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4.7.1 Prämedikation und elektrische Stimulation

In dieser Studie sollte der mögliche Effekt einer Prämedikation durch die anticholinerge Sub-stanz Scopolamin auf die Entwicklung, Intensität und Dauer des SE in einem elektrischen Post-SE-Modell (BLA-Modell) ermittelt werden. Es ist bereits bekannt, dass in chemischen Modellen mit SE-Induktionen durch cholinerge Agonisten wie Pilocarpin die anfallsverhin-dernde Prämedikation durch Scopolamin und Atropin möglich ist (Buterbaugh et al., 1986;

Jope et al., 1986; Morrisett et al., 1987; Clifford et al., 1987; George & Kulkarni, 1996), was allerdings auf einer reinen Wechselwirkung zwischen Agonist und Antagonist beruht.

Die BLA-Stimulation verlief in diesem Versuch nach demselben Schema und mit denselben Stimulationsparametern wie in Kapitel 4.3.2 beschrieben. 20 min vor der Stimulation wurde den Tieren eine hohe Dosis Scopolamin (10 mg/kg, i.p.) oder nur die reine Vehikelsubstanz (destilliertes Wasser) verabreicht. Die Versuche wurden in der gesamten Studie verblindet durchgeführt. Während der Stimulation entwickelten alle Tiere einen SE, der sich in allen 3 vorher beschriebenen SE-Typen manifestierte (Brandt et al., 2003). Der SE wurde in diesem Versuch nicht pharmakologisch abgebrochen, da der mögliche Effekt des Scopolamins auf die SE-Dauer nicht durch weitere pharmakologische Maßnahmen moduliert bzw. maskiert wer-den sollte. Verglichen mit chemischen Modellen zeugen elektrische Modelle ohnehin von einer wesentlich niedrigeren Mortalität (Goodman, 1998; Löscher, 2002; Löscher, 1999).

4.7.2 Video-EEG-Überwachung

Die Entwicklung und Dauer des SE wurde bis zu 24 h nach Stimulation über Video und EEG unter denselben Bedingungen sowie mit denselben Materialien und Geräten wie in Kapitel 4.5

beschrieben überwacht. Die Auswertung des Videos und des EEG erfolgte mit Hilfe der frei erhältlichen Software LabChart Reader 8. Zunächst wurden Bedingungen gesetzt, die das En-de En-des SE En-definieren sollten:

§ Die erste Bedingung betraf die elektrographische Ausprägung des SE: Es ist genau dann kein SE im EEG mehr vorhanden, wenn die Frequenz der SE-Spikes unter 1 Hz oder die Amplitude der Spikes unter 2 Mal die Höhe der EEG-Basallinie absinken (s.

Abbildung 14).

§ Die zweite Bedingung betraf die klinische Ausprägung des SE: Kommt es innerhalb der nächsten 15 min nach dem gesetzten Zeitpunkt aus der ersten Bedingung nicht zu einem klinischen Anfall, so ist der SE endgültig vorbei. Kommt es in dieser Periode dennoch zu Anfällen, so wird das Ende des letzten Anfalls, nach dem über die darauf-folgenden 15 min kein Anfall mehr folgt, als Ende des SE gewertet.

Abbildung 14: Elektroenzephalogramm während und nach Status epilepticus

A: Etablierter Status epilepticus (SE) mit hochfrequenten Spikes (> 1 Hz und Amplitude > 2 Mal Basal-linie); B: Vor wenigen Minuten spontan abgeklungener SE bei demselben Tier. Die Spikes (< 1 Hz) erfüllen die erste Bedingung für das elektrographische SE-Ende. Aufgezeichnet mit LabChart 6.

4.7.3 Verhaltensversuche

Eine Woche nach SE wurde ein modifizierter Hyperexzitabilitätstest (HET) nach Rice et al.

(1998) durchgeführt, mit dem man relativ unkompliziert und ohne Training der Tiere eine erhöhte Exzitabilität der Tiere auf Umwelteinflüsse feststellen kann. Das Ziel dabei war es zu überprüfen, ob Ratten mit oder ohne Scopolaminbehandlung ein variierendes Reaktions- bzw.

Verhaltensmuster auf äußere Reize an den Tag legen. Eine weitere Gruppe mit Scheinkon-trolltieren fungierte als Vergleichsgruppe. Der HET ist aus 4 einzelnen Tests zusammenge-setzt, die in der folgenden Tabelle 5 mit entsprechendem Scoring dargestellt sind.

Tabelle 5: Hyperexzitabilitätstest mit Scoring, modifiziert nach Rice et al. (1998)

Test/Beschreibung Scoring

2 – die Ratte schnüffelt am Stift 3 – die Ratte bewegt sich vom Stift weg 4 – die Ratte erstarrt

5 – die Ratte springt vom Stift weg 6 – die Ratte attackiert den Stift 2. Touch-Response Test:

Die Ratte wird vorsichtig am Rumpf mit einem Stift berührt.

1 – keine Reaktion

2 – die Ratte dreht sich zum Stift 3 – die Ratte bewegt sich vom Stift weg 4 – die Ratte erstarrt

5 – die Ratte springt mit oder ohne Vokalisation weg 3. Finger-Snap Test:

Es wird mit einem Klicker nur wenige Zentimeter über dem Kopf der Ratte geklickt.

1 – keine Reaktion

2 – die Ratte springt ein wenig oder zuckt mit den Ohren (normale Reak-tion)

3 – etwas schwierig; die Ratte richtet sich auf und dreht sich zur Hand 4 – schwierig: die Ratte meidet die Hand und versucht zu entkommen 5 – die Ratte springt aus dem Käfig

6 – die Ratte ist defensiv und würde möglicherweise die Hand attackieren

Bevor der HET begann, wurden die Ratten in ihren Heimkäfigen in den Vorraum des Verhal-tenslabors gebracht und dort für mindestens eine Stunde vor Testbeginn beobachtet, um mög-liche Anfälle zu dokumentieren. Tiere, bei denen innerhalb einer Stunde vor geplantem Ver-suchsbeginn Anfälle ausgemacht wurden, beobachtete man erneut für mindestens eine Stunde vor Versuchsbeginn. Jedes Tier wurde insgesamt drei Mal von drei verblindeten Personen dem HET unterzogen, wodurch robustere und weniger subjektiv beeinflusste Ergebnisse er-zielt wurden. Zwischen den Versuchseinheiten war pro Tier mindestens eine Pause von 30 min vorgesehen. Für den Versuch wurde jedes Tier von der Testperson im Heimkäfig in das Versuchslabor getragen und auf einen Tisch gestellt. Der Test fand im Heimkäfig statt, sodass nur der Käfigdeckel zur Seite gelegt wurde. Alle 4 einzelnen Tests wurden sodann in

unmittelbarer Abfolge in der Reihenfolge wie in Tabelle 5 dargestellt durchgeführt. Anschlie-ßend wurde der Käfig mit dem Tier wieder in den Vorraum gestellt.

4.8 Überprüfung der Lokalisation von Elektrode und Führungsrohr