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Die Zypern-Frage beeinflusst den türkischen Beitritt

TEIL IV: KANN DIE EU DIE LÖSUNG DER ZYPERN-FRAGE DURCH

10. DER BEITRITT DER TÜRKEI ALS NEUER FAKTOR FÜR DIE

10.4 Existieren Probleme einer Mitgliedschaft der Türkei in der EU, die den Beitritt

10.4.3 Die Zypern-Frage beeinflusst den türkischen Beitritt

10.4.3.1 Die EU verbindet den türkischen Beitritt mit der Lösung der Zypern-Frage

In den achtziger Jahren gelang es Griechenland, die ZF in alle Institutionen der EU zu bringen.

Dabei spielte das türkische Streben zum Beitritt in die EU eine große Rolle. Bis zum Jahre 1988 hielt die EU die ZF bewusst außerhalb der EU. Im April 1988 äußerte der Vorsitzende der EU-Außenministerkonferenz anlässlich des Assoziationsrates EU und Türkei, dass die ZF die Beziehung der Türkei zur EU berühren würde. Kurz danach verabschiedete das EP eine Resolution, in der ein Abzug der türkischen Truppen aus Zypern verlangt wurde.461 In den Jahren danach hat Griechenland bei jeder Gelegenheit darauf hingewiesen, dass eine Zustimmung Griechenlands zu einem türkischen Beitritt nur in Verbindung mit einer Lösung der ZF und mit dem Abzug der türkischen Soldaten zu haben sein werde.462 In der Vergangenheit wurde die ZF als ein internationales Problem nur im Rahmen der UNO diskutiert. Die Integration der ZF in der Politik der EU ist eine neue Entwicklung und erfolgte entweder anhand des Beitritts Zyperns oder des Beitrittprozesses der Türkei in die EU. Die ZF ist ein Problem der EU, und wird es bleiben.463 Die Türkei würde in Schwierigkeiten geraten, würde sie ihre eigene Aufnahme befürworten, jedoch den Beitritt Zyperns nicht anerkennen. Es ist ebenfalls betonenswert, dass die Mitgliedschaft der RZ für die gesamte Insel gilt.464 Die EU betrachtet die Insel als eine Einheit mit einer rechtmäßigen

459 Siehe in: http://www.pio.gov.cy/docs/euro/european_union/european_council/concl_19991211.htm, Conclusions of the Presidency, Helsinki 10 and 11 December 1999.

460 Siehe in Eleftherotipia, Efige to proto ravasaki kata tis Tourkias, 16-5-2003: Stellungnahme von Herrn Beglitis als Vertreter des griechischen Außenministeriums.

461 Im weiteren hieß es: Die unrechtmäßige Besetzung eines Teils eines mit der EU assoziierten Landes durch Truppen eines anderen, ebenfalls mit der EU assoziierten Landes erschwert die Normalisierung der Beziehungen zur Türkei erheblich.

462 Siehe in Kathimerini von 18.3.1983: „..Zypern ist ein europäisches Problem. Seit 1974 ist die Insel unter fremder Besatzung. Und dies geschieht in den Reihen der Europäischen Gemeinschaft, denn Zypern ist mit der Gemeinschaft assoziiert.“

463 Siehe in Handelsblatt, 2.7.2002: Zypernstreit geht in neue Runde.

464 Siehe Beitrittsvertrag in: http://www.pio.gov.cy/docs/euro/european_union/eu_accession/accession_protocol.htm am 8.8.2003.

und international anerkannten Regierung465

Die EU verfolgte bis jetzt eine stabile Politik und unterstützte die Verbindung des Beitrittprozesses der Türkei mit dem Lösungsprozess der ZF, und gleichzeitig förderte sie auch den Beitritt Zyperns.

Es wurde immer wieder betont, dass Zypern der EU beitreten würde, egal ob die ZF gelöst wäre oder nicht, und es wurde gleichzeitig betont, dass die Türkei sich beteiligen sollte, und Fortschritte machen sollte, damit der Beitrittprozess der Türkei auch voranschreiten könnte. Die EU als Ganzes kann diese Politik verfolgen, während einzelne Mitgliedstaaten Schwierigkeiten hätten, wenn sie dies täten. In dem Fall jedoch, in dem die Türkei nicht Mitglied der EU werden wollte, wäre die Bedeutung der EU eine völlig andere, da die EU dann kein Mittel besitzen würde, ihre Politik durchzusetzen.

Die Vereinten Nationen sowie die EU verurteilen in zahlreichen Resolutionen466 und Entscheidungen die Besetzung des Nordteils der Insel durch die Türkei, und bezeichnen die 1983 erfolgte Erklärung des besetzten Teils zur unabhängigen Republik als unvereinbar mit den Gründungsverträgen der RZ.467 Am 27. Januar 1997 unterzeichneten die “TRNZ” mit der Türkei eine gemeinsame Erklärung, mit dem Ziel, eine schrittweise Integration des Nordteils der Insel zur Türkei zu beginnen.468 Der EU-Erweiterungskommissar hat die Türkei vor einer Annexion Nordzyperns gewarnt. „Eine vollständige staatsrechtliche Integration Nordzyperns in die Türkei würde eine weitere Verletzung des Völkerrechts bedeuten.“469 Es muss betont werden, dass die Rolle der Kommission sehr wichtig ist, da sie diejenige ist, die die Fortschritte des Beitrittsprozesses der Türkei in die EU normativ bewertet.

10.4.3.2 Die Zypernpolitik der Türkei ist konträr zum Acquis Communautaire

Für die EU und ihre Mitglieder bleibt die Regierung der RZ der einzige legitime internationale Repräsentant der ganzen Insel mit der sie ein Mitgliedschaftsabkommen abgeschlossen hat. Nach einem türkischen Beitritt würde sich diese Situation völlig ändern. Die EU hätte dann unter ihren Mitgliedern einen Staat, der Teile eines anderen Mitgliedstaates militärisch besetzt hält. Es wäre für die EU unmöglich, ihre gegenwärtige politische Haltung hinsichtlich der ZF beizubehalten, da die Türkei in den Gremien der EU ihr Veto dagegen einlegen würde. Die EU wäre damit in allen internationalen Foren bei diesem Thema zum Schweigen verurteilt. Im Falle, dass Zypern und die Türkei Mitglieder der EU würden, ohne eine Lösung der ZF gefunden zu haben, würde die Türkei die gleiche Politik wie in der NATO beibehalten. In diesem Fall wäre Griechenland der Verlierer, da die Türkei eine größere Einwohneranzahl besitzt und dadurch mehr Vorteile von den Institutionen der EU ziehen könnte, und damit das Gleichgewicht innerhalb der EU verschoben werden würde. Darüber hinaus wäre die EU wohl kaum in der Lage, die Mitgliedschaft Zyperns so fortzuführen wie bei der Beitrittvereinbarung. Der türkische Vertreter im Ministerrat würde mit Sicherheit gegen jede Maßnahme ein Veto einlegen. Das Verhalten der Türkei wird dauerhaft auf einer Ablehnung der Politik der exklusiven Vertretung der Insel durch die Regierung der RZ basieren. Sie würde ohne Zweifel auf einer “Äquivalenz” der Regierung der “TRNZ” bestehen. Der griechische Vertreter im Rat, aber auch der zypriotische, würden sich ebenso sicher dagegen wehren, und damit wäre die ganze Funktion der EU blockiert. Diese vorhersehbare Entwicklung wäre nur dann zu verhindern, wenn die Türkei im Zuge der Verhandlungen über ihren

465 Bericht über den Antrag Zyperns auf Beitritt zur EU, Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik, Berichterstatter: Herr Jan Willem Bertens, A4-0156/95, DOC-DE\RR\276908, PE 207.270/end, 22. Juni 1995. § 10, Seite 5.

466 UNO Resolution 352 vom Juli 1974: Die UNO forderte den Abzug der ausländischen Streitkräfte aus Zypern.

467 UNO SR Resolution 541 vom November 1983, Die Unabhängigkeitserklärung der “TRNZ” ist unvereinbar mit dem Vertrag von 1960; UNO Resolution 550 vom 11. Mai 1984, Aufruf der internationalen Gemeinschaft, die “TRNZ” nicht anzuerkennen.

468 In dieser Erklärung wird die Entscheidung der EU, Beitrittsverhandlungen mit der Republik Zypern aufzunehmen, als

“historischer Fehler” bezeichnet. Die Erklärung schließt mit der Aussage, dass “jeder Schritt, den die Regierung der Republik Zypern in Richtung auf eine alleinige EU-Mitgliedschaft des griechischzypriotischen Teils der Insel unternimmt, den Integrationsprozeß zwischen der “Türkischen Republik Nordzypern” und der Türkei beschleunigt.” Im Juli 1998 unterzeichneten die Türkei und die “TRNZ” ein Assoziationsabkommen. Mit diesem Abkommen wurde ein Assoziationsrat eingesetzt und mit der Aufgabe betraut, die für die wirtschaftliche und finanzielle Integration und für die Teilintegration in den Bereichen Sicherheit, Verteidigung und Außenpolitik erforderlichen Maßnahmen auszuarbeiten.

469 Siehe in Berliner Zeitung von 17.1.01: Verheugen besorgt über Zypern-Streit.

Beitrittsantrag eine bindende Verpflichtung einginge, den “Acquis Communautaire”470 in seiner gegenwärtigen Form, das heißt einschließlich der aktuellen EU-Position hinsichtlich der ZF, oder auch im Fall eines politischen Kompromisses, zu akzeptieren.471 Dies stünde jedoch im Widerspruch zur erklärten Zypernpolitik der Türkei. Da sich auch niemand vorstellen kann, dass die EU ihre Haltung ändern könnte, nur um einen türkischen Beitritt zu ermöglichen (es war bisher immer die Aufgabe der Kandidaten, den “Acquis” zu akzeptieren), bildet die ZF ein kaum zu überwindendes Hindernis für eine eventuelle türkische EU-Mitgliedschaft, solange die Situation auf der Insel unverändert bleibt. Vor diesem Hintergrund wird die griechische Haltung begründet, einem türkischen Beitritt nicht zuzustimmen, solange türkische Truppen einen Teil Zyperns besetzt halten und solange in dieser Frage keine von allen Beteiligten akzeptierte Lösung gefunden wurde.

Die Auffassung der Türkei, der EU beizutreten ohne dass die ZF gelöst ist, kann nicht realistisch sein.472 Die Nichtlösung der ZF wird auch die Zugmaschine für den Beitritt der Türkei rückwärts bewegen. Das heißt, dass alle existierenden Gründe, die auch gegen den türkischen Antrag sprechen, und alle diejenigen, die ideologisch, politisch, gesellschaftlich oder wirtschaftlich gegen den Beitritt sind, sich addieren werden, und auf diese Art und Weise eine negative Dynamik gegen den Beitrittsantrag der Türkei bilden werden. Diese negative Dynamik könnte legale Argumente entfachen, die mit der türkischen Zypernpolitik zu tun haben, die unvereinbar mit dem Acquis ist.473

470 The Acquis consists of: 1. Content, principles and political objectives of the Treaties, 2. Legislation adopted, and the case law of the Court of Justice, 3. Statements and resolutions adopted, 3. Principles and general guidelines, common strategies, joint actions, and common positions within the Common Foreign and Security Policy, 4. Common actions, common positions, framework decisions, conventions resolutions, statements etc. concerning Police and Judicial Cooperation in Criminal Matters 6. International Agreements concluded by the EU, 7. International Agreements concluded by Member States among themselves with regard to Union activities.

