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4. GESUNDHEITSFÖRDERNDE WIRKSAMKEIT VON CANNABIS SATIVA UND IHRE WIRKSAMKEIT BEI

4.1. K ARDIOVASKULÄRE G ESUNDHEIT

Angaben der WHO zufolge sind kardiovaskuläre Erkrankungen die weltweit häufigste Todesursache (WHO 2020). Zu den größten Risikofaktoren von kardiovaskulären Erkrankungen zählen Hypercholesterinämie, Arteriosklerose und Bluthochdruck, wobei

sowohl Bluthochdruck als auch Hypercholesterinämie gemeinsam mit oxidativem Stress und chronischen Entzündungen zu jenen Faktoren zählen, die den Prozess der Arteriosklerose vorantreiben (Mendis et al. 2011 nach Farinon et al. 2020). Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass die Prävention dieser Faktoren das Risiko einer Arteriosklerose reduzieren würde und in weiterer Folge gleichermaßen das Voranschreiten kardiovaskulärer Erkrankungen. Ernährung ist ein wichtiges Instrument zur Reduzierung kardiovaskulärer Risiken, das kein Pharmazeutikum ist. Aus diesem Grund kann es die Gesundheitsfolgen für gefährdete Personen verbessern. In Anbetracht dessen könnten ungeschälte Hanfsamen durch ihre entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften eine effektive und effiziente Maßnahme sein, um die Prävention und Behandlung von kardiovaskulären Krankheiten zu fördern. Vor diesem Hintergrund wurden einige Untersuchungen gestartet, um die Wirkweise und Fähigkeit von Hanfsamen oder aus ihnen erzeugten Produkten wie Hanfsamenöl, Hanfsamenmehl oder Hanfprotein Hydrolysate zu ergründen. Die meisten dieser Experimente wurden an Versuchstieren wie Hasen, Ratten oder Mäusen durch diätische Verabreichung durchgeführt (Farinon et al. 2020).

Untersuchungen des Effekts von Hanfsamen auf das Herz-Kreislaufsystem ergaben, dass die tägliche Einnahme von 30 ml Hanfsamenöl über einen Zeitraum von vier Wochen positive Veränderungen des Lipidprofils des Blutserums bewirkt (Schwab et al. 2006 nach Rupasinghe et al. 2020). Auch in Tierstudien konnte ähnliches bewiesen werden. So wurde an Ratten beobachtet, dass wenn 5-10% ihrer Gesamtnahrung für 12 Wochen mit Hanfsamen ergänzt würde, sich eine Erhöhung von Linol- (LA) und Alpha-Linolensäure (ALA) im Blutplasma abzeichnet (Al-Khalifa et al. 2007 nach Rupasinghe et al. 2020). Diese Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren sind, wie im voranstehenden Kapitel bereits beschrieben, wichtig für die Synthese von Arachidonsäure (AA), Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA), welche aufgrund der Aufrechterhaltung der allgemeinen Gesundheit und der Vielzahl an wichtigen physiologischen Prozessen, derer sie Teil sind, zu den essenziellen Fettsäuren zählen. Dies zeigte sich in der Studie von Al-Khalifa et al. (2007), in welcher auch die Fähigkeit des Herzens, sich von einem Reperfusionsschaden nach einer Ischämie zu erholen, untersucht wurde. Es schien auch hier einen direkten Zusammenhang zwischen dieser und den PUFAs der Hanfsamen zu

geben (nach Rupasinghe et al. 2020). Bei einer Ischämie findet keine Perfusion, also kein Transport von Sauerstoff und Nährstoffen, aber auch kein Abtransport von Kohlenstoffdioxid oder anderer im Stoffwechsel anfallender Metabolite statt. Bei der

„Reperfusion“ kehrt die Perfusion wieder zurück, sodass betroffene Gewebe wieder durchblutet werden und sie somit auch wieder ihre normale Funktion aufnehmen können. In den 1970er-Jahren wurde von Jennings allerdings festgestellt, dass durch eine Ischämie aufgetretene Schäden am Herzen durch die Reperfusion noch verstärkt werden.

Man spricht von einem Reperfusionsschaden (Podesser 2020).

Richard et al. (2007) fanden heraus, dass sich die Aufnahme von Hanfsamen bei Ratten auch auf die Blutverklumpung auswirkten und diese stark senkte, was zu einem verminderten Risiko von Schlaganfällen und Herzinfarkten führte (nach Rupasinghe et al.

2020). Ähnliche Ergebnisse wurden auch von Prociuk et al. (2008) in ihren Experimenten an Hasen gefunden. Nach einer Zufuhr von Hanfsamen für die Dauer von acht Wochen zeichneten sich auch in ihnen erhöhte PUFA-Werte im Blutplasma ab, welche indirekt die Blutverklumpung und damit auch das Risiko, Herzinfarkte zu erleiden, verminderten und einen besseren Schutz vor diesen boten (nach Rupasinghe et al. 2020).

