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In beiden beschriebenen Epilepsiemodellen wurden am Tag der SE-Induktion kurz vor der Induktion, während des SE und nach Abbruch des SE Mikrodialyseproben gesammelt, um den Einfluss der ausgeführten Manipulationen in diesen Phasen auf die Neurochemie des Ge-hirns der Ratte zu überwachen. Außerdem wurden in der Latenzzeit 24 h, 4 d und 8 d nach SE

und schließlich in der chronisch epileptischen Phase 10 Wochen nach SE Proben gesammelt, um mögliche neurochemische Auswirkungen während der Epileptogenese und in der chroni-schen Epilepsie zu ermitteln (s. Abbildung 9). Vor Beginn der Versuche wurden die Ratten zum Zweck der Habituation regelmäßig für mehrere Stunden in für die Mikrodialyse konzi-pierten und mit Zellstoff ausgelegten zylindrischen Behältern aus durchsichtigem Acrylglas mit 40 cm Höhe und 40 cm Durchmesser gehalten. Zu Adaptationszwecken wurden 14 - 16 h vor dem Experiment kommerziell erhältliche Mikrodialysesonden vom Typ CMA 11 mit ei-ner Membranlänge von 4 mm, einem Membrandurchmesser von 0,24 mm und eiei-ner Poren-größe, die durchlässig ist für Moleküle mit einer atomaren Masse von bis zu 6 kDa, in die Führungsrohre der Ratten eingesetzt (s. Abbildung 4). Das Führungsrohr war in der Form implantiert, dass sich die Sonde nach ihrem Einsatz über ihre gesamte Membranlänge im hip-pokampalen Gewebe mit Kontakt zu verschiedenen Strukturen wie z.B. CA1-, CA3-Region und DG befand. Mit ihrer Spitze war die Sonde im ventralen Hippokampus lokalisiert (Mole-kularschicht des DG, s. Abbildung 10 und Tabelle 3). Für das Mikrodialyseexperiment 24 h nach SE wurden die Sonden über Nacht im Führungsrohr belassen, jedoch nie länger als 48 h, um chronische Inflammationen und astrozytäre Reaktionen in direkter Umgebung der Sonden zu unterbinden (Benveniste & Diemer, 1987).

Abbildung 9: Versuchsdesign für die Mikrodialysestudien

Im BLA-Modell wurden in allen Phasen jeweils 8 Proben gesammelt, während im Lithium-Pilocarpin-Modell vor und während SE 4 bzw. 6 Proben gesammelt wurden. EEG: Elektroenzephalogramm; Li:

Lithium; SE: Status epilepticus

Abbildung 10: Schematische Darstellung eines Gehirns der Ratte im Querschnitt mit Lokalisation von implantiertem Führungsrohr (orange) und eingesetzter Sonde (rot) Sondenmembran (roter freier Zylinder) befindet sich mit der Spitze im ventralen Hippokampus in der Molekularschicht des Gyrus dentatus (MoDG). Modifiziert nach Paxinos & Watson (2007).

Der Versuchsapparat (s. Abbildung 11) bestand aus einem Pumpsystem mit eingespannten Glasspritzen (2,5 ml Fassungsvolumen), die das Perfusat enthielten, und aus dem zylindri-schen Versuchsbehälter, an dessen Rand ein zur Zylindermitte ausgerichteter, selbstgebauter bzw. kommerziell erhältlicher Balancearm mit Gegengewicht angebracht wurde. Er diente der Befestigung eines Zwei-Kanal-Drehgelenks (Swivel), das über einen Schlauch mit der Spritze verbunden war. Neben seiner Funktion zur Überbrückung des Flüssigkeitstransportes zwi-schen Pumpe und Tier ermöglichte der Swivel den Tieren das freie Bewegen und verhinderte das Verdrehen der beiden zu- und ableitenden Schläuche, die zwischen Swivel und eingesetz-ter Sonde im Tier verliefen. Zusätzlich wurden die Tiere über einen angemessen festgezoge-nen Kabelbinder als Halsband über eifestgezoge-nen festen Draht mit Einhakvorrichtung an den Swivel angebunden, sodass die durch die Ratte hervorgebrachten Zugkräfte nicht über die Schläuche abgeleitet wurden. Das Dialysat wurde nach Austritt aus der Sonde und durch erneuten Durchtritt durch den Swivel in Reaktionsgefäßen mit einem Fassungsvermögen von 250 µl, die am Balancearm befestigt wurden, gesammelt. Um Kontaminationen zu vermeiden und den ins Gefäß führenden Schlauch zu fixieren, wurde das Reaktionsgefäß mit Parafilm abge-deckt, welches mit dem Schlauch durchstoßen wurde. Um die Schläuche mit den einzelnen

