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Schlussfolgerungen für die Zucht

Im Dokument Labmagenverlagerung beim Rind (Seite 141-145)

In dieser abschließenden Auswertung wurde das Datenmaterial der Feldstudie, die in Kapitel 3.1.2 genauer beschrieben wurde, verwendet. Für alle Väter der Kühe wurden jeweils die Zuchtwerte für Labmagenverlagerung, linksseitige und rechtsseitige Labmagenverlagerung in linearen Tiermodellen unter Verwendung der in Kapitel 3.2.2 geschätzten Populationsparameter geschätzt. Für 563 Bullen lagen die aktuellen Zuchtwerte aus der letzten Schätzung des Jahres 2003 vom VIT vor. Zwischen den Zuchtwerten für die Labmagenverlagerung und den Zuchtwerten vom VIT wurden die Korrelationen nach PEARSON mit der Prozedur CORR, SAS (Statistical Analysis System Institute Inc., Cary, N.C., 2002), Version 8.2, berechnet. Die Zuchtwerte für Labmagenverlagerung wurden mit ihrer Genauigkeit gewichtet.

Für die Milchleistungsmerkmale ergab sich für den Relativ-Zuchtwert Milch eine signifikante negative Korrelation mit der rechtsseitigen Labmagenverlagerung (Tab. 42). Zwischen dem Zuchtwert für Milch-kg und der linksseitigen Labmagenverlagerung ergab sich eine signifikante positive Korrelation von rZW = 0,21 und für die rechtsseitige Labmagenverlagerung eine signifikante negative Korrelation. Dies entspricht den in der vorliegenden Arbeit gefundenen Ergebnissen, dass eine hohe Milchleistung mit der Häufigkeit der linksseitigen, jedoch nicht mit der rechtsseitigen Labmagenverlagerung in Zusammenhang steht. Der Zuchtwert für Fett-% korrelierte mit beiden Arten der Labmagenverlagerung negativ. Hingegen bestand zwischen linksseitiger Labmagenverlagerung und dem Zuchtwert für Eiweiss-% eine negative Korrelation und mit der rechtsseitigen Labmagenverlagerung eine positive Korrelation. Diese Ergebnisse bestätigen nochmals, dass Tiere mit einer genetischen Disposition, in eine negative Energiebilanz abzugleiten, besonders für eine linksseitige Labmagenverlagerung disponiert sind.

Tab. 42: Korrelationen zwischen den Zuchtwerten für Milchleistungsmerkmale und den Zuchtwerten für Labmagenverlagerung (Anzahl Väter: 536)

LMV LMVL LMVR

Relativ-Zuchtwert Milch -0,07+ -0,02 -0,09*

Zuchtwert Milch-kg 0,03 0,21*** -0,13*

Zuchtwert Fett-kg -0,08+ -0,04 -0,05

Zuchtwert Eiweiss-kg -0,02 0,14** -0,12*

Zuchtwert Fett-% -0,09* -0,25*** -0,09*

Zuchtwert Eiweiss-% -0,09* -0,21*** 0,07 Relativ-Zuchtwert somatische

Zellzahl 0,04 0,01 0,04

*: p ≤ 0,05; **: p ≤ 0,01; ***: p ≤ 0,001; +: p ≤ 0,10.

Sowohl für den relativen Gesamtzuchtwert (RZG) als auch für den Relativ-Zuchtwert Nutzungsdauer (RZN) ließen sich keine signifikanten Korrelationen zur Prävalenz der Labmagenverlagerung berechnen (Tab. 43). Der Relativ-Zuchtwert Zuchtleistung (RZZ) war mit dem Zuchtwert für alle Labmagenverlagerungen positiv korreliert, während einzelne Zuchtwerte, die in den RZZ eingehen, auch negativ korreliert waren. So zeigte der Relativ-Zuchtwert paternale Totgeburten eine signifikant negative Korrelation.

Mit dem Relativ-Zuchtwert Exterieur (RZE) waren die Korrelationen nicht signifikant. Für einzelne Exterieurmerkmale oder Subindices hingegen traten signifikante Korrelationen auf.

Der Index Milchtyp war positiv mit allen Labmagenverlagerungen korreliert. Der feine milchbetonte Milchtyp zeigt somit eine höhere Disposition zur Labmagenverlagerung. Dies spricht ebenfalls für die erhöhte Disposition von Hochleistungskühen mit einem Energiedefizit. Der Index für Körper war für die linksseitige Labmagenverlagerung negativ korreliert. Dies ließ sich durch die ebenfalls negative Korrelation des Relativ-Zuchtwertes Stärke erklären. Robuste, massiv gebaute Tiere zeigen eine geringere Disposition für die linksseitige Labmagenverlagerung. Die Relativ-Zuchtwerte für Körpertiefe und –größe spielten in diesem Zusammenhang keine Rolle. Aus züchterischer Sicht ist es also zu hinterfragen, ob die heutigen Deutschen Holsteins immer stärker auf einen milchbetonten Typ gezüchtet werden sollten, wenn dadurch eine erhöhte Krankheitsdisposition für Labmagenverlagerung und eventuell auch noch für andere Erkrankungen in der Population

