzen ist auch der umgangssprachliche Gebrauch von „Sativa“ und „Indica“ weitgehend bedeutungslos geworden. Ein Beispiel, an dem sich diese Willkür zeigt, ist der Hybrid „AK-47“, welcher im Jahr 1999 den Cannabis Cup als „Best Sativa“ gewann und vier Jahre später die Auszeichnung für „Best Indica“ (McPartland 2018). Überdies gibt es noch eine weitere Art, welche in der Literatur zu finden ist und als C. ruderalis bezeichnet wird. Diese Bezeichnung Janischevskys (1924) beschreibt jedoch eigentlich Vavilovs (1922) als C.

sativa subsp. sativa var. spontanea bezeichnete Varietät und Vavilovs Bezeichnung hat aufgrund der früheren Einführung in der Nomenklatur natürlich wieder Vorrang (McPartland 2018).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass taxonomisch sehr unterschiedliche Bezeichnungen, sowohl auf Ebene der Art, Unterart und Varietät als auch aus morphologischer, organoleptischer und phytochemischer Sicht verwendet werden. Dies ist der Begriffsverwendung in der Umgangssprache geschuldet, manifestiert sich aber auch in der formellen Nomenklatur. Die beiden Welten in Einklang bringend ist „Sativa“

eigentlich die Unterart indica, „Indica“ ist in Wahrheit die Varietät afghanica und

„Ruderalis“ für gewöhnlich sativa und alle drei gehören einer Art an, Cannabis sativa L.

(McPartland 2018). In Anbetracht dessen wird in dieser Arbeit Cannabis sativa als Bezeichnung der gesamten Art verwendet.