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Der Einsatz des Abwehrdispositivs an der richtigen Stelle

1 Der Begriff der Geldwäscherei

1.2 Der Einsatz des Abwehrdispositivs an der richtigen Stelle

Geldwäscherei ist die wichtigste Begleiterscheinung der organisierten Kriminalität, welche sich durch hemmungsloses Streben nach Gewinn auszeichnet.24 Dieser wird insbesondere aus illegalem Handel (Drogen-, Waffen-, Frauen- und Kinderhandel etc.) oder Vermögensdelikten (Dieb-stahl, Betrug, Erpressung, Veruntreuung etc.) erzielt.25Die Organisationen betätigen sich aber häufig auch in der Grauzone der Kriminalität, mit dem Betrieb von Glücksspielautomaten, mit Prostitution und Pornographie, sowie auch in der legalen Wirtschaft mit eigenen Unternehmen oder diver-sen Beteiligungen, wodurch die Umsätze und Gewinne in erschreckende Höhen steigen.26 Die kriminellen Organisationen haben schnell einmal erkannt, dass es keinen Vorteil bringt, die erlangten Gelder nur zu verste-cken.27 Dies würde die Vermögenswerte zwar vor der Entdeckung und Einziehung schützen, aber auch die kriminellen Organisationen wollen – wie legale Unternehmen – reinvestieren.28Ein Teil der Gelder wird weiter in illegale Tätigkeiten investiert, ein anderer Teil wird für den Unterhalt der Strukturen und Mitglieder der Verbrechensorganisation verwendet;

was übrig bleibt, erwirtschaftet keinen Gewinn und stellt ein Risiko für die Organisation dar.29 Das illegale Vermögen muss daher so schnell wie möglich in den legalen Wirtschaftskreislauf eingespeist und von den Spu-ren der deliktischen Herkunft befreit werden. Bei der organisierten Krimi-nalität ist aber ein ständiger Geldfluss zu verzeichnen, der gesäubert wer-den muss, noch dazu in meist enormen Summen.30 Dort, wo die Gelder erstmals in den ordentlichen Geld- und Wirtschaftskreislauf eingefügt werden sollen, weist die Spirale der Machtakkumulation ihre schwache Stelle auf. Denn dieser Vorgang liegt nicht mehr allein in der Macht der

24 BERICHTGELDWÄSCHEREIBEKÄMPFUNG, S. 2.

25 BOTSCHAFTGWG, S. 1104.

26 GRABER, StGB, S. 52.

27 BUKOVC, S. 6.

28 ACKERMANN, Money Laundering, S. 34.

29 BOTSCHAFTGWG, S. 1104.

30 BERNASCONI, Finanzunterwelt, S. 32; ebenso BERICHT GELDWÄSCHEREIURTEILE, S. 16.

kriminellen Organisation: Der Umgang mit solch grossen Geldsummen und die mit der fortschreitenden Technologisierung zunehmende Komple-xität der Wege illegaler Geldtransfers bewirken die Abhängigkeit von Fachleuten aus mehreren Disziplinen, deren Einbezug in die Organisation gefährlich ist und die man nicht so leicht unter dem Zwang der Ver-schwiegenheitspflicht (omertà) halten kann.31An dieser Stelle, der „Achil-lesferse der organisierten Kriminalität“32, beginnt der eigentliche Geldwä-schereivorgang. Und an dieser Stelle muss deshalb auch der Kampf gegen die Geldwäscherei ansetzen.33

Das Einspeisen erfolgt häufig durch Direkteinlagen; das bedeutet, dass ein Mitglied der Verbrechensorganisation einen Finanzintermediär34 auf-sucht und das Vermögen auf ein Konto einzahlt oder es in anderen Ver-mögenswerten anlegt.35Um das zu verhindern oder zumindest zu erschwe-ren, setzt ein „Ast“ des Abwehrdispositivs hier an und verpflichtet die Finanzintermediäre, den Vertragspartner zu identifizieren sowie den wirt-schaftlich Berechtigten an den Vermögenswerten festzustellen und die Herkunft der Vermögenswerte abzuklären.

