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Geschlechterspezifische Auswirkungen – Die Genderperspektive

Im Dokument Stefan Krase, Bakk. Masterarbeit (Seite 33-37)

5.   Bedingungsloses Grundeinkommen

5.3   Geschlechterspezifische Auswirkungen – Die Genderperspektive

Im vorliegenden Abschnitt wird auf die Rolle der Frauen innerhalb der Gesellschaft, aber auch innerhalb der Familie eingegangen. Des Weiteren soll die Diskussion zum BGE, um die Rolle des Geschlechts erweitert werden. Hierzu werden einige Gedanken und Ergebnisse, bereits durchgeführter Studien zur Einführung eines BGEs, zusammengefasst.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bauten die Sozial- und Wohlfahrtsstaaten auf die Ausgrenzung der Frauen aus dem Erwerbsleben auf. Familien in der sich die Frau, um den Haushalt und die Erziehung kümmerte, herrschten vor und galten als ideal.

(vgl. Koehnen 2007, S. 30) Bereits seit den 1970er Jahren, stellten WissenschafterInnen diese Zentriertheit auf Erwerbsarbeit in Frage. Sie traten für eine Entkopplung von sozialer Sicherheit und Erwerbsarbeit ein. Es schien jedoch nötig zu sein, zuerst für den Zugang zu Erwerbsarbeit zu kämpfen, um sich danach vom Selbigen wieder ein Stück zu distanzieren. (vgl. Pimminger 2000, S. 2)

Bedingungsloses Grundeinkommen

Um den familiären Verdienst durch nicht existenzsichernde Teilzeitarbeit aufzubessern, wurden Frauen in den Erwerbsmarkt integriert. Dies hat sich bis heute nur teilweise geändert. Bis 2007 war der Frauenanteil an Teilzeitbeschäftigten im EU Raum bei 81%. (vgl. Wichterich 2007, S. 96) Es ist somit zu klären wie sich ein BGE in Hinblick auf eine klassische Rollenverteilung innerhalb der Familie auswirkt.

Welche Wirkungen zeigen sich außerdem in Anbetracht der bestehenden Diskriminierung der Frauen im Bereich der Erwerbsarbeit?

5.3.1 Zurück  zum  klassischen  Rollenbild?  

Ein BGE wird von einigen BefürworterInnen, als Ausweg aus dieser Erwerbszentriertheit gesehen und stellt einen wichtigen Grundpfeiler, in der Argumentation für ein BGE dar. Für WissenschafterInnen die sich der Genderperspektive widmen ergibt sich jedoch ein Dilemma. Durch eine geschlechtsneutrale Einführung eines BGEs würden sich, durch geschlechter-spezifische Wirklichkeiten und Wirkungen von Sozialpolitik, bestehende (klassische) Geschlechterverhältnisse fortschreiben. Wird jedoch versucht diese Entwicklung mit geschlechtsdifferenzierten Modalitäten entgegenzuwirken, läuft man Gefahr ebenfalls nicht intendierte Geschlechterverhältnisse zu erzeugen. Sozialpolitik ist somit zeitgleich Geschlechterpolitik. Es ist daher unumgänglich Zusammenhänge und Wirkungsweisen zu Untersuchen und anzuwenden, um bestimmte Verhaltensweisen zu fördern oder zu unterbinden. (vgl. Pimminger 2000, S. 3)

Notz sieht zudem die Gefahr der Heranzüchtung von permanent Arbeitslosen, vor allem im Bereich der Frauen, als eine immanente Problematik eines BGEs. Durch die Einführung eines BGEs, könnte es zu einem verstärkten Wiederaufleben des klassischen Rollenbildes mit der dazugehörigen Aufgabenverteilung innerhalb der Familie kommen. Gleichbehandlung würde jedoch fordern, dass Aufgaben innerhalb der Familie, aber auch soziale Tätigkeiten an der Gesellschaft, über die Geschlechter gleich verteilt werden. Frauen verfügen heute über bessere Ausbildung als je zuvor und kämpfen seit Jahren, um das Recht auf sinnvolle und existenzsichernde Erwerbsarbeit. Diese Bemühungen könnten somit zu Nichte gemacht werden. Zwar könnten durch die Einführung eines BGE etwaige Lücken im Bereich der sozialen Versorgung geschlossen werden, da soziale Tätigkeiten entlohnt werden, jedoch wird befürchtet, dass Frauen überdurchschnittlich zur Entspannung am Arbeitsmarkt

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beitragen würden. Denn auch schon heute werden ca. 80% der Erziehungs- und Pflegearbeiten, aber auch ehrenamtliche Tätigkeiten, von Frauen ausgeübt. Daran würde ein BGE nichts ändern und eine teilweise Abhängigkeit vom Mann bleibt somit bestehen. Notz zeigt somit in ihrer Arbeit, dass ein BGE die geschlechterspezifischen Ungleichheiten in Abhängigkeit von der Höhe nicht beseitigt, womöglich jedoch verstärkt. (vgl. Notz 2005, S. 119ff)

5.3.2 BGE  im  Kontext  des  Differenz-­‐und  feministischen  Differenzansatz  

Der Differenzansatz geht, vereinfacht ausgedrückt, von einer unterschiedlichen Rolle der Geschlechter aus. Das traditionelle Differenzkonzept ordnet die öffentliche Rolle, der sog. Öffentlichen Sphäre, dem Mann zu. Zu dieser Rolle gehört vor allem die Existenzsicherung der Familie. Zusätzlich werden Entscheidungspositionen, Ressourcen und Prestige verknüpft. Dem Rollenbild der Frau, der häuslichen Sphäre, werden vor allem Betreuungsarbeit und soziale Pflichten innerhalb der Familie zugeordnet. Diese genießen aufgrund der fehlenden Entlohnung auch weniger Ansehen und stellen zudem ein deutliches Abhängigkeitsverhältnis dar. Mit diesem Abhängigkeitsverhältnis, geht auch ein starkes Geschlechtshierarchiemodell einher. Bestehende soziale Sicherungssysteme, welche auf ein Konzept der männlichen Vorsorgeehe beruhen, reproduzieren somit diese Geschlechterstruktur.

An dieser Stelle hackt der feministische Differenzansatz ein, behält zwar die traditionellen Geschlechterkonzepte bei, fordert jedoch eine Aufwertung der weiblichen Sphäre. Dies würde durch die Einführung eines BGE, einer Entlohnung der Familienarbeit, erreicht werden können. (vgl. Pimminger 2000, S. 9f)

Zu bedenken ist jedoch, dass sich dadurch etwaige Rollenbilder weiterhin durch das Sozialsystem reproduzieren. Im Hinblick an eine Angleichung an das männliche Leitbild der Vollzeiterwerbstätigkeit, wie es zurzeit durch den Gleichheitsansatz gefordert wird, könnte die Einführung eines BGE zum Rückzug der Frauen aus der Erwerbstätigkeit führen und somit einen negativen Effekt erzielen. (vgl. Pimminger 2000, S. 9f)

5.3.3 Diskriminierungsmechanismen  in  den  aktuellen  Sozialsystemen  

Pimminger nimmt in ihrer Arbeit auf feministische Sozialstaatsanalysen Bezug welche zeigen, dass aktuelle Sozialsysteme auf geschlechtshierarchischen

Bedingungsloses Grundeinkommen

Strukturen aufbauen und diese auch reproduzieren. Ausgangpunkt für diese Feststellung stellt der empirische Nachweis dar, dass Frauen einem höheren Armutsrisiko unterliegen. Dieser Umstand begründet sich durch eine Benachteiligung durch Erwerbs- und Sozialsystem. Armut entsteht bei Frauen nicht ausschließlich durch Erwerbslosigkeit, sondern sehr oft weil Betreuungspflichten vorliegen, auf Teilzeitbeschäftigungen, oder schlecht bezahlte Jobs zurückgegriffen werden muss.

Des Weiteren werden Männer durch ihre Rolle als Ernährer direkt durch das Sozialversicherungssystem gesichert und Frauen lediglich durch die eheliche Unterhaltspflicht. (vgl. Pimminger 2000, S. 13f)

Laut Pimminger ergeben sich drei Arten der Diskriminierung, durch das aktuelle System sozialer Sicherung. (vgl. Pimminger 2000, S. 14)

• Unterschiedliche Einstufung von Erwerbs- und Familienarbeit

• Soziale Sicherung richtet sich nach dem männlichen Normalarbeitszeitverhältnis und beruht auf Erwerbstätigkeit

• Sozial Systeme basieren auf einem normativen Geschlechtsbild und den damit einhergehenden Normalitätsannahmen

Die durch den Sachverhalt auftauchende Frage kann somit nur sein, ob ein Grundeinkommen in existenzsichernder Höhe, diese Diskriminierungen beseitigen kann oder womöglich eine Verstärkung eintritt.

5.3.4 Reformmodell  BGE?  

Nach einer Einführung in die Genderproblematik, wird nun in Anlehnung an Pimminger, versucht die zuvor aufgetauchten Fragestellungen in diesem Kontext aufzulösen.

Grundsätzlich wird im Zusammenhang mit dem BGE begrüßt, dass dieses aufgrund des Charakters der Bedingungslosigkeit das Rüstzeug mitbringt Diskriminierungen zu beseitigen. Die sich dadurch ergebende Wahlmöglichkeit für Frauen, in Hinblick auf das Betätigungsfeld, wird jedoch von KritikerInnen bezweifelt. Sie befürchten ein weiteres zurückdrängen aus dem Arbeitsmarkt und eine Verfestigung klassischer Rollenbilder. Studien der letzten Jahre zeigen jedoch, dass es nur zur Verringerung

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des Arbeitsangebots, nicht zum vollständigen Rückzug aus dem Arbeitsmarkt kommt.

(vgl. Pimminger 2000, S. 24)

Im Hinblick auf die Erwerbszentriertheit behauptet Pimminger, dass diese beseitigt werden kann und die Abhängigkeit der Frauen somit wegfällt. Zwar kann dadurch keine andere Arbeitsteilung, vor allem im Bereich der Familien- und Sozialarbeit bewirkt werden, jedoch sorgt ein BGE zumindest für den Wegfall der Diskriminierung.

Sogar dann wenn eine andere Familienform als die Ehe gewählt wird. Im Kontext der Existenzsicherung und der Diskriminierung von sozialen Sicherungssystemen im Bereich der Familienformen ist ein BGE jedenfalls gut zu heißen. (vgl. Pimminger 2000, S. 19)

Kritik ist laut Pimminger jedoch trotzdem angebracht. Zwar sorgt ein Grundeinkommen für die geforderte finanzielle Unabhängigkeit der Frau jedoch nur für eine Absolute. Es wird jedoch befürchtet, dass das Ausmaß des Grundeinkommens nur für die Subsistenz ausreicht und relativ, gemessen am Einkommen der Männer, zu niedrig ausfällt. (vgl. Pimminger 2000, S. 23)

Ein BGE könnte, nicht nur zu Veränderungen in der Frauenwelt, sondern auch bei den Männern führen. Dies wäre auch notwendig, um bestehende Diskriminierungen zu beseitigen. Die könnte durch eine Umverteilung der Familienarbeit hin zu den Männern erreicht werden. Eine von Pimminger zitierte Studie10, die im Zusammenhang mit einer in Belgien gewährten BerufsunterbrecherInnenprämie erstellt wurde, zeigt jedoch, dass Männer die gewonnene Freizeit anders verwenden.

Es wird somit gezeigt, dass ein BGE immer im Kontext gesellschaftlicher Strukturen gesehen werden muss. Es kann zwar auf diese einwirken, jedoch wird es auch von diesen bestimmt. Ein BGE dient somit nur eingeschränkt als Ausgangspunkt für Veränderungen in diesem Kontext. (vgl. Pimminger 2000, S. 25)

Im Dokument Stefan Krase, Bakk. Masterarbeit (Seite 33-37)