471 Within the process of accession, the Acquis has a special quality: new Member States will have to adopt the Acquis and in principle the Acquis will not be changed as part of the accession negotiations. Accession requires the adoption of the Acquis by new Member States. They join an existing Union, and the membership will carry with it all the rights of membership and, quite naturally, also all of its obligations. In principle, the process of adoption of the Acquis

Communautaire has to be completed at the time of accession. This, by itself, makes it necessary to start this process long before the time of accession. Moreover, the Europe Agreements provide a framework for the harmonization of laws, which is independent of the time of accession. The adoption of the Acquis is not fully completed with the harmonization of national laws to the law of the EU. The obligations of Member States stemming from EU law include the responsibility to assure also the correct application of the harmonized law. On the other hand, full harmonization of national laws and policies to those of the EU will not be possible before membership. Some EU regulations/directives require an interaction between the EU institutions and Member States or between the different Member States. Or, the EU policies are such that, in principle, only Member States can be covered by them, as for instance by the Common Agricultural Policy.

472 Kramer Heinz: Die Europäische Gemeinschaft und die Türkei. Entwicklungen, Probleme und Perspektiven einer schwierigen Partnerschaft. Herausgegeben von der Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen. Internationale Politik und Sicherheit Stiftung Wissenschaft und Politik – SWP 21. Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden. 1988. Seite 274-279.

473 Siehe in Hannoversche Allgemeine Zeitung, 12.5.01: Scharfer Richterspruch gegen Ankaras Zypernpolitik: Solche Argumente könnten auch die folgenden sein: Die Straßburger Richter bringen die Türkei Zypernpolitik in eine neue Rechtfertigungsnot. Die Türkei hat nach dem Straßburger Urteil gegen 14 Artikel der Europäischen

Menschenrechtskonvention verstoßen, darunter gegen das Recht auf Leben und auf Eigentum sowie gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung: Die Türkei missachte permanent Menschenrechte im besetzten Norden von Zypern, urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und gab damit einer Staatenklage der international anerkannten Republik Zypern statt; E/CN.4/Sub.2/1994/18: Bericht für die Völkerrechtswidrigkeit von Vertreibungen: In den letzten 50 Jahren wurden u.a. die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, der Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Konvention für die Eliminierung der Rassendiskriminierung und die Konvention gegen die Folter von der Generalversammlung verkündet. Im Hinblick darauf, ist es uns klar, dass ethnische Säuberungen, Vertreibungen und Bevölkerungsumsiedlungen viele dieser fundamentalen Menschenrechte verletzten. ; Einige weitere Verletzungen des Acquis sind die folgenden: „The right of a population not to be expelled from its homeland is so fundamental that until after World War II it was not deemed necessary to codify it in a formal manner“; Alfred Mauriche De Zayas, Population, Expulsion and Transfer, in Encyclopedia of Public International Law, 8, 1985, Seite 439: In a sense, this right fell within the realm of natural law and ethics; Alfred Mauriche De Zayas, Population, Expulsion and Transfer, in Encyclopedia of Public International Law, 8, 1985, Seite 443: As a fundamental denial of the right to self-determination and in the light of the Nuremberg principles, the Genocide Convention and the developing body of human rights law, population expulsion must be seen as incompatible with modern international law; Alfred Mauriche De Zayas, Population, Expulsion and Transfer, in Encyclopedia of Public International Law, 8, 1985, Seite 443: In order to achieve a just settlement of refugee problems caused by mass expulsions, the first and obvious solution would be to facilitate the voluntary repatriation of the victims. Art. 13(2) of the Universal Declaration of Human Rights provide that “Everyone has the right….. to return to his country”; Freedom of movement (article 12): 02.11.99 General Comment 27 (67): Das Recht, aus der angestammten Heimat nicht vertrieben zu werden, ist ein fundamentales Menschenrecht. Liberty of movement is an indispensable condition for the free development of a person; Alfred Mauriche De Zayas, Population, Expulsion and

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