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1 Geldwäscherei (Art. 305 bis StGB)

1.4 Subjektiver Tatbestand

Voraussetzung für die Strafbarkeit nach Art. 305bis StGB ist, dass der Täter „weiss oder annehmen muss“, dass die Vermögenswerte aus einem Verbrechen stammen.390 Die Formulierung stammt aus dem Straftatbe-stand der Hehlerei391 und bezieht sich auf Vorsatz und Eventualvorsatz bezüglich des Wissens um die deliktische Herkunft der Vermögenswerte sowie der Vereitelungshandlung.392Der Vorsatz muss sich also auf sämtli-che objektiven Tatbestandselemente beziehen. Diese Auffassung basiert auf der herrschenden Ansicht, dass die Vortat als objektives Tatbestands-merkmal und nicht als objektive Strafbarkeitsbedingung anzusehen ist, einer Ansicht, welcher klar zuzustimmen ist.393

Weder der Täter noch die genauen Umstände der Tat müssen dem Geldwäscher bekannt sein.394 Es genügt bereits, dass der Geldwäscher Anhaltspunkte hat, dass die Vermögenswerte aus einem Verbrechen

384 BGE 122 IV 211 und BGE 119 IV 59.

385 BGE 119 IV 242.

386 BGE 122 IV 211.

387 BGE 124 IV 274.

388 BGER6S.595/1999.

389 Siehe BGE 127 IV 20, E. 3a.

390 Art. 305bisZiff. 1 StGB.

391 BGE 119 IV 242, E. 2b, dabei bezieht sich das Bundesgericht auf Art. 144 aStGB, welcher neu in Art. 160 StGB geregelt ist.

392 BGE 119 IV 242, E. 2b; BOTSCHAFTSTGB 1989, S. 1084; siehe auch FLACHSMANN, Kommentar, zu Art. 305bis StGB N 10; STRATENWERTH/BOMMER, § 55 N 32;

TRECHSEL, zu Art. 305bisStGB N 20.

393 Siehe EGGER TANNER, S. 184 ff., die auch die gegenteilige Ansicht von ACKERMANNerläutert und widerlegt.

394 BGE 120 IV 323, E. 3d; es genügt ein „absichtlich lockerer“ Zusammenhang. Dies bestätigte das Bundesgericht nochmals in BGE 138 IV 1, E. 4.2.3.2.

stammen.395 Dabei ist der objektive Massstab entscheidend, also was ein mit gebotener Aufmerksamkeit handelnder Fachmann in der vorliegenden Situation normalerweise erkannt haben würde. Die dadurch entstehenden Beweisprobleme der Strafverfolgungsbehörden sind offensichtlich, müs-sen sie doch dem Beschuldigten Kenntnis oder das Annehmenmüsmüs-sen der verbrecherischen Mittelherkunft beweisen können, ansonsten ist eine Ver-urteilung wegen Geldwäscherei nicht möglich.396 Ebenso bereitet die Ab-grenzung des Eventualvorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit gewisse Schwierigkeiten, da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, die nur anhand äusserer Kennzeichen feststellbar ist.397

Auch die Tathandlung an sich muss vorsätzlich erfolgen, das heisst der Täter muss zumindest eine Vorstellung davon haben, dass sein Verhalten dazu geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung zu vereiteln.398

Der Vorsatz muss grundsätzlich im Moment des Beginns der Tataus-führung und danach während der ganzen Handlung gegeben sein.399 Frag-lich ist, ob auch ein Vorsatz genügt, der während der Tathandlung ent-standen ist, der sogenannte „dolus superveniens“. Da diese Form des Vor-satzes allerdings nur bei Dauerdelikten vorkommen kann, zu welchen das Geldwäschereidelikt nicht gehört, kann es gemäss EGGER TANNER einen solchen Vorsatz bei Art. 305bisStGB gar nicht geben.400GRABERgeht da-von aus, dass sich mangels entsprechender Tathandlung nicht strafbar macht, wer sich nach Eintritt der Bösgläubigkeit einfach passiv verhält.401 Geht man aber von der Rechtsprechung des Bundesgerichts aus, so sind beispielsweise auch das Verstecken und das Anlegen von Vermögenswer-ten als Vereitelungshandlungen zu qualifizieren,402 welche als einzelne Tathandlungen betrachtet als Dauerdelikte qualifiziert werden könnten.

395 SCHMID, Anwendungsfragen, S. 119; EGGERTANNER, S. 189.

396 GALLIKER, S. 167.

397 BGE 119 IV 242, E. 2c.

398 BGE 114 IV 39 f.; BOTSCHAFTSTGB 1989, S. 1084; EGGERTANNER, S. 191.

399 EGGERTANNER, S. 192, mit weiteren Verweisen.

400 EGGERTANNER, S. 192 f.; dieser Meinung ist auch GUGGISBERG, S. 58.

401 GRABER, StGB, S. 145; zu beachten ist hier aber die Geldwäscherei durch Unterlas-sung, siehe hierzu Kapitel 1.1.1 in Teil III der vorliegenden Arbeit.

402 BGE 122 IV 211, BGE 119 IV 59 und BGE 119 IV 242; siehe hierzu Kapitel 1.3 in Teil III der vorliegenden Arbeit.

Entsprechend wäre bei diesen Tatvarianten die Geldwäscherei bei nach-träglich eingetretener Bösgläubigkeit möglich, wenn der Täter anschlies-send passiv bleibt.

Aufgrund der hohen subjektiven Tatbestandsanforderungen kann es vorkommen, dass sich ein der Geldwäscherei Beschuldigter auf einen Sachverhalts- bzw. Tatbestandsirrtum gemäss Art. 13 StGB beruft.