In einer anderen Studie untersuchten Kaushal et al. (2020), ob sich die Zugabe von ungeschälten Hanfsamen im Ausmaß von 10% der gesamten Nahrungszufuhr über den Zeitraum eines Monats auf Ratten mit einer sehr fettreichen, Hypercholesterinämie fördernden Ernährung in Form einer Besserung auf die mit Hypercholesterinämie in Verbindung stehenden kardiovaskulären Folgen auswirkte. Auf Basis der erhaltenen Daten stellte sich heraus, dass sich unter den zuvor beschriebenen Umständen die Zugabe von 10% ungeschälter Hanfsamen bei einer gewöhnlichen, ausgeglichenen Ernährung keine Veränderungen der Lipidparameter im Blutserum, an der Aortenwand oder dem Redox- und Entzündungsstatus der Tiere feststellen ließ im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Hanfsamen-Supplementierung. Jedoch in der Gruppe mit einer sehr fettreichen Ernährung zeigte sich durch die Supplementierung mit 10% ungeschälten Hanfsamen eine signifikante Besserung des Redox- und Entzündungsstatus, der Blutserum-Parameter in Form einer Senkung der Triglyceride und des Gesamtcholesterins und auch in der Prävention der Entstehung von Arteriosklerose

bedingter Veränderungen der Aorta. Oxidativer Stress und Entzündungen sind wie bereits erwähnt beteiligt an der Entstehung von Arteriosklerose. Es ist auch bekannt, dass eine sehr fettreiche Ernährung verantwortlich für die Aktivierung entzündungsauslösender Gene ist, wie beispielsweise Cyclooxygenase-2 (COX-2), welche zu einer erhöhten Produktion pro-entzündlicher Prostaglandine führt. Der COX-2-Signalweg steht in enger Verbindung mit dem Redoxstatus, da dieser durch oxidativen Stress ausgelöst werden kann, und umgekehrt der COX-2-Signalweg auch oxidativen Stress auslösen kann. Basierend auf den erhaltenen Daten schließen Kaushal et al. (2020), dass die Zugabe von 10% ungeschälter Hanfsamen einen der Hypercholesterinämie entgegenwirkenden Effekt ausübte, durch die redoxempfindliche Modulation der Signalwege der Prostaglandin-Biosynthese. Es hat den Anschein, als würden die antioxidativen Eigenschaften von Hanfsamen neben der Bindung freier Radikale, der Hemmung von LDL-Oxidation und der Chelation von Metallionen auch den Redoxstatus bei sehr fettreich ernährten, unter Hypercholesterinämie leidenden Ratten verbessern, indem sie eine redoxinduzierte Veränderung des COX-2-Signalwegs in Richtung der Produktion von entzündungshemmenden Prostaglandinen bewirken (Kaushal et al. 2020 nach Farinon et al. 2020).

Auch Karimi und Hayatghaibi (2006) beobachteten eine positive Wirkung durch die kurzfristige (20-tägige) Fütterung von Ratten mit Hanfsamen. In ihrer Studie wirkte sich die Hanfsamenfütterung nicht signifikant auf das Gesamtcholesterin, die Triglycerid- oder die Albuminwerte aus, aber sie reduzierte den LDL-Wert des Blutserums signifikant und erhöhte den HDL-Wert und die Gesamtproteinwerte signifikant. Diese Veränderungen wurden dem niederen SFAs-, dafür hohen PUFAs-Gehalt zugeschrieben und auch der relativ hohen Menge an Phytosterol in Hanfsamen (Karimi und Hayatghaibi 2006 nach Farinon et al. 2020). Seo et al. (2012) demonstrierten, dass auch hydrophile Bestandteile der Hanfsamen einen der Arteriosklerose entgegenwirkenden Effekt ausüben können. In ihrer Studie verabreichten sie von Arteriosklerose betroffenen Mäusen einen Hanfsamen-Wasser-Extrakt und beobachteten, dass sich bei ihnen sowohl eine Verminderung der atherosklerotischen Plaquebildung zeigte, aber auch eine Reduktion des Gesamtcholesterins im Blutserum, mit Ausnahme des HDL, welches eine Erhöhung aufwies. Darüber hinaus sank auch der Entzündungswert des im Blutserum

vorhandenen entzündlichen Zytokins TNF-alpha und damit ging auch eine Abnahme der mit Arteriosklerose in Verbindung stehenden Entzündung einher (Seo et al. 2012 nach Farinon et al. 2020). Für gewöhnlich werden all diese Effekte dem Lipidanteil der Hanfsamen zugeschrieben, aber durch deren Abwesenheit zeigte sich, dass auch von den wasserlöslichen Bestandteilen in Hanfsamen, möglicherweise handelte es sich hierbei um Phenole, eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem ausgehen kann.