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1 Identifizierung der Vertragspartei

1.3 Wie ist zu identifizieren?

Die VSB legt auch dasVerfahren fest, mit welchem der Vertragspartner einer Bank zu identifizieren ist. Dabei wird zwischen natürlichen Personen (Rz. 9–11 VSB) und juristischen Personen (Rz. 12–17 VSB) unterschie-den. Die Aufnahme der Geschäftsbeziehung bei natürlichen Personen kann mittels persönlicher Vorsprache erfolgen. Dabei ist ein amtliches Ausweisdokument mit Fotografie einzusehen.641 Das Identifikationsdo-kument ist auf dessen Echtheit hin zu überprüfen, wobei der kontrollieren-den Person die Echtheitsmerkmale bekannt sein müssen.642 Dabei ist mit der üblichen Sorgfalt vorzugehen. Einzelne Länder zeigen auf Internetsei-ten Musterdokumente der von ihnen ausgestellInternetsei-ten Ausweise unter Auffüh-rung von Überprüfungsmöglichkeiten der Echtheit des Dokumentes;643 mittlerweile existieren auch privat geführte Datenbanken mit Musterdo-kumenten von zahlreichen Ländern.644Inwiefern die Echtheitsüberprüfung mittels einer solchen Datenbank zur üblichen Sorgfalt gehört, ist jedoch ungewiss. Wurde das Identifikationsdokument für echt befunden, so ist in

639 BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Art. 2 Abs. 1 VSB N 14.

640 VSB-TÄTIGKEITSBERICHT2005, S. 41, Ziff. C 3.13.

641 Pass oder Identitätskarte, zumindest bei Vertragspartnern mit Wohnsitz in der Schweiz sind zudem Führerausweise und verschiedene Ausländerausweise möglich.

642 BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Rz. 9 VSB N 4.

643 So etwa Deutschland, siehe hierzu beispielsweise den Flyer der Bundesdruckerei zu den Sicherheitsmerkmalen des neuen Personalausweises unter http://www.personal- ausweisportal.de/SharedDocs/Downloads/DE/Flyer_Bundesdruckerei_Sicherheits-merkmale_nPA.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt besucht am 08.12.2012).

644 Beispielsweise „Passport-Check“ von World-Check (http://www.world-check.com) oder „idenTT“ (http://identt.com), wobei es mittleren bis grossen Banken möglich sein sollte und vielleicht auch sinnvoll ist, eine eigene Datenbank anzulegen.

einem zweiten Schritt die Übereinstimmung der vorsprechenden Person mit der Person auf dem Ausweis zu überprüfen. Zwischen der Person und der Fotografie muss eine erkennbare Übereinstimmung bestehen. Zur Art des Ausweises liefert die VSB keine abschliessende Aufzählung; der dies-bezügliche Entscheid liegt in der Kompetenz und im Ermessen der einzel-nen Banken.645Ebenso verfährt die VSB in Bezug auf die Gültigkeit des Ausweisdokuments; auch hier sollen die Banken entscheiden.646Das Ein-sehen des Ausweises ist jedoch von der Bank mittels Fotokopie zu doku-mentieren. Dabei ist die Pflicht zur Angabe des Datums, an welchem die Kopie erstellt worden ist, zwar nirgends ausdrücklich festgehalten,647 ein entsprechender Entscheid im neusten Bericht der Aufsichtskommission wirkt allerdings ebenso verpflichtend.648

Erfolgt die Aufnahme der Geschäftsbeziehung mit einer natürlichen Person auf dem Korrespondenzweg – also ohne ein persönliches Treffen zwischen dem Bankangestellten und dem Kunden zwecks Identifizierung –, so ist der Vertragspartner mittels einer echtheitsbestätigten Kopie eines Identifikationsdokuments und der Überprüfung der Wohnsitzadresse zu identifizieren. In Rz. 11 VSB wird ausgeführt, wie ein Ausweisdokument echtheitszertifiziert werden kann. Bei der Bestätigung der Wohnsitzadres-se hat die Bank neben der erwähnten Postzustellung einen gewisWohnsitzadres-sen Hand-lungsspielraum, da sie auch auf andere, gleichwertige Weise erfolgen kann, so etwa durch das Beibringen einer Strom- oder Telefonrechnung.