verankert wird. Der Index Fundament war mit der rechtsseitigen Labmagenverlagerung negativ korreliert. Der Relativ-Zuchtwert Klauen war für alle drei Arten der Labmagenverlagerung negativ korreliert. Dies bedeutet zum einen, dass ein stabiles Fundament die Wahrscheinlichkeit an einer Labmagenverlagerung zu erkranken, besonders an einer rechtsseitigen, senkt. Zum anderen könnte die negative Korrelation des Zuchtwertes für Klauen im Zusammenhang mit Stoffwechselproblemen und der Entwicklung von Klauenrehe und Läsionen des Klauenhorns gesehen werden. Somit hätte die Zucht auf ein gesundes Fundament auch den Nebeneffekt, die Krankheitsdisposition für Labmagenverlagerung zu senken.

Tab. 43: Korrelation zwischen den Zuchtwerten für funktionale Merkmale und den Zuchtwerten für Labmagenverlagerung (Anzahl Väter: 536)

LMV LMVL LMVR

Gesamtzuchtwert -0,04 0,01 -0,03

Relativ-Zuchtwert Nutzungsdauer 0,05 -0,01 -0,06 Relativ-Zuchtwert Zuchtleistung 0,08+ -0,01 0,08+ Relativ-Zuchtwert paternaler

Kalbeverlauf -0,01 -0,03 0,01

Relativ-Zuchtwert paternale

Totgeburten -0,07+ -0,19* 0,01

Relativ-Zuchtwert paternale

Non-Return-Rate 0,09* 0,08+ 0,05

Relativ-Zuchtwert Exterieur 0,04 -0,03 0,02

Index Milchtyp 0,09* 0,05 0,05

Index Körper 0,01 -0,09* 0,04

Index Fundament -0,03 -0,01 -0,09*

Relativ-Zuchtwert Milchcharakter 0,08* 0,08+ 0,03

Relativ-Zuchtwert Stärke -0,05 -0,11* -0,01

Relativ-Zuchtwert Körpertiefe 0,06 -0,05 0,08 Relativ-Zuchtwert Körpergröße -0,02 -0,07 0,01 Relativ-Zuchtwert

Hinterbeinwinkelung 0,10 -0,07+ 0,14*

Relativ-Zuchtwert Klauen -0,11* -0,09* -0,09*

Relativ-Zuchtwert Zentralband 0,15*** 0,07 0,09*

Relativ-Zuchtwert Eutertiefe 0,04 0,06 0,09*

Aus diesen Ergebnissen lässt sich somit schließen, dass eine hohe Milchleistung und ein instabiler Stoffwechsel für eine erhöhte Prävalenz der linksseitigen Labmagenverlagerung verantwortlich sind. Es erkranken eher fein gebaute Tiere im milchbetonten Typ als starke, robuste Tiere. Die rechtsseitige Labmagenverlagerung hängt eventuell mehr mit Problemen mit dem Fundament als mit der Gesamtkonstitution und der Milchleistung zusammen. Also sollte sich bei der Zucht der Deutschen Holsteins das Augenmerk auf die Zucht einer stabilen gesunden Kuh mit hoher Milchleistung und einer der Leistung angemessenen Energieaufnahme richten.

Züchterische Maßnahmen um die Prävalenz von Labmagenverlagerung zu vermindern, sind aus Gründen des Tierschutzgesetzes nach § 11b für alle verpflichtend. Dieser Tatbestand ergibt sich eindeutig aus der Höhe der Heritabilität der Labmagenverlagerung und den Leiden, Schäden und Schmerzen und der signifikant verkürzten Lebensdauer bei Kühen mit Labmagenverlagerung. Für den Landwirt ergeben sich aus ökonomischen Betrachtungen nur Vorteile bei einer Senkung der Labmagenverlagerungsprävalenz. Die Grenzkosten der Labmagenverlagerung liegen mit 3,77 € pro Kuh und Jahr höher als die des Relativ-Zuchtwertes Milch (RZM) und somit höher als ein Teilzuchtwert des relativen Gesamtzuchtwertes (RZG). Zudem sind die Beziehungen des Zuchtwertes für Labmagenverlagerung zu den anderen Teilzuchtwerten des RZG sehr gering, so dass eine Selektion auf Reduzierung von Labmagenverlagerung den Zuchtfortschritt für die anderen Zuchtzielmerkmale kaum oder gar nicht beeinflussen würde.

Im Dokument Labmagenverlagerung beim Rind (Seite 141-145)