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Solidarisches Bürgergeld

Im Dokument Stefan Krase, Bakk. Masterarbeit (Seite 58-64)

6.   BGE – Modelle

6.2   Solidarisches Bürgergeld

Hohenleitner und Straubhaar welche das Konzept des solidarischen Bürgergelds ausführlich durchdacht und auch mit Hilfe von Berechnungen gestützt haben, gehen davon aus, dass die Sozialausgaben aufgrund der demographischen Entwicklungen in Deutschland, ebenso wie in Österreich, stetig steigen werden. Deshalb kommen sie zum Schluss, dass es mit ständigen Reparaturen und Ausbesserungsarbeiten am bestehenden Sozialsystem nicht getan ist. Ein Systemwechsel muss vollzogen werden. (Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 9ff)

Die Problemlösung wird durch ein Grundeinkommen mit folgenden Eckpfeilern sichergestellt. (Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 12f)

• Der Staat lässt allen Staatsangehörigen eine Transferzahlung in Höhe des Existenzminimums zukommen. Diese wird aus dem Staatshaushalt, über Steuern, finanziert.

• Diese Transferzahlung ist an keinerlei Bedingung geknüpft und wird unabhängig vom Alter der BezieherIn ausbezahlt.

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• Alle anderen steuer- und abgabenfinanzierten Sozialleistungen werden abgeschafft.

• Sozialpolitisch motivierte Regulierungen des Arbeitsmarktes werden abgeschafft. Darunter würden Kündigungsschutz, Kollektivverträge und Mindestlöhne fallen. Gleichzeitig würden ebenfalls die ArbeitgeberInnenbeiträge an die Sozialversicherungen entfallen.

Über diese Eckpfeiler hinaus gibt es weitere Annahmen: (Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 17)

• Alle deutschen Staatsbürger erhalten, unabhängig vom Wohnort, ein Grundeinkommen. Ausländer die legal in Deutschland leben erhalten 10% des Grundeinkommen im ersten Jahr. Dieser Betrag steigert sich dann jährlich bis dann nach 10 Jahren der volle Betrag erstattet wird.

• Die Höhe des Grundeinkommens stellt eine politische Entscheidung dar. Als gegenwärtigen Richtwert, welcher sich durch die aktuellen Sozialtransfers pro Kopf errechnet, würde man zwischen 625 € bis 700 € monatlich erhalten.

• Über das Grundeinkommen hinaus, gibt es einen Gutschein für den Krankenversicherungsbeitrag.

• Das Grundeinkommen ist steuerfrei und wirkt bei höheren Einkommen wie ein Steuerfreibetrag.

• Steuern werden an der Quelle erfasst und mittels Flat Tax belastet.

6.2.1 Finanzierung  

Vorab muss erwähnt werden, dass es sich bei den Berechnungen um eine statische Analyse der fiskalischen Wirkungen handelt. Die Kosten eines BGE werden geschätzt ohne dabei Verhaltensänderungen der AkteuerInnen zu unterstellen.

Bei den Berechnungen wird zwischen zwei Varianten unterschieden.

Variante A: Beinahe alle anderen Sozialleistungen werden substituiert. Bestehen bleiben lediglich Hilfe in besonderen Lebenslagen, Wohngeld und weitere Sozialleistungen. Diese Variante stellt die Untergrenze des Einsparungspotentials dar.

BGE-Modelle

Variante B: Alle beitrags- und steuerfinanzierten Leistungen werden ersetzt. Diese Variante stellt die Obergrenze des Einsparungspotentials dar.

Für beide Varianten gilt eine Finanzierung aus Einkommens- und Konsumsteuern.

Alle Arten von Einkommen unterliegen einer Flat Tax. Freibeträge und Abschreibmöglichkeiten entfallen für Privatpersonen. Alle Personen bekommen einen 200 € Gutschein für eine Krankenversicherung. (Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 19)

Abbildung 4 zeigt das mögliche Einsparungspotential der beiden Varianten im Vergleich zu den Sozialausgaben des Jahres 2005. Bei Variante A ist zu erkennen, dass die gesetzliche Unfallversicherung, Wohngeld, sowie der größte Posten der sozialen Sachleistungen, bestehen bleibt. Bei Variante B werden alle Leistungen durch das BGE substituiert. Somit ergibt sich auch für diese Variante das höhere Einsparungspotential.

Abbildung 4: Hohenleitner, Straubhaar - Einsparungspotentiale bei den Sozialleistungen18

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Die weiteren Berechnungen legen 82,464 Mio. Menschen als potentielle GrundeinkommensempfängerInnen fest. Zusätzlich wird zwischen zwei weiteren Varianten unterschieden. (Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 21)

Variante 1: Das BGE beträgt monatlich 800 € und zusätzlich Versicherungsgutscheine im Wert von 200 €. Dies kumuliert sich zu jährlichen Bruttokosten in Höhe von 791,65 Mrd. €.

Variante 2: Das BGE beträgt monatlich 600 € und zusätzlich Versicherungsgutscheine im Wert von 200 €. Dies kumuliert sich zu jährlichen Bruttokosten in Höhe von 593,74 Mrd. €.

