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Arbeitsangebot

Im Dokument Stefan Krase, Bakk. Masterarbeit (Seite 42-50)

5.   Bedingungsloses Grundeinkommen

5.6   Niedriglohnsektor und Mindestlohnsatz

5.6.1   Arbeitsangebot

Um die Veränderungen im Bereich des Arbeitsangebots einschätzen zu können ist es notwendig die Arbeitsangebotselastizität11 zu kennen. Jedoch weisen empirische Schätzungen dieser Elastizität immense Streuung auf. Unter anderem wird die Arbeitsangebotselastizität von Geschlecht, Familienstand, Nationalität, Religion und zu guter Letzt auch vom Lohnsatz beeinflusst. Darüber hinaus spielen aber auch Lebensalter, Zahl und Alter der Kinder und viele mehr eine entscheidende Rolle. Die Arbeitsangebotselastizität kann somit lediglich als Durchschnittswert angenommen werden und stellt die Realität somit nur mehr stark vereinfacht dar. (vgl. Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 27)

Um die Problematik der Arbeitsangebotselastizität zu entschärfen, haben Hohenleitner und Straubhaar mehrere Szenarien für eine Simulationsrechnung erstellt und die Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt.

Vorab werden jedoch noch die zu überprüfenden theoretischen Überlegungen erläutert.

5.6.1.1 Theorie  

Zur Veranschaulichung des Arbeitsmarktes im Niedriglohnbereich soll Abbildung 1 dienen. LA stellt das Arbeitsangebot, LN die Arbeitsnachfrage und steht in diesem

11Beschreibt den Zusammenhang zwischen Lohn und Arbeitsangebot. Ein Wert von 2 würde bedeuten, dass sich das Arbeitsangebot um 2% erhöht wenn der Lohnsatz um 1% steigt. (vgl.

w

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Fall für das Arbeitslosengeld II, welches die Untergrenze an Einkommen darstellt.

Unter dieser Untergrenze wird keine Arbeit angeboten, da auch ohne zu Arbeiten mehr Geld verdient wird. Durch die Einführung eines BGE und den Wegfall des ALG II würde auch unter dieser Grenze Arbeit angeboten und der Lohnsatz würde somit von auf WG sinken. Durch diese Verbilligung des Faktors Arbeit, würde jedoch auch mehr Arbeit nachgefragt werden und die Beschäftigung steigt von auf LG. (vgl. Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 27)

Abbildung 1: Hohenleitner, Straubhaar - Arbeitsmarkt Niedriglohnbereich mit Mindestlohn12

Abbildung 2 zeigt den Adaptionsprozess des Arbeitsmarktes in der langen Frist.

ArbeitgeberInnen reagieren auf niedrigere Lohnkosten und substituieren Kapital zunehmend mit nun relativ günstiger Arbeit. Dies stellt sich einerseits in der Verschiebung der Nachfragekurve LN, aber auch in der Drehung durch eine höhere Nachfrageelastizität, dar. Im Bereich der Arbeitsnachfrage kommt es einerseits zu einer Verschiebung der Angebotskurve LA nach oben, da es durch das Grundeinkommen zu einer Erhöhung des Reservationslohnsatzes kommt. Jedoch ebenfalls durch das BGE kommt es zu einem geringeren Arbeitsleid, da für dieselbe

12 Hohenleitner, Straubhaar 2007, Abbildung 4, S. 29

w

L

Bedingungsloses Grundeinkommen

Entlohnung weniger Arbeit angeboten werden muss. Das heißt es ist ebenfalls eine leichte Drehung der LA Kurve, aufgrund sinkender Angebotselastizität, zu erwarten.

Insgesamt wäre somit ein höheres Beschäftigungsniveau bei niedrigerem Lohnsatz zu erwarten. (vgl. Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 30)

Abbildung 2: Hohenleitner, Straubhaar - Arbeitsmarkt in der langen Frist13

5.6.1.2 Simulation  

Durch eine Simulation galt es die zuvor besprochene Arbeitsmarkttheorie zu bestätigen oder zu widerlegen. Die Simulation bezieht sich auf den Bereich geringer Einkommen. In diesem ist mit den größten Reaktionen auf ein Grundeinkommen zu rechnen. Im Folgenden sollen lediglich die Ergebnisse dargestellt werden. (vgl.

Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 30)

Um eine möglichst große Bandbreite an Ergebnissen abzudecken entschieden sich die AutorInnen für die Berechnung von 3 Varianten. Diese unterscheiden sich lediglich durch die gewählte Arbeitsangebotselastizität, welche sich zwischen 0,5 in Variante 3 bis hin zu einem Wert von 2 in Variante 1 bewegt. In allen Szenarien wird

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eine Lohnuntergrenze von 800 € unterstellt. Darüber hinaus wird das Arbeitskräfte-potential für den Niedriglohnbereich auf 4 Mio. Personen geschätzt, wobei lediglich 2 Mio. tatsächlich erwerbstätig sind. (vgl. Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 32)

Abbildung 3: Hohenleitner, Straubhaar - Simulierte Beschäftigung im Niedriglohnbereich14

Abbildung 3 stellt die Annahmen über die Arbeitsangebotselastizität sowie die Ergebnisse der Simulationsrechnungen dar.

Die Ergebnisse zeigen, dass es in allen Szenarien zuerst zu einem schockartigen Rückgang der Löhne kommt. Simultan kommt es jedoch zu einem Anstieg der Beschäftigung, da die Summe aus Lohn- und Grundeinkommen zu einem höheren Einkommen führt. Das Ausmaß hängt deutlich von der Arbeitsangebotselastizität ab.

Im Szenario „vorsichtig“ mit einer Elastizität von 2 kommt es zum geringsten Rückgang des Lohns im Ausmaß von 216 € und im Bereich des Arbeitsangebots zur schwächsten Reaktion in der Höhe von + 113.000 Vollzeitbeschäftigten. Hingegen kommt es im Szenario „optimistisch“ zu einem Lohnrückgang von 503 € und einem Anstieg um 440.000 Vollzeitbeschäftigten. In allen Szenarien kommt es aber, nach diesem Lohnrückgang, zu einem anschließenden Anstieg der Löhne. Dieser Anstieg führt unterdessen wiederum, in Abhängigkeit von der gewählten Arbeitsangebots-elastizität, zu einer mitunter deutlich größeren Anzahl an Beschäftigten im Niedriglohnbereich.

Das Arbeitsangebot geht somit durch die Einführung eines BGE zurück, das Beschäftigungsausmaß steigt jedoch. Zudem unterstellen die AutorInnen, dass nach diesem Adaptionsprozess keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit mehr existiert.

Angemerkt muss jedoch auch in diesem Fall werden, dass es sich um eine stark vereinfachte Simulationsrechnung handelt, welche lediglich ungefähre

14 Hohenleitner, Straubhaar 2007, Tabelle 3, S. 39

Bedingungsloses Grundeinkommen

Größenordnungen und Richtung möglicher Arbeitsmarkteffekte im Niedriglohnsektor widerspiegelt. (vgl. Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 33)

5.6.1.3 Arbeitsangebot  bei  Veränderung  des  BGE  

Im Folgenden soll untersucht werden, wie sich das Arbeitsangebot L im Hinblick auf ein bereits eingeführtes BGE verhält. Dazu wird eine Nutzenmaximierung unter stark vereinfachten Annahmen durchgeführt. Dennoch sollte eine allgemeine Aussage über das Verhalten der Akteure getroffen werden können. Es werden zwei Varianten mit unterschiedlichen Nutzenfunktionen berechnet.

1. Stone Geary Nutzenfunktion

Als zu optimierende Nutzenfunktion U wird eine Stone – Geary – Nutzenfunktion der Form U=(X−x)α+Fβ herangezogen, wobei X für Konsum und F für Freizeit steht.

Diese stellt die Hauptbedingung dar. Die Besonderheit dieser Nutzenfunktion spiegelt sich in einem zu erreichenden Subsistenzniveau x wider. Für den Faktor Freizeit wird in diesem Beispiel kein Subsistenzniveau unterstellt. α und β stellen lediglich Parameter dar, die Auskunft über die Gewichtung der Präferenzen geben. Die Nebenbedingung der Optimierung wird durch die begrenzten Mittel des Individuums, einer sog. Budgetrestriktion, der Form PX=BGE+wL, gebildet. Wobei P den Preis des Konsumgutes darstellt. Wie üblich werden alle Preise in denen des Konsumgutes ausgedrückt, somit gilt P=1. Des Weiteren stellt BGE das Grundeinkommen dar und w den Lohnsatz für die angebotene Arbeitsleistung L.

Außerdem gilt L = T - F. Dies bedeutet, dass die angebotene Arbeitsleistung L gleich der verfügbaren Zeit abzüglich der genossenen Freizeit entspricht. (vgl. Hey 2003, Kapitel 5, ohne Seite)

Fügt man Haupt und Nebenbedingung zusammen erhält man folgende zu optimierende Lagrange-Funktion.

L=(Xx)α+Fβ(BGE+wTwFX)

Zunächst wird nach X ,F und λ abgeleitet um die sog. First-Order-Conditions zu erhalten.

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und das daraus resultierende Arbeitsangebot:

L=TBGE+wTx

Nun kann der eigentliche Einfluss des Grundeinkommens durch die Ableitung der Arbeitsangebotsfunktion im Hinblick auf das BGE untersucht werden.

Daraus resultiert folgender negativer Zusammenhang:

Eine positive Korrelation wäre somit nur dann zu erwarten wenn:

LBGE=− 1

Bedingungsloses Grundeinkommen

Da es sich bei w, α und β jedoch um positive Werte handelt, ist dies nicht zu erwarten. Dies würde somit ein sinkendes Arbeitsangebot im Falle einer Erhöhung des Grundeinkommens bedeuten.