Bei denjuristischen Personensollen mittels Identifizierung Antworten zu folgenden drei Fragen gefunden werden: Existiert die juristische Person (noch)? Wer ist befugt, die juristische Person zu vertreten, und wie? Was ist der Zweck der juristischen Person? Die Identifizierung und gleichzeiti-ge Beantwortung dieser Fragleichzeiti-gen stellt sich verhältnismässig unkompliziert dar, wenn der Vertragspartner im schweizerischen Handelsregister oder einem gleichwertigen ausländischen Register eingetragen ist. In diesem

645 VSB-KOMMENTARzu Rz. 8.

646 VSB-KOMMENTARzu Rz. 8.

647 BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Rz. 9 VSB N 15.

648 VSB-TÄTIGKEITSBERICHT2005, S. 10, Ziff. C 1.7 und C 1.8; da die Publikation des Tätigkeitsberichts mittels Zirkulars Nr. 7427 der SBVg vom 21.10.2005 erfolgte, führt demnach eine Kopie eines Identifikationsdokuments ohne Angabe des Datums nach dem 21.10.2005 zu einer Sanktion.

Fall genügt in der Regel ein durch den Registerführer ausgestellter Regis-terauszug oder ein schriftlicher Auszug aus einer durch die Registerbehör-de, eine Aufsichtsbehörde oder durch einen vertrauenswürdigen Privaten geführten Datenbank. Bei einer schweizerischen juristischen Person kann daher zur Identifizierung auf das Schweizerische Handelsamtsblatt (SHAB) oder auch auf eine öffentliche Internetseite für Handelsregis-tereinträge (www.zefix.ch) zurückgegriffen werden.649 Dabei müssen die Identifikationsdokumente nicht im Original vorliegen; es genügt eine Ko-pie, auf der vermerkt ist, wann die Bank in Besitz des Dokumentes ge-kommen ist. Grundsätzlich darf sich die Bank die nötigen Identifikations-dokumente auch selber beschaffen, allerdings ist dabei stets das Bankkun-dengeheimnis einzuhalten.650 Zudem ist es als zusätzlicher Nachweis der Legitimation der eröffnenden Person anzusehen, dass diese die Dokumen-te zu beschaffen in der Lage war.

Bei der Identifizierung von juristischen Personen ohne Eintrag im schweizerischen Handelsregister oder einem gleichwertigen ausländischen Register ist, nebst den in Rz. 13 VSB aufgezählten Möglichkeiten des schriftlichen Auszugs aus einer durch die Aufsichtsbehörde oder aus einer durch einen vertrauenswürdigen Privaten geführten Datenbank, in den meisten Fällen auf die Statuten oder gleichwertige Dokumente zurückzu-greifen. Als gleichwertig sind insbesondere Gründungsakten, Gründungs-vertrag, Bestätigung der Prüfgesellschaft, certificate of incumbency651,

649 Als weitere Beispiele führt die SBVg die im VSB-KOMMENTARzu Rz. 12 aufge-zählten Verzeichnisse von Teledata, Creditreform, Intrum Justitia, Dun &

Bradstreet, Deltavista, Register für certificates of good standing sowie die Ver-zeichnisse der beaufsichtigten Finanzintermediäre auf der Webseite der EBK, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Deutschland) und der Financial Services Authority (England) auf.

650 BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Rz. 12 VSB N 21; für die Beschaffung der Dokumente kann die Bank auch die Dienste von unabhängigen Dritten in Anspruch nehmen, so etwa http://www.yellowdata.com, wo Gesellschaftsdokumente direkt bestellt werden können, oder auch TvT kycc („know your corporate customers“) von TvT Compliance AG (http://www.kycc.info).

651 Wer ein solches Dokument ausstellt, hängt vom jeweiligen Land ab; inhaltlich wird in der Regel bestätigt, dass die Gesellschaft noch existiert und wer die „incumbent individuals“ sind, also welche Personen Amtsinhaber sind.

certificate of good standing652 oder certificate of incorporation653 anzuse-hen654 – dabei variieren die zur Verfügung stehenden Dokumente sowie ihre Bezeichnungen je nach Domizilland.