Schwieriger zu verhindern ist die Einschleusung in den legalen Wirt-schaftskreislauf über indirekte Anlagen, also über Strohmänner oder soge-nannte Frontgesellschaften, die entweder zur kriminellen Organisation gehören oder mit ihr zusammenarbeiten.36Die scheinbar legal erwirtschaf-teten Vermögenswerte der Unternehmung werden über deren Bankbezie-hungen an die kriminelle Organisation weitergeleitet und fallen daher häu-fig erst durch ungewöhnliche Transaktionen (wie etwa Zunahme der Kon-tobewegungen oder ausserordentlich hohe Beträge) auf. Hier setzt sodann auch der zweite „Ast“ der Geldwäschereiprävention an, indem die

Finanz-31 BERNASCONI, Finanzunterwelt, S. 28; siehe auch BERICHT GELDWÄSCHEREIUR

-TEILE, S. 2.

32 BERNASCONI, Finanzunterwelt, S. 28, so auch BASSE-SIMONSOHN, S. 86.

33 BOTSCHAFTGWG, S. 1105.

34 Als sogenannte Finanzintermediäre gelten gemäss Art. 2 Abs. 2 GwG in erster Linie Banken, Fondsleitungen, Versicherungseinrichtungen, Effektenhändler sowie Spielbanken, aber auch Personen gemäss Art. 2 Abs. 3 GwG, die berufsmässig fremde Vermögenswerte annehmen oder aufbewahren oder helfen, sie anzulegen oder zu übertragen.

35 BOTSCHAFTGWG, S. 1104.

36 BOTSCHAFTGWG, S. 1105.

intermediäre zur Überwachung und Abklärung ungewöhnlicher Transakti-onen verpflichtet werden. Um solche TransaktiTransakti-onen überhaupt erkennen zu können, ist es von grosser Wichtigkeit, dass die Finanztransaktionen stets dokumentiert sind und somit derpaper trail sichergestellt ist. Daher bildet die Dokumentationspflicht der Finanzintermediäre eine unverzicht-bare Grundlage dieser zweiten Ansatzstelle des Abwehrdispositivs.

Ist das schmutzige Geld erst einmal in den legalen Wirtschaftskreislauf eingespeist worden, so sind die Geldwäscher bemüht, jegliche Spuren der illegalen Herkunft der Vermögenswerte zu verwischen. Dies geschieht durch zahlreiche Überweisungen in diverse Länder und wieder zurück, durch Unterbrechung des paper trails durch Bargeldein- und -auszah-lungen, den Umtausch von kleineren Banknoten in grössere, die Entge-gennahme von mehreren Einzahlungen auf ein Konto, die dem Transak-tionsüberwachungssystem der Finanzintermediäre möglicherweise entge-hen, oder das Geld wird in legale Finanz- und Handelsgeschäfte investiert, was der kriminellen Organisation gleichzeitig mehr volkswirtschaftliche Macht verleiht und sie an Grösse wachsen lässt. So werden immer grösse-re und undurchschaubagrösse-regrösse-re Struktugrösse-ren und Organisationen geschaffen.37 Der Wert des angehäuften Vermögens kann nicht nur erhalten oder gar vergrössert werden, darüber hinaus generieren die kriminellen Organisati-onen auch noch zusätzlich legale Einkünfte, was den Nachweis fast ver-unmöglicht, dass die gewonnenen Erlöse ursprünglich aus illegalen Tätig-keiten herrühren.38 Neben der aktiven Verhinderung der Geldwäscherei bedarf es für eine erfolgreiche Prävention aber auch unbestechlicher Amtsträger – denn alle Bemühungen der Behörden und der Finanzinter-mediäre zur Geldwäschereibekämpfung werden durch Korruption zusätz-lich erschwert oder gar verunmögzusätz-licht.39 Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass das Geldwäschereiabwehrdispositiv an den richtigen Stel-len ansetzt und dort so effizient und lückenlos wie möglich in den Geld-wäschereivorgang eingreifen kann.

37 BERNASCONI, Finanzunterwelt, S. 28.

38 BUKOVC, S. 7.

39 BASSE-SIMONSOHN, S. 88.

2 Die Entstehung des Abwehrdispositivs