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3. Ergebnisse

3.4 Weibliche Reproduktionsstrategien

3.4.5 Sozialverhalten innerhalb und außerhalb der Paarungszeit

Die sozialen Interaktionen zwischen den Senderweibchen und anderen Individuen, denen sie während der Fokusbeobachtungen begegneten, wurden in drei Verhaltenskategorien geteilt. Es wurden positive und agonistische Interaktionen unterschieden sowie die Nähe eines weiteren Individuums protokolliert (= Distanz <

10 m). In den Abbildungen 47a und b sind die Häufigkeiten sozialer Interaktionen in beiden Gebieten innerhalb der Vorpaarungs- und Paarungszeit gegenübergestellt.

Für die Phase der Tragzeit und der Aufzuchtzeit liegen nur Informationen aus dem Gebiet JBB vor (Abb. 47c, 47d).

Bei der Betrachtung der sozialen Begegnungsrate konnte im Untersuchungsgebiet JBA eine Verdreifachung der sozialen Begegnungsrate von der Vorpaarungszeit (0,7 Begegnungen pro Stunde) zur Paarungszeit (2,2 Begegnungen pro Stunde) registriert werden. Im Untersuchungsgebiet JBB konnte eine Verdopplung der Rate von der Vorpaarungszeit (1,5 Begegnungen pro Stunde) zur Paarungszeit (3 Begegnungen pro Stunde) beobachtet werden. In beiden Phasen war die soziale Begegnungsrate im JBB höher als im JBA. Während der Tragzeit und der Aufzuchtzeit begegneten die Weibchen während der Fokusbeobachtungen einer geringeren Anzahl an Tieren.

In der Vorpaarungszeit konnten im JBA zu gleichen Teilen „Proximity“, agonistische und positive Interaktionen beobachtet werden. Im JBB wurde am häufigsten

„Proximity“ gesehen, wohingegen agonistische und positive Begegnungen relativ

ausgeglichen vorkamen (Abb. 47a). Beim Vergleich der beiden Gebiete konnten keine signifikanten Unterschiede in der Qualität der Interaktionen gefunden werden (Chi-Quadrat-Test, ² = 4,1, p > 0,05).

Während der Paarungszeit wurden im JBA und JBB zu gleichen Teilen „Proximity“

sowie agonistische und positive Interaktionen beobachtet (Abb. 47b), wobei im JBA agonistische Interaktionen prozentual vordergründig waren. Auch während dieser Phase wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gebieten gefunden (Chi-Quadrat-Test, ² = 4,5, p > 0,05).

Während der Tragzeit wurden im JBB wie in der Paarungszeit Proximity, agonistische und positive Interaktionen gleich häufig beobachtet (Abb. 47c).

In der Aufzuchtzeit konnte eine deutliche anteilige Zunahme von positiven Interaktionen beobachtet werden. Agonistische Interaktionen wurden nur noch in geringer Anzahl beobachtet (Abb. 47d).

Beim Vergleich der zwei reproduktiven Phasen im Untersuchungsgebiet JBA konnten keine signifikanten Unterschiede in der Verteilung von Qualitäten der Sozialkontakte gefunden werden (Chi-Quadrat-Test, ² = 0,58, df = 5, p > 0,05).

Beim Vergleich der vier reproduktiven Phasen im JBB konnte ein signifikanter Unterschied in der Verteilung der Interaktionsqualitäten gefunden werden (Chi-Quadrat-Test, ² = 26,76, df = 11, p < 0,005). Während der Vorpaarungszeit (²=3,57) wurden häufiger als erwartet Individuen in der „Proximity“ der Senderweibchen beobachtet. Hingegen traten positive Interaktionen seltener als erwartet auf (² = 4,63). In der Aufzuchtzeit wurden seltener als erwartet agonistische Interaktionen zwischen den Tieren beobachtet (² = 4,88), wohingegen positive Interaktionen häufiger als erwartet auftraten (² = 8,1). Das vermehrte Auftreten von soziopositiven Kontakten ist vor allem durch den hohen Anteil von Interaktionen zwischen Müttern und Jungtieren (n = 95) zu erklären.