Bei juristischen Personen ist zudem zwingend die Identität der Eröffner zu überprüfen und von den Bevollmächtigungsbestimmungen Kenntnis zu nehmen.655Es wurde bewusstÜberprüfung der Identitätanstelle von Iden-tifizierungals Formulierung verwendet, da unterschiedliche Regeln in der VSB gelten.656Der Unterschied ist, dass bei der Überprüfung der Identität der Wohnsitz nicht festgehalten werden muss und zum Einsehen und Ko-pieren des Identifikationsdokuments eine Alternative besteht, nämlich durch eine Echtheitsbestätigung der Unterschrift.657 Dabei gelten als Er-öffner diejenigen Personen, welche die Gesellschaft bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung gegenüber der Bank vertreten und die notwendigen Eröffnungsdokumente unterzeichnen;658 also diejenigen natürlichen Per-sonen, die effektiv handeln.659Die Bevollmächtigungsbestimmungen kön-nen durch eikön-nen Auszug aus dem Handelsregister zur Kenntnis genommen werden, alternativ können aber auch Vollmachten von Gesellschaftsorga-nen eingesehen werden, Unterschriftenverzeichnisse, Vereinsreglemente oder ähnliches. Diese Regel von Rz. 14 Abs. 3 VSB gilt nur für juristische Personen, alle Personengesellschaften oder rechtlich anders organisierte Vertragspartner wie Trusts sind davon ausgenommen.660Die Bank hat den

652 Manchmal auch „certificate of existence“ oder „certificate of authorization“ ge-nannt; eine „company of good standing“ bedeutet übersetzt eine Gesellschaft mit gutem Ansehen und bestätigt insbesondere, dass die Gesellschaft immer noch exis-tiert, einen „current legal status“ (Rechtsstatus) hat und sich nicht in Liquidation be-findet; manchmal wird auch bestätigt, dass die Gesellschaft ihre Steuern oder Abga-ben geleistet hat.

653 Die genaue Bedeutung hängt auch hier vom Rechtssystem ab, in der Regel wird aber mit diesem Zertifikat bestätigt, dass die Gesellschaft nach den geltenden Re-geln gegründet wurde und rechtskräftig existiert.

654 BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Rz. 13 VSB N 8.

655 Rz. 14 VSB; siehe hierzu Kapitel 2.6.4 lit. d in Teil II der vorliegenden Arbeit.

656 VSB-KOMMENTARzu Rz. 14.

657 VSB-KOMMENTAR zu Rz. 14; BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Rz. 14 Abs. 1 VSB N 3.

658 VSB-KOMMENTARzu Rz. 14.

659 VANTHIEL, zu Rz. 14 VSB N 2.

660 VSB-KOMMENTAR zu Rz. 14; BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Rz. 14 Abs. 3 VSB N 1 ff.

Einblick in die Bestimmungen zu dokumentieren, nicht erwähnt wird je-doch, ob sie auch eine Liste aller Bevollmächtigten zu den Akten nehmen muss. Allein aus der Tatsache, dass eine solche Liste bei grossen Unter-nehmungen einen enormen Umfang erreichen kann, ist jedoch zu schlies-sen, dass die Bank lediglich von diesen Bestimmungen Kenntnis nehmen muss, die Bevollmächtigte betreffen, welche spezifisch gegenüber der Bank handlungsberechtigt sind. Ebenfalls ist der VSB nicht zu entnehmen, ob eine Pflicht zur ständigen Pflege dieser Liste besteht oder ob die Pflicht nur am Anfang der Kundenbeziehung besteht.661 Gemäss dem Wortlaut

„bei Aufnahme von Geschäftsbeziehungen“ und mangels explizit festge-haltener Dauer dieser Pflicht ist von einer einmaligen Kenntnisnahme aus-zugehen. Für die Sonderfälle der einfachen Gesellschaft, der sich in Grün-dung befindenden Gesellschaft sowie Trustees stellt die VSB spezielle Regelungen zur Identifizierung auf.662

Der Handelsregisterauszug oder die gleichwertigen Dokumente dürfen nicht älter als 12 Monate sein.663Dabei ist auf das Ausstellungsdatum des Dokuments abzustellen und nicht etwa auf das Datum der Apostille664. Ebenfalls genügt es, wenn die Dokumente bei der Einsichtnahme nicht älter als 12 Monate sind; massgebend ist also nicht der Zeitpunkt der Er-öffnung der Kundenbeziehung.665

661 BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Rz. 14 Abs. 3 VSB N 9.

662 Rz. 15 VSB.

663 Rz. 16 VSB.

664 Die Apostille ist eine internationale Beglaubigungsform, welche im Rechtsverkehr zwischen jenen Staaten verwendet wird, welche Mitglieder des Haager Überein-kommens Nr. 12 zur Befreiung öffentlicher Urkunden von der diplomatischen Be-glaubigung oder Legalisation sind. Die Schweiz hat das Übereinkommen am 5. Ok-tober 1961 abgeschlossen, es ist am 11. März 1973 für die Schweiz in Kraft getreten (SR 0.172.030.4).

665 BRÜHWILER/HEIM, Anmerkungen zu Rz. 16 VSB N 7.