Werden die Varianten miteinander kombiniert ergibt sich die in Abbildung 5 Zeile 1 dargestellte Bandbreite an Bruttokosten. Des Weiteren werden in dieser Abbildung in Zeile 4 die Nettokosten (Bruttokosten abzüglich Einsparungen) dargestellt. Für eine die Betrachtung ist es notwendig zu wissen, dass die AutorInnen ein Nulldefizit anstreben. Der in Zeile 9 dargestellte Steuersatz auf Einkommen, dient somit nicht nur der Finanzierung des BGE, sondern auch der gesamten Staatsausgaben. Die Bandbreite des Einkommenssteuersatz reicht von 49% bis hin zu 78%.

Abbildung 5: Hohenleitner, Straubhaar - Fiskalische Wirkung idealtypischer Varianten von Grundeinkommen19

19Hohenleitner, Straubhaar 2007, Tabelle 2, S. 22

BGE-Modelle

Um den Umfang der Auswirkungen auf die verschiedenen Einkommensgruppen zu veranschaulichen, wurden einige Beispiele für Österreich durchgerechnet und in Abbildung 6 dargestellt. Zusätzlich wurden, mittels Brutto-Netto-Rechner20 des Bundesministeriums für Finanzen, Berechnungen zum Status quo durchgeführt.

In Abhängigkeit vom gewählten Szenario ergeben sich unterschiedliche Belastungen.

Deutlich zu erkennen ist, im Falle der Variante 1A die starke Progression der Belastung mit zunehmendem Einkommen. Diese übersteigt bei SpitzenverdienerInnen mit 58,33% den momentanen Zustand, um etwa 20%.

Profitiert man noch bei einem geringen Einkommen von 1.000 €, so zählt man schon mit einem Einkommen ab 2.000 € brutto zu den Personen, die sehr stark zur Umverteilung beitragen.

Anders gestaltet sich dies bei Variante 2B. Bei den niedrigsten Einkommen mit 1.000

€ würde man zusätzlich 195 € monatlich erhalten. Selbst bei einem Bruttoverdienst von 3.000 €, würde man noch zu den Gewinnern durch ein BGE zählen. Erst ab einem Einkommen von 5.000 € würde man äußerst knapp über dem momentanen Niveau belastet.

Abbildung 6: eigene Darstellung und Berechnung siehe Appendix 12.1 - Vergleich Ober- Untergrenze mit dem Istzustand in Österreich 2012

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€  0  

€  500  

€  1.000  

€  1.500  

€  2.000  

€  2.500  

€  3.000  

€  3.500  

€  4.000  

€  0   €  500   €  1.000  €  1.500  €  2.000  €  2.500  €  3.000  €  3.500  €  4.000  €  4.500  €  5.000  

monatliches  Nettoeinkommen  

monatliches  Bruttoeinkommen  

Ist  Zustand  2012   Szenario  2B   Szenario  1A  

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Zumal die möglichen Belastungen von Einkommen eher abschreckend wirken, muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass es in diesem System keine ArbeitgeberInnenbeiträge gibt. Jegliche Last wird somit stets auf das Einkommen übergewälzt. Etwaige Effekte auf das Bruttoeinkommen, müssten separat beurteilt werden.

Des Weiteren weisen die AutorInnen explizit darauf hin, dass in dieser statischen Analyse auf etwaige dynamische Effekte keine Rücksicht genommen wurde und diese lediglich als Überschlagsrechnung zu sehen ist. Dies kann jedoch durch den Umstand, dass Schätzungen bei einem derartigen Systemwechsel, stets geringe empirische Relevanz aufweisen relativiert werden. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurden etwaige Einsparungen im Bereich Verwaltungskosten. Durch Wegfall einer Bedarfsprüfung könnten alleine im Bereich der Bundesagentur für Arbeit etwa 3,5 Mrd. Euro jährlich eingespart werden. (Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 24f)

Fest steht jedoch, dass ein BGE grundsätzlich finanzierbar wäre. Die Höhe des Grundeinkommens und die wegfallenden Sozialleistungen würden den Finanzierungsaufwand deutlich beeinflussen. Deutlich wird jedoch, dass selbst statische Berechnungen stark von den Modalitäten des BGE abhängen und eine große Bandbreite an Ergebnissen liefern.

6.2.2 Schritte  zur  Realisierung  

Der Weg zur Realisierung wird durch Opielka (2007) lediglich rudimentär beschrieben. Geprüft werden muss laut Opielka, ob eine Umstellung auf ein BGE, in diesem Fall „Solidarisches Bürgergeld“, stufenweise und somit reversibel eingeführt werden kann. Sollte eine stufenweise Umstellung möglich sein, optiert Opielka für die Einführung eines Teil-Grundeinkommen. Dies soll zu Beginn nur für bestimmte Gruppen eingeführt werden, um somit den Finanzierungsbedarf zu Beginn niedrig zu halten. Außerdem können auf diesem Weg Wirkungsweisen des BGE zunehmend erforscht werden. Sollte sich dann die Einführung für diese Gruppen als positiv erweisen kann über eine Ausweitung auf andere Personenkreise, bis hin zu einem BGE, entschieden werden. Opielka merkt jedoch selbst kritisch an, dass eine stufenweise Umstellung vom Teil-Grundeinkommen zum BGE, neben den Vorteilen, auch Nachteile mit sich bringt. Diese könnten sich im Falle von nicht intendierten

BGE-Modelle

Effekten eines BGE in Reformstau und Verschleppung der Umstellung auf ein BGE äußern. (vgl. Opielka 2007, S.107f)

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