Abb.47a Vorpaarungszeit Abb.47b Paarungszeit

Abb.47c Tragzeit Abb. 47d Aufzuchtzeit

Abb. 47a-d Soziale Interaktionen und soziale Begegnungsrate (unter den Säulen dargestellt) während der Vorpaarungszeit (a), der Paarungszeit (b), der Tragzeit (c) und der Aufzuchtzeit (d) in beiden Untersuchungsgebieten

Positive Interaktionen konnten in Form von „Allogrooming“, unspezifischem Körperkontakt (z.B. Kuscheln), Genitalkontrollen, dem Folgen des Senderweibchens

0

durch ein zweites Individuum und Paarungen beobachtet werden (Tab. 20). Die quantitative Darstellung erfolgt für beide Gebiete gemeinsam, da sich die Qualität und Quantität der positiven Interaktionen ungefähr entsprechen. Es konnte eine deutliche Zunahme von Folgen durch Sozialpartner während der Paarungszeit im Gegensatz zur Vorpaarungszeit beobachtet werden. Während der Vorpaarungszeit wurde „Grooming“ hauptsächlich zwischen Schlafgruppenpartnern beobachtet, wohingegen während der Paarungszeit bis auf einen Fall ausschließlich unbekannte Tiere beim „Grooming“ mit den Senderweibchen beobachtet werden konnten. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass es sich bei diesen Unbekannten nicht auch um Schlafgruppenmitglieder handelt. Im Gegensatz dazu wurde unspezifischer Körperkontakt, der fast ausschließlich mit Schlafgruppenmitgliedern beobachtet werden konnte, deutlich seltener in der Paarungszeit protokolliert. Der hohe Gesamtanteil an positiven Interaktionen in der Aufzuchtzeit ist auf Kontakte der Mütter zu ihrem Nachwuchs zurückzuführen. Es fanden jedoch auch wieder vermehrt positive Interaktionen wie gegenseitiges „Groomen“ oder unspezifischer Körperkontakt zwischen den Schlafgruppenmitgliedern während der Aufzuchtzeit statt.

Bei den Interaktionspartnern wurde in der Auswertung zwischen weiblichen und männlichen Schlafgruppenmitgliedern sowie Männchen und Weibchen unterschieden. Außerdem wurden auch die Tiere erfasst, deren Geschlecht nicht bestimmt werden konnte (Unbekannte) (Tab. 20, Abb.48a-d).

Tab. 20 Anzahl und Art positiver Interaktionen der Senderweibchen mit ihren jeweiligen Sozialpartnern in den vier Phasen (SG: Schlafgruppenmitglieder, M: Männchen, W: Weibchen)

Partner beschnuppert Genitalregion 1 3

47

Partner reitet auf 2

Spielen 1

110

Im Untersuchungsgebiet JBA fand der Großteil der Interaktionen während der Vorpaarungszeit mit Tieren statt, deren Identität nicht bestimmt werden konnte (Abb.48a). Lediglich bei einem Kontakt konnte ein Männchen als Sozialpartner erkannt werden. Im Untersuchungsgebiet JBB fanden 20 % der Interaktionen während der Vorpaarungszeit mit Schlafgruppenmitgliedern und nur 8 % mit Nicht-Schlafgruppenmitgliedern statt. Der restliche Anteil bestand aus Tieren, deren Identität und Geschlecht nicht näher bestimmt werden konnte.

Im Untersuchungsgebiet JBA fanden 6 % der Kontakte in der Paarungszeit mit Schlafgruppenmitgliedern und 34 % der Kontakte mit Männchen statt. Der verbleibende Anteil der Interaktionspartner konnte nicht eindeutig identifiziert werden.

In der Paarungszeit hatten die Senderweibchen im JBB umgekehrt nur 7 % der Interaktionen mit Schlafgruppenmitgliedern und 17 % mit Nicht-Schlafgruppenmitgliedern. Es konnte eine signifikante Zunahme von Interaktionen mit vermutlich schlafgruppenfremden Individuen während der Paarungszeit nachgewiesen werden (² = 1; df = 11, p < 0,05).

Während der Tragzeit waren 14 % der Interaktionspartner vermutlich schlafgruppenfremde Weibchen und Männchen. Alle anderen Interaktionspartner konnten nicht näher bestimmt werden.

Während der Aufzuchtzeit waren bei 52 % der Interaktionen Schlafgruppenmitglieder die Interaktionspartner der Senderweibchen. Lediglich bei einer dieser Interaktionen handelte es sich um ein männliches Schlafgruppenmitglied. Bei 47 % der Interaktionen konnte der Interaktionspartner nicht identifiziert werden (Abb. 48d).

Abb. 48a Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Vorpaarungszeit (nJBB = 50, nJBA = 7)

Abb. 48b Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Paarungszeit (nJBB=72, nJBA= 67)

Abb. 48c Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Tragzeit (n =21)

Abb. 48d Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Aufzuchtzeit (n=11)

Abb. 48a-d Anzahl und Art der Interaktionspartner während der Vorpaarungszeit (a), der Paarungszeit (b), der Tragzeit (c) und der Aufzuchtzeit (d) (SG M:

Schlafgruppenmännchen, SG W: Schlafgruppenweibchen, SG?:

Schlafgruppenmitglied unbekannten Geschlechts, M: Männchen, W: Weibchen, ?:

Individuum unbekannten Geschlechts)

Im Untersuchungsgebiet JBA ist zu erkennen, dass die Senderweibchen innerhalb der Paarungszeit einige langandauernde Kontakte zu Männchen hatten, wobei nicht in allen Fällen ausgeschlossen werden kann, dass es sich um Schlafgruppenmännchen gehandelt haben könnte (Abb. 49). Der längste Kontakt dauerte circa eine Stunde und wurde in der Nacht des 19.09.07 beobachtet. Bei diesem Kontakt kann aufgrund der Ähnlichkeit dieses Ablaufs zum Paarungskontext des Grauen Mausmakis angenommen werden, dass sich beide Tiere im Schlafplatz gepaart haben (s. 3.4.6.). Bei diesem Männchen handelte es sich jedoch definitiv nicht um einen Schlafgruppenpartner des Weibchens.

Abb. 49 Dauer der Sozialkontakte zu Schlafgruppenmännchen (SG M) und -weibchen (SG W) sowie schlafgruppenfremden Männchen (M) während der Vorpaarungszeit (VP) und Paarungszeit (P) im Untersuchungsgebiet JBA

Die Kontaktdauer unterschied sich bei unterschiedlichen Sozialpartnern im Untersuchungsgebiet JBB in den verschiedenen Phasen (Abb. 50). Die Kontaktdauer zu Schlafgruppenmännchen verkürzte sich in der Paarungszeit, während die Kontaktdauer zu Schlafgruppenweibchen und schlafgruppenfremden Männchen sich während der Paarungszeit verlängerte. Weiterhin fällt auf, dass während der Aufzuchtzeit längere Kontakte zu Schlafgruppenweibchen beobachtet werden konnten. Diese Kontakte fanden statt, nachdem die Weibchen zusammen mit ihren Jungtieren den Schlafplatz verlassen hatten, sich noch zwischen 30 und 45 Minuten in der Nähe des Schlafplatzes aufhielten und in verschiedener Art und Weise interagierten. Die Kontakte endeten, wenn sich eines der adulten Weibchen vom Schlafplatz entfernte.

Abb. 50 Dauer der Sozialkontakte zu Schlafgruppenmännchen (SG M) und -weibchen (SG W) sowie wahrscheinlich schlafgruppenfremden Männchen (M) während der Vorpaarungszeit (VP), Paarungszeit (P), Tragzeit (T) und Aufzuchtzeit (A) im Untersuchungsgebiet JBB