GRABER sowie ACKERMANN verweisen auf einen Prozess im Frühjahr 1997 des Bezirksgerichts Zürich, in welchem sich der Beschuldigte (er-folgreich) auf Sachverhaltsirrtum berief, da er davon ausgegangen ist, dass Geldwäscherei an Mitteln nicht mehr möglich ist, die über 10 Jahre auf einem Konto lagen.403Ein geltend gemachter Tatbestandsirrtum bezüglich der verbrecherischen Herkunft der Vermögenswerte, da der Beschuldigte nichts von der Herkunft gewusst hat oder von einem weniger schwerwie-genden Delikt ausgegangen ist, kann es der Strafverfolgungsbehörde aus-serordentlich schwierig machen, den Vorsatz nachzuweisen, und ist daher als Gefahr für die Effizienz von Art. 305bis StGB anzusehen.404 EGGER

TANNER sowie GRABERschlagen vor, diesem Problem mit konkretisierten Sorgfaltspflichten entgegenzutreten.405 Diese Lösung überzeugt nur auf den ersten Blick. Bei genauerem Hinsehen lässt sie aber ausser Betracht, dass der Wortlaut von Art. 305bis StGB nicht auf Sorgfalt abstellt; der Sorgfaltsteil wird einerseits im Aufsichtsrecht (mit Verweis im GwG auf Art. 305bis StGB), andererseits in Art. 305ter StGB geregelt – somit sind mit Art. 305bisund Art. 305tersowohl die Inkaufnahme der Geldwäscherei als auch die Sorgfaltspflichtverletzung im StGB abgedeckt. Diese Tren-nung der Tatbestände im Zusammenhang mit der verbrecherischen Her-kunft von Vermögenswerten einerseits und der mangelnden Sorgfalt ande-rerseits stellt den bewussten Verzicht des Gesetzgebers auf einen Fahrläs-sigkeitstatbestand dar.406Dafür werden aber die Sorgfaltspflichten und der Umgang mit verbrecherischen Vermögenswerten im Aufsichtsrecht mitei-nander verbunden, womit eine ganzheitliche Geldwäschereiprävention sichergestellt ist. Somit kann diesem Vorschlag m.E. nicht gefolgt werden,

403 GRABER, GwG, S. 3 f., sowie ACKERMANN, Kommentar, zu Art. 305bisStGB N 420.

404 EGGERTANNER, S. 194.

405 EGGERTANNER, S. 194; GRABER, StGB, S. 147.

406 Siehe hierzu Kapitel 2.2.1 in Teil II der vorliegenden Arbeit.

da der Sorgfaltsmassstab und die Einhaltung entsprechender Sorgfalts-pflichten nur betreffend Art. 305terStGB massgeblich sind. Dem Bankmit-arbeiter, welcher seinen Sorgfaltspflichten gemäss Art. 305ter StGB nicht nachgekommen ist, muss zur Erfüllung des Straftatbestands nicht bewie-sen werden, dass er von der deliktischen Herkunft der Vermögenswerte wusste oder eine solche annehmen musste, da dies nicht Tatbestands-merkmal der mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften gemäss Art. 305ter StGB ist.

Da es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, ist der Bereich des Versuchs verhältnismässig eng. Der vollendete Versuch mit tauglichen Mitteln am tauglichen Objekt wird mit der vollendeten Straftat gemäss Art 305bis StGB gleichgesetzt.407 Hinsichtlich der Vortat ist festzuhalten:

Wenn die Vortat bereits ins strafbare Versuchsstadium gelangt ist, so sind auch die entsprechenden Vereitelungshandlungen gemäss Art. 305bisStGB strafbar.408 Unklar ist, ob ein untauglicher Versuch, insbesondere bei Un-tauglichkeit des Tatobjekts, strafbar sein soll. Während ACKERMANNsich dafür ausspricht,409dass Geldwäscherei bei untauglichem Tatobjekt straf-los sein soll, haben die kantonalen Gerichte sowie auch das Bundesgericht wiederholt einen untauglichen Versuch der Geldwäscherei auch gerade dann für möglich gehalten, wenn es an der objektiven Vortat an sich ge-fehlt hat.410 Hinsichtlich der Untauglichkeit der Tathandlung verweist ACKERMANNauf die allgemeinen Regeln von Art. 23 StGB.411

1.5 Fazit

Neben mehreren undefinierten Begriffen im Gesetzestext des Straftatbe-standes (bspw. „herrühren“ oder „die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln“) bestehen auch noch zahlreiche Beweis-problematiken (die Vermögenswerte müssen aus einem Verbrechen

407 ACKERMANN, Kommentar, zu Art. 305bisStGB N 441.

408 ACKERMANN, Kommentar, zu Art. 305bisStGB N 154.

409 ACKERMANN, Kommentar, zu Art. 305bisStGB N 449.

410 PIETH, BK, zu Art. 305bisStGB N 46c, mit Verweisen auf die Rechtsprechung.

411 ACKERMANN, Kommentar, zu Art. 305bisStGB N 453.

stammen, Nachweis des Vorsatzes bzw. Eventualvorsatzes) sowie Unklar-heiten (Definition von Surrogaten, Abgrenzung des Eventualvorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit, das geschützte Rechtsgut). Fraglich ist an dieser Stelle, ob ein Gerüst zur Geldwäschereiabwehr, welches auf einem scheinbar nicht bis zu Ende durchdachten „Sockel“ aufbaut, dennoch be-stehen und den gewünschten Zweck erfüllen kann.

2 Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften