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Staatlichkeit der “TRNZ”

TEIL II: KEINE AKZEPTANZ DES STATUS QUO VON DER

4. DER STATUS QUO AUF ZYPERN IM VÖLKERRECHT

4.3 Staatlichkeit der “TRNZ”

In den drei Bereichen, die für die Staatsentstehung nach der „Drei-Elemente-Lehre“84 von Bedeutung sein können (Effektivität, Legalität, Anerkennung) fallen für die “TRNZ” zumindest

81 Berber, Bd. 1, S. 237; Verdross/Simma, S.604; Frohwein, in: Encyclopedia 10 (1987), S.344; Negatigil, S.277.

82 Gerd von Laffert: Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 136—138.

83 Berber, Bd. 1, S. 238f.

84 Vgl. A. Verdross/B. Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Auflage, 1984, 223 ff.

zwei der Antworten sofort negativ aus, nämlich die Kriterien der Legalität und der Anerkennung.

Sie ist daher schon kein Staat im Sinne eines Völkerrechtssubjekts. Betrachten wir aber das Merkmal der Effektivität näher. Die “TRNZ” verwirklicht die Staatsmerkmale “Staatsgebiet” und

“Staatsvolk”. Das besetzte Gebiet ist eindeutig festgelegt und durch die UN-Blauhelme entlang der Grünen Linie gesichert. Die “Bevölkerung” besaß zumindest urspünglich eine ständige und homogene Form des Zusammenlebens im Sinne einer Schicksalsgemeinschaft. Hier ist allerdings zu betonen, dass die “TRNZ” ihre “Staatsbürgerschaft” auch den Siedlern aus der Türkei verleiht, und sie stellt an diese Personen auch keinerlei Anforderungen einer Anpassung. Dieses Vorgehen überschreitet die Grenzen des Ermessens, das das Völkerrecht den Staaten hinsichtlich der Verleihung ihrer Staatsbürgerschaft einräumt. Dieser Verstoß gegen die völkerrechtlichen Regeln zur Staatsangehörigkeit hat aber dennoch nicht den Verlust des “Staatsvolk”-Merkmals zur Folge, da eine originär zypriotische, eine Schicksalsgemeinschaft im obigen Sinne bildende Bevölkerung jedenfalls vorhanden ist. Die Herausbildung der staatlichen Ordnung in Nordzypern wurde erst durch die illegale türkische Invasion möglich. Die Gründung der “TRNZ” beruht also auf einer Verletzung des Völkerrechtes und nicht auf der Verwirklichung des Völkerrechtes. Daneben spricht auch die Anwesenheit fremder Truppen85, die seit der Invasion diesen Teil der Insel besetzt halten, dafür, dass die “TRNZ” kein „Staat“ ist, da ihr zu diesem Merkmal die Unabhängigkeit fehlt.86

Ohne die türkische finanzielle Unterstützung wäre die “TRNZ” nicht lebensfähig.87 Die Stationierung von Truppen auf fremdem Territorium beseitigt zwar keineswegs die Staatlichkeit des Territorialstaates, und wäre somit auch als ein alleine ausreichendes Argument gegen die Staatlichkeit der “TRNZ” ungeeignet, zumal sich die türkischen Truppen im Einvernehmen mit den TZ auf der Insel aufhalten. Anders zu betrachten ist allerdings die Anwesenheit fremder Truppen, die in der gewaltsamen Intervention und Besetzung fremden Territoriums durch die Türkei ihren Anfang genommen hat, und die wegen des Übergewichts dieser Truppen gegenüber denen der “TRNZ” dazu führt, dass dieser kein eigener sicherheitspolitischer Handlungsspielraum mehr verbleibt. Die “TRNZ” ist bis heute ohne die massive wirtschaftliche88 und rechtliche Unterstützung durch die Türkei nicht lebensfähig genug, um als Staat auch nur im Sinne der Effektivitätskriteriums der „Drei Elemente Lehre“ gelten zu können.89 Ein anderes Merkmal eines Pseudostaates im Falle der “TRNZ” ist die Anwesenheit der türkischen Botschafter bei den Kabinettsberatungen der politischen Führung der “TRNZ”. Entscheidendes Argument gegen die Unabhängigkeit der “TRNZ” ist jedoch die von der Türkei und der “TRNZ” einvernehmlich geführte Politik der Ansiedlung.90 Dies verändert nicht nur die demographischen Verhältnisse auf ganz Zypern, sondern entscheidet über den Ausgang der Wahlen in der “TRNZ”. So kommt zu der völligen militärischen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der “TRNZ” von der Türkei auch noch die Kontrolle der politischen Entscheidungsfindung im Wege gezielter Bevölkerungspolitik hinzu.

Dadurch wird dieser Staat vollkommen von außen beeinflusst. Als Resümee kann behauptet werden, dass die “TRNZ”, auch wenn man sie nur am Maßstab der Effektivität misst, kein Staat ist.

Im Gegensatz zu der “TRNZ”, die von der Türkei vollends abhängig ist, hat die RZ erheblich mehr Verhandlungsspielraum, was ihre Beziehung zu Griechenland angeht.91

85 UNO Resolution 352 vom Juli 1974.

86 Vgl. Filos, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht des Max Planck Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Band 59, Nr.1-1999, ZaöRV, Seite 198.

87 Siehe in: Roland Wellenreuther, Werdegang und Hintergründe der zypriotischen Volksgruppengespräche zwischen 1974 und 1993, in Zentrum für Türkeistudien-Zeitschrift für Türkeistudien, 1-94, Leske+Budrich, Seite 109.

88 Die Währung in der “TRNZ” ist die türkische Lira.

89 Vgl. Filos Altana, Die Entwicklung der Zypern-Frage unter besonderer Berücksichtigung der geplanten EU Mitgliedschaft der Republik Zypern, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht des Max Planck Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Band 59, Nr.1-1999, ZaöRV, Seite 198.

90 Die “TRNZ” verleiht den Siedlern gleich bei ihrer Ankunft die Staatsbürgerschaft und das Wahlrecht, ohne irgendwelche Anforderungen an die Integration dieser Personen zu stellen.

91 Roland Wellenreuther, Werdegang und Hintergründe der zypriotischen Volksgruppengespräche zwischen 1974 und 1993, in Zentrum für Türkeistudien-Zeitschrift für Türkeistudien, 1-94, Leske+Budrich, Seite 108.

4.3.1 Die Rechtsstellung der “TRNZ” als nicht anerkanntes De-facto-Regime

Da die “TRNZ” kein anerkannter Staat ist, kann sie Beziehungen zur Staatengemeinschaft sehr schwer aufnehmen. Die Voraussetzungen für einen Frieden in der Region verlangen eine gewisse Einbindung der “TRNZ” in das Völkerrecht, um sie aus der Isolation herauszuholen. Unter De-facto-Regimes92 werden allgemein “Gemeinwesen” verstanden, die faktisch die Voraussetzungen der Staatlichkeit erfüllen, die Staatlichkeit auch selbst anstreben, jedoch in dieser Eigenschaft nicht anerkannt sind, weil die Art ihrer Entstehung missbilligt wird. Als ein De-facto-Regime wird allerdings auch ein Gebilde angesehen, bei dem es an der vollständigen Erfüllung der Staatsmerkmale wegen fehlender Unabhängigkeit von einem Drittstaat fehlt. Die nichtanerkannte

“TRNZ”, die, wenn man also diese Nichtanerkennung, die illegale Entstehung, und die Abhängigkeit von der Türkei außer Acht lässt, die anderen Merkmale der Staatlichkeit weitestgehend erfüllt, ist somit ein nichtanerkannter Staat bzw. ein De-facto-Regime im Sinne der Definition.93 Würde man davon ausgehen, die “TRNZ” aufgrund der Nichtanerkennung und ihres rechtswidrigen Entstehens völlig außerhalb der Völkerrechtsordnung steht, wäre sie durch das Völkerrecht ebenso wenig gebunden wie geschützt. Sie steht aber nicht in einem rechtsfreien Raum.

Als De-facto-Regime ist die “TRNZ” ein nur partielles Völkerrechtssubjekt. Der Umfang der Völkerrechtssubjektivität ist nicht bei allen De-facto-Regimes der gleiche. Die politische Existenz eines “Staates” ist unabhängig von der Anerkennung von anderen Staaten.94

Die “TRNZ” ist als De-facto-Regime also durch das Recht der Staatenverantwortlichkeit berechtigt und verpflichtet. Mit der Haftung der “TRNZ” für die Handlungen ihrer Organe kann allerdings eine Haftung der Türkei für dieselben Handlungen konkurrieren. Nach griechisch-zypriotischer Auffassung sind die Akte nordzypriotischer Hoheitsträger ausschließlich der Türkei zuzurechnen.

In der Tat ist eine Besatzungsmacht für das völkerrechtswidrige Verhalten von Organen des besetzten Staates verantwortlich, sofern diese unter Kontrolle des Okkupanten gehandelt haben.

Ein solcher Tatbestand wird von der „TRNZ“ bestritten. Sie behauptet, dass die türkischen Streitkräfte auf die Bitte und mit dem Einverständnis der türkisch-zypriotischen Staatsgewalt anwesend sind. Umfang und Art der türkischen Militärpräsenz werden aber von Ankara bestimmt.

Die Streitkräfte stehen unter türkischem Oberbefehl. Aus diesem Grunde hat auch die EU-Kommission für Menschenrechte in ihrer Zulässigkeitsentscheidung vom 24. Mai 1975 über die Staatenbeschwerden Zyperns gegen die Türkei festgestellt, dass die Türkei für die Handlungen ihrer Streitkräfte im Verlaufe der Besetzung Nordzyperns im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention verantwortlich ist. Zusammenfassend kann man folgendes sagen: In den Bereichen, in denen die “TRNZ” selbständig entscheiden kann, vor allem in der gewöhnlichen Verwaltungspraxis, ist nur sie als De-facto-Regime völkerrechtlich verantwortlich. Dagegen sind in den Bereichen, in denen die “TRNZ” nur mit türkischer Zustimmung handelt, also hauptsächlich bei politischen Entscheidungen, sowohl die “TRNZ” als auch die Türkei verantwortlich, die „gesamtschuldnerisch haften“.95 Die Verfassung der „TRNZ“

weist zahlreiche strukturelle Ähnlichkeiten mit der Verfassung der Türkischen Republik von 1982 auf, hat jedoch Elemente aus der zypriotischen Verfassung von 1960 übernommen. Die Verfassung bezeichnet die TZ aber als einen „untrennbaren Bestandteil der Großen Türkischen Nation“.96 Nach einer verbreiteten Auffassung sind auch De-facto-Regimes vom Gewaltverbot geschützt.

92 “…The term de facto regime seems preferable to describe the entity in question irrespective of whether it claims to be a new secessionist State or whether it aims to take over government in a recognized State....In Jochen Abr. Frowein, Cyprus, in Encyclopedia of Public International Law, Volume one, 1990, Seite 966; To avoid misunderstanding the term de facto regime, it seems preferable to describe the entity in question irrespective of whether it claims to be a new secessionist State or whether it aims to take over the government in a recognized State. The term de facto government is sometimes used for the non-recognized government, which raises quite different issues.”

93 Gerd von Laffert, Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 114.

94 Rede von Herrn Ergün Olgun, Untersekretär des Präsidenten der „TRNZ“, im Zentrum für Europäische

Integrationsforschung, Rheinische Friedrich Wilhelms Universität Bonn, am 03.02.1998, über mögliche Szenarien für Zypern und deren Implikationen.

95 Gerd von Laffert, Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 120-123.

96 Siehe in: Christian Rumpf, Die staats- und völkerrechtliche Lage Zyperns, Stuttgart-Heidelberg, 23/12/1997, 24 Jg, Heft 21-22 in : EuGRZ 1997

Allerdings wird mangels der UN-Mitgliedschaft nicht Art. 2 Ziff. 4 SVN, sondern das Gewaltverbot als Gewohnheitsrechtssatz angewendet. Seit nunmehr über dreißig Jahren finden zwischen den beiden Teilen Zyperns keine bewaffneten Auseinandersetzungen mehr statt.97 Die “TRNZ” ist daher als befriedetes De-facto-Regime durch das Gewaltverbot geschützt. Die RZ ist damit kraft Völkerrechts verpflichtet, die Integrität eines Gebietes zu achten, das für sie kein Ausland ist.98 In der Geschichte der Politik existieren schon seit langem Verträge von Staaten mit De-facto-Regimes.99 Diese Verträge sind völkerrechtlicher Natur. Sie werden, gleich ob bilateral oder multilateral, als zulässig angesehen, mit Ausnahme der Friedens-, der Freundschafts- und der Bündnisverträge. Der Abschluss von Verträgen enthält regelmäßig keine stillschweigende Anerkennung als Staat, und stellt daher auch gegenüber dem Mutterstaat keine verbotene Intervention dar. 100

Der einzige Vorgang, der unstreitig zu einer Anerkennung durch schlüssiges Verhalten führt, ist die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.101 Staaten verhandeln häufig mit De-facto-Regimes.102 Die Staaten dürfen daher auch mit der “TRNZ” Verhandlungen führen. Sie dürfen darüber hinaus auch ihre Beziehungen zur “TRNZ” institutionalisieren, etwa durch den Austausch ständiger Vertreter,103 oder durch den Austausch von Ad-hoc-Vertretungen, Handelsmissionen etc.104 Eine Aufnahme von diplomatischen Beziehungen hingegen wäre ein Schritt in die Richtung der staatlichen Anerkennung.105

4.3.2 Nichtanerkennung der “TRNZ”

Die Nichtanerkennung der “TRNZ” basiert auf der Resolution des Sicherheitsrates Nr. 541 für Kollektive Nichtanerkennung.106 Die “TRNZ” ist einerseits kein Staat, andererseits ist sie als De-facto-Regime Trägerin bestimmter völkerrechtlicher Rechten und Pflichten. Die Möglichkeit einer Anerkennung durch Drittstaaten bleibt immer noch offen.107 Welche Alternativen gibt es für die Drittstaaten?108 Erstens, die Staaten erkennen die “TRNZ” an, zweitens, die Staaten dürfen die

“TRNZ” nicht anerkennen, und drittens, die Staaten dürfen die “TRNZ” anerkennen, müssen dies aber nicht.

Auf die erste Alternative der Anerkennung hat die “TRNZ” keinen Anspruch, weil es einen solchen Anspruch generell nicht gibt. Im übrigen erfüllt die “TRNZ” nicht vollständig die Staatskriterien, deren Vorliegen erst den hypothetischen Anerkennungsanspruch begründen würde. Nach der Staatenpraxis gibt es aber keine Pflicht, eine politischen Einheit tatsächlich als

97 Grenzzwischenfälle (19.7.1989 und 8.1996). Als im Jahr 1996 ca. 10000 griechisch-zypriotische Demonstranten in die UN-Pufferzone eindrangen, hatten diese Zwischenfällen nie den Charakter bewaffneter Auseinandersetzungen.

98 Dass dies kein Widerspruch in sich selbst ist, sondern völkerrechtliche Realität sein kann, zeigt sich am deutsch-deutschen Grundlagenvertrag vom 21.12.1972, in dem sich die BRD, für welche die DDR nie Ausland war und dies auch durch den Vertrag nicht geworden ist [BVerfGE 36, 1(17)], entsprechend der Charta der UNO zur Gewaltenthaltung und zur uneingeschränkten Achtung der territorialen Integrität der DDR verpflichtet hat (Art. 3 Grundlagenvertrag); Hans Peter Ipsen, in Jahrbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart, Neue Folge-Band 38 (Hrsg.) von Peter Häberle, 1989, Seite 3-18.

99 Jochen Abr. Frowein, Cyprus, in Encyclopedia of Public International Law, Volume one, 1990, Seite 967.

100 Gerd von Laffert, Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 126.

101 Jochen Abr. Frowein, Cyprus, in Encyclopedia of Public International Law, Volume one, 1990, Seite 967.

102 Jochen Abr. Frowein, Cyprus, in Encyclopedia of Public International Law, Volume one, 1990, Seite 967.

103 Frowein, Das de facto Regime, S.178-182. Man denke auch an den Austausch ständiger Vertretungen gemäß Art. 8 des Grundlagenvertrages zwischen der BRD und der DDR vom 21.12.1972, vgl. Gerd von Laffert, Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 128.

104 Jochen Abr. Frowein, Cyprus, in Encyclopedia of Public International Law, Volume one, 1990, Seite 967.

105 Jochen Abr. Frowein, Cyprus, in Encyclopedia of Public International Law, Volume one, 1990, Seite 967.

106 “The Security Council calls upon all States not to recognize any Cypriot State other than the Republic of Cyprus.”

Resolution des UNO-Sicherheitsrates Nr. 541 Ziff. 7. Die griechische bzw. griechisch-zypriotische Volksgruppe ist der Auffassung, die Resolution 541 verpflichte die Staaten in Übereinstimmung mit den vom IGH im Namibia-Gutachten getroffenen Feststellungen zur Bindungswirkung von Sicherheitsratsresolutionen zur Nichtanerkennung.

107 Die Türkei hat die die “TRNZ” 1992 in vollem Umfang anerkannt. Siehe in: Roland Wellenreuther, Werdegang und Hintergründe der zypriotischen Volksgruppengespräche zwischen 1974 und 1993, in Zentrum für Türkeistudien-Zeitschrift für Türkeistudien, 1-94, Leske+Budrich, Seite 111.

108 Gerd von Laffert, Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 128-129.

Staat anzuerkennen, sobald sie die Staatsmerkmale erfüllt.109

Die zweite Alternative, dass die Staaten die „TRNZ“ nicht anerkennen dürfen, gründet sich auf das Verbot der vorzeitigen Anerkennung eines Verbandes, der die Staatsmerkmale nicht erfüllt. Eine solche Anerkennung würde im Verhältnis zum Mutterstaat eine Intervention darstellen, und ist daher nach allgemeinem Völkerrecht rechtswidrig,110 es sei denn, der Mutterstaat selbst hätte die Anerkennung bereits ausgesprochen. Davon kann im Falle Zyperns keine Rede sein. Zusätzlich trifft diese Alternative eines Verbots der Anerkennung generell für Staatsgebilde zu, die auf rechtswidrige Weise entstanden sind. Die Stimson-Doktrin beschreibt das völkerrechtliche Verbot einer Anerkennung territorialer Veränderungen, die aufgrund rechtswidriger Gewaltanwendung eingetreten sind. Nach dieser Doktrin ist es den Staaten also verboten, die “TRNZ” als Staat anzuerkennen, da sie ihre Entstehung der rechtswidrigen Intervention der Türkei und der Verletzung des Selbstbestimmungsrechts der Völker verdankt, indem das Heimatrecht der griechisch-zypriotischen Bevölkerungsmehrheit in Nordzypern gebrochen wurde.111 Für die Anerkennung der Teile eines geteilten Staates durch Drittstaaten gelten keine besonderen Regeln.

Nach Hilf setzt der Begriff des geteilten Staates sogar voraus, dass beide Teile durch eine große Zahl von Drittstaaten anerkannt sind. Zypern ist dem gemäß gar kein “geteilter Staat”.112 Besondere Probleme werfen in geteilten Staaten häufig auch die gegenseitige Nichtanerkennung der Teileinheiten auf, mit den Rechtsfolgen, die dies nach sich zieht, sowie auch die Frage des rechtlichen Fortbestandes des Gesamtstaates.113

Gegen die Anerkennung der „TRNZ“ spricht auch der Garantievertrag der Garantiemächte von Zypern.114 Eine Anerkennung der “TRNZ” als Staat beeinträchtigt Unabhängigkeit, territoriale Integrität und Sicherheit der RZ. Mit einer Anerkennung wird der RZ die Staatsgewalt entzogen.

Wegen der Wirkung der Anerkennung kann diese zu einem endgültigen Verlust von Staatsgebiet führen, und die faktische Teilung Zyperns rechtlich vollenden.115 Für die Garantiemächte hat das Anerkennungsverbot also auch eine vertragliche Grundlage. Die Türkei, die die “TRNZ” als Staat anerkannt hat, hat damit Art. 2 Abs. 1 des Garantievertrages verletzt.116 Der Garantievertrag als rechtsgültiges internationales Abkommen ist aber zugleich auch Teil des Aquis Communautaire.

Die Anerkennung der „TRNZ“ durch die Türkei steht also im Gegensatz zu den Erfordernissen des türkischen Beitritts in die EU. Die Anerkennung wäre demnach eine verbotene Intervention im Aquis Communautaire.

4.3.3 Wirtschaftssituation in der “TRNZ” als Merkmal des Status quo

Die wirtschaftliche Schwäche der türkisch-zypriotischen Seite spielt bei der Entwicklung der ZF eine entscheidende Rolle. Es ist nicht Anliegen dieses Kapitels, eine tiefgreifende Wirtschaftsanalyse vorzunehmen, sondern nur eine knappe Übersicht der Wirtschaftsprobleme in der „TRNZ“ vorzulegen.

109 Dahm/Delbrück/Wolfrum, S.196, BLIX, Rdc 130 (1970 II); O´Connell, Bd. 1, S.132; Necatigil, S.275; Nachweise auch bei H. Lauterpacht, S.63, Fn. 1. In Gerd von Laffert dagegen bejaht Lauterpacht eine Pflicht zur Anerkennung als notwendige Konsequenz der konstitutiven Wirkung der Anerkennung: die Rechtspersönlichkeit dürfe nicht von willkürlichen Entscheidungen abhängen. Hier werden die Risiken einer willkürlichen Ermessensausübung bei der Anerkennung, auch wenn man diese für konstruktiv hält, durch die immerhin partielle Rechtsfähigkeit des De-facto-Regimes aufgefangen. In Übereinstimmung mit der Staatenpraxis ist daher davon auszugehen, dass die Anerkennung eines neuen Staates im Ermessen der anerkennenden Staaten steht.

110 Crawford, Peter, S.122; in: ZaÖRV 46 (1986), S.65, 70; Blix, Rdc 130 (1970 II), S.697; O´Connell, Bd. 1, S.132. H.

Lauterpacht, S.9, hält die vorzeitige Anerkennung für ipso iure nichtig.

111 Gerd von Laffert, Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 130-133.

112 Gerd von Laffert, Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 133.

113 Hilf, in: Encyclopedia 10 (1987), S. 126, 129.

114 Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Garantievertrages garantieren Griechenland, die Türkei und das Vereinigte Königreich die Unabhängigkeit, territoriale Integrität und Sicherheit der Republik Zypern und auch den Stand der Angelegenheiten, wie er durch die grundlegenden Artikel ihrer Verfassung geschaffen worden ist.

115 Vgl. Ioannou, in: Proceedings 78 (1984), Seite 129; Negatigil, S. 204, Fn. 12. Ebenso der UN Generalsekretär in seinem opening statement vom 29.6.1989 (Negatigil, S. XXXI).

116 Gerd von Laffert, Die völkerrechtliche Lage des geteilten Zypern und Fragen seiner staatlichen Reorganisation. 1995, Seite 135-136.

Die “TRNZ” hat ihre eigene wirtschaftliche Entwicklung, die sich von derjenigen der RZ stark unterscheidet. Das BSP pro Kopf liegt in der “TRNZ” weit unterhalb dessen der RZ. In der “TRNZ”

spielen staatliche Interventionen eine große Rolle. Die hohe Arbeitslosigkeit nach der Teilung der Insel war der Hauptgrund `für die Emigration vieler TZ. Durch die Teilung wurden vollkommen neue wirtschaftliche Umstände auf der Insel gebildet.117 Seitdem entstanden aus dem vorher gemeinsamen Wirtschaftsleben der RZ zwei unabhängige Wirtschaftssysteme. Der Aufbau der Wirtschaft in der „TRNZ“ war von Anfang an durch das internationale Boykott geprägt, das bewirkte, dass das nordzypriotische Wirtschaftsleben als einzigen Austauschpartner die Türkei hatte. Es entstand eine vollständige wirtschaftliche Abhängigkeit von der Türkei. Die Wirtschaftsentwicklung wurde also naturgemäß auch durch die Schwäche der türkischen Wirtschaft beeinflusst.118 Die Funktion der “TRNZ” und die Finanzierung der sozialen Infrastruktur wurden weitgehend von finanziellem Transfer aus der Türkei abhängig. Der Markt der TZ ist, bei nur 170.000 Einwohnern, und gerade auch hinsichtlich seiner Kaufkraft, ein winziger Binnenmarkt. Die Ausfuhr industrieller Produkte in die Türkei steht ebenfalls auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Tourismusbranche leidet unter dem Embargo. Flugreisen in die “TRNZ”

sind international nicht erlaubt, so dass die meisten Besucher der “TRNZ” aus der Türkei kommen.

Die TZ sind in erster Linie im Landwirtschaftssektor und im Handwerk beschäftigt. Bei den urbanen Einwohnern nimmt der Verwaltungssektor den ersten Platz ein. Fast in allen Wirtschaftssektoren mangelt es an ausgebildeter, spezialisierter Arbeitskraft. Die Situation hat sich während der Besatzungszeit stark verschlechtert, weil nach der Ankunft von Siedler aus der Türkei Tausende technisch und akademisch qualifizierter TZ die Insel verlassen haben.

Da die “TRNZ” zu klein ist, muss die „TRNZ“ von der türkischen Währung und von deren Nationalbudget abhängig sein. Wegen der Einführung der türkischen Lira war die “TRNZ” nicht imstande, eine aktive Währungspolitik zu betreiben. Dadurch wird sie von der türkischen

Da die “TRNZ” zu klein ist, muss die „TRNZ“ von der türkischen Währung und von deren Nationalbudget abhängig sein. Wegen der Einführung der türkischen Lira war die “TRNZ” nicht imstande, eine aktive Währungspolitik zu betreiben. Dadurch wird sie von der türkischen

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