Komponenten zu verbinden wurden Kunststoffadapter genutzt. Der Durchmesser des Lumens in den Schläuchen betrug 0,12 mm. Mit einer Weglänge von etwa 45 cm zwischen Sonden-ausgang und Reaktionsgefäß (mit zwischengeschaltetem Swivel) betrug das Volumen etwa 5,4 µl. Trotz der regulär verwendeten langsamen Fließgeschwindigkeit von 2 µl/min für den optimalen Austausch an der Membran betrug die Fließdauer des Dialysats von der Ratte bis zum Reaktionsgefäß lediglich weniger als 3 min. Das Dialysat wurde in Proben à 15 min auf-geteilt, sodass pro Reaktionsgefäß ein Volumen von 30 µl erfasst wurde. Die Proben wurden nach dem Sammeln zunächst auf Eis gelegt und im direkten Anschluss bei -80 °C gelagert.

Abbildung 11: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus für die Mikrodialyse Modifiziert nach Anderzhanova & Wotjak (2013).

Im Li-Pilocarpin-Modell wurden insgesamt 4 Proben vor SE (für 1 h), 6 Proben während des SE (für 1,5 h), 8 Proben nach Abbruch des SE sowie jeweils 8 Proben 24 h, 4 d, 8 d und 10 Wochen nach SE (für jeweils 2 h) gesammelt. Jenes Protokoll wurde auch im BLA-Modell angewandt mit dem Unterschied, dass 8 Proben vor SE und ebenfalls 8 Proben während des SE aufgrund seiner längeren Dauer gesammelt wurden (s. Abbildung 9). Auf alternierende Art und Weise wurden die Proben dann entweder der simultanen Analyse des ACh und des Cholins pro Probe einerseits oder der simultanen Analyse von 6 Aminosäuren pro Probe an-dererseits zugeordnet. Die Messung des ACh und des Cholins übernahmen freundlicherweise

unsere Kooperationspartner vom Pharmakologischen Institut für Naturwissenschaftler an der Goethe Universität in Frankfurt am Main.

Bevor die Experimente starteten, sind die eingesetzten Sonden im Tier für 30 - 60 min per-fundiert worden. Während die Tiere im Li-Pilocarpin-Modell während der fraktionierten In-duktion des SE durchgehend am Mikrodialysesystem angeschlossen waren, mussten die Tiere im BLA-Modell für die 25-minütige Stimulation vom System abgekoppelt werden. Für den intravenösen Abbruch des SE durch Diazepam und Phenobarbital mussten die Ratten in bei-den Modellen für wenige Minuten vom System genommen werbei-den.

Als Perfusat verwendete man aCSF nach Benveniste et al. (1989) mit folgender Zusammen-setzung (Angaben in mmol/l): 25,0 Natriumhydrogencarbonat, 122,0 Natriumchlorid, 1,2 Magnesiumsulfat, 3,0 Kaliumchlorid, 1,3 Calciumchlorid und 0,4 Kaliumhydrogenphosphat, gelöst in destilliertem Wasser. Die Lösung wurde auf einen pH von 7,4 gebracht und bei 0 - 4 °C gelagert. Um die basalen extrazellulären ACh-Werte zu stabilisieren (Chang et al. 2006), wurde vor jedem Mikrodialyseexperiment der aCSF zusätzlich eine geringe Menge von Neo-stigmin (75 nmol/l) beigesetzt.