2. CES Nutzenfunktion

Als zu optimierende Nutzenfunktion U wird nun eine CES – Nutzenfunktion der Form U=(α(X−x)ρ+βFρ)

1

ρ herangezogen. Die Bedeutung der Variablen entspricht der im 1. Fall beschriebenen, jedoch zusätzlich wird mit ρ die Substitutionselastizität angegeben.

Analog zur vorhergegangenen Nutzenoptimierung ergibt sich folgendes:

Fügt man Haupt und Nebenbedingung zusammen erhält man folgende zu optimierende Lagrange-Funktion.

L=

(

α(X−x)ρ+βFρ

)

1

ρ+λ(BGE+wTwFX)

Nach analogen Berechnungen zum 1. Fall ergibt sich folgender Zusammenhang für das Arbeitsangebot:

Nun kann der eigentliche Einfluss des Grundeinkommens durch die Ableitung der Arbeitsangebotsfunktion im Hinblick auf das BGE untersucht werden.

Daraus resultiert folgender negativer Zusammenhang:

Eine positive Korrelation wäre somit nur dann zu erwarten wenn:

40 Erhöhung des BGE zu schließen ist.

Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Simulationsrechnungen, in Kapitel 5.6.1.2, kann es zwar durch die Einführung eines BGE im Niedriglohnsegment durchaus zu einem erhöhten Arbeitsangebot, kommen. Die durchgeführte Nutzenmaximierung zeigt durch ihr Ergebnis jedoch, dass auf einen Rückgang des Arbeitsangebots bei Erhöhung des BGE zu schließen ist. Dies wird aber in der zuvor erwähnten Simulation dezidiert ausgeschlossen. Gemäß der zuvor getroffenen Annahmen führt hier ein höheres Einkommen im Niedriglohnsegment immer zu einem höheren Arbeitsangebot.

Zudem muss erwähnt werden, dass es sich bei dieser durchaus gängigen Art der Nutzenmaximierung um ein stark vereinfachtes Mittel zur Berechnung etwaiger Effekte handelt. Intrinsischer Nutzen von Arbeit, aber auch soziales Ansehen innerhalb der Gesellschaft, werden nicht berücksichtigt. Das Selbe gilt für etwaige Stigmatisierungseffekte die im Bereich der SozialhilfeempfängerInnen identifiziert werden können und ebenfalls keine Berücksichtigung finden. Des Weiteren wird nicht zwischen Niedriglohnsegment und BesserverdienerInnen unterschieden, auch hier zeigt sich in der Empirie ein deutlicher Unterschied. (Beste et al. 2010, S. 3ff)

An dieser Stelle muss erneut darauf hingewiesen werden, dass derartige Berechnungen zu einer klaren Ablehnung eines BGE führen. Durch die Empirie wird dies, wie im vorliegenden Kapitel gezeigt wurde, aber auch folgend in Kapitel 8, nicht gestützt.

5.6.1.4 Unangenehme  Tätigkeiten  

Im Segment der Niedriglöhne ist besonders der Bereich der unangenehmen Tätigkeiten von Interesse. Diese werden im Moment meist auch schlecht entlohnt.

ExpertInnen sagen hier einen Rückgang des Arbeitsangebotes voraus. In Folge dessen, wird sich das Lohnniveau dementsprechend anpassen müssen, um zusätzliche Anreize zu schaffen. Ein ebenfalls durch ein BGE prophezeites höheres

Bedingungsloses Grundeinkommen

Ausbildungsniveau, könnte diese Entwicklung zusätzlich unterstützen. (vgl.

Hohenleitner, Straubhaar 2007, S. 33)

Diese Lohnentwicklung wird jedoch nicht als unproblematisch angesehen. Wenn es nämlich keine billigen ErzieherInnen, AltenpflegerInnen usw. gibt stellt sich die Frage, wer denn diese Arbeiten übernehmen wird. Antje Schrupp meint in ihrem Blog16 sinngemäß, dass hier ein Umdenken in der Gesellschaft notwendig ist. Die zusätzlich gewonnene Freiheit für die Gesellschaft, muss für Manche trotzdem die Pflicht zum Handeln beinhalten. Es müssen also kulturelle Mechanismen implementiert werden, die zumindest einige Personen zum Erkennen von Nöten und Handeln im Sinne einer Gemeinschaft bewegt. Derzeit identifiziert Notz17 in Deutschland im Bereich der Arbeitslosen jedoch, einen Trend hin zum Zwang zur Arbeit. Vor allem im Bereich der Niedriglöhne und unangenehmen Jobs. Konkret durch die Regelungen des Arbeitslosengeldes II, welche Sanktionen vorsehen wenn vermittelte Jobs nicht angenommen werden. Selbst wenn unter den kollektivvertraglichen Bedingungen entlohnt wird. Dieser Trend widerspricht jedoch dem Grundgesetz, wonach jede (deutsche BürgerIn) das Recht auf freie Berufswahl, Wahl des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte hat.

Im Dokument Stefan Krase, Bakk. Masterarbeit (Seite 42-50)