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Soziale Lage von Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen

VII. Gesundheitliche Situation und Pflegebedürftigkeit

VII.3 Soziale Lage von Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen

Mit dem Alter wächst das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Die kontinuierliche Zunahme der Lebenserwartung in Deutschland hat daher bereits in den letzten Jahren zu einem Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen geführt. So nahm die Gesamtzahl der Pflegebedürftigen von Ende 1999 bis Ende 2003 um rund 80.000 auf rund 2 Mio. Personen zu. Aufgrund ihrer im Vergleich zu Männern höheren Lebenserwartung ist die Mehrzahl der Pflegebedürftigen weiblich.187 Von den rund 2 Mio. Menschen, die Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, werden rund 1,36 Mio. zu Hause versorgt, rund 0,65 Mio. leben in Heimen (unter ihnen wiederum rund 60.000 in vollstationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen). Der Anteil der Frauen an den stationär Pflegebedürftigen liegt in der sozialen Pflegeversicherung bei rund 76% (rund 74% in der privaten Pflege-Pflichtversicherung). Bei den ambulant Pflegebedürftigen liegt er in der sozialen Pflegeversicherung bei rund 64% (rund 55% in der privaten Pflege-Pflichtversicherung). Nach wie vor wird der weit überwiegende Teil der zu Hause lebenden Pflegebedürftigen (rund 70%) ausschließlich von Angehörigen gepflegt und erhält dafür Pflege-geld. Rund 15% entscheiden sich für eine Kombination aus Geld- und Sachleistung, und die restlichen 15% erhalten ausschließlich Pflegesachleistungen. Aufgrund der sich ändernden Familienstrukturen ist in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Anstieg des Anteils der vollstati-onär versorgten Pflegebedürftigen zu verzeichnen (plus ca. 0,5% jährlich). Auch unter den zu

186 Ergebnisse zu diesen Zusammenhängen lieferte das Zusatzmodul „Psychische Gesundheit“ des Bundesgesundheitssurveys 1998.

187 Der Dritte Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Pflegeversicherung enthält eine umfassende Darstellung der Pflegeversicherung und ihrer Entwicklung in den Jahren 2001 bis 2003. Vgl. Deutscher Bundestag: Dritter Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung.

Drucksache 15/4125 vom 4. November 2004, Berlin 2004.

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Hause versorgten Pflegebedürftigen nahm die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen leicht zu.

Vor Einführung der Pflegeversicherung führte der Eintritt von Pflegebedürftigkeit bedingt durch die Höhe der zu tragenden Kosten vor allem im Falle einer notwendigen Heimunterbringung in der überwiegenden Zahl der Fälle zur finanziellen Überforderung des Pflegebedürftigen. Pfle-gebedürftige waren deshalb oft auf Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege angewiesen. Nach Einführung der Pflegeversicherung ist die Anzahl der Empfänger von Hilfe zur Pflege innerhalb und außerhalb von Einrichtungen nach dem Bundessozialhilfegesetz in ganz Deutschland von 453.613 Personen Ende 1994 (dem letzten Jahr vor Einführung der Pflegeversicherung) auf rund 242.000 Personen Ende 2003 zurückgegangen; sie hat sich seit 1997 ungefähr auf die-sem Niveau stabilisiert (s. Anhangtabelle II.9). Dies waren rund 47% weniger als im Jahr 1994.

Eine nach ambulantem und stationärem Bereich getrennte Betrachtung zeigt, dass die Empfän-gerzahlen der Hilfe zur Pflege außerhalb von Einrichtungen mit der Einführung der Pflegeversi-cherung vom Jahresende 1994 bis zum Jahresende 1999 um 70% von 189.254 auf 56.616 zu-rückgegangen sind. Zwischen 1999 und 2001 war wieder ein geringfügiger Anstieg der Empfän-gerzahlen zu verzeichnen. Ab 2002 ging die Zahl erneut zurück und sank zum Jahresende 2003 um 7,4% auf rund 55.000 Empfänger ab. Der Vergleich der rund 55.000 Empfänger von Hilfe zur Pflege mit den rund 1,36 Mio. Empfängern ambulanter Leistungen der Pflegeversiche-rung zeigt, dass die meisten Pflegebedürftigen ohne zusätzliche Leistungen der Sozialhilfe aus-kommen. Mit der Umsetzung der zweiten Stufe der Pflegeversicherung Mitte 1996 ist auch im stationären Bereich ein deutlicher Rückgang der Empfängerzahlen von Hilfe zur Pflege fest-stellbar, wenn auch nicht in gleicher Größenordnung wie im ambulanten Bereich. Bezogen auf das Jahresende 1995 gab es 2003 im stationären Bereich mehr als 100.000 Personen (ca.

35%) weniger, die auf Hilfe zur Pflege angewiesen waren. Seit 1999 bewegt sich die Empfän-gerzahl in einer Größenordnung von etwa 190.000 bis 200.000 Personen (s. Anhangtabelle II.9).

Bei der Interpretation der Zahlen ist zu berücksichtigen, dass von den Empfängern von Hilfe zur Pflege laut Sozialhilfestatistik nur knapp die Hälfte gleichzeitig auch Leistungen der Pflegever-sicherung erhalten (s. Tabelle VII.1). Die übrigen Hilfeempfänger sind entweder nicht pflegever-sichert, oder der Grad ihrer Hilfebedürftigkeit liegt unterhalb der Schwelle der Pflegebedürftig-keit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes. Entsprechend liegt die Zahl der Pflegebedürfti-gen, die trotz Leistungen der Pflegeversicherung irgendwann im Laufe des Jahres 2002 auf

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zialhilfe in Form von Hilfe zur Pflege angewiesen waren, mit rund 143.000 deutlich niedriger als die Gesamtzahl der Empfänger von Hilfe zur Pflege.188

Tabelle VII.1:

Empfänger/-innen von Hilfe zur Pflege außerhalb und innerhalb von Einrichtungen während des Jahres

Deutschland

Empfänger insgesamt darunter: mit zusätzlichen Pflegeleistun-gen eines Sozialversicherungsträgers Jahr

Anzahl Anzahl in %

1994 1) 563.452 96.065 17,0

1995 2) 573.636 86.961 15,2

1996 426.365 116.800 27,4

1997 328.280 106.784 32,5

1998 289.299 107.014 37,0

1999 309.713 113.765 36,7

2000 324.144 142.319 43,9

2001 331.520 131.619 39,7

2002 313.190 151.586 48,4

2003 322.851 142.884 44,3

1) Für das Berichtsjahr 1994 fehlen die Angaben von Hamburg und Bremen; die Meldungen aus Niedersachsen waren lückenhaft.

2) Für das Berichtsjahr 1995 fehlen die Daten aus Bremen.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Sozialhilfestatistik sowie eigene Berechnungen

188 Eine der Anhangtabelle II.9 entsprechende Stichtagszahl von Empfängern von Hilfe zur Pflege, die gleichzeitig Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, wird von der Sozialhilfestatistik nicht er-hoben. Sie würde noch deutlich niedriger ausfallen als die genannten rund 143.000.

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Zusammenfassung: Gesundheitliche Situation und Pflegebedürftigkeit Schichtzugehörigkeit, Einkommenslage, Bildungsstand, Arbeitslosigkeit sowie Wohn- und Umweltbedingungen stehen in engem Zusammenhang mit Gesundheit und Gesundheitsverhalten.

Der Gesundheitssurvey 2003 zeigt, dass Erwachsene im mittleren Lebensalter mit einem Netto-Äquivalenzeinkommen unter 60% des gesamtgesellschaftlichen Durchschnitts (Median) häufiger gesundheitliche Probleme haben: Im Vergleich zur einkommensstärkeren Bevölkerung leiden sie vermehrt an Krankheiten oder Gesundheitsstörungen (42,1% gegenüber 36,7%), berichten häufiger von starken gesundheitsbedingten Einschränkungen in der Alltagsgestaltung (10,5% gegen-über 8,2%) und beurteilen ihren eigenen Gesundheitszustand öfter als schlecht oder sehr schlecht (10,2% gegenüber 5,0%). Auch zeigt sich, dass sich mit höhe-rem Bildungsniveau die Gesundheit verbessert und das Erkrankungs- und das Sterberisiko sinken. Nach Berücksichtigung der Altersstruktur zeigt sich, dass bei Frauen wie bei Männern das Risiko einer chronischen Erkrankung oder Gesund-heitsstörung in Abhängigkeit von der Bildung um das 1,2-fache erhöht ist. Auch zeigen sich deutliche Bildungsdifferenzen im gesundheitsrelevanten Verhalten, insbesondere im Risikoverhalten. Vor allem jüngere Frauen und Männer mit nied-rigem Bildungsniveau rauchen häufiger und stärker. Frauen und Männer mit Volks- oder Hauptschulabschluss sind zu fast 50% sportlich inaktiv. Ihr Anteil ist doppelt so hoch wie bei der Vergleichsgruppe mit Abitur.

Gesundheitlich eingeschränkte und erwerbsgeminderte Arbeitnehmer tragen ein höheres Risiko, entlassen zu werden, bleiben überdurchschnittlich lange arbeitslos und haben geringere Chancen der beruflichen Wiedereingliederung. Arbeitslosig-keit geht sowohl bei Männern als auch bei Frauen mit Gesundheitsproblemen ein-her. Während bei Männern vor allem die Langzeitarbeitslosen in ihrer Gesundheit eingeschränkt sind, berichten die kurzzeitarbeitslosen Frauen ebenso häufig oder sogar häufiger von gesundheitlichen Problemen. 59,7% der langzeitarbeitslosen gegenüber 27,7% der erwerbstätigen Männer sind von einer chronischen Krank-heit oder GesundKrank-heitsstörung betroffen. Bei den langzeitarbeitslosen Frauen wa-ren es 51,6% gegenüber 34,5% bei den erwerbstätigen Frauen.

Die Einführung der Pflegeversicherung hat zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen sowie zu einer spürbaren Entlastung der pflegen-den Angehörigen geführt. Ein sehr hoher Anteil der Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege kommt dank der Leistungen der Pflegeversicherung ohne Leistungen der Sozialhilfe aus. Auch in der stationären Pflege ist es gelungen, die pflegebedingte Abhängigkeit vieler Heimbewohner von Sozialhilfeleistungen erheblich zu verrin